Dieser hydrographische, orographische und
geognostische Beitrag zur Landeskunde konnte nicht erschöpfend
ausfallen, bei der Armuth der Quellen, die dem Verfasser bei seinen
Untersuchungen zu Gebote standen; derselbe fand diesen Zweig einer
physikalischen Geographie des Landes durchaus unbearbeitet, - so
mußten Anschauungen subjectiver Schätzung und Analogien der
Nachbarlande hie und da den Maßstab anlegen, wo vielleicht erst das
künftige Ergebniß einer vielseitigen Prüfung das Zweifellose
festzustellen vermöchte.
Die eingestreueten Sacherläuterungen schienen dem Verfasser zum
allgemeineren Verständniß unerläßlich, namentlich da, wo ein Theil
eines geognostischen Systems nicht berührt werden konnte, ohne die
leitenden Züge des Ganzen anzudeuten. Die Reflexionen werden sich
nicht den Vorwurf des "Ueberflüssigen" zuziehn können, auch nicht in
den landschaftlichen Bildern, wo die Fantasie charakterisirende
Schilderungen entwerfen mußte, die nicht das Materiendasein allein
zeichnen durften, wenn sie anders auch die zum Naturleben
berechtigenden Verhältnisse versinnlichen wollten.
Vorliegende Arbeit konnte übrigens, bei dem so vielfach gegliederten
Bodenreichthum, die meisten Schätzungen nur sum-
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marisch abhandeln, um das Maß eines Vortrags inne
zu halten, der an die Leser Aufnahme-Anforderungen stellt, die für
dies neu aufgeschlossene Gebiet ein Interesse erst anbahnen sollen.
Eine genauere, mehr in das specifisch Einzelne eingehende
Beschreibung und geognostische Classificirung des Landesbodens von
einer Feldmark zur andern aufzustellen, liegt noch in der Absicht
des Verfassers, und wird derselbe in nicht zu ferner Zeit, bei
einiger Gunst der Umstände, im Stande sein, die Resultate seiner
Untersuchungen, gestützt auf Erfahrungen Sachverständiger - und
namentlich kundiger Land- und Forstwirthe -, in diesen
Landesblättern den geneigten Lesern vorzutragen.
Ratzeburg, im December 1859.
ADOLF
VON LANGREHR.
____________________
Allgemeine Eintheilung.
Das Lauenburgische Land liegt zwischen dem 53° 21' und
53° 48'
nördlicher Breite und zwischen dem 27° 54' und
28° 40' östlicher
Länge von Ferro.
Bei einer Länge von über 6 1/4 deutschen Meilen mißt seine größte
Breite gegen 5 Meilen. Der Gesammt-Flächeninhalt beträgt incl. der
über 4
Meilen fremdländischer Landeinschnitte und Enclaven -
bei den für unsere Arbeit abgerundeten hydrographischen und
orographischen Grenzen - circa 24
Meilen. *)
_____________________
Eine genaue Messung der einzelnen Landestheile liegt bis jetzt nicht
vor. Die unter Professor SCHUMACHER's Leitung topographisch
aufgenommenen Flächen treffen nur den südwestlichen Lauenburgischen
Landestheil, bis zu einer Bogenlinie "Sandesneben - Möhnsen -
Müssen." Astronomisch bestimmte Puncte für den
Triangulations-Anschluß der Gradmessung befinden sich bei der Stadt
Lauenburg und bei Hohenhorn.
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Mit Ausnahme einiger Hochebenen besonders im
südlichen Landestheil ist es ein coupirtes, hügelreiches, von vielen
Seebecken und welligen Thälern durchfurchtes Land, - eben so reich
an fruchtbaren Feldern und Matten, üppigen, beinahe den 8.
Theil des
Bodens bedeckenden Wäldern und ergiebigen Torflagern, wie an
natürlichen und künstlichen Wasser- und Landverbindungswegen. Nahe
beiden Meeren - der Nord- und Ostsee - ist seine Blüthe und sein
Flor ebensowohl den natürlichen Hülfsmitteln, als künstlichen
Aufhülfen zuzuschreiben, wenn es auch eines bedeutenderen
Aufschwungs sich noch fähig zeigen möchte.
____________________
Es kann nicht unsere Aufgabe sein, ein selbstständig abgeschlossenes
Naturbild aufrollen zu wollen von einem Stück der Erde, das,
obgleich so bevorzugt in seinen Fluren, Hügel- und Thäler-, Flüsse-
und Seen-Gliederungen, wie sie so ergänzend mit einander
wechsellagern, - dennoch eben erst die an diesem Orte zu
besprechende Bedeutung in seinen Beziehungen als Verbindungsglied
mit den Nachbargebieten im Westen und Osten erhält, mit denen es in
vielen Einzelheiten Analogien aufweist, die diese Lande, als Ganzes,
Zusammenhängendes, in ein Landrücken- und Platten-System bringen
heißen.
Dies System begreift ein Glied des Norddeutschen sog. Tieflandes,
"die NORDWEST-DEUTSCHEN LANDRÜCKEN und SEENPLATTEN", welche den
Gebieten der beiden Mecklenburg, der Fürstenthümer Ratzeburg und
Lübeck, Hamburg, Lübeck, Lauenburg und Holstein zufallen, - und die
geographischen Namen "HOLSTEINISCHE und MECKLENBURGISCHE LANDRÜCKEN
UND SEENPLATTEN" führen, an denen beiden Linien die Lauenburgischen
Lande ihren Antheil entnehmen.
Schon figürlich sind diese wechselreichen Bodenzüge dem Auge
erkennbar, wie sie in ihren Hebungs-Verbindungslinien
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von SO. nach NW. oder genauer für unsern engern
Theil von OSO. nach WNW. streichend, sich allmälig zur Nordseeküste
neigen, - von den Höhungen der Uckermark, der Priegnitz, des
südlichen Theils von Vorpommern und Mecklenburgs - in einer
wechselnden Höhe etwa von 250 bis abwärts
150 Fuß über dem
Küstenbette der Nordseeufer, bis sie, nach und nach sinkend,
scheinbar ihre letzten Hügelungen in den erhobenen Flugsanden
Holsteins finden. Scheinbar, sagen wir, denn z. B. die Umgegend von
Elmshorn bekundet eben darin nur einen ältern Stand des
Nordseestrandes, dessen Höhenufer in der That weit hinaus, in den
Untiefen des Meeres zu suchen sind, wo die vom Festlande durch
Fluthen abgerissenen Küsteninseln, Hochsande und Watten in meßbaren
Linien durchschnittlich von 80 Fuß Tiefe (bis zur Felseninsel
Helgoland) gründen, die für uns freilich die letzten ebenmäßig
verbundenen sichtbaren Anhaltpuncte bieten.
Einzelne Hügelrücken dieser Gesammtlinien erheben sich gegen
600 Fuß
über dem Meeresspiegel (z. B. der Helpterberg bei Woldeck, der
Runenberg bei Marwitz, der Bungsberg nordöstlich von Eutin über
550
Fuß, der Pariner Mühlberg im Fürstenthum Lübeck und der Pielsberg
nordwestlich von Lütjenburg gegen 450 Fuß, Baurs-Berg bei Altona
noch 319 Fuß), während unser specielles Zwischenland keine
überragende Erhöhungen aufweis't, die sich mehr als 50 Fuß über die
maßgebenden umlagernden Plateau's erhöben, obgleich viele der
eingerissenen Spaltenthäler der Landschaft den Charakter eines
Vorberglandes geben und manche hervorspringende Puncte Hügelungen
bis zur Thalsohle von gegen 150 Fuß relativer Höhe aufweisen.
Die Höhenplatten des Landes ruhen in wechselnden Linien zwischen
100
und 125 Fuß über dem mittlern Niveau des
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Nordseespiegels bei Cuxhaven. *) Die andern, im
Allgemeinen ähnlichen Glieder desselben Nordwest-Plattensystems
erscheinen in den erst secundär von unseren Linien geschiedenen
Parallelketten der Niedersächsischen Hügelreihen - des Flemming,
Drömling und der Lüneburger Heide - als ähnliche Vorberge der ältern
Züge von der allgemeinen Grundrichtung der Lausitzer Gebirge, des
Harzes und der Wesergebirge, so daß unser vorliegendes
Lauenburgisches Gebiet recht eigentlich ein nothwendiges
Verbindungs-Mittelglied des ganzen Nordwestdeutschen
Landrückensystems, dieses Theils des aufgeschwemmten Bodens des
südwestlichen Ostseeküstenlandes, ausmacht, - von welchem wiederum
die andern Theile, wenn wir sie bis in ihre entferntesten Linien
verfolgen, in den Boden-
____________________
*) Der Nullpunct des Elb-Pegels bei Lauenburg (Hohnstorf) liegt
13
Fuß 6 Zoll 11 Linien über dem Nullpunct des Hamburger
Niederhafen-Pegels.
Wir müssen uns mit allgemein gehaltenen Schätzungen bei den
Höhenbestimmungen begnügen, Anhaltpuncte von Werth sind nur geboten
in den benachbarten Holsteinischen und Lübeckischen
trigonometrischen Höhenmessungen, und namentlich in denen von
SCHUMACHER und den geometrischen Nivellements-Bestimmungen unserer
Eisenbahnlinien, die zwar vorzugsweise den Niederungen folgen, aber
doch unter Andern die Plateau's von Ratzeburg und Schwarzenbeck
erreichen.
Die Höhe des Nordseespiegels bei Cuxhaven im Verhältniß zum Spiegel
der Ostsee bei Kiel ist neuerdings im Jahre 1856 durch die
Ingenieure BEHRENS und DIETZ in einem zweimaligen genauen
Nivellement berechnet; nach demselben liegt die Durchschnittsfluth
der Elbe bei Hamburg: 5 Fuß 5 Zoll
7 2/3 Linien Hb. M. ÜBER dem
mittleren Wasserstand der Ostsee im Kieler Hafen.
Die gewöhnl. Fluthhöhe der Elbe bei Hamburg beträgt
8 Fß. - Zll. 10
Lin.
Die gewöhnl. Ebbe der Elbe bei Hamburg beträgt 1 Fß.
7 Zll. 4 Lin.
Die gewöhnl. Fluthhöhe der Elbe bei Cuxhaven beträgt
10 Fß. 1 Zll. 6
Lin.
Die gewöhnl. Ebbe der Elbe bei Cuxhaven beträgt - Fß.
2 Zll. 9
Lin.
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gebieten zu suchen sind, die ihre Grenze, weithin
gegen Osten ausgedehnt, erst an dem Fuße des Waldai, Ural und des
Kaukasus finden.
In dem Schleswig-Jütischen Rücken zeigt sich dagegen ein
Grenz-Höhenzug von S. nach N., von unserm System durch das Querthal
der Eiderniederungen getrennt, der (vielleicht einst als Festland in
Zusammenhang mit den Dänischen Inseln) vielfach zerstört durch die
Einwirkung der Gewässer, - die in den Spaltenthälern allmälig die
tiefen Einschnitte der Fjorde von Veile, Kolding, Hadersleben,
Flensburg, Schleswig, Eckernförde, Kiel u.s.w. gebildet haben, - den
Contouren, der älteren Festlande Schwedens in ähnlichen Linien
folgt, wie wir in den Dänisch-Deutschen (Vor-Pommerschen)
Anschwellungen, in der Streichung von SO. nach NW., die Richtung
unsers Systems wiederfinden. Letztere werden daher auch von einigen
Geologen als DRITTES GLIED zu unsern orographischen Linien gezählt,
zu welcher Annahme allerdings wenigstens die gleichen Streichungen
ihrer secundären Kreideflötze berechtigen mögen. Uebrigens folgen
auch diese jenen Contouren der Schwedischen Gebirge, die aus dem
Meerbusen von Christiania in der Richtung über Gothenburg bis
Schonen fortsetzen.
Endlich finden wir in den entfernteren Ost-Pommerschen Landrücken
eine Grenz-Hebung, die sich in einer NO.-Richtung den älteren
Gesteinen von Bornholm, den Inseln Oeland und Gothland, also gegen
Nordosten analog, aufgeworfen zu haben scheint, die deshalb zu
unserm System nicht mehr gezählt werden darf.
Sind somit die Grenzlinien unsers Nordwest-Hebungssystems gegeben,
so zeigt sich als Gesammtresultat, daß dieselben im Süden und Norden
unser Ländchen einschließen, während das weite Meerthal der Nordsee
die Westgrenzen offen läßt, und
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der Osten fern hinaus, von einer Hügelung zur
andern - Brandenburgs, Schlesiens, Polens (wo die Tarnowitzer Höhen
schon bis zu 1000 Fuß ansteigen) u.s.w. eine fortlaufende
Verbindungskette von Höhenzügen und daher auch von Abwässerungswegen
bietet, so daß wir unbegrenzte Verbindungswasserwege von einem Fluß
zum andern, von Hamburg und Lübeck bis Warschau und bis in das ganze
Plattenland von Rußland besitzen.
Der allgemein gebräuchliche Name "TIEFLAND" für das Gebiet dieses
aufgeschwemmten Meeresbodens darf uns also nicht zu dem Wahn führen,
als ob wir nicht ein, bald in welligen Hügelungen, bald in
Höhenplatten vielfach durchzogenes Gebiet vor uns hätten; wenn wir
nicht fälschlich unsern vergleichenden Meß-Standpunct etwa auf der
Höhe einer jener Platten nehmen, sondern den einzig maßgebenden,
sobald es zugleich auf eine orographisch und geologisch richtige
Beurtheilung ankommen soll, - den der mittleren nordwestlichen
Thaltiefe, - der mittleren Grundbetttiefe von Nord- und Ostsee, in
der also die besagte Durchschnittsfläche auf 80 Fuß Tiefe an der
betreffenden Nordseeküstenstrecke noch als Hochthal erscheint. So
schwindet denn in diesem Sinne hier das Tiefland und macht einer
Gebirgsplattengegend Platz, in welchem Bodenreich die
Lauenburgischen Seenplatten und Landrücken als Verbindungsglieder
eine orographische (und geognostische) Bildung bieten, an denen alle
jene Eigenthümlichkeiten und Merkmale sich deutlich ausprägen, - ein
nicht unwichtiger Beitrag zum Verständniß dieses ganzen Naturwerks
längst vergangener geologischer Perioden.
Haben einst auch auf unserm Gebiete, wie es zweifellose Thatsache,
Aufrichtungen und Hebungen von einzelnen neptunischen
Massenlagerungen (Flötzen), namentlich von Schichten der secundären
Triasgruppe, durch plutonische, vielleicht selbst
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durch vulkanische Kräfte (Gase) stattgefunden, so
müssen diese Zeugniß ablegen von der Bildungsgeschichte unseres
Bodenreichs und uns zugleich den festen Untergrund, den Stützpunct
für geognostische Untersuchungen geben, ohne den wir in den
Schichtenreihen des aufgeschwemmten Bodens und in den aus fernen
Gegenden uns zugeführten Geschieben und Gebilden verirren würden.
Wir müssen deshalb bis auf das geringste Sandkorn alle
Mineralspecien classificiren und Gehalt, Ursprung, Lagerung,
Wanderung und Wandlung u.s.w. derselben nachweisen, ohne welches,
abgesehn von allem wissenschaftlichen Werth, eine sachgemäße Cultur
des Bodens und ein Erzielen möglichst günstiger Erzeugnisse nur ein
blindes Finden bleibt, das keinen Anspruch auf fortschreitendes
Gelingen, geschweige denn auf eine Höhenstufe beanspruchen darf.
Zu dem Ende unterscheiden wir in den neptunischen Producten alle
einzelnen Einlagerungen. Die durch Meereswellen, Moränen und
Eisschollen zugeführten fremden Geschiebe trennen wir von den
Eigenbildungen - den überall von arbeitenden Naturprocessen gelösten
und verwitterten, verschwemmten Bestandtheilen, aus der Molasse und
der Kreide aller eignen und benachbarten überflutheten Lager, -
nachdem wir die sporadisch hervortretenden Schichten unseres
anstehenden aufgedeckten neptunischen Untergrundes selbst bestimmt
haben; und endlich prüfen wir die Producte der Gegenwart seit der
historisch-geologischen Zeit, die Niederschläge aus dem Schwemmlande
der Seen, Flüsse, Bäche und Quellen und die nimmer ruhenden
anorganischen und organischen Natur-Bindungen, Lösungen und
Metamorphosen.
Um aus dem scheinbaren Gewirre solcher Fundstätten zu gelangen,
erscheint es zunächst nothwendig, die charakteristischen Merkmale
nicht in den einzelnen Specien, sondern in den allgemein
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durchgreifenden Gestaltungen der einzelnen
analogen Gesammtlagen aufzusuchen. Es zeigt sich da eben, daß
verschwemmte Einschiebe nur genauer zu unterscheiden und zu sondern
sind, als etwa eine Bodenlage, wo nur primitive Bildungen scharf von
einander getrennt ablagern, - daß das scheinbar unordentlich
Zusammengeschichtete sich also gleichwohl regeln läßt.
Zu alle diesem sollen die Bodenhebungen und Einschnitte uns zunächst
die vorgezeichneten Linien in den nahbaren Schichtenreihen
aufschließen. Auf diesem Wege ist die Naturforschung denn nach
vielfachen Irrgängen, - wo einzelne Abzweigungen und scheinbare
Gegensätze erst überwunden werden mußten, obgleich man sich noch
nicht erschöpfender Resultate rühmen kann -, zu der anscheinend
wohlbegründeten Annahme gelangt, daß für unsern specifischen
Bodentheil, in allen geologischen Perioden, unter mancherlei sich
treibenden Umwälzungen, EINE die herrschende war, die in den für
unsere Untersuchungen nahbaren neptunischen Erdschichten
durchgreifende Umgestaltungen hervorgerufen hat. Es ist dies eine
plutonische lineare Hebungsbewegung, die unser ganzes Nordwestland
gegen Ende der secundären Periode erfahren zu haben scheint, in der
die oberen Contouren der Bodenzüge noch heute, ungeachtet mancher
Zwischenumwälzungen, den vorgezeichneten Wellungswegen der
Unterflötze in allgemeinen maßgebenden Zügen folgen. Sie trägt in
ihrem Hebungsproceß zugleich einen vulkanischen Charakter, denn in
ihr haben einzelne Puncte eine förmliche Wandlung erfahren, die
Gesteine sind als theilweise metamorphosirte Massen, in einzelnen
Stöcken sogar basaltartig, in verschiedenen Absätzen zu solchen
Hügeln herausgepreßt, daß sie noch heute alle aufgelagerten
aufgeschwemmten Schichten, die man über 500 Fuß Mächtigkeit
durchschnittlich schätzt, durchbrechen und in ihren Kegeln noch über
100 Fuß überragen.
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Bei einer Vergleichung der Structur der analogen
Schichten in den sporadisch aufgedeckten Gebirgsreihen kann von
einer einzigen maßgebenden Aufrichtungsrichtung der Schichtungen
freilich nicht die Rede sein *); die größte Ueberwiegung herrscht
übrigens in dem Fallen der Nähewinkel gegen NO., da, wo der Einfluß
späterer Pressungen ein Bestimmen noch erlaubt und nicht andere
Aufrichtungen und selbst Ueberstürzungen örtlich jede Nachweisung
vereiteln.
Dagegen sind durchaus analoge Hebungs-Streichungslinien in der
linearen Richtung des plutonischen Herdes vorgezeichnet sie zeigen
von SO. nach NW. oder auf deren Nähewinkel hin.
Der fragliche Act glich also, wohl mehreren rollenden,
wellenförmigen Aufwürfen, wobei stoßweise ein isolirtes
Hervorbrechen vulkanischer Gase stattfand, die einen Zertrümmerungs-
und Zersetzungsproceß in den örtlich betroffenen Stöcken
hervorriefen.
Für unsere Untersuchung so wichtig, weil für unsere Bodengestaltung
maßgebend, erblicken wir darin den Nachweis für den Ursprung unserer
Seekessel und Spaltenthäler, und der an Erdfällen und Einstürzen
überreiche Boden giebt an vielen Plätzen Zeugniß von jener großen
und eingreifenden Ursprungs-Katastrophe.
Nur wenig herausgepreßte Höhepuncte bezeichnen freilich die darin
skizzirten Linien, in denen das Salzgebirge der Triasformation, - im
Muschelkalk, Dolomit, Gyps und Anhydrit, oder im Keuperthon und
selbst an der Endstelle des äußersten Hebungspunctes im Nordwesten
(der Insel Helgo-
____________________
*) Man unterscheidet geognostisch das Verhältniß der
Gesteinslagerungen zu einer an der Seitenfläche der Schichten
gezogenen gedachten Horizontallinie und zu einer anderen
rechtwinkelig schneidenden, und bestimmt nach Ersterer das
STREICHEN, nach Letzterer das FALLEN der Schichtenreihen.
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land), im bunten Sandstein -, in einzelnen Stöcken zu Tage tritt. *)
Zu diesen gesellen sich noch die zahlreichen Soolquellen, welche das
weite Becken dieses alten nordischen in seiner Masse nicht
erschlossenen Triasmeeres noch weiter ausgedehnt wissen wollen.
Aber schon allein die ähnlichen, sich immer wiederholenden
Einstürzungen aus älterer und neuerer Zeit in größerem und kleinerem
Maßstabe **) geben von dem Dasein und der Ausbreitung einer
unsichtbaren höhlenreichen, metamorphischen Gebirgsart tief unter
unsern Füßen sichere Kunde.
Die mehr oder weniger trichterförmigen Kessel schließen an einigen
Orten bis zu ansehnlicher Tiefe das aufgeschwemmte umgebende
Erdreich auf, und grade daß diese Spalten und Seestürze
größtentheils auf den erhabensten Hebungsplatten des Landes
eingesenkt erscheinen, zeigt ihre Unabhängigkeit von den Lagerungen
der jüngeren Schichten der darin aufgeschlossenen Uferhöhen. Ihre
höchst unregelmäßigen Windungen, durchfurcht wiederum von Untiefen,
Inselhügeln und Klippen, ihre oft fast unergründlich scheinenden
Trichterlöcher, die selbst jahrtausend lang zugeführte
Schwemmschichten nicht zu füllen oder auszugleichen vermochten,
verbürgen uns ebenfalls die Natur ihres Ursprungs.
___________________
*) Solche Lager der Triasformation sind bis jetzt nachgewiesen in
anstehenden Felsen unserer Linien Helgoland, Lüneburg, Stade,
Altmirsleben bei Bismark und Sperenberg, ferner Segeberg, Elmshorn,
Itzehoe, Lübtheen und Rüdersdorf, dessen Muschelkalklager freilich
schon der NO. -Hebungslinie Pommerns analog gehoben erscheint.
**) Einer der bedeutendsten Erdfälle des in Frage kommenden Gebiets,
der im Jahre 822 bei Salzwedel geschah und durch einen Nachsturz im
Jahre 1685 noch vergrößert wurde, bildet heute den
1 1/2 Meilen im
Umfange haltenden, gegen 200 Fuß tiefen Arendsee.
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Mögen diese so gewaltsamen Zeichen zugleich ein Zeugniß ablegen von
dem vulkanischen Charakter jener lokalen Naturprozesse, die, in der
Periode der in Frage stehenden Hebungen, die Metamorphose des
Muschelkalks der Trias in Dolomit, Anhydrit und Gyps und ihren diese
Stöcke begleitenden metallischen und metallischen krystallinischen
Beimischungen und Krystallisationen vollzogen.
Die durchschnittlich ähnliche Langstreckung der Seenthäler der
ganzen Nordwestlinie von Süden nach Norden möge ebenfalls, als
Anhaltpunct von Bedeutung für den Ursprung derselben, Beachtung
finden. Dieselbe ist nicht in der Gesammthebungslinie vorgezeichnet,
- im Gegentheil, sie durchschneidet jene und es kann eine
Uebereinstimmung so vieler Seenthäler darin unmöglich vom Zufall
gebildet sein, vielmehr weisen solche Einstürzungen auf bestimmte
Spaltengänge in den Schichtenreihen der metamorphosirten
Muschelkalklager, welche durch eine
bestimmte Aufrichtung vorgeschrieben wurden.
Auf eine genaue Zeitbestimmung, in welcher geologischen
Bildungsperiode diese Hebung stattfand, müssen wir verzichten. Wir
haben nur den einen Anhalt, der sich unzweifelhaft an den
stratographischen Auflagerungen jüngerer Bildungen, auf die
Trias-Inselberge von Helgoland und Lüneburg ausweis't, wo die obere
Kreideformation MANTELARTIG jene älteren Flötze umlagert, während
(in Helgoland) Geschiebe der unteren Kreideformation (die Hilsthone)
noch mit aufgerichtet sind, - daß also diese Felsen als Untiefen
oder Inseln zur Zeit der Ablagerung der
letzten secundären Schichten im oberen Kreidemeere schon existirten,
während zur Zeit des unteren Kreidemeeres die Thonausscheidungen
desselben sich noch auf dem Trias- (und Jura-)bette ungestört
abgesetzt hatten.
Wir gehen nunmehr zur Deutung einer anderen Bildungsform derselben
vorgezeichneten Hebungs- und Senkungsrichtung
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über; dieselbe weis't auf eine Katastrophe des gewaltsamen Abflusses
des Diluvialmeers (die uns in der betreffenden geognostischen
Abtheilung noch näher beschäftigen wird). Das ganze losere Tiefland
mußte erzittern und in drängende Bewegung gerathen, als die
gewaltsamen Fluthungen eine Umgestaltung aller wasserbedeckten
Ländermassen von der nördlichen Erdhalbkugel zur südlichen Hälfte
möglich machten. Neben örtlichen Zufallsaufrichtungen und Senkungen,
bedingt durch lokale Wellendrücke und Gegendrücke nach allen
gewiesenen Himmelsrichtungen, aber vorzugsweise für unser Nordland
in der ersten Gegenfluthung von den südlichen Felsenufern des alten
Festlandes gegen Norden, also in einer Durchbrechung mancher
Hügelschranken gegen Norden, - herrscht eine durchstehende
Ablaufs- und also Senkungsrichtung von SO. nach NW. in den
gebliebenen End-Resultaten jener Fluthungen, also ganz
correspondirend mit der
Hebungsrichtung unserer secundären Flötze UND DURCH IHRE FESTEN
UNTERLAGEN ALS MEERESSTROMBETTE BESTIMMT UND GELEITET, vor.
Ebensowenig wie wir entschieden absprachen über die Art der
Entstehung jener Werke der innern gepreßten Gluthen, oder der
entfesselten Wasser, kann es uns beikommen, über eine dritte
Umgestaltungsform ein unumstößliches Zeugniß ablegen zu wollen,
unter der mehrfache langsame Hebungen und Senkungen unseres
Schwemmlandes stattgefunden haben müssen. Wir dürfen hier schon die
ältesten glaubwürdigen historischen Nachweisungen befragen, sie
können wenigstens die jüngste Hebung dieser Form constatiren, die
unser gesegnetes Tiefland bis auf die heutige Stunde über das
Meereswellengebiet erhob, nachdem es (nachweisbar in den Thier- und
Pflanzenresten seiner obersten Erdlagen) in ganzen Länderstrecken
noch wiederholt Ueberfluthungen, abwechselnd von Süß- und
Salzwassern, während längerer Zeiträume ausgesetzt war.
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Eine Uebersicht sämmtlicher Bildungs- und örtlicher
Umgestaltungsweisen unserer Bodenschichten-Reihen weis't somit ein
wechselvolles Bild nach.
Jene ältesten Gesteine, Granite, Gneise, Glimmerschiefer,
Thonschiefer, Grauwacken u.s.w. scheinen aus dem Erdgürtel, dessen
eigentliches Gerüst sie bilden, nur in ganzen Massengebirgen
hervorzutreten, unser Flachland birgt also die unzweifelhaft
existirenden Theile derselben in bis jetzt unergründbarer Tiefe.
Auch die Sedimentgesteine (Flötzgebirge) der Paläozoischen
Formation, die sog. Uebergangsgebirge des Steinkohlen- und
Permischen Systems, ruhen, wenn sie vorhanden, in unantastbaren
tieferen Lagen, denn nirgends auf den ganzen weiten Gebieten der
allein 15,000
Meilen haltenden Norddeutschen Ebene sind
außerhalb der alten Gebirgsgrenzen Spuren ihrer Nähe so weit an die
Bodenfläche gehoben, daß sie auch nur schlußweise nachweisbar wären.
Erst die (annahmsweise) zweite geologische Periode der Bildung
neptunischer Gesteine bietet den nachweisbaren Untergrund, auf dem
wir unsere Untersuchungen, thatsächlich begründet, beginnen dürfen. -
Während mancher Jahrtausende schäumte das alte Triasmeer auch bis an
die primären Felseninselküsten des alten Europa und lagerte in
größerer Ausdehnung (außer den einzeln hervortretenden
Buntsandstein- und Keuperbildungen) jene mächtigen Muschelkalklager
ab, die noch heute zugleich Zeugniß ablegen von den eigenthümlichen
Hauptformen der
organischen Schöpfung jener Urzeit. Diesen folgte eine vielleicht
noch längere Periode, während der unser Grundboden sich über dem
Meeresspiegel erhoben hielt, - denn es setzten sich (wenigstens auf
unserm Nordwestterrain) keinerlei Geschiebe der untern Juraformation
ab. Dann traten wieder verschiedene Zeiträume ein, die ebenfalls
jeder einzelne nach Jahrtausenden messen mögen, in welchen nach
einander, erst
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im letzten Jura- und dann im untern Kreidemeer,
die verschiedenen Helgolander Thone und die an der Seeküste
Vorpommerns anstehenden Geschiebe, und, in langen Zwischenräumen,
die bei uns allgemein verbreitete obere Kreide ablagern konnte, -
welchem wiederum neue Zeiten keines sprachlich wahrhaftigen
Landfriedens folgten. Wenn auch alle Nachweise für die folgenden
unteren tertiären Ablagerungen fehlen, so treten später desto mehr
wechselreichere Zeitweisen in den Naturarbeiten unseres Erdwinkels
ein, - die abwechselnd von Meeres- und Süßwasser-Resten zeugenden
obertertiären Molassebildungen, plastische Thone, jüngere
Braunkohlenreste und ihre Sand- und Grusbette zeugen dafür. So
gelangen wir endlich und nunmehr erst an die noch immer
vorsintfluthliche geologische Periode, in der das Diluvialmeer seine
Ablagerungen uns zuführte, bis auch dieses schließlich seine
Herrschaft über unser nordisches Gelände verlor, das so zum jüngsten
Male neu geboren, aus den Meereswellen entstiegen, als ein reiches
Platten- und Hügel-Tiefland "HÖHENTHAL" den weiter arbeitenden
Naturgewalten, aber auch den inzwischen in's Erdendasein getretenen
Menschengeschlechtern zur Nutzung im Naturschmuck übergeben wurde.
In Beziehung auf die weiteren Folgerungen für das Verständniß der
maßgebenden Höhenrichtungen unserer Landesstrecken, wie dieselben
sich in sichtbaren und meßbaren, auf der Oberfläche fortlaufenden
Gesammtlinien im Allgemeinen und Ganzen nachweisen lassen, - ohne
Rücksicht auf die hie und da durchbrochenen Diluvial- und
Alluvialzerstörungen, denen die Quellenthäler der Flüsse und Bäche
so häufig ihre Entstehungsweisen verdanken, - können wir zur
Kenntnißnahme ihrer Bedeutung den genialen Einreihungswinken unseres
verewigten Landsmanns Leopold V. BUCH folgen. Derselbe, gleich wie
er unter Andern der langsamen Landeshebung Schwedens
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und der parallelen Senkung Grönlands die erste werthwolle
Untersuchung und Deutung widmete, hat auch hier mit geologischem
Seherblick auf das Uebereinstimmende in unsern Höhenrichtungen und
darnach auf die Deutung der heutigen, sowie (rückwärts schließend)
der älteren Abwässerungslinien und deren Merkmale hingewiesen. Der
Geognost FRIEDRICH HOFFMANN ging zunächst auf die Gesammtrichtung
der Höhenzüge des Norddeutschen Tieflandes und der Hauptabzüge ihrer
Gewässer - eben von SO. nach NW. - näher ein, und vervollständigte
die v. BUCH'schen Schlüsse weiter, wonach sich allmälig ein System
entwickelte, das wir zum Verständniß des Ganzen in einzelnen Zügen
der folgenden Darstellung einverleiben wollen. Ein weiteres Eingehen
auf diese interessante Sachlage außerhalb unserer Landesgrenze wird
an diesem Orte nur in so weit erlaubt sein, wo unser Hügelungs-,
Fluß- und Seensystem als berechtigtes Glied unmittelbar in jene
Reihung eintritt.
Als weitere Quellennachweise für die vorliegende
Arbeit, wie sie im Allgemeinen Anhaltspuncte bieten, nennen wir
unter Anderen:
Geognostisch-geologische Aufsätze von HEINRICH STEFFENS. 1810.
LEONHARD's mineralogisches Taschenbuch. 1824.
Grund und Boden Mecklenburgs, von BRÜCKNER. 1825.
Uebersicht der orographischen und geognostischen (?) Verhältnisse
vom nordwestlichen Deutschland, von von DR. FRIEDRICH HOFFMANN.
1830.
K. F. KLÖDEN's Aufsätze in betreffender Richtung, 1828,
1832, 1834
u.s.w.
G. FORCHHAMMER, Danmarks geognostiske Forhold, 1835, und zerstreute
Aufsätze desselben Verfassers, besonders der Beitrag zur land- und
forstwirthschaftlichen Statistik
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der Herzogthümer Schleswig und Holstein (Festgabe für die Mitglieder
der eilften Versammlung Deutscher Land-und Forstwirthe). Altona
1847.
Geognosie der deutschen Ostseeländer, von BOLL und BRÜCKNER.
1846.
Ueber die Geschiebe in der norddeutschen Ebene und besonders über
die Petrefacte, welche sich im Diluvialboden Hamburgs finden u.s.w.,
von DR. ZIMMERMANN.
(Dieser, wie mancher andere namhafte Aufsatz für unsere
Gebietsrichtung befindet sich in LEONHARD's und BRONN's "Neues
Jahrbuch für Mineralogie." 1845 u. f.)
KARSTEN's und v. DECHEN's Archiv, neuere Jahrgänge.
Beiträge zur geognostischen Kenntniß des norddeutschen Tieflandes,
von Dr. G. H. OTTO VOLGER. 1846.
Geognostische Beobachtungen in Schleswig und Holstein, von MEYN,
1848.
Die norddeutsche Ebene, von H. GIRARD. 1855.
F. A. RÖMER's und andere Petrefactenwerke.
____________________
Hydrographische und orographische Vorführung der
Flurenlinien.
Die natürlichen Grenzen eines Landes, wie sie oft so
auffallend auch die eigenthümlich nationalen Grenzen für ihre
Bewohner bilden, haben unser kleines Land nicht nach Osten und nicht
nach Westen hin abgeschlossen, - und da das Gebiet bei Weitem seine
längsten Strecken dort an seine Nachbarlande lehnt, so kann von
natürlichen Grenzen in jenem Sinne erst im Norden, insofern man das
Trave-Küstengebiet überschreitet und bis an die Ostsee vorgeht, und
im Süden,
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in dem dort schon bis gegen 2 Meilen breiten Elbuferthal, als
durchgreifende Wassergrenze, die Rede sein. Dort ist aber die
Trennung ebenfalls nur in EINER Weise vollständig *); und die der
Länge nach unser Land (theils künstlich, theils natürlich)
durchfließende Stecknitz, - gleich wie dieselbe zwei getrennte
Meeresglieder, die Ost- und Nordsee (durch die Elbe und Trave)
verbindet, - vermittelt sie auch im Nordwesten die beiden getrennten
Glieder der Nordwestdeutschen Bodenzüge im Austausch-Zuführen ihrer
Quellen und deren Schwemmgeschiebe;
ähnlich wie der Oder- und Warthabruch einerseits, und das Querthal
der Elbe von Magdeburg bis Havelberg in den Havel- und Spreethälern
anderseits solche Aufgabe im größern Maßstabe im Osten unsers
deutschen Tieflandes übernehmen.
Die Streckung des Lauenburgischen Landes von Süden nach Norden, der
Durchbruch des Stecknitzthals, ebenso die Einschnitte der
Seespaltenthäler, wie sie im Allgemeinen die ähnliche Richtung
innehalten, dürfen den Beurtheiler der orographischen Linien nicht
irreleiten in der Auffindung der maßgebenden Anhaltpuncte. Der
Gesammtlauf unserer Bodenzüge weis't unzweifelhaft auf die
Streichung von OSO. nach WNW.
Behalten wir dieses stets im Auge, auch bei lokal bedingten
Einzelabweichungen, so ist die Uebersicht und Einsicht beim Steigen
und Fallen des Terrains und seiner Erdreihen wesentlich erleichtert.
Daran knüpfen sich auch manche Bedingungen für die Nutzungen der
Schichtenerden selbst, und die Möglichkeit der Verschmelzung
geeigneter Erden, hauptsächlich durch die
____________________
*) Nur bei einer secundären Bildung, da der natürliche Zusammenhang
der Züge der Lüneburger und Lauenburger Höhenketten erst in der
Quartärperiode gestört, die Scheide eben nur als Stromscheide
allmälig ausgebildet haben kann.
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mechanischen und chemischen Naturarbeiten der Wasserläufe (auch der
unterirdischen) in den Lagerstreichungen bereitet, bilden den
natürlichen Grundbodenwerth jedes einzelnen Platzes auf allen Fluren
- sei es Hügel, Fläche oder Thalgrund, - wogegen die Agricultur erst
in zweiter Linie den Naturwerth zum Kunstwerth steigert.
Wir wenden uns nunmehr einer summarischen Beschreibung der
bemerkenswerthesten Bodenerscheinungen der Oberfläche unseres Landes
zu, wobei wir zunächst, bei Vorführung der bedeutendsten Gewässer,
dann der Gelände, die jüngsten Wechselarbeiten von Wasser und Land
dargestellt finden, die uns wechselweise die hydrographischen und
orographischen Richtpuncte für unsere Aufgabe versinnlichen werden.
A. Gewässer.
Beim Ueberschreiten der Südostgrenze des Landes tritt uns sofort die
durch das eingeschnittene Delvenau-(Stecknitz-) Thal unterbrochene
Höhenkette mehr oder weniger vorgeschoben entgegen, wie es eben die
Durchbrüche der Gewässer gefordert haben.
Hier ist es, wo wir sogleich in das geologische Gesammtbild des
nordwestlichen Hügel- und Plattensystems eintreten, indem wir die
daraus folgenden Abflüsse der Wasser aufsuchen, um für unsere
specifische Darstellung, im Anschluß an die Angaben L. v. BUCHs und
FR. HOFFMANN's, Stützpuncte zu finden.
Es handelt sich nämlich um eine, durch verschiedene nicht leicht
trügliche Merkmale schlußfähig gewordene Thatsache, die, so lokal
sie auch bedingt erscheint, doch grade nur einen Theil eines Systems
ausmacht, das sich in ähnlicher Bedeutung durch das ganze
Norddeutsche Tiefland verzweigt ausprägt; - dies System behandelt
die Zeitenläufe der größern,
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allgemein durchschneidenden Wasserabflüsse der Hauptströme des
Norddeutschen Tieflandes.
Unsere Aufgabe ist es, darin den Nachweis zu versuchen, ob die Elbe
stets und zu allen Zeiten der Richtung der Südgrenze unsers Landes
folgte, oder ob nicht vielmehr noch andere Wege in dem
Terraingefälle unserer Strecken in den maßgebenden Richtungen gegen
Nordwesten und Norden vorhanden sind oder gewesen sein können,
wodurch sich dann um so eher Deutungen über manche correspondirende
Thaleinschnitte unseres Landes als verlassene Fluthenwege finden
lassen.
Auf diesem Forschungswege gelangen wir zu folgendem Resultat, das
wir, zur bessern Einsicht, den Gründen für seine Annahme
voranschicken wollen: daß nämlich DAS HEUTIGE, BIS ZUR TRAVE ETWA
7
MEILEN LANGE DELVENAU- UND STECKNITZ-THAL MIT EINZELNEN
VERZWEIGUNGEN DER SEITENARME, und namentlich von dem nördlichen
Möllner Seeufer abwärts, in zwei Hauptrichtungen gegen Norden,
einmal in der Nutzung der alten Bodeneinstürze und Thalwege zum
Ratzeburger See, anderntheils in den Thalwindungen der Stecknitz
selbst und ihrer Seitenzweige, die verlassenen Wege bezeichnet, auf
dem die Elbe (nach FR. HOFFMANN's Entdeckungen vielmehr die Oder,
vielleicht eine Zeitlang beide Gewässer vereint) IHREN ERGUSZ DER
OSTSEE ZUFFÜHRTE, - so lange die bedeutenderen Wassermassen
(Hochwasser) früherer Zeiten die fraglichen, noch gegen 50 Fuß
ansteigenden Thäler der Durchbrüche in den nördlichen Höhenplatten
bewältigen konnten.
Hören wir zunächst die Ansicht eines Geognosten von großem Verdienst
- besonders in Fragen über die verwandten Naturarbeiten und deren
Resultate in den Norddeutschen Niederungen, - des Professor GIRARD
zu Halle, wie derselbe die maßgebenden Vorgänge über diese Äbwässe-
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rungsfrage zusammenfaßt, *) und knüpfen wir daran erst unsere
eignen, jenen analogen Schlüsse.
"Daß die Elbe ehemals ihren Lauf nördlich von Magdeburg in der alten
nordwestlichen Richtung fortsetzte und über den Drömling fort in's
jetzige Thal der Aller und Weser sich ergoß, hat FR. HOFFMANN
wahrscheinlich zu machen gesucht, doch sind die Oberflächen-
Erscheinungen und Thalbildungen nicht so klar und beweisend, als in
den folgenden Fällen." **)
"Die Gewässer, welche sich in dem Tieflande zwischen den
russisch-polnischen Höhen, den Ostsee-Rücken und dem Abfall der
südlichen Gebirge aufsammelten, suchten einen Ausweg. Das Gefälle
der Gegend war ein doppeltes, ein Mal nach Norden, das andere Mal
nach Westen. Die Flüsse drängten sich daher gegen die Landrücken im
Norden und flossen an diesem so lange gegen Westen fort, bis sie
einen Ausweg gegen Norden fanden. Elbe und Oder fanden solchen
Ausweg nicht, sie folgten dem allgemeinen, aber schwachen Gefälle
der Tiefebene und gingen, die eine südlich, die andere nördlich von
der Lüneburger Heide in die Nordsee. Bedeutende Hochwasser ließen
sie aber einmal einen andern Weg finden, die Elbe fiel in's
Oderbett, die Oder in den untern Lauf der Weichsel, die Weichsel
selbst fand einen kürzeren Weg zum Meere, und alle drei ließen von
ihrem alten Lauf nur die Spur in den weiten Flußbetten zurück, in
denen viel kleinere Nebenflüsse jetzt ihren langsamen Verlauf
nehmen."
____________________
*) Siehe das oben angeführte Werk pag. 14 u.s.f.
**) Aehnliche Aufstellungen sind auch über ältere Ausflüsse der
WESER gemacht; das Scheidethal zwischen der Wcserkette und dem
Teutoburger Walde kann die Werre durch die Haase mit der Ems
verbunden haben; dasselbe steigt nur bis 90 Fuß auf der Scheide der
beiden erstgenannten Flüsse an.
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"Daß solche Vorgänge gar leicht möglich sind, läßt sich an
Beispielen erweisen. Es finden noch jetzt Verbindungen der Art
zwischen Flußläufen Statt.
"Es hat auch gar nichts Unnatürliches, nicht einmal Auffallendes, zu
sehen, daß die Flüsse bei ihrem Verlauf über den allmälig sich
erhebenden Meeresboden, der mit lockeren Bildungen bedeckt ist, im
Laufe der Zeit verschiedene Wege nehmen, in welchem sie zum Meere
abfließen. Aehnliche Vorgänge und Wechsel im Laufe der Gewässer
sehen wir in jedem Delta eines größeren Stromes vor sich gehen. In
den Mündungen des Po, des Nil, des Ganges, des Orinoko und des
Mississippi ist der Wechsel im Wasserstand in der Gestalt der Ufer
und Inseln so groß, daß man z. B. vom untern Lauf des Mississippi
gar keine Stromkarten anfertigen kann, weil jedes Hochwasser den
Strom und seine Umgebungen in eine wesentlich veränderte Lage
bringt."
Legen wir nunmehr unsern eignen geringen Maßstab an das über
7
deutsche Meilen lange, verlassene Elbe-(oder Oder-) Stecknitzthal,
das grade an der Stelle im Südosten unseres Ländchens seinen Ansang
nimmt, wo die Elbe der Ostsee am nächsten tritt, so beantworten wir
zunächst die Frage: warum die Elbe nicht solchen näheren Abfluß in
die Ostsee beibehalten hat, mit der einfachen Erwiderung, daß es
EINERSEITE nur den überwiegend größeren Hochwassern früherer Zeit
zwar gelingen konnte, gegen Norden hin die Höhenplatte der
Wasserscheiden-Ebene, etwa in der Mitte des Landes bei Grambeck, zu
überfluthen, *) daß der Fluß aber nur so
____________________
*) Die Höhe des Stecknitzgrundbettes in der Thalhöhe neben der
maßgebenden Wasserscheiden-Ebene bei der Grambecker Stauschleuse
ruht gegen 40 1/2 Fuß über dem Durchschnittsniveau des Bettes der
Elbe bei der Stadt Lauenburg, und etwa 55 Fuß ÜBER dem der
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lange in dieser Richtung seine Wasser entsendete, wie grade die
gewaltsamen, heftig strömenden Fluthen-Anschwellungen das allgemeine
Gefälle des Terrains zur Ostsee in diesem ausgehöhlten
Diluvial-Höhenthal bewältigen konnten. Der Wasserstand der Elbe
fordert aber ein mehr als 25 Fuß höheres Niveau, als das höchste
Frühjahrs-Hochwasser des jetzigen Flusses zu bieten vermag; *)
endlich wird der Fluß ANDERSEITS dem natürlichen Lauf der
allgemeinen Bodensenkung gegen Nordwesten nachgegeben haben,
hervorgerufen durch Einbrüche hereindrängender Springfluthen (die
noch heutigen Tags in meßbaren Anschwellungen eben bis zu jener
Durchbruchsstelle in der Elbe aufsteigen) und unterstützt durch die
von Südosten her kommenden Küstenflüsse - die jetzigen Nebenflüsse
der neuen Elb-Abflußrichtung in die Nordsee. Beide Factoren
durchbrachen endlich die früher verbundenen Höhenzüge der Lüneburg
-Lauenburgischen Hebungslinien und räumten das heutige
Elb-Mündungsthal aus, bis der Wasserlauf allmälig, bei dem Versiegen
mancher Quellen, die der deutsche Urwald entstehen ließ, nach dessen
Schwinden in das jetzige geringe Elbbette eingezwängt wurde.
____________________
Trave bei Lübeck. Die jetzige Sohle des Thales hat also ein
Gesammtgefälle gegen Norden von ca. 14 1/2 Fuß; dasselbe wird dem
des heutigen Elbbettes von Lauenburg abwärts, auf durchschnittlich
2
Fuß die Meile, ungefähr gleich kommen.
*) Freilich zeigt der Augenschein, daß das heutige Stecknitzthal
einen nicht unbedeutenden Höhenzuwachs durch Zuführungen von
Alluvialschichten wieder erhalten hat, die das alte Strombild
einigermaßen verwirren, und seit den Jahrtausenden, in denen die
Naturarbeiten niemals stille standen, sind obendrein ganz neue
Schichten von organischen Resten, humoser Erden und Torflager
hinzugekommen, geschweige, daß künstliche Dämme und Bodenaufwürfe
durch Menschenarbeit hie und da selbst die seitlichen Thaldurchlässe
versperrt haben und diese äußerlich theilweise unkenntlich machen.
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Die geringen lokalen Quellen aber, die in den verlassenen
Stromthälern noch jetzt ihre Abflußwege suchen, waren wenigstens
gewiß niemals von solcher Mächtigkeit, daß sie auch nur die hie und
da im Stromthal aufgelagerten mächtigen Dünensandmassen durchbrechen
und ausschwemmen konnten, da eben auch eine Einfluthung der Ostsee
als Hülfe gänzlich fehlte. So blieben denn, neben den betreffenden
Seenläufen (da bei dem Hauptabfluß der neuen
Nordwest-Elbflußrichtung das alte Nord-Bette immer mehr und mehr
versandete), endlich nur die so gering an Quellenzuflüssen, daher
größtentheils trockenen Thalwindungen übrig, die in dem Hauptbette,
einem Zwittergewässer beider Meere, dem Stecknitzkanal und
(Delvenau-) Fluß ein künstliches Dasein gewähren. Schon seit Ende
des 14. Jahrhunderts hat ein Kanalbau den Thalabfluß gegen Süden,
die Delvenau und den gegen Norden, die eigentliche Stecknitz,
hauptsächlich durch die Nutzung der Quellwasser des Möllner See's
und dessen Nebenseen verbunden.
Die HAUPT-WASSERSCHEIDE UNSERES LANDES, die in der maßgebenden
Richtung der Höhenzüge von OSO. nach WNW., etwa von der Südseite des
Schallsee's, in der Richtung bis zu den nördlichen Quellen der
Bille-Zuflüsse bei Schönberg unser Land durchschneidet, theilt auch
die Wasserläufe des Stecknitz-Kanals bei Grambeck durch leider sehr
wasserarme Stauschleusen. So lange die Zuflüsse des entfernteren,
ansteigenden Ostterrains, der Gudower Seen, des Schall-See's u.s.w.
nicht herbeigezogen werden, bleibt der Kanal ohne die Weltbedeutung,
die einem reicheren Verbindungs-Wasserwege zwischen Nord- und Ostsee
wohl zukommen würde. Der jetzige Wasserstand des Stecknitzkanals
wird durch eine Reihe von 15 Schleusen geregelt. Seine Länge beträgt,
in vielfachen Windungen, gegen 10 deutsche Meilen. Er ist, bei einer
mittleren Breite von 50 Fuß, durch die vorhandenen
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Mittel nur nothdürftig zur Schiffahrt mit flachen Kähnen geeignet,
war aber dennoch einst, als man die jetzige so rasche
Verkehrsvermittlung durch Dampf noch nicht kannte, von Wichtigkeit
für den Handel zwischen Lübeck und den Elbuferplätzen. Unerwähnt
darf hier nicht bleiben, daß der Kanal auch in seiner jetzigen
Gestalt zur Vermittlung der eignen Producte der angrenzenden
Gelände, besonders zur Verwerthung des Holz- und Torfreichthums
unserer Fluren dient, die auf diesem billigen Frachtwege einen
weiteren Absatzkreis gewinnen können. Für das letztere Product hat
bis jetzt eine gesunde Speculation noch keinen angemessenen Maßstab
angenommen, wie es die Fundgruben vieler älterer, umfangreicher
Torflager von besonderer Güte wohl gestatten würden.
Kehren wir nach diesen nicht zu unterdrückenden Reflexionen, bei
Vorführung eines Bildes des Stecknitzthals, zu unsern Untersuchungen
zurück:
Die Merkmale über das Vorkommen von Niederschlägen und Ablagerungen
der alten Elbwasser im Stecknitzthal sind allerdings trügerisch, da
alle jene Gemenge sich zu sehr ähneln; aber dennoch möchten wir in
einzelnen Ansätzen noch den humus- und kalkreichen Elbschlick
erkennen, der die süßeren Gräser auf einzelnen Thalflächen
hervortreiben läßt, im Gegensatz zu den sonst allgemeiner
verbreiteten säuerlichen Kräutern, die der moorige oder sandige
eisenschüssige Boden der Ufergelände aufweis't; vielleicht möchte es
einem tüchtigen Botaniker leicht gelingen, besondere dem Elbthal
eigenthümliche Pflanzen unter jenen süßen Kräutern zu entdecken.
Die wenigen vorkommenden Petrefacte sind, wie die Findlinge, die
Lößconglomerate u.s.w., natürlich in beiden Linien die ähnlichen,
können also keine Anhaltspuncte bieten; sie stammen eben nicht aus
den Quellengründen der Elbe und ihrer Nebenflüsse im Süden, sondern
sie enthalten außer den
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gleichen Eigenbildungen nur Producte des Diluviums, von Norden her
uns zugesandt.
Das Naturgesetz für die Abwässerung der Flüsse im Norddeutschen
Tiefland bietet noch mancherlei Stützpuncte für unsere Annahme; wir
müssen uns daher noch weiter damit bekannt machen, und wir gehen
gleichzeitig darin in der Vorführung unserer specifischen Gewässer
weiter. Wo nicht lokale Hindernisse die Abwässerungen ebenso
vorgezeichnet nach Süden wie nach Norden führen, zeigt sich folgende
allgemein durchgreifende Regel.
Die Norddeutschen Flußwasser fallen mit der allgemeinen Bodenneigung
mechanisch GEGEN NORDWESTEN, wenn auch ihr nächster Abflußweg gegen
Norden direct zum Ostseethalbecken führen würde; sie halten sich
also an den NORDrändern der Thäler, um bei der ersten passenden
Gelegenheit gegen Westen abzuweichen, und sie wiederholen diese
Weisung, bis sie ihren Endlauf, ihre Mündungen erreicht haben.
Auch bei unserer kleinen Elbstrecke, wie sie etwa auf 3 Meilen Länge
die bis zu 140 Fuß hohen, steil abfallenden Uferwände der
Süd-Landesgrenze bespült, muß sich dies einfache Naturgesetz
bewahrheiten. Das dort schon meilenbreite Elbthal hat am
diesseitigen Ufer, im Norden des Flußthals, den Lauf des Elbwassers,
in einer Durchschnittsbreite von etwa 100 Ruthen, während das
jenseitige Südufer in weitgestreckten Marschen im Flußbett ohne
Wasser sich ausdehnt. Da wo der Fluß zunächst wieder noch mehr gegen
Westen abspringt (in der Nähe des Lauenburgischen Dorfes Besenhorst)
und von Neuem seine Strömung von den nördlichen Höhen weiter
abwendet, hat er abermals dem lokalen Abfall des Westterrains dies
Opfer bringen müssen. Dies geschah nachweisbar zu historischer Zeit
(im 12. Jahrhundert), im weiteren Verlauf zeugen die sog. Gose- und
Dowe-Elbe im "Vierlander"-Thalgebiet von jener letzten,
nördlicheren, aufgegebenen Ab-
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flußrichtung, während bei Schulau schon die Deltabildung des Flusses
beginnt.
Damit gelangen wir in das Quellen-Gebiet eines anderen, unsere
Höhenlinien quer durchschneidenden Nebenflusses der Elbe, der, wenn
auch wenig bedeutend für den Verkehr und die Industrie des Landes,
doch einen so eigenthümlichen landschaftlichen Reiz seinen Geländen
gewährt, daß seine Durchbrüche in den Hängen der Hügelungen manche
pittoreske Felsenstürze und anmuthig sich neigende Thalgründe dem
erstaunten, hier solche Fülle von naturschönen Landschaften nicht
vermuthenden Wanderer vorführen.
Dieser kleine, einen Theil der Westgrenze unseres Ländchens
bezeichnende Fluß, "DIE BILLE", bildet sich und wird verstärkt aus
Zuflüssen von Quellen, die auf dem Plateau der genannten
Wasserscheide unserer Strecken in der Nähe von Schönberg im Amte
Steinhorst entspringen. Sie bricht sich Bahn in mannigfachen
Windungen der lokalen südlichen Abdachungen, indem sie die
zahlreichen Thalsenkungen des hügelreichen Gebiets bald gegen
Westen, bald gegen Osten benutzt, wo die eigne Durchbrechungskraft
nicht selbst die Terrainhindernisse überwältigen konnte, um so jenen
anmuthigen Schlangenlauf bis in das Elbthal zu vollführen.
Auf diesem über 5 Meilen langen Wege hat die Bille in den
Jahrhunderten der Arbeiten ihrer einst größeren Wassermassen, zu
einer Zeit, wo der Sachsenwald noch das ganze Abwässerungsgebiet
bedeckte, nur an wenigen Stellen die fortgeführten Sandmassen
aufgehäuft, vielmehr in den weitesten Strecken der Thalwindungen
kalk- und thonreiche Schichten abgelagert, so daß die Wiesen der
Gründe an Reichhaltigkeit und Güte des Futterwerthes mit den
benachbarten der Elbmarschen wetteifern können. Ueberschreiten wir
von dieser Seite die Wasserscheidehöhen unseres Landes, so
gelangen wir
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zu einem Theil eines Quellen-Flußgebiets, das für den Nordosten
unsers Nachbarlandes Holstein von großer Bedeutung ist, und obgleich
unser Gebiet nur einen geringen Antheil an der Summe seiner Zuflüsse
direct bietet, fließen ihm doch indirect fast alle Quellen der
Nordhälfte unseres Landes zu.
Der Hauptlauf dieses Flußgebietes, "DIE TRAVE", entspringt aus den
höchsten Geländen des Holsteinischen Hügellandes, läuft Anfangs von
Norden gegen Süden und folgt dort einer lokal-örtlichen
Wasserscheide. Das eigenthümlich hügelige und Seenplatten-Terrain
leitet den Fluß dadurch in mannichfach gewundenen Linien rings um
den höchsten Theil der nordöstlichsten Holsteinischen Seenplatten,
bis derselbe endlich einen ebneren Abfluß in der Richtung nach
Nordosten zur Ostsee gewinnt. Die Trave berührt auf dieser letzten
Strecke sehr nahe die Nordgrenze unseres Landes und nimmt weiterhin
endlich die Wasser der Stecknitzzuflüsse, die Hauptwasseradern
unserer Nordstrecken auf, sie ist also die Mittlerin, welche im
Norden die Wasserverbindung zwischen Ostsee und Nordsee herstellig
macht.
Von den Abwässerungswegen der Lauenburgischen Seen berührt außer der
Stecknitz noch der kleine WAKENITZFLUSZ die nordöstliche
Landesgrenzenspitze, ein Verbindungswasser zwischen der Trave und
dem Ratzeburger See, das einst wohl, in Gemeinschaft mit den
Thalwindungen, welche direct zu dem Lübeck'schen Binnensee bei dem
Dorfe Schlutup führen, die oben zum Wahrscheinlichkeitsbeweis
gestellten Fluthwege des alten Elbabflusses zur Ostsee ausmachte.
Die Bedeutung dieses Zwischenflusses für den Verkehr des Ratzeburger
Seebezirks liegt auf der Hand; der Ueberschuß des Holzreichthums des
ganzen nordöstlichen Landestheils wird auf diesem Wasserwege nach
Lübeck hin verwerthet. Ueberhaupt ist der Binnenhandelsverkehr auf
dieser Schiffahrtsstraße von großer Bedeu-
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tung für das Land. Uebrigens ist auch dieses Wasser für größere
Kähne künstlich schiffbar gemacht, eine Schleusenaufstauung von etwa
15 Fuß über dem Durchschnittsspiegel der Trave zu Lübeck (im Sommer
bis 4 Fuß niedriger) ermöglicht das tiefere Fahrwasser, freilich zum
größten Nachtheil der Ratzeburger Seeufer, die manche Flächen
culturfähigen Bodens bei jener Stauung dem Seebecken übergeben.
Außer genannten Gewässern entspringt nur noch eine größere Aue, "DIE
BOIZE" auf Lauenburgischem Boden; diese sowie eine andere, "DIE
SCHALE", die den Abfluß der Schallseewasser in die Elbe, durch die
Sude vermittelt - beide Flüsse gehören ihrer ganzen Länge nach dem
Mecklenburgischen südwestlichen Wasserscheidegebiet an, ihre
Beziehungen zu unserem Lande reichen nicht weiter, wie erwähnt. Sie
tragen übrigens beide schon ganz den Charakter von Bächen, wie
solche gewöhnlich ihre Abwässerung in vielfachen Windungen nicht
vorzugsweise der Gewalt ihrer Wassermassen verdanken, sondern mehr
den zufälligen Wellungen des Terrains, dessen wegbaren
Bodensenkungen sie folgen. So zeigen denn auch diese beiden Auen
keine tiefere Einschnitte in ihren Bettungen, als eben alle
ähnlichen Wasserläufe, die durch den lockeren, aufgeschwemmten
Boden des nordwestlichen Hügel- und Plattenterrains ihre Abflußwege
in die Neben- oder Hauptflüsse nehmen. Und dennoch lassen sich auch
bei solchen Auen bestimmte, häufig wiederkehrende Regelungen in den
Formen ihrer gerundeten Schlängelungen, die niemals jäh in Winkeln
abbrechen, aufstellen, die den einen Bach fast zum Verwechseln
ähnlich dem andern gestalten. Aber diese Gleichstellung trifft in
den hydrographischen Merkmalen die Entstehungsweisen der
orographischen Bildungen; sie entnimmt nur von den
charakteristischen Zeichnungen der Gruppirung unseres nordwestlichen
Hügel- und Seenplattenterrains aus den Thal-
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senkungen und Einstürzungen des Bodens ihren Antheil. Die übrigen
Auen-Bäche "LINAU, STEINAU, GRIENAU u. A.' und die natürlichen und
künstlichen Abwässerungsgräben, welche die Thalsohlen der einzelnen
Hügelungen unseres Landes durchziehen, größtentheils Zuflüsse der
Stecknitz, bieten keine besondere nennenswerthe Erscheinungsweisen,
ihre Quellen entspringen an den Geländen wasserreicher Hänge, sie
suchen ihre Abflußwege gegen Westen, Norden oder Osten in die Bille
und Stecknitz, Trave und Wakenitz oder in die Seenthäler; im
Allgemeinen immer abwärts von der benannten Hauptwasserscheide des
Binnenlandes.
Dennoch wäre, trotz der Nähe eines Hauptstromes - der Elbe und
selbst der beiden Meere - Lauenburg ein wasserarmes Land, wie denn
auch ein großer Theil der welligen Hochebenen-Bezirke so bezeichnet
werden muß, wenn nicht die Naturarbeiten in den unterirdischen
Werkstätten der Gypsstockgänge und Höhlen die wohlthätigen Erdstürze
erwirkt hätten, in denen, als unerschöpfliche Brunnen in großer
Menge rings auf der größeren Hälfte des Landes vertheilt, die
Quellwasser sich zu Seen gestaltet haben.
Bei Vorführung der Lauenburgischen Seen können wir das
landschaftliche Bild eines Sees für alle geben, da sie alle die
ähnlichen Erscheinungen bieten, ob auch die Dimensionen sehr
verschieden ausfallen; wir werden uns daher begnügen, die übrigen
bemerkenswerthesten Wasser, nach der Größe ihres Umfangs geordnet,
mit kurzen Sonderbemerkungen nur zu verzeichnen.
Der bedeutendste See des Landes ist der, nicht allein von den
Anwohnern gepriesene, sondern von vielen Touristen bewunderte
RATZEBURGER SEE. Derselbe liegt an der Nordostgrenze des Landes und
hat bei einer wechselnden Breite bis zu etwa 500 Ruthen eine Länge
von etwa 1 1/2 deutschen Mei-
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len von Süden nach Norden, wo er durch die besagte Wakenitz zur
Trave hin abfließt; sein Flächeninhalt mißt etwa
4000 Tonnen (à 260
Ruthen). Das Becken hat eine sehr ungleiche Tiefe, die sich an
manchen Stellen nicht bis zu 100 Fuß gründen läßt, während andere
Plätze wieder Untiefen erweisen, die selbst als Inseln an die
Oberfläche treten würden, wenn der See nicht, wie angegeben,
künstlich in den Mühlenwerken der Stadt Lübeck eben durchschnittlich
etwa 13 Fuß aufgestauet wäre; jedoch erreicht die Wasserhöhe der
Stauung die schönen südlichen Seitenthäler des Sees nicht. Die jetzt
einzige große Insel, durch künstliche Dämme mit dem Ost- und
Westufer verbunden, so daß der See dadurch in zwei Theile - einen
größeren und einen kleineren - getrennt erscheint, trägt die
Hauptstadt des Ländchens, die durch reinliche Gassen und schmucke
Bauten auch im Innern freundliche Stadt Ratzeburg.
Nähert man sich von Westen, Osten oder Süden her dieser
umfangreichen Verstürzung, so sucht das Auge vergeblich seine
Spuren, allenthalben hügeliges, dazu größtentheils bewaldetes
Gelände; keine Ahnung kann der noch fremde Besucher von der Nähe
eines so mannichfaltig reichen Werks der Naturkräfte haben, ehe
vielleicht das gleichmäßige Rauschen im Spiel der Wellen sein Ohr
berührt. Und da muß er schon die ersten Abhänge der Ufer betreten
haben, denn das rings geschlossene Kesselthal läßt selbst das Getöse
im Sturm gepeitschter Wogen nicht weit hin erschallen.
Welchen Weg wir nun auch beschreiben, immer wird der plötzlich
erschlossene Anblick des Sees neu, überraschend sein. Wir wollen
nicht einmal reden von dem so verschiedenartigen Bilde, das die
besondere Beleuchtung schaffen mag, ob schwarze Wetter den Himmel
decken und alle Tiefen der laubgesäumten Uferbuchten, wie des
Wassers selbst in unabsehbare Fernen
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und ungewisse dunkle Schatten wandeln - oder ob heller Sonnenschein
die Fläche des Sees versilbert, wo jeder Uferplatz zum Ruhen und
Genießen einladet. Selbst die spiegelglatte grünliche Eisfläche,
oder die schneebedeckten Linien und ihre im Winterschmuck so
verschieden befallenen Ufergehänge haben besondere Reize. Die
Naturgaben des Sees selbst und seiner Ufer sind es, deren Bild wir
vorführen wollen.
Wir stehen am Abhange; zu unsern Füßen ruht die meilenlange Fläche
des Wassers, rings umher messen wir die Höhen der Ufer und finden
dieselben an den meisten Linien auf 120 Fuß Tiefe verstürzt, ehe der
Wasserspiegel beginnt; aber nicht geebnet oder gar künstlich dossirt
sind diese Abfälle, das mag an Kunststraßen und Terrassen-Parks
seinen Werth behaupten, hier würde es nur den Reichthum des
Naturbildes stören, und welcher Kunstfreund könnte solche Naturperle
verbessern wollen!
In mannichfachen Windungen, bald in jähen Abstürzen, bald in sanften
Neigungen, bald in getheilten Absätzen, hier einspringend, dort
wieder in lang gestreckter Vorzunge, seitwärts in bewachsenen
Vorlanden, vor uns in sandigen oder steinigen Ufersätzen, drüben in
Hafen gerundeten Becken, daneben in gezackten Einschnitten - da
entzückt den etwa von Süden Kommenden die lang hin sich streckende
Inselstadt mit den rothen Dächern im grünen Laub und den langen
bewaldeten Linien der Verbindungswege. Auf dem höchsten Inselgipfel
thront der altehrwürdige Dom mit seinem die Höhe der Ufer
erreichenden Hauptthurm, zur rechten Seite klimmt an den Abhängen
der grünen Ufer treppenförmig die östliche Vorstadt Dermin bis auf
die Höhe der Platte empor, während weiterhin wohnliche Landhäuser
sich erheben; eine Windmühle oben und mehre Wassermühlen unten
vollenden dies lebensbewegliche Bild zur Rechten. Zur, Linken aber
bieten sich wie-
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der neue Gruppirungen, mitten aus dem waldreichen Ufer erheben sich
auf dem vorspringenden Rücken einzelne stattliche Wohnhäuser der
westlichen Vorstadt und des Amtsberges; eine Hauptzierde des Ganzen
erscheint dort in der weithin leuchtenden weißen Kapelle, dem
einzigen Denkmal aus der Zeit der ersten Christen-Niederlassung, und
über das Ganze hin dehnen sich die weiten gewundenen Höhenufer, die
bis zum fernen Horizont, wo das mündende Wakenitz-Thal die Thürme
Lübecks erblicken läßt, den schimmernden Wasserspiegel einrahmen.
Dies ganze, so verschwenderisch reiche Bild, doch nur eine einzige
verkettete Einheit, in dieser Beweglichkeit verschieden gruppirter
Formen die schönste Ergänzung, in der alle Glieder, vermittelt durch
die Wellenarbeiten, gleichsam einig sich die Hände bieten. Dabei
neigen in allen Richtungen die herrlichen Buchen-Wälder der
Uferhügel ihre schönsten Kronen der Wasserfläche zu, deren
befruchtende Abdampfungen sie einzufangen begehren.
Das Auge schweift umher, aber nicht ruhelos; im Gegentheil, jeder
einzelne Theil, zum Ganzen gehalten, fesselt den Blick des
Schauenden und theilt ihm die ruhige Einigkeit der Landschaft mit,
daß er sich nicht leicht lossagen mag von den harmonischen
Eindrücken, die ihn bewältigen müssen, mit - ja selbst ohne -
Verständniß über das, was es wohl sein möge, das jenes dem Menschen
angeborene Gefühl für Harmonie hier einen Ruhepunct finden könne.
Jede einzelne Stellung bietet bei dem Wechsel der Gruppirungen einen
Wechsel der ganzen Scenerie, wir könnten immer wieder neue Bilder
vorführen, die immer wieder den neuen Reiz bestätigen würden, den
jede geänderte Richtung unseres Uferstandpunctes geben würde; - doch
genug von diesem läuternden Anblick, kehren wir zu unsern
Untersuchungen zurück.
Die zahlreichen Quellen, die dem Ratzeburger See im
Verein mit den atmosphärischen Niederschlägen seinen Wasserreich-
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thum zuführen, entspringen in weiterer und nächster Nähe rings an seinen
Thalwänden; sie führen ein ziemlich reines Wasser mit geringen
Mengen von Kiesel-, Eisen- ,Thon- und Kalkerde in das Becken und
haben, wo sie den tertiären tieferen Bodenschichten entrinnen, die
gewöhnliche Durchschnittstemperatur von etwa 8 Grad Celsius; ihre
erdigen Niederschläge tragen immer neue Beiträge hinzu zur Füllung
der Tiefen; einige derselben (z. B. die Jacobsquelle in der Vorstadt
Dermin) sind von vorzüglicher Reinheit, so daß sie mit Recht den Ruf
gesunder, labender Brunnen bewähren.
Der nächste an Ausdehnung, wie an Naturschönheitsgaben mit dem
Ratzeburger See rivalisirende, wenigstens in seinen Verzweigungen
noch mannigfacher gegliederte See ist der, weiter gegen Westen,
ebenfalls die Grenze unseres Ländchens berührende SCHALLSEE.
Sein Durchschnitts-Wasserspiegel ruht 58 1/2 Fuß über dem der Elbe
bei Boizenburg. *) Die gewundenen westlichen und östlichen Hochufer
steigen an einzelnen Geländen über 100 Fuß empor, gegen Süden
verflachen sie sich zu einer Hochebene. Welche immer neue Wasser-
und Land-Verflechtungen sich hier in wechselnder Fülle für den
Beschauer entwickeln, davon hat schon mancher Naturfreund voller
Begeisterung ob der vielfachen Ueberraschungen, die ihm auf beiden
Längsufern geboten wurden, berichtet.
Nach unserer Vornahme, bei Beschreibung der Seen nicht weiter in's
Einzelne einzugehn, müssen wir wohl fortwandern von den
reichbewaldeten Ufern, Inseln und Werdern der Güter Stintenburg,
Zecher, Seedorf, Niendorf und Dutzow, die ihre Schlösser,
Dorfhäusergruppen und Kirchthürme nach einander,
____________________
*) Der Nullpunct des Pegels bei Boizenburg liegt ungefähr
2 Fuß über
dem bei Lauenburg (Hohnstorf).
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an den einzelnen Buchten und Seeabtheilungen in überreicher
landschaftlicher Staffage zur Erscheinung bringen.
Von den kleineren Seen nennen wir zunächst den MÖLLNER SEE mit
seinen Drüsener Nebenseen. Sein Spiegel hat eine Durchschnittshöhe
von 38 Fuß über dem der Trave bei Lübeck, und
24 Fuß über dem der
Elbe bei Lauenburg; sein Hauptwasser mißt etwa 400 Ruthen. Als
Zwischenglied der Stecknitzverbindung zwischen Nord- und Ostsee sind
seine Wasserzuflüsse von der allergrößten Bedeutung. Seit Anlage der
Lübeck-Büchener Eisenbahn ist durch denselben ein Erdwall gezogen,
der dem Haupttheil Eintrag an seiner naturschönen Wohlgestaltung
thut; desto urwüchsiger sind aber seine Nebenufer geblieben. Die
Stadt Mölln liegt mit ihren alterthümlichen Häuserreihen und der,
auf der höchsten Klippe der Halbinsel würdig aufgeführten alten
gothischen Kirche an seinem Hauptufer. Im Nordosten verengen jäh
abfallende Höhen den See und das Stadtbaugebiet, und nun gewinnt
weiter gegen Südosten das Seethal in seinen Verzweigungen und den
Drüsener Seeabtheilungen einen so eigenthümlichen Charakter, als ob
die allenthalben ausgleichende Menschenhand hier gezaudert habe, der
nie alternden Natur in Culturverbesserungen entgegenzutreten. Alle
Wege, selbst die der theilweise wasserleeren Thalwindungen, bieten
überraschende Parthien. Einzelne solcher waldumgürteter Uferhöhungen
gleichen wahren Erd-Ruinen, die gleichsam eine Geschichte von den
Ureinwohnern erzählen, - wie sie an diesen Abhängen ihre Fallen und
Schlingen stellten, um den Biber, Otter und Dachs zu fangen, - oder
wie Glieder der ältesten Germanen auf einigen der Klippenhügel feste
Erdburgen angelegt, ihre Hünengräber auf andern gefunden hätten. Nur
die einsamen Dächer der Fischerwohnungen am oberen Drüsener See
unterbrechen diese ruhig lagernde urwüchsige Wildniß.
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Die rührige Stadt Mölln bietet nun zwar ein anderes Bild, aber ihre
mittelalterliche Bauart gewährt doch immer in ihrem Ensemble einen
passenden Uebergang zu dem bewegten Treiben in den Werken neuerer
Zeit, das der nahe Bahnhof und seine Umgebung im Süden der Stadt
schlagend darstellt. Die Verbindungsthäler dieser Seenketten führen
schließlich zu den gegen 1 1/2 Meilen entfernten GUDOWER Seen, mit
denen gegen Süden hin das Seenplatten-Gebiet geschlossen erscheint.
Von besonderer Größe und Schönheitsbedeutung nennen wir noch im
Osten unseres Plattengebiets den RÖGELINER SEE und den GOLDENSEE;
letzterer steht in Verbindung mit dem Schallsee. Ersterer gehört
dagegen schon in das Abwässerungsgebiet des geographisch-politisch
von uns getrennten Fürstenthums Ratzeburg. In der Mitte unsers
Seenplatten-Gebiets erringt der LANKOWER "GROSZE SEE" den Preis; die
tiefen Verstürzungen dieses Seekessels können das Bild eines
Schweizer Seebezirks im verkleinerten Maßstabe gewähren, dort
vereinigen sich auf einem verhältnißmäßig kleinen Raum die reichsten
landschaftlichen Schätze. Der BEHLENDORFER SEE ist ebenfalls reich
an hügelig bewaldeten Uferwindungen mit einer kleinen Insel, ähnlich
dem vorigen. Endlich noch einige 20 andere, mehr oder weniger
wasserreiche Seebecken; jedes einzelne, in seinen Dimensionen wie in
seinen abschüssigen Uferwindungen besondere Naturreize pflegend, ist
schauwürdig; aber auch jedes einzelne Seethal ist in seinen, mehr
oder weniger kleiführenden, ab- und angeschwemmten Bodenmischungen
bauwürdig, und verschiedene entwässerte Becken (namentlich die im
Amte Steinhorst) steigern in üppigen Feld- und Wiesenflächen den
Bodenwerth der Lauenburgischen Seenplattenbezirke.
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B. Gelände.
Wenn wir die Fluren unseres Ländchens von Osten aus
ins Auge fassen, wie es die allgemeine Grundabdachung der Platten
zur ordnenden orographischen Beurtheilung fordert, so unterscheiden
wir, ohne uns durch die Spaltenthäler der gefüllten oder leeren
Seenbecken, noch durch das eingeschnittene Stecknitzthal und die
örtlichen Durchbrüche der kleineren Wasserläufe irre machen zu
lassen, viele wellenförmig unter einander verbundene, nur scheinbar
absetzend, verlaufende Hügelketten in der maßgebenden Richtung von
OSO. gegen WNW.
Versuchen wir diese Züge im Einzelnen zu verfolgen, so erblicken wir
weniger namhafte Gliederungen, da überall neue Verzweigungen mit
abgesetzten Querthälern eintreten; wo also das Gebiet erst in seiner
Gesammtheit, bald in nördlicheren, bald in südlicher einfallenden
Theilstücken, die maßgebenden Hebungslinien aufzeigen muß.
Aber noch ein anderer Factor verwirrt scheinbar die orographischen
Linien und läßt ihre Normalrichtung häufig lokal verkennen. In der
Diluvialperiode haben nämlich die Meereswellen mitunter solche
Massen von Sand, Kies und Geröllen abgelagert, daß manche Theile der
bezeichnenden Hügelhänge darin verdeckt und ausgeglichen, zu
welligen Ebenen und Platten geworden sind. An solchen Orten
erscheinen denn hin und wieder oben darauf gelagert noch Sanddünen,
wie solche auf unserm Nordwestterrain in den Richtungen der alten
Fluthwellen, die gewöhnlich von Norden oder Nordwesten gekommen,
also in Durchschnittslinien von S. nach N. oder von SW. nach NO.
hin, aufgeworfen sind. Diese alten Meeresdünen haben natürlich mit
der Richtung unserer Landesabdachung nichts gemein, im Gegentheil,
sie durchkreuzen dieselbe gewöhnlich. Uebrigens sind dieselben in
ihrer äußern
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Gestaltung sehr leicht als Dünen zu erkennen; sie bergen niemals die
besseren Bodenschichten der thon- und kalkhaltigen Absätze und
Niederschläge des Diluvial-Meeres oder der alten tertiären
Binnensüßwasser.
Manche Rücken des Landes, z. B. im größeren Maßstabe: die
betreffenden bei Bergholz und Berkenthin, bieten ein trostloses Bild
solcher Sandwüsten, und selbst ihre noch obendrein durch Flugsand
vermehrten Hochflächen wären dem Auge nicht als Dünenaufwürfe
meßbar, wenn sie nicht die charakteristischen Merkmale - die
wasserarme, der Agricultur so wenig günstige Bodendecke dieser Sande
- aufwiesen. Das zuletzt genannte Beispiel zeigt noch besondere,
häufiger vorkommende Erscheinungsformen, da, wo die letzte Ostreihe
der Düne, vom Durchbruch des Stecknitzthals später getroffen, die
Gestalt - etwa eines durch Menschenhände erbauten künstlichen
Vertheidigungs-Walles angenommen hat, und grade solche Formen sind
bezeichnend, sie wiederholen sich vielfach auf der ganzen
Norddeutschen Niederung. Aehnliche sterile Hochflächen-Dünen, ohne
die so wohlthätigen Bodeneinsenkungen für die Arbeiten
verschlossener Quellen, würden wir an manchen Plätzen noch in
durchgreifenderem Maßstabe haben, wenn nicht eben vereinte Kräfte
der Wasserläufe manche Durchbrüche gestattet hätten, namentlich wo
jene Erdfälle die Seenbildungen begünstigte, damit diese allmälig,
durch Wettergüsse gefüllt, in wohlthätigen Anschwellungen die leicht
beweglichen feineren Flugsandtheile fortführen konnten, um so den
zurückbleibenden gemischten Sand-, Kalkmergel- und Thonlagen, als
fruchttreibenden Boden, Ausbreitung zu gestatten.
Auf solchen Plätzen übernehmen Wind und Wetter übrigens ebenfalls
eine Rolle im Fortführen des losen Flugsandes, die Ausgleichung des
Bodens allmälig zu bewerkstelligen, und diese mögen im Laufe der
Jahrhunderte, unterstützt durch
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Menschenarbeit, wohl im Stande sein, tiefer lagernde bessere
Schichten wieder bloß zu legen, überhaupt aber durch Austausch der
Erden einen dem Wachsthum günstigen Mutterboden zu erzielen.
Wir finden diese Dünen in ganzen Reihen auf allen Hochflächen des
Norddeutschen Tieflandes bis an die Ränder der anstehenden
Felsenufer; an allen Linien, wo sich noch nordische erratische
Blöcke, schon gemischt mit südlichen Geschieben, finden, können noch
diese Meeres-Sandbänke vorkommen. Daß dieselben auf den Hochflächen
aufgeworfen wurden, liegt in der Natur ihrer Entstehungsweise, da
nur eben auf Untiefen die Wellenarbeit Aufhäufungen sammeln konnte,
wie es auch heute so viele seichte Stellen, Dünen, Watten und Bänke
der Meere bekunden.
Noch einer anderen mißlichen, vielfach im Lande verbreiteten
Bodenerscheinungsform in den Senkungen der Hochplatten wollen wir
hier gedenken; es sind dies die so wenig werthvollen
Hochmoorgründe, in denen sich, je nach ihrer Lokalität, tiefere oder
flachere, sandreiche Moore oder Torfschichten gebildet haben. Diese
Gründe, nicht wasserreich und tief genug, um Seebecken zu bilden,
aber wiederum durch einen thonigen Untergrund zu feucht und in den
oberen Lagen dennoch zu sandig, um zu nutzbaren Wiesengründen zu
taugen, bergen im günstigen Falle und gehörig entwässert brauchbare
Torflager, neueren Ursprungs, als jene festen Sorten einiger tiefer
gelegenen Moore des Stecknitzthals und anderer
Landeinsenkungsplätze, die, zwischen Diluvialerden eingelagert,
vielleicht selbst das Alter der jüngsten verschwemmten Braunkohlen
haben und sich in solchem Falle von denselben nur in ihrer Bildung,
durch die Jahrtausende lange mechanische Pressung überlagernder
Erdmassen unterscheiden, während diese noch heute in den
Sumpfpflanzen und Moosrasen an manchen geeigneten Plätzen fort-
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wachsen und dann, in den oberen leichter zu gewinnenden Schichten,
ein - freilich rasch aufflackerndes Brennmaterial liefern. Das ganze
Norddeutsche Tiefland hat kaum eine Quadratmeile Fläche, wo sich
nicht solche Bodenbildung zeigt, aber der Torfreichthum unseres
Landesantheils daran, leidet eben auch an der allgemeinen Mißernte,
der größeren Menge nach werthloserer, leichter Sorten. Solche oft
völlig gefüllte Mulden, so daß dieselben als Horizontalebenen durch
nichts im Niveau ihr Dasein verrathen, erkennt man sogleich an ihrer
Vegetation, die nur saure Sumpfwiesen, etwa mit Erlen- und
Weidenpflanzungen aufweisen können.
Wenden wir uns zu den bauwürdigeren Geländen; wir werden bei den
geognostischen Untersuchungen des Bodens Gelegenheit nehmen, auf die
Torfbildungsweisen zurückzukommen.
Wohin sich auch die Schritte lenken, allenthalben finden wir
Steigungen und Neigungen des Terrains, bis solche uns etwa auf die
bezeichneten welligen Platten und Hochebenen geleiten, die einen
weiteren Flächen-Ueberblick gestatten, bis auch diese wieder zu
einzelnen höheren Hügeln führen, oder etwa in einem eingestürzten
Spaltenthal jäh abbrechen, oder in einem durch Wasserfluthen
ausgewaschenen Becken sanft verlaufen.
Jene Platten und Hochebenen bilden also die größeren Flächen, die,
je nach ihrer zufällig mehr oder weniger gemischten Bodenkrume, in
welcher seit einer Reihe von Jahren Kalkmergelungen besonders
aufgeholfen haben (in Schlägen von verschiedener Größe getheilt, wie
Communicationswege-Verbindungen, Terrainweisungen und
Bodenunterschiede es gestatteten oder forderten), eine geordnete
Koppelwirthschaft sehr begünstigt haben.
Die Schattenseite mancher dieser welligen Ebenen bleibt immer eine
mangelhafte Abwässerung, da, wo die Abhänge
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mit den Neigungsschichten des Bodens nicht übereinstimmen. Wir
wollen nicht weiter reden von jenen unverbesserlichen sandigen
Hochmooren, die einzelne größere Ebenen in ihren Mulden bergen, sie
sind eben unverbesserlich; sondern von den bauwürdigeren an Kalk-
und Thonerde reichen welligen Flächen, die den Haupt-Bodenwerth des
Landes ausmachen. Der Landmann nennt dieselben oft grade da, wo sie
die besten Bodenmischungsverhältnisse mit überwiegenden, dem
Pflanzenwuchs sonst so günstigen Lehmtheilen aufweisen, mit dem
bezeichnenden Beinamen "KALTGRÜNDIG", und ohne die richtige
Abwässerung, die Natur, oder Menschensarbeit darin schafft, d. h.
ohne die Entfernung und Ableitung übersättigender Wassertheile aus
den oberen Erdlagern, bleiben dieselben auch im Sommer kalt (d. i.
in der Durchschnitts-Wärmetemperatur unserer Tieflandsquellen, auf
die die Atmosphäreneinflüsse nicht unmittelbar einwirken), - bis zu
+ 8 Grad Celsius; die Wasser-Uebersättigung des Bodens duldet keine
genügende Wärme-Entwicklung in demselben, um einen üppigen
Pflanzenwuchs hervorzutreiben.
Wo also die natürlichen Schichtenfälle der oberen Erden, so weit
solche an der Vegetationstreibung Antheil nehmen, nicht die
hinreichende Abwässerung leiten, da tritt eine der bedeutendsten
Erfindungen der Neuzeit für die Agricultur, "DIE DRAINIRUNG", an
ihren Platz und verwandelt, wenn sie, richtig geführt, mit der
Neigung der Bodenschichten in die nöthigen Abflußlinien gebracht
ist, die kaltgründigen Aecker in warme, Wachsthum begünstigende.
Daß an diesem einzigen Mißstand unserer sonst so vortrefflichen
Aecker so manche der an Bodengehalt besseren Hochebenen des ganzen
Norddeutschen Tieflandes leiden, hat seinen natürlichen Grund, da
eben diese BESSEREN thon- und kalkreichen Hochplatten nur
wasserreich sein können, während die
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schlechteren in den sandigen Lagen die Wassertheile nicht wie die
lehm- und mergelhaltigen aufsaugen und an sich halten, sondern
vielmehr theils in tiefere Schichten, die zur Fruchtgewinnung nichts
mehr hergeben, ableiten, theils sofort nach jedem Regen durch
Abdampfung einer ungesättigten Atmosphäre wieder zuführen.
So hat die Menschenhand vielwärts nachgeholfen und ausgeglichen,
besonders da, wo der Pflug erst seine Arbeit beginnen sollte; aber
manche Mulden und Hänge warten noch auf ihre Bewältiger, und wohl
mögen besonders letztere verdienen kunstgerecht aufgeholfen zu
werden, denn die besseren fruchtbergenden Striche finden sich oft
grade an den Abhängen der Ebenen, selbst an den mehr sandigen
Lagerplätzen, an denen Wind und Wetter allmälig die Lehmadern bloß
gelegt und den feineren Meeressand vertrieben haben, und an solchen
Plätzen ist denn, bei dem erschlossenen Bodengefälle, eine normale
Abwässerung um so leichter herzustellen.
Die Aehnlichkeit und Gleichmäßigkeit der Gelände unter einander auf
der südlichen Landeshälfte bis an die Wasserscheidenlinien "DER
LANDRÜCKEN UND HOCHEBENEN", und dann ebenso der nördlichen
Gebietshälfte "DER HÜGEL- UND SEENPLATTENGELÄNDE"
erlaubt vergleichende und allgemeinere orographische Merkmale
aufzustellen und eine charakterisirende Vorführung der
Höhenlinien-Verhältnisse in wenigen skizzirten Gliederungen zu
geben, ohne eben in Einzelnheiten einzugehn.
Wir beginnen an der Ostgrenzen-Mitte des Landes mit Vorführung
derjenigen Hügelrückenreihen, die unsere besagte Lauenburgische
Binnen-Wasserscheide bedingen, die also von beiden Landestheilen
Kennzeichen aufweisen.
Diese Wellungen treten von Osten her, in verschiedenen
Verzweigungen, etwa in der Höhe von Gudow, aus Mecklen-
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burg auf unsern Boden, sie erreichen über Grambeck ihr höchstes
Plateau ungefähr in einem Querprofil, "Talkau, Niendorf, a. d. St.,
Breitenfelde", und streichen in der WNW.-Richtung weiter, in Mitten
etwa über die Feldmarken "Borstorf, Coberg, Linau (Hohenfelde),
Schönberg", worauf sie auf entsprechender Linie in Holstein weiter
fortsetzen.
Sie ebenen auf dieser Lauenburgischen Strecke im Durchschnitt
ungefähr in einer Höhe von 120 Fuß über dem mittleren Niveau der
Ostsee, während manche einzelne Bergansätze dieses Landrückens noch
um ein Beträchtliches denselben überragen.
Diese örtliche Wasserscheide durchzieht übrigens von OSO. her, von
den Nordzuflüssen der Havel die ganze Mecklenburgische Landschaft
und wendet sich erst jenseits unseres beschriebenen Gebiets, bei den
Zuflüssen der Stör in Holstein, aus ihrer lokalen WNW.-Richtung
gegen NW., bis sie endlich jenseits der Eider zu einer Nordrichtung
übergeht; und auf dieser ganzen Wegeslänge bildet sie die
Süd-Grenzscheide der Seenplattengelände.
Historisch faßte sie ungefähr auf die politisch-geographische Grenze
der alten Lauenburgischen Landeshälften - der früheren Lande
"Sadelbande" im Südwesten und "Ratzeburg (terra Raceburg)"
im Nordosten.
Ein Aufzählen der einzelnen Hügelungen wird bei den folgenden
Höhenlinien-Aufstellungen zur Charakterisirung nichts beitragen, da
solche nicht einmal nach Gruppen gegeben sind (wie in
Gebirgslandschaften, wo die Scheidebedeutung eine durchgreifendere
ist); es kommen vielmehr auf jeder Feldmark andere, den äußeren
Formbildungen oder sonstigen Bedeutungen entnommene Bezeichnungen
vor, und da das Ucbersichtllche dabei sehr erschwert werden würde,
so beschränken wir uns und halten uns an die allgemeiner
durchgreifenden
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Richtungspuncte, die wir an die zunächst belegenen Ortsnamen
knüpfen.
Das NÖRDLICHE Lauenburgische Seenplattenterrain
ruht nur wenige Fuß über eine Flächen-Durchschnittshöhe von
100 Fuß
über dem Spiegel der Ostsee, nach deren Lübecker Seebusen dasselbe
seine Wasserläufe sendet, während einzelne Platten wieder die Höhe
der Scheidelinie erreichen, und Hügelungen auf demselben wohl über
150 Fuß sich erheben.
Das SÜDLICHE Landrückengebiet zeigt im Allgemeinen die ähnlichen
Höhenverhältnisse, steigt jedoch in seinen Hochebenen im Ganzen noch
um etwa 10 Fuß höher an, als die Platten der Wasserscheidelinie, in
allgemeinen Umrissen ungefähr in einem Bogenabschnitt von Niendorf
a. d. St. über Talkau, Elmenhorst, Lanken, zu den Hochebenen des
Sachsenwaldes, woselbst diese sich an die südlichen Höhenlinien
anschließen.
Beide Landestheile tragen, wie schon ihre orographische Nomenclatur
besagt, einen ganz verschiedenen landschaftlichen Charakter, und da
die Fluren der SEENPLATTEN so häufig durch Einsturzthäler
unterbrochen sind, so weisen ihre abgeschnittenen Platten weniger
ausgedehnte Flächen, wo im Gegensatz die Landrücken der südlichen
Landeshälfte umfangreichere Hochebenen einrahmen.
So ähnelt der Nordtheil seinen Holsteinischen und Mecklenburgischen
Geschwistern, während der Südtheil außer jenen, namentlich den an
Hügeln und welligen Ebenen reichen Fluren der Lüneburger Heide
gleicht, von deren Hebungslinien derselbe ja auch nur secundär. d.
h. in der Auswaschung von Alluvialschichten getrennt erscheint, da
beider oberen Diluvialmassen nur an dem diesseitigen Elbufer
absetzen, um am jenseitigen wieder fortzulaufen.
Nicht immer zeigen die Höhenlinien - wir wiederholen den
Hauptvorsatz für das Verständniß der Zeichen des ganzen
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im Untergrund vorgezeichneten Hebungssystems - fortlaufende Ketten
auf, vielmehr sind dieselben häufig auslaufend und sie setzen dann
erst später wieder in den analogen Richtungen neue Reihen an, so daß
von Höhenlinien natürlich nur in solchen Zeichnungen die Rede sein
kann, insofern man dieselben in Gruppenlinien von
parallel-wechselnden Zügen zusammenstellen und darin orographisch
ordnen kann.
Wir finden auf beiden Landeshälften einige hervorragende
Hügel-Gruppenketten, und diese sind es, die in der normalen
Nordwestrichtung ideal verbunden und neben isolirten und
abgezweigten Erhöhungen einzelne Abtheilungen der welligen
Landesplateau's einschließen und darin maßgebend werden. Einige
derselben erheben sich noch um ein Bedeutendes über die Hügelungen
des Wasserscheide-Rückens, wie denn auch auf den entsprechenden
Gebieten der Nachbarländer die höchsten Hügelköpfe den Seitenlinien
zufallen. Sie erheben sich in der Richtung zur Ostseeküste im graden
Norden von unsern Marken auf der Küstenlinie jenseit Lübecks zu den
höchsten Gipfeln des Nordwestdeutschen Ostseebezirks.
Auf unserm nördlichen Seenplattengebiete können wir DREI Linien, als
hervorragende Höhen Gruppenketten mit ihren Verzweigungen, die jene
Fluren in eben so viele Marken theilen lassen, unterscheiden.
Die NÖRDLICHSTE ERSTE LINIE streift, in Mitten etwa von Gadebusch
und Roggendorf aus Mecklenburg herüberzweigend, in der Richtung
zwischen dem Goldenseesturz und Röggeliner See das Lauenburgische
Gebiet, geht dann durch den südlichsten Theil des Fürstenthums
Ratzeburg, bricht an der nördlichen Hälfte des Ratzeburger Seeufers,
in Mitten etwa bei Hohenleuchte, ab, setzt diesseits auf
Lauenburgischem Boden wieder fort und durchzieht die nördlichsten
Landesstrecken, überschreitet bei Kählstorf-Clempow den
Stecknitzdurchbruch und streicht
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endlich in der Richtung auf Reinfeld auf Holsteinisches Gebiet.
Die ZWEITE LINIE trifft von Osten her zunächst die nördlichen
Zweigthäler des Schallsees, erreicht über Salem den Ratzeburger
kleinen (Küchen-) See, dann den Behlendorfer See und gelangt in der
Richtung auf Siebenbäumen gegen Oldesloe zu über die Landesgrenze.
Zweigungen dieser Linie zeichnen sich durch die, wegen der
umgebenden örtlichen Spaltenthäler relativ so hervortretenden
Hügelungen bei Kitlitz (Lüneburger Berge), Einhaus und Berkenthin
aus.
Die DRITTE LINIE tritt über die Mitte des Schallsees etwa von
Stintenburg her in das Land, zieht von dort über Sterley, Brunsmark
und Mölln zu den höchsten Kuppen der Linie, den Fuchsbergen am
Lankauer See, und setzt dann über Sandesneben und Labenz in der
gegebenen Richtung weiter auf holsteinischen Boden. Sie
durchschneidet auf diesem Wege, gleichwie die vorige Linie, viele
Spaltenthäler, namentlich den Möllner See, das Stecknitzthal und
andere geringe Wasserabflüsse, deren Abzweige die malerischen
Terrainwellungen zwischen den genannten Puncten einschließen.
Die andere Seite des Landes läßt vorzugsweise ZWEI Höhen-Markungen
in den vorherrschenden Gruppenketten unterscheiden.
Die NÖRDLICHERE tritt südlich von der Steinau-Aue über das
Stecknitzthal aus Mecklenburg und trifft über Müssen die
Eisenbahnlinie und endlich durch den nördlichen Theil des
Sachsenwaldes südlich von Grande die Bille, wonach sie, dieselbe
überschreitend, im Holsteinischen Amt Reinbeck weiter fortsetzt.
Die Kreuzung der oben bezeichneten Bogenlinie des Hochplateaus von
Elmenhorst und Lanken her verwirrt einigermaßen die Auffassung der
maßgebenden WNW.-Richtung der südlichen Kettenzüge unseres Landes,
um so mehr, da Verzweigungen der Höhenzuläufe sowohl von Westen wie
von
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Nordwesten her eintreten. Dies bunte, schwierig zu zeichnende Bild
gestaltet sich, bei dem vorliegenden Versuch, eine Feststellung DER
LETZTEN SÜDLICHSTEN LINIE zu geben, noch zu einem größeren allgemeineren
Maßstabe, da die ganze Hügelung längs der Stecknitzthal-Abhänge von
der Vorstadt Lauenburg über Buchhorst und Basedow hin die Basis der
Höhungs-Zweiglinie bildet.
Von dort aus treten verschiedene Anhöhenketten hervor, die zuweilen
abbrechen, um bald auf der einen Elbseite, bald auf dem andern
Binnenterrain wieder maßgebend aufzutauchen, bis sie in einem
Querprofil "Escheburg, Hohenhorn, zum Sachsenwalde" sich mehr
vereinigen, dort die höchste Wellung messen, und von da in der
Mittelrichtung über Wentorf, Wohltorf, Aumühle am Billethal
abbrechen, wo sie jenseit Reinbeck weiter in Holstein fortsetzen.
Die in dem Abschnitt über die Gewässer besonders hervorgehobenen, an
landschaftlichen Reizen so bevorzugten Durchbrüche der Bille fallen
hier in verschiedenen Verzweigungen dieser letzten Linie zu, wie
denn anderseits das ganze Lauenburgische Elb-Höhenufer von "Rothes
Haus bis zur Stadt Lauenburg" aufwärts, in der Bedeutung seiner
vorgezeichneten Höhenlinien einen namhaften Antheil an der
Gesammtcharakteristik unseres Bodenbildungs-Beitrags als Theil der
Nordwest-Deutschen Hebungslinien liefert.
Dieser, die Nordwestdeutschen Fluren charakterisirende, neben seinem
orographischen auch einen landschaftlichen Werth beansprechende
Schönheits-Ausdruck läßt sich in der Vorführung eines Ueberblickes,
den die Stadt Lauenburg von der Süd- und Ostseite - ihren mit
Häusern gekrönten Anhöhen - gewährt, am vortheilhaftesten skizziren.
Lauenburg, diese frühere Hauptstadt des Landes, die terrassensörmig
mit ihren Vorstädten von dem unteren Rande des
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Elbufers, in schlängelnden Linien, wie die unregelmäßigen Abhänge
der Uferhöhen es eben forderten, bis zu den oberen Platten, an und
auf vier nebeneinander sich erhebenden Höhenvorsprüngen angebaut
ist, vereinigt in dem geschäftigen Treiben der unteren kleinen
Hafenstadt und dem verhältnißmäßig ländlichen Stillleben seiner
oberen Gärten geschmückten Wohnplätze und Anlagen alle möglichen
Kennzeichen der besten Seiten eines norddeutschen Kleinstadt- und
Landlebens, - und kein Handels-, Industrie- und Ackerbauzweig der
Norddeutschen Weisen bleibt für seine Einwohner verschlossen.
Führen uns unsere Schritte von den nördlich und westlich die Stadt
umgürtenden, in fleißiger Cultur sich befindenden Aeckern und Gärten
des südöstlichsten Hochplateaus unseres Gebiets zu den äußersten
Rändern der oberen Vorstadt-Anlage, so finden wir Puncte, die gegen
150 Fuß über dem Nullpunct des Elbwasserstandes daselbst belegen
sind. *)
Von dort aus beherrscht das Auge einen ausgedehnten Gesichtskreis,
der sich gegen Süden hin, etwa in drei Meilen weiten Fernen, über
die üppigsten Fluren einer reichen Marschlandschaft, mit ihren
vielen zerstreuten Stroh gedeckten Häusern Nieder-Sächsischen Styls,
bis zu den fernen Hügelreihen der geognostisch-verwandten Lüneburger
Heide verfolgen läßt, durch deren Linien im S.-W. das ausgeschwemmte
Thal der Ilmenau die gothischen Thürme der Stadt Lüneburg und
darüber hinaus die entfernteren parallelen Höhenlinien am fernen
Horizont zeichnet. Gegen Osten hin erheben sich auf
Mecklenburgischer Uferseite etwa in der Entfernung einer Meile die
durch das Stecknitzthal unterbrochenen Hügelreihen; sie
____________________
*) Das Amthaus, ein umgebautes Ueberbleibsel der 1182 erbauten
Lavenburg, liegt circa 132 Fuß über diesem Wasserspiegel,
150 Fuß
über dem Durchschnitts-Niveau der Nordsee.
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enden in einem mächtigen bewaldeten Vorsprung am Elbuferhange,
welcher dem dort gegen Südosten sich wendenden Strome, sowie der
Südlandschaft überhaupt gleichsam eine Einrahmung gewährt, ähnlich
wie gegen Westen die Vorsprünge der Glüsinger Höhen, unserer eignen
näheren Ufergipfel, diese Aufgabe übernehmen. Nicht minder malerisch
erscheint im Nordosten das breite Stecknitzthal bis zu den
ansteigenden Terrainanschwellungen der oben verzeichneten
Höhenlinie; dasselbe birgt in dem Gesichtskreis bis an den
ausgedehnten Elbufer-Werder die üppigsten Marsch-Aecker, Wiesen und
Weiden. Ueberall ein Bild dieses ergiebigsten Naturwuchses, die
beste Seite einer Norddeutschen Tiefland-Landschaft. Die untere
Stadt selbst, mit den vielen Häusergruppen zu unsern Füßen, die
vorstädtischen Anbauten rings auf allen passend befundenen
Höhenabsätzen in allen Schluchten und Einbiegungen, die sich wegsam
finden lassen, umgeben von Bäumen und Anpflanzungen unserer reichen
nordischen Laubhölzer, dazwischen einzelne Felsenstürze, welche die
hohen Fluthengänge der Elbe fast jährlich vermehren, wo die Ufer
nicht befestigt sind, und die naturwüchsig bewachsenen Hänge, die
jeder künstlichen Cultur spotten, - das Alles - und dann wieder das
wechselnde lebendige Bild, das die Elbschifffahrt und der nahe
Bahnhof zu unsern Füßen auf dem künstlich erhöhten Damm des
Elbwerders am Ausfluß der Stecknitz bietet, - Alles möge das
Gesammtbild dieses von der Natur bevorzugten und von Menschen
vortheilhaft benutzten und ausgestatteten Orts, - keines künstlichen
Machwerkes, - sondern würdig einst der Residenz des Landesherrn, -
eines heimisch ansprechenden Platzes, der den Charakter eines
Nordwestdeutschen Fluß-Hafen- und Landstädtchens ausprägt -
bewahrheiten.
Wir dürfen bei Vorführung der Fluren unseres Landes nicht
unterlassen, noch eines besonders werthbehauptenden Bo-
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denerzeugnisses zu gedenken, der einen wesentlichen Reichthum
derselben ausmacht. Es sind dies die umfangreichen Waldungen,
namentlich von Laubhölzern, die ein nicht täuschendes Merkmal der
guten Qualität des Bodens liefern, und nur die verhältnißmäßig
wenigen sandigen Platten und Dünenstriche unseres Landes führen
Nadethölzer.
Die forstmäßige Cultur dieser Wälder hat seit den letzten
Jahrzehnten um ein Bedeutendes zugenommen. Aeltere verkommene
Bestände sind gründlich regulirt und neue Anpflanzungen sind manchen
Plätzen abgewonnen, die früher als unzugänglich oder unbrauchbar
galten. Auch hier hat ganz besonders die geordnete Abwässerung eine
große Rolle übernommen, so daß jetzt schon die Ausfuhr von Nutz- und
Bauhölzern, wie von Feuerungsmaterial eine bedeutende geworden ist.
Die erfreuliche Aussicht, daß die Wäldercultur mit den veredelten
Bodenerträgnissen der Aecker des Landes in gleicher Stufe, auf der
Höhe der Zeitansprüche gelangen wird, liegt sehr nahe. Auch der
Nutzen und die Annehmlichkeit wildreicher Jagdgründe hält mit der
Cultur seit den letzten Jahren (wieder) gleichen Schritt und
erscheint als ein Eldorado den Waidmännern von Fach - und den
Liebhabern eines, in der wohlthätigen Körperbewegung Gesundheit
fördernden und im Anreiz zur Aufnahme der bei den Gängen durch Wald
und Flur gebotenen Naturgaben, in einer Herzenserfrischung
veredelten Zeitvertreibes.
Mehr als der 8te Theil unseres Gebiets ist bedeckt mit üppigen
Buchen, Eichen u.s.w., oder mit nicht minder kräftigen Nadelhölzern.
Die größte Waldfläche, als zusammenhängendes Ganzes, bildet der
Sachsenwald im Südwesten des Landes. Wir können den größten Theil
der übrigen, auf allen Fluren zerstreuten Hölzungen, wenn auch
heutigen Tags nicht im Zusammenhange, dennoch als Theile oder
Ausläufer eines
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- soweit die sterilen Theile des Heidesandbodens es gestatten -
einst wahrscheinlich den ganzen Landstrich von der Elbe bis zur
Nord- und Ostsee deckenden Urwaldes betrachten.
Damit gelangen wir schließlich wieder zu der Frage, die für den
Ursprung unsrer heutigen Wasserläufe so wichtig ist, wie sie die
Deutung der Entstehungsweise mancher jetzt trocknen Thalgründe
übernehmen mußte, und verstellen solche nunmehr zur Erläuterung:
Wälder hemmen die Verdunstung des Wassers dadurch, daß sie den
Luftzug einschränken, soweit ihre Holz- und Laubwände reichen, und
dadurch, daß die Sonne nicht unmittelbar die Bodennässe erreichen
kann, - sie führen dagegen durch ihre Wurzel-Saugadern die größten
Mengen der Wetterniederschläge dem Erdboden zu; dieser sammelt in
seinen lehmführenden Schichten die Wasser und läßt an geeigneten
Abhängen den Ueberschuß seiner Sättigung in Quellen wieder zu Tage
treten.
So wird es erklärlich, daß auch bei uns, wie in so manchen andern
Landschaften, einst unsere heutigen Flüsse und Auen bedeutendere
Wassermengen faßten, die wohl im Stande waren solche Thäler
auszuspülen, wie sie jetzt oft zu unserm Erstaunen, da wir nirgends
jene überfüllten, reißenden Wasser mehr erblicken, sich noch
erhalten haben.
Aber auch für unsere Zeit haben jene großen Wälder noch gesorgt, sie
haben uns in den Auswaschungen ihrer Quellen die besten Wiesenthäler
und Weidegründe zurückgelassen, - und die Waldreste sind noch heute
groß genug, um wesentlich zu helfen, daß unsere Seen nicht
austrocknen, unsere Flüsse und Bäche nicht schwinden, überhaupt
unsere Quellen nicht zum großen Theil versiegen.
An einzelnen Plätzen hat es die Agricultur freilich vorgezogen, die
flacheren Seebassins zu entwässern, es sind darin im Nordwesten des
Landes, wo überdies kein vorwiegender Was-
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sermangel in den besten Lehmbodendistricten des Landes eintritt,
bedeutende Seethalgründe, z. B. die Steinhorster Teiche und der
Duvensee, zu den einträglichsten Ackergründen umgeschaffen.
Die Wechselarbeit der Naturkräfte in Wasser und Erdboden erzeugte
die hydrographischen und orographischen Bodenbildungen der
beschriebenen Fluren. Wir haben in unserm Tiefland-Theilgebiet keine
so durch längere Zeiträume stabile Gelände vor uns, wie die
Gebirgsplatten älterer Festlande darstellen; wir haben auch nicht -
wenigstens nicht in nahbarer Nähe - die Mineralschätze jener
Erdrippen; ebensowenig bieten sich unserm Auge die erhabenen
Panoramen ihrer landschaftlichen Gebirgsparthien.
Und dennoch, - wer mögte die Natur in ihren Ausgleichungsgaben
verkennen, die unsern Fluren einen Boden verliehen hat, der des
Nutzbaren und Schönen so viel enthält, bei dem der Kunstfleiß der
Menschenarbeit nur darin besteht, die Naturwinke richtig zu
verstehn, zu nutzen, auszubauen, zur rechten Zeit hinzuzutragen und
zur rechten Zeit aufzusammeln, und das nennen wir Grund- und
Bodencultur im Norddeutschen Tieflande.
Wir wissen nicht, wenn wir auf unsern Fluren den Preis vertheilen
sollten, ob wir denselben den Flüssen oder Seen - Hügeln oder
Thälern - Platten oder Gründen, - oder aber den erzielten
Bodenschöpfungen: dem Aeckern oder Waldungen zuerkennen müssen; aber
das befürworten wir, daß alle benannten Factoren im Lauenburger
Lande seit den letzten Jahrzehnden berufen sind, an solcher
Preisvertheilung zu concurriren.
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Geognostische Untersuchung des Bodens.
Eine Bodenuntersuchung kann nicht unterlassen auf manche Sätze einer
Wissenschaft zu verweisen, die leider bis dahin, außer von
Fachgelehrten, nur von einzelnen Wißbegierigen bearbeitet wird; -
wem aber einmal auch nur ein Strahl des Geistes aufgegangen ist, der
die Erdschollen organisch und unorganisch-lebendig arbeiten sieht
und der darin ihre Sprache verstehen lernt, - dem erschließt sich in
dieser Wissenschaft eine neue Welt, die er niemals wieder verlassen
wird und die er bis dahin recht eigentlich profanirt und mit Füßen
getreten hatte.
Auch unsere vorliegende Bodenuntersuchung wird sich nur begnügen
dürfen, die thatsächlich AUFGEDECKTEN Erdschollen einfach zu
registriren, - die Schlußfähigen aber, die in einem Boden, der so
wenig erbohrt ist wie der Lauenburgische, den ganzen Untergrund
begreifen, werden zur allgemeineren verständlichen Kenntnißnahme nur
zu bringen sein, wenn dieselben eben an Regeln der Wissenschaft,
unter passend und nothwendig erscheinenden geologischen Reflexionen
geknüpft sind, und grade, darin hofft der Verfasser, selbst mit
seinen geringen Fähigkeiten, auch durch die Lauenburgische
Bodenkunde einen Theil seiner Liebe zur Geognosie auf seine Leser
übertragen zu können.
Bisher haben wir uns im Wesentlichen an die äußeren, oberen
Gestaltungen des Lauenburgischen Grund und Bodens gehalten und wir
haben die Analogien der Flurenlinien unter einander und zu denen der
Nachbargebiete in einzelnen charakterisirenden Zügen darin zu
constatiren unternommen. Wir forschten nach den Formen der
Bildungsweisen und suchten dieselben nur wo es nöthig schien in
dem Boden-Innern geolo-
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gisch-speculativ zu erklären. Nunmehr aber wollen wir unternehmen,
hinabzusteigen in das Erdreich - bis dahin, wo wir annehmen dürfen,
nicht mehr im Reich des aufgeschwemmten, aus der Fremde uns
zugeführten Bodens uns zu befinden, sondern in dem - eigner
anstehender Felsarten.
Sodann werden wir wieder zurück bis zur Oberflächenhöhe, nach
einander, die einzelnen neptunischen Auflagerungen geognostisch, d.
h. in der äußeren stratographischen und petrographischen (nicht
chemischen) Verbindung ihrer verschiedenen Mineraltheile zu Massen
kennen zu lernen trachten. Dabei müssen uns die Eigenthümlichkeiten
der einzelnen Erdschollen und einige sogenannte Leit-Versteinerungen
organischer Reste Anhaltspunkte für eine Bestimmung derselben
bieten.
Plutonische und vulkanische Eruptivmassen kommen auf unserm Gebiete
anstehend nicht vor und bis zur heutigen Stunde sind keine
Bohrlöcher zum Zwecke der Ergründung von tieferen Lagen anstehender
Felsarten eingesetzt. Aber es umgeben uns in der nächsten Nähe
aufgedeckte Flötze von Segeberg, Elmshorn, Lübtheen, Stade und
Lüneburg und die vielen Soolquellen Hannovers, Holsteins und
Mecklenburgs, und liefern unzweifelhafte Kunde von dem Dasein eines
Gliedes der geologisch ältesten secundären (mesozoischen)
neptunischen Formation, - des sog. Salzgebirges der Triasgruppe, von
welcher Eigenfelsart wir als feste Grundlage unseres Bodens ausgehn
können.
Die Vorführung eines Gliedes der anderen secundären jüngeren
Formation, der Kreide, wird ebenfalls, in den unzweifelhaft bei uns
vorhandenen Anständen schlußweise, in den ausgeschwemmten Fundmassen
aber thatsächlich nachgewiesen, einer vorsichtigen Analyse zu
unterziehn sein.
Die Tertiärformationen aber können sowohl in dem Braunkohlensystem
wie in dem Geschiebesystem des Diluviums, auf
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dem sichern Boden aufgedeckter Erdschollen, in verschiedenen
Gliederungen nachgewiesen werden. Endlich werden die quartären
Gebilde des Alluviums bis zur Jetztzeit, in einer Recapitulation der
Vorigen, aus deren verschwemmten Bruchtheilen sie zusammengesetzt
sind, nur einer mehr summarischen Systematisirung zur Kenntnißnahme
bedürfen.
A. Secundäre Formationen.
I. Die sogen. Salzformation der Triasgruppe.
Die Kunde, welche uns durch die zahllosen Einstürze des Erdgrundes
bei den hydrographischen und orographischen Untersuchungen
geologisch leitete, auf das Vorhandensein einer Unterlagerung
zerrütteter, höhlenreicher Felsarten zu schließen, findet ihre
Bestätigung in aufgeschlossenen Flötzen an unsern nächsten
Landesgrenzen. Die Deutung ihrer verdeckten Verbindungslinien
gestattet und duldet keine Isolirung eines Bodentheils, der wie das
Lauenburgische Gebiet darin fast von allen Seiten sich von Gesteinen
eingeschlossen sieht, die ihrer neptunischen Natur nach in lang
gestreckten Lagerungen und nicht in lauter einzelnen sporadischen
Massenestern gebildet sind.
Die nunmehr nach manchen Zweifeln - deren Aufzählung uns hier zu
weit abführen würde - festgestellten geognostischen Resultate
ergeben, daß wir uns im Gebiete EINER AB LAGERUNG DES MUSCHELKALKS
DER TRIASFORMATION mit seinen Zwischengliedern an keuperartigen
rothen (und grünlichen) Mergeln und Salzstöcken, dem nach letzterem
Vorkommen so benannten SALZGEBIRGE, befinden. *) Derselbe ist bei
Lüne-
____________________
*) Der bunte Sandstein der Insel Helgoland zeigt auch das
Vorhandensein dieses unteren Gliedes der Trias, wenigstens in dieser
Richtung.
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burg in den oberen Lagen in einer dolomitischen Form und Structur
mit unverkennbaren Steinkern-Leitmuscheln *) aufgeschlossen, hat im
Uebrigen in den Lüneburger, Stader, Segeberger und Lübtheener **)
Gypslagern - als metamorphosirter Muschelkalk, in der Grundmasse als
Anhydrit und Gyps - wie endlich ebenfalls bei Lüneburg und in der
Lieth bei Elmshorn, als ein schwärzlich bituminöser, schiefriger
dolomitischer Kalkstein sich erwiesen, ***) dem außerdem noch
plastische, roth mit grünen Streifen gefärbte Keuperthonmergel bei
Lüneburg, Stade, Elmshorn und Segeberg (Stipsdorf) beigegeben sind.
Es möchte wohl keinem Zweifel unterliegen, daß es auch auf unserm
Zwischenboden Puncte geben kann - entweder in den Streichungslinien
der Seestürze und der Mecklenburgischen und Holsteinischen
Soolquellen wie der Segeberger Gesteine, oder auf den Südlinien
unseres Terrains, wo die Richtung des Gehobenen zwischen Lübtheen
und Elmshorn die Streichungslinien andeutet, - wo solche
Mineralschätze, mehr an die Oberfläche getreten, in bauwürdiger
Tiefe ihres Entdeckers warten. Eine Soolquelle soll denn auch auf
dieser unteren Streichungslinie, in der Feldmark von Witzetze,
gesprudelt haben; dieselbe wird mehrfach in Kroniken erwähnt, jedoch
ohne daß die Menge ihres Salzgehaltes angegeben wäre, sie ist jedoch
zur Zeit nicht mehr aufzufinden, wenigstens sind bisher keine
geognostisch geleiteten Versuche zu einer Wiederaufnahme angestellt.
Die Zeit, wo solche Proben bei uns angestellt werden, ist bereits
gekommen, wie denn seit der weitgreifenden
____________________
*) Namentlich Myophoria pes anseris Bronn. Terebratula
vulgaris v. Schl. und in selteneren Bruchstücken
Ceratites nodosus v. Schl.
**) Die Auffindung der Lübtheener Gypsstöcke im Jahre
1825 war entscheidend für unsere Zwischenlinie.
***) Der Entdecker dieses Kalksteins ist Dr. L. MEYN in Kiel.
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Wirksamkeit des Professor G. FORCHHAMMER auf dem Gebiete der
Nachweisung unserer Erden manche Aufschlüsse bei uns erwirkt sind.
Bis dahin war freilich - auch in andern Ländern - das Auffinden von
Mineralschätzen mehr dem Zufall überlassen, hauptsächlich aus dem
Grunde, weil man bis vor wenigen Jahren der Geognosie-Wissenschaft
in ihren Schlüssen zu sehr mistrauete, und, was unser Norddeutsches
Tiefland betrifft, vielleicht mit Recht, denn erst seit FR.
HOFFMANN's Untersuchungen in den zwanziger Jahren näherte man sich
allmälig einer Vergewisserung über das Alter, die Natur und die
nothwendige Verbindung der vorliegenden Formation, als Untergrund
unsrer Nordweststrecken, und erst in den letzten Jahren ist man
einig geworden über die Einreihung der einzelnen Schichtenreihen in
den Hauptlagen eben als Stöcke des Salzgebirges im Muschelkalk der
Triasgruppe. Damit mag eine wohl erwogene geognostische
Forschungsberechnung ferner auch bei uns den Werth beanspruchen
dürfen, bei etwaigen weiteren Auffindungsversuchen gehört und
benutzt zu werden.
Ueber die Bildung der Gypsstöcke sind wir, zum Verständniß eines
Unterbodens, der auch die Erdoberfläche so stark zerrüttet, wohl
eine Erläuterung schuldig.
Vulkanische Gase und Dämpfe üben eine mechanische und chemische
Veränderung der von ihnen durchzogenen Gesteine aus. Erstere Wirkung
macht dieselben porös, löcherich, mürbe, oft erdig-tuffartig;
letztere fördert Oxidationen und Reductionen, und bildet also neue
Mineralien. Dringen Sublimationstheile in die Gesteine, so bilden
sich nicht allein in ihnen neue Stoffe, sondern die alten bilden
darin ebensalls neue Bestandtheile - sie metamorphosiren. Ist nun
etwa Schwefelwasserstoffgas oder schwefelige Säure unter
gleichzeitiger Mitwirkung von Wasserdämpfen (oder letztere gelöst im
Wasser, durch den Sauerstoff der zutretenden Luft in Schwefelsäure
gewandelt,)
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mit Kalkstein in Berührung gekommen, so kann solches unter
Austreibung der Kohlensäure denselben in Gyps verwandeln. Ebenso
können sich darin (abgesehn vom Dolomit und von Alaunen,)
Schwefel-Eisen, schwefelsaure Thonerde, neue kohlensaure Salze
u.s.w. ausscheiden und bilden.
Die Umwandlungen der Gesteine durch Wasser oder durch die Wirkung
der Luft zeigen übrigens noch andere Bildungsweisen, wie denn auch
ihre Einflüsse auf unsere Gypsstöcke nicht in Abrede zu stellen
sind; bei den Ausscheidungen und Umbildungen in den folgenden oberen
Formationen werden diese Weisen maßgebend.
Wir gehen nunmehr zur Classificirung unserer, in den benachbarten
Lagern erschlossenen Gesteine dieses Formationsgliedes über.
Ihre Mächtigkeit schätzt man im Ganzen auf 800 bis
1000 Fuß; in
ihrer Reihefolge von unten nach oben zeigen dieselben
vergleichsweise folgende Felsarten:
1) ANHYDRIT, wasserfreier Gyps (schwefelsaurer Kalk), feste, dichte,
hellgraue Massen von sehr feinem krystallinischen Korn und Gefüge,
im Uebrigen wie der folgende.
2) GYPS, in 460 Theilen Wasser auflöslich, von verschiedener Farbe,
Structur und Festigkeit; weiß, grau, bläulich, gelblich, röthlich
und schwärzlich; von feinem oder gröberem Korn; dicht, auch
schuppig, strahlig, schaumig oder erdig in lockeren und weichen
Massen; in verunreinigten, thonreichen, schiefrigen Lagen; mit
Einlagen von Gypskrystallen, Fraueneis (Marienglas), Gypsmehl; auch
bituminös; außerdem einzelne Ueberzüge von Eisenrahm, krystallisirte
Quarze *), Spuren von Steinsalz und Chlormagnesium u.s.w.
enthaltend. Der Gyps
____________________
*) Bei Segeberg und Lüneburg noch die in Sammlungen so sehr
geschätzten, einzig dort gefundenen Borazitkrystalle.
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ist deutlich geschichtet und bildet dicke Bänke,
dabei aber vielfach zerklüftet, in den Hebungen unsrer Linien theils
von S. gegen N., theils von SO. gegen NW., auch gegen NO.
aufgerichtet wie in Ueberkippungen und Steilstellungen. Den
Uebergang zur folgenden Erscheinungsform bildet ein loser, unreiner
Gyps, reich an kohlensaurer Kalk- und Talkerde.
3) DOLOMIT, ein Gemenge von kohlensaurem Kalk und kohlensaurer
Talkerde; löcherig und porös, unrein, bituminös, stinkend,
stellenweise reich an Thonerde und kohlensaurem Eisenoxidul; von
rauhgrauer oder gelblicher Farbe; geschichtet; auf seinen Höhlungen
mit kleinen Aragonitkrystallen; in den oberen Lagen verliert sich
die dolomitische Structur und geht in kleinen Blöcken und dünnen
Lagen mit Steinkernen von Petrefacten allmälig zu den Bänken des
4) MUSCHELKALK über; gelblich grau; diese umgewandelt gebliebenen
Theile unserer Flötze haben allerdings nicht mehr die weiche,
dichte, gleichmäßige Beschaffenheit anderer Lager beibehalten,
sondern zeigen die dolomitische Structur.
Diese Reihen schließen:
5) KEUPERARTIGE rothe und grüne Thonmergel, durch Bohrungen auf
mehre 100 Fuß Mächtigkeit bei Elmshorn, Stade, Lüneburg und
Stipsdorf (Segeberg) nachgewiesen; ein salziger, plastischer Thon,
einige verhärtete Schichten führen Kalkspathdrusen und Kupfergrün
(Kieselmalachit). Die obersten Lagen enthalten ebenfalls noch wieder
dünne dolomitische Muschelkalkstücke mit den Leitmuscheln derselben,
so daß wir mit begründetem Recht wohl die ganze Classenreihe als das
mittlere Glied der Triasgruppe ansprechen können, dessen
Salzreichthum, den Beinamen "Salzgebirge" verdienend, in den reich
gesättigten Quellen unsrer Nachbargebiete zu Tage tritt.
Eine Aufzählung von Gründen für die Vermuthung, wo etwa in den
beschriebenen Reihen der eigentliche Sitz der Salz-
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stöcke, namentlich als Steinsalzlager sich befinden möge, aus dem
die tieferen Wasser die mehr oder weniger gesättigte Soole
hervortreten lassen, führt zu keiner Regelung. Die Soolquellen von
Bramstedt bis Oldesloe, wie die im Lüneburger Lande haben eine jede
ihre besondere Salzsättigung; die einen weisen in ihren
Geburtsstellen auf die unmittelbare Nachbarschaft von Anhydrit und
Gypsstöcken hin, und diese sind die reichhaltigsten, die anderen
ärmeren können ihren Salzgehalt schon eben so gut von den nächsten
Keuperthonen herleiten, wenn sie nicht gar - wie manche der
Mecklenburgischen Lakenquellen - ihre geringen Salzmengen, den
Rückständen aus den Verdunstungen, der Meeres- Brackwasser herleiten,
die zwischen den Gebilden der jüngeren Erdschollen-Formationen durch
Auslaugungen nunmehr ebenfalls ihre Quellenwege bis an die
Oberfläche gefunden haben, und selbst unsere jüngsten Diluvial-Moore
zeigen Ansammlungen von schwachen Salzwassern in ihren Mulden, die
bei langer Trockenheit häufig als Massen kleiner Krystallchen am
Boden aufgeschossen sind.
Damit schließen wir die Analyse unseres ältesten neptunischen
Untergrundes, und wenn wir nicht weiter im Terrain ausgreifen wollen
- gar bis zur Odermündung im Osten und im Westen bis zur
Beschreibung einer geognostischen Untersuchung der Anstände bei
Helgoland -, so wissen wir, daß unser specifischer Triasboden die
ganze Zeitperiode, während das Jura-Meer seine Ablagerungen
ausbreitete, über dem Meeresspiegel erhoben blieb. Auch die unteren
Glieder der Kreideformalion sind bei uns, wie gesagt, nicht
vertreten, die Jahrtausende jener Bildungsperiode haben keine Spuren
ihrer Felsarten innerhalb der Linien unseres nordischen Salzgebirges
abgesetzt.
In den Zeitraum einer dieser letzten geologischen Perioden fällt nun
auch die Krise, die uns schon so vielfach beschäftigt,
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da sie die Hebungsrichtung unseres ganzen Norddeutschen Bodens
vorgezeichnet hat; die Katastrophe der plutonischen linearen Hebung
des Landes war eingetreten und die vulkanischgasigen Eruptionen
erwirkten die Umwandlungen des Muschelkalks, zerrissen die Massen
und bereiteten die Höhlengänge zu den Einstürzungen, welche die
späteren Jahrtausende, bis auf die heutige Zeit, durch die
mechanische Pressung der mächtigen neuen Auflagerungen entstehen
sahen.
Da endlich senkte sich unsere Triasinsel von Neuem
unter die eindringenden Wasser und das weite, obere Kreidemeer
fluthete bis an die fernen Küsten der nordischen und der südlichen
Urgebirge. Seine reichen Kalkablagerungen, die uns rings
einschließen, wollen wir im Folgenden einer Zergliederung
unterziehn.
II. Die Formation der oberen Kreide.
Unser Land entbehrt bis jetzt des tathsächlichen
Nachweises vom Anstehn auch dieses Gesteins, obgleich es keinem
Zweifel unterliegen kann, daß wir uns mitten im Gebiet eines Gliedes
des neptunischen Kreide-Flötzgrundes befinden.
Es handelt sich bei einer Aufsuchung des Gesteins nicht sowohl um
den Industriezweck, obgleich auch dieser unserm Gebiete ein neues
Product für den Erwerb zuweisen würde, sondern die geognostische
Wissenschaft würde damit den Beweis des Zusammenhangs des alten
nordischen Kreidegebietes um ein neues Zwischenglied bereichern.
Rings auf den Grenzgebieten ist dasselbe aufgefunden, sollte es denn
in unsern Zwischenlinien gänzlich verschwemmt sein?
Wir nennen als nächste Stationen: In Holstein die Lagerplätze im
Thale der Stör und die bei Schinkel und Lägerdorf unweit Breitenburg
zwischen Itzehoe und Elmshorn (von FORCHHAMMER bestimmt); die
Anstände unter dem Eiderkanal,
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sowie an der Küste südlich von Tönningen. In Hannover die
altbekannten Kreidestöcke bei Lüneburg. In Mecklenburg eine Reihe
von aufgeschlossenen Schichtungen, aufgefunden unter Mergellagern
auf den Feldmarken einzelner Höfe zwischen Lübeck und Wismar, dann
bei Doberan, in der Nähe des Müritz- und Malchiner Sees und eine
Folge von NW. nach SO. gerichteter Puncte - wohl an 20
Plätze, die
Kreideanstände aufweisen. Endlich die offnen Kreideflötze der
West-Pommerisch-Dänischen Linien.
Einzelne Nester von Kreideblöcken und von Kreidemergeln finden sich
nun überall auf dem ganzen benannten Gesammtgebiete zerstreut, und
es sind solche auch in unserm Zwischenländchen, wo der Zufall sie
entdecken ließ, ausgebeutet.
Um so vorsichtiger müssen wir mit der Annahme "vom Anstehen" des
Gesteins zu Werke gehn. *)
Die Dänischen Geognosten unterscheiden in den Schichtenreihen von
unten nach oben: 1) Grönsand og Graakrit; 2) Saltholmskalk;
3)
Skrivekrit; 4) Blegekrit og Limsteen. Diese Reihefolge breitet sich,
gürtelförmig anliegend, über die älteren Bildungen aus, so daß die
jüngste Lagerung das mittlere Jütland trifft und durch Seeland
fortsetzend den äußern Bogen bildet.
Diese Schichtungen, gegen Westen und Osten fortgesetzt gedacht,
streifen ebenfalls an ihren südlichen Rändern den Lauenburgischen
Boden.
Unser Nordwestdeutsches Kreideflötz aber bietet noch andere
Eigenthümlichkeiten und Merkmale, die wir in folgender
Zusammenstellung aufzählen wollen.
____________________
*) Ein solcher Findlings-Block ist z. B. im Fürstenthum Lübeck im
Hubbersdorfer Holze am nördlichen Abhange des Pariner Mühlberges
nachgewiesen, dessen Ausdehnung nach genauen Bohrungen auf 86 Fuß
Länge, 80 Fuß Breite und 12 1/2 Fuß Dicke sich herausstellte.
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Es mag in seiner vollen Lage (z. B. bei Helgoland) über 1000 Fuß
Mächtigkeit haben, ist aber in den späteren Senkungs- und
Hebungsperioden und dann besonders während der Zeit der
Diluvial-Ausschwemmungen - da, wo dasselbe nicht von tertiären
Erdmassen bedeckt, gesichert war - bei seiner losen und weichen
Beschaffenheit vielfach zerstört und verschwemmt, so daß alle
Auflagerungen seine Auswürflinge in Nestern, Blöcken, Stücken und
Knollen u.s.w. namentlich auch in seinen begleitenden festen
Kieselausscheidungen von Feuersteinnieren, Schwefelkiesen und
Kieselversteinerungen aufweisen. So erscheint es sehr erklärlich,
daß da, wo die Kreide nicht vom tiefern Meere oder
von den festen Lagen tertiärer Schichten stets bedeckt blieb,
dieselbe, wie an den Uferrändern des alten Kreidemeeres, wohl nur
eine Mächtigkeit von ein paar hundert Fuß aufzuweisen vermag.
Die Kreidestöcke, besonders die Schichten der weißen Schreibekreide,
sind - außer aus amorphem kohlensauren Kalk - zum großen Theil aus
den kalkigen Gehäusen der Foraminiferen gebildet. Die Kleinheit
dieser Infusorien-Urthiere ließ dieselben lange Zeit verkennen. Ein
Kubikzoll unsrer weißen Kreide enthält nach einer
Wahrscheinlichkeitsberechnung (von d'Orbigny) wohl
über eine Million Foraminiferen-Schälchen, welche, mehr oder weniger
zerstört, bis beinahe zu 300 Arten *) darin nachgewiesen sind.
____________________
*) Gegenwärtig zählt man über 1000 Arten solcher KALKSCHALIGEN
Schleimthiere, die sich immer, je mehr ihre Arten sich der Jetztzeit
näherten, nicht allein vermehrt, sondern auch, wie alle andern
Geschöpfe, in den Bildungsformen vervollkommt haben. Eine Klasse von
Pflanzen-Infusorien, die KIESELSCHALIGEN Baccillarien, besonders die
Diatomeen (deren gründliche Beobachtung wir EHRENBERG verdanken),
werden wir bei Vorführung der quartären Ablagerungen - der
Kieselguhr - noch vorzuführen haben.
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Es lassen sich mehre Abtheilungen in den benachbarten Anständen
unterscheiden, die zuweilen im Einzelnen mit einander wechsellagern,
im Allgemeinen aber sich in folgende Reihen, von unten nach oben,
gliedern.
1) Die unteren Lagen, weiß und gelbröthlich oder grau gefärbt, in
Platten und Blöcken oft von mehren Fußen Dicke; erdig, weich; wenig
Schichtung; reich an feinen Adern und Drusen von Kalkspath, sowie an
Kieseltheilchen, so daß die Kreide mitunter in Hornstein übergeht;
einzelne ausgeschiedene graue oder schwärzliche Feuersteine in
unregelmäßigen Plattennieren und Knollen;
Schwefelkiesausscheidungen.
2) Die weiße Kreide - mittlere Lagen; nicht sehr weich, feinkörnig,
erdig, leicht abfärbend, von weißer, gelblicher oder grauer Färbung,
mitunter sandig bis zu wirklichen Kalksandsteinen; ausnahmsweise
leicht zerreiblich; schneeweiß und giebt dann, da wo die Kieselsäure
völlig ausgeschieden ist, die wirkliche reine Schreibkreide. Diese
Lagen enthalten die ähnlichen Ausscheidungen wie die unteren
Platten, gewöhnlich in bestimmten Schichten reicher ausgeworfen und
von bedeutenderer Größe oft, als Hornstein.
3) Kreidemergel - obere Lagen; in dünnen Platten; gelblich weiß;
ziemlich fest, oft erdig; zeigen einen unebnen Bruch, enthalten viel
Kieselsubstanz, daher ist dieselbe wieder weniger in Nieren
ausgeschieden.
In die Periode der Ablagerung der jüngern Kreideschichten, bis zu
der Zeit, wo unser Tiefland aus den Meereswellen gehoben wurde - zur
Periode der Bildung tertiären Pflanzenwuchses -, pflegt man die
nicht näher bestimmbare Bildungszeit unserer nordischen
Kreide-Korallenstöcke zu legen. Die Reste derselben haben
bedeutende, in ihrer Korallennatur bis zur Unkenntlichkeit zerstörte
Kalklagen (Limsteen) in den Dänischen Inseln von
Stevnsklint und am Liimfjord gebildet.
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Unzählbare Zweigreste derselben finden sich in allen oberen
Schwemmlagen unsers Diluviums. In gewissen Geschiebeschichten haben
sich dieselben so häufig erhalten, daß wir bei diesen so
bezeichnenden Einlagen den untern Geschiebesand (nach Prof. G.
FORCHHAMMER's Weisung) darnach benennen können.
Auf dem Boden unserer Linien kommen übrigens keine Anstände von
Korallenkreide mehr vor, dieselbe ist auf die nördlichste Seite der
Dänischen Blegekritschichten beschränkt.
Die Leit-Petrefacten sind in allen unsern Kreide-Gliedern dieselben,
nach oben hin finden sie sich häufiger, als in den unteren Lagen,
oben mehr in natürlichen Schalen, unten als Feuersteine, Hornsteine
u.s.w.; wir nennen, als bei uns am häufigsten gefunden:
Belemnites macronatus v. Sch. besonders in der Abart
B. quadratus v. St. (letztes Auftreten der Gattung);
Inoceramus Lamarikii Sow.; Gryphaea vesicularis, und von den
Seeigeln: Anachytes ovata Lamck. u. A. Zu den vielen
irrthümlichen Nachrichten über das Auffinden von Kreideschichten hat
auch unser Gebiet einen Beitrag zu liefern, der erst durch die
Bohruntersuchungen des Kammerrath KABELL, Salinendirectors zu
Oldesloe, gründlich seine Erledigung gefunden hat. Ein scheinbar
aufgefundenes Flötz ist darin zu einem größeren ausgeschwemmten
Block, vielleicht gar (nach DR. MEYN's Ansicht) eines jüngeren
Mergelsteins reducirt. Wir wollen uns über diesen Fall des Breiteren
auslassen, natürlich nicht seiner Resultate wegen, - dieselben mögen
hier Berichtigung finden, - sondern weil wir darin ein bezeichnendes
Bild der Umstände und Merkmale aufgestellt finden, unter denen in
unseren specifischen Linien Kreideanstände zu vermuthen sind.
Unser Gewährsmann ist der anerkannte Geognost DR. O. VOLGER;
derselbe berichtet (in seiner oben angeführten Quellen-
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schrift) über das Vorkommen der vorliegenden Formation auf
Lauenburgischem Gebiete (pag. 83 u. f.)
in extenso, so
weit der vorliegende Zweck gebietet: "Im Sachsenwalder Forstorte
Hülshorst, in grader Linie zwischen den Dörfern Brunsdorf und
Havekost, etwa eine halbe Wegstunde von Schwarzenbeck) *), zeigt sich
unter einer lehmigen, ziemlich mächtigen Dammerde, an einigen
Puncten des Einschnitts, welcher behuf des Eisenbahnbaues dort
veranstaltet war, ein hellgrauer, etwas in's Gelbliche, Bläuliche
oder Grüne variirender Kalkmergel, unter dem an einem Puncte ein
Kalkflötz hervortritt. Es ist ein grauer, leichter, äußerst fein
poröser Kalkstein, welcher auf den ersten Anblick einem dichten
Dolomit gleicht, jedoch fast gar keine Talkerde, auch sehr wenig
Thon enthält, dagegen mit mikroskopisch kleinen Glimmerblättchen,
Quarzkörnchen und Grünerdepünctchen gemengt ist. Derselbe zeigt im
unebenen Bruche feine weiße, erdige, leicht zerreibliche Stäubchen,
Verwitterung läßt ihn äußerlich weiß erscheinen, während das Innere
bloß gelblich-grau bleibt. In Wasser getaucht, zieht er solches
begierig an."
Wir können diesem Bericht in einigen Leitzeichen noch weiter folgen,
denn obgleich das Gestein nicht das Prädicat des Anstehenden
bewähren sollte, mag es uns doch belehren über die Formen, unter
denen Kreidegeschiebe bei uns in größeren oder kleineren Nestern
vorzukommen pflegen, anderseits auch zur Unterscheidung von jüngern
Kalkmergeln, deren Ausbeute, nicht zu verwechseln mit gewissen
Kalk-Mergelsteinen, bisher ein nicht unerhebliches Material für
hiesige Kalköfen lieferte, während letztere nach äußerem Anschauen
von Unkundigen oft für Kalksteine gehalten werden, obgleich sie
wesentlich Sandsteine
____________________
*) VOLGER nennt ungenau ein Dorf "Hülshorn", welches gar nicht
existirt.
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darstellen, - und endlich in Hinsicht auf eine Vorführung von
Petrefacten der oberen Kreide, wie solche der Mehrzahl nach häufiger
auf unserm Boden gefunden werden. Volger sagt: "Wir bemüheten uns
möglichst, durch Auffindung von Petrefacten das Alter des Flötzes zu
bestimmen. Allein von diesen war wenig zu finden. Mit Sicherheit zu
erkennen waren Fragmente von Inoceramen, welche beweisen, daß das
Flötz NICHT JÜNGER ALS DIE KREIDEFORMATION sein kann, so wie Schuppen von
Fischen aus der Ordnung der Cycloiden, welche das Alter nach der
entgegengesetzten Seite auf diese Formation beschränken. Deutlich
erhalten fanden wir ferner Cytherea erycinoides Lamk. (Sow.
Min. Conchol. Taf. 149, Fig. 15), welche Dr. W. DUNKER zu
Cassel für C. suberycinoides, zu Grignon im Grobkalke
gefunden, hält. Ein
Fragment hielt derselbe für Chenopus (Aporrhais) aus
der Kreide. Auch die sämmtlichen übrigen Petrefacte sind undeutliche
Fragmente, jedoch glauben wir, nach sorgsamer Vergleichung aller uns
zu Gebote stehenden Werke, folgende Arten erkennen zu können:
Fusus propinquus v. Münst. (Goldfuß, Petref. Taf.
171, Fig.
16) aus der grünlichen Kreide von Halden in Westphalen (sehr klein),
Buccinum bicarinatum v. Münst. (Goldf. Taf.
173, Fig.
5) eben daher (sehr klein), Natica canaliculata Fitton
(Geinitz, Charte des Böhmisch-Sächsischen Kreidegebirges), aus dem
Pläner, Pecten membranacaeus Nilson (Goldf. Taf.
99,
Fig. 7) aus der oberen Kreide bei Aachen, Pecten squamula
Lamk. (Goldf. Taf. 99, Fig. 6), aus der Kreide von Haltern
und Haldem (kleiner und etwas convexer als die Abbildung),
Pecten Nilsoni Goldf. (Goldf. Taf. 99, Fig.
8) aus dem
Kreidetuff zu Maestricht, und endlich ?? Pecten accuminatus
Geinitz (Char. der Schichten des Böhmisch-Sächsischen
Kreidegebirges, Heft 3, Taf. 21, Fig.
6.)
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Der petrographischen Aehnlichkeit nach würden wir das Gestein,
welches mit keiner der uns bekannten Felsarten der oberen Kreide
übereinstimmt, etwa für Plänerkalk zu halten geneigt sein. Doch
scheinen die Petrefacte für eine jüngere Bildung zu sprechen.
Jedenfalls ist die Nachweisung der Kreideformation in jener Gegend
höchst interessant, obgleich wir sie, nach dem Auftreten der Kreide
bei Lüneburg und im Mecklenburgischen, hier vermuthen durften."
Wir können diesem Vortrage aus eigner Anschauung nichts hinzufügen;
das Gestein ist unter den Erdwällen der Eisenbahnbauten wieder
verdeckt; aber wir dürfen den Zweifel nicht unterdrücken, daß die
Bestimmung einiger Petrefacten, besonders derjenigen, in
Bruchstücken, bedenklich erscheint, so müssen auch wir von der
Einreihung dieses Geschiebes absehn.
Anknüpfend an diesen Fall, bemerken wir noch im Allgemeinen über das
Vorkommen oberer Kreidegeschiebe auf Lauenburgischem Boden, daß es
wohl keinen Absturz, keine Erdbohrung oder Quellenspülung, überhaupt
keine neu aufgedeckten Gründe von geringer Tiefe in unsern jüngern
Erdlagen giebt, in denen nicht ein forschlustiger Sammler neben
Bruchtheilen von kohlensaurem Kalk, vielleicht noch zweifelhaften
Ursprungs, unverkennbare Proben Kreidegerölle, Verkieselungen von
Seeigeln (Anachyten), Kopffüßler (Belemniten), Bruchstücke von
Inoceramen und Spondylen, namentlich aber die verschiedenartigen
Feuersteinknollen der oberen Kreide antrifft.
Die so umfangreiche Verschwemmung der Kreidelager hat viel zur
bessern Mischung des Bodens bei den Schlamm-(Thon-) und
Sandüberschüttungen der folgenden Formationen beigetragen. - Die
nächste, deren Vorführung uns nunmehr obliegt, leitet uns in eine
neue geologische Zeitperiode ein, in der wir im ganzen Norddeutschen
Tiefland ganz andere, an Pflanzenresten reiche Erden auftreten sehn.
Selbst Kohlenlager
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hat jene Periode angehäuft, die während der ganzen secundären Zeit
wenigstens auf Nordwestdeutschen Gebieten, wahrscheinlich auf den
nackten Felsen der Kalke, keinen passenden Ruheboden zum Wachsthum
und zur Ablagerung gefunden hatten; und welche Zahlen von
Jahrhunderten mögen den Zeitraum bemessen, der zwischen der
Ablagerung dieser und der nun folgenden tertiären geologischen
Bildungsperiode statthatte; keine Arten Versteinerungen der Kreide
finden wir dort mehr vor, - eine ganze Welt von Geschöpfen hatte
Zeit auszusterben, - eine neue fand Zeit, in der Menge dieselben
vollständig zu ersetzen, - in der organischen Ausbildung aber bei
Weitem über sie emporzusteigen.
Man hat in Norddeutschland angefangen, die ganze Formation der
abgesetzten tertiären unteren Schichten nach den lokal gültigen
Anzeichen zu benennen, und mit einigem Recht, wie wir im Folgenden
sehen werden.
B. Tertiäre Formationen
I.
Die Braunkohlenformation des Nordwestdeutschen Beckens.
Der eigenthümliche mineralogische Charakter, der den Gebilden der
secundären Periode aufgedrückt war - der Felsen-Typus - tritt
nunmehr in der vorliegenden Formation nur vereinzelt auf, ein
lockeres Gefüge herrscht in den Hauptmassen vor. Ueberhaupt zeigen
die Reihen nicht mehr so allgemein durchstehende Merkmale, wie in
den secundären Gesteinslagen. Das Süßwasser fängt an eine
entschiedene Rolle zu übernehmen und überläßt seinen damaligen
Kohlensäure-Reichthum einem Pflanzenthum, für dessen Ueppigkeit die
Jetztzeit keinen Maßstab hat, und da der Boden sehr verschieden
geordnet, bald hier, bald dort gehoben, oft längere Zeiträume der
Wellenarbeit entzogen war, eher er wieder sich senkte oder
überfluthet
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wurde, so zeigen die Schichten der einzelnen Becken zuweilen
abwechselnd Süß- und Meerwasserbildungen.
So gewann das Ganze einen mehr lokalen Charakter; nur das ganz
Allgemeine mag Geltung haben, daß mit Ausnahme der festen Kalk- und
Sandsteine (die bei uns nicht vorkommen) die Massen in ihrem
lockeren Zusammenhalt eine mehr mechanische Entstehungsweise
aufweisen.
Die Eintheilung, der wir folgen, behauptet daher nur den
specifischen Charakter des Nordwestdeutschen Tieflandes. Wir
unterscheiden auch weder London Clay - noch Crag,
weder Parisien noch Falunen,
Tongern oder Subapenin Formationen. Nur das
müssen wir vormerken, daß wahrscheinlich unsere untern tertiären
Ablagerungen nicht zu den ältern Reihen zu zählen sind, die als
eocäne (eine die Morgenröthe der Gegenwart andeutende Wortbildung)
Untere-Tertiärformation den Nummuliten- und
Flysch-Reihen angehören würden.
Drei Glieder haben wir zu analysiren, in denen die Formation bei uns
vertreten ist.
Mächtige "SANDE", deren Tiefen nur da ergründet sind, wo die
Bodenhebung secundäre Flötze der Oberfläche näher brachte, bilden
die Grundlage.
Diese tragen und schließen wiederum, in besonderen, erkennbaren
Sandlagen, die beiden andern Glieder "THONE und
BRAUNKOHLEN-Zusammenschwemmungen" neogene Zeitproducte von Wasser,
Land und Atmosphäre ein, während ein viertes
Glied, die Kalke jener Zeit, auf unserm Nordwest-Terrain nicht in
Masselagern abgesetzt ist.
Selten allerdings finden wir alle drei Glieder beisammen, aber die
eigenthümlichen Merkmale der einzelnen sind stets dieselben
maßgebenden, so daß ein Glied schon hinreicht, die Formation darnach
zu bestimmen, so verschieden auch die Massen sich lokal
unterscheidend gliedern.
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Das Alter der Bildungsperiode, während welcher sich diese Formation
häufen konnte, mag schon, an einem Gliede beispielsweise erläutert,
während einer einzelnen Ruheperiode bemessen werden. Es giebt
nämlich aus dem Zeitabschnitte des Wachsthums einzelner Holzarten in
Braunkohlenlagern verkohlte Stämme, deren deutlich zählbare
Jahresringe (z. B. bei Bonn eingewurzelte Stucken einer Tannenart
von 10 bis 12 Fuß Dicke) auf mehr als
1600 Jahre unzweifelhaft
hinweisen.
Die Entwicklung des Thierreichs war so weit fortgeschritten, daß
schon Fossile der ersten Wiederkäuer und Insektenfresser
nachgewiesen werden.
Der Mensch konnte freilich bei der an Kohlensäure so sehr reichen
Atmosphäre noch nicht existiren, aber bis zum Beginn der nächsten
Periode waren schon fast sämmtliche Pflanzen- und Thierarten den
heutigen verwandt, lokal vertheilt geschaffen und auch darin alle
Vorzeichen zu einem höher gegliederten organischen Bau von
Geschöpfen vorhanden.
Was die Verbreitung der Lagerungen betrifft, so beschränken sich die
einzelnen Abtheilungen dieser Formation nach Obigem auf mehr oder
weniger ausgedehnte Lokalitäten.
Eigentliche tertiäre Steine giebt es, wie gesagt, nur wenige, und
sind dieselben auch nicht so fest als die älteren; überall aber
finden die losen Sande, namentlich auf unserm Gebiete, die größte
Ausdehnung. Diese Sande tragen für den geübten Geognosten ihre
unverkennbaren Merkmale. Da aber durch wiederholte Wasserbedeckungen
die Arten derselben vielfach durcheinander geworfen sind, so
können die oberen Lagen häufig nicht mehr gesondert classificirt
werden, und nur, wo sich geschiebeleere, gleichartige Massen
vorzugsweise in parallelen, horizontal gelagerten oder gleichmäßig
gehobenen Schichten finden, kann mit Sicherheit die Einreihung
geschehn.
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Da wir uns nunmehr erst unzweifelhaft in den, auf unsern Gebieten
lokal am ausgebreitetsten abgelagerten, nahbaren Unterlagen
befinden, so muß unser Vortrag wohl detaillirter werden.
Unter Sand versteht man bekanntlich ein Gemenge von lose beisammen
liegenden Quarzkörnern, meist aus der Verwitterung älterer
Gesteinsmassen, namentlich der Sandsteine hervorgegangen. Nach den
Beimengungen von Thon- (und Kalkerde-) Theilen unterscheidet man
"THONIGEN SAND" und "SANDIGEN THON", aber es wird sich in concreten
Fällen schwer bestimmen lassen, wo, ohne den überwiegenden Zutritt
der einen oder anderen Minerale, die Grenzlinie zu stellen ist. Zu
den gewöhnlichen erdigen Zusätzen, besonders von Feldspath, Glimmer
und Eisenoxydtheilen, die ihm eine gelbliche oder röthliche Färbung
ertheilen, treten nun im Allgemeinen in der vorliegenden Gruppe
"KOHLENTHEILE"; da der gemischte Boden das Grundbett eines
ausgedehnten tertiären Pflanzenwuchses bildete, dessen Massenreste
durch spätere Wellenarbeiten entweder eben in der ganzen Formation
und ganz besonders unter den Sanden
verschwemmt, vertheilt und gelös't wurden, oder aber in geeigneten
Muldenthälern zusammengetrieben nesterartig sich anhäuften, die dann
wieder von Schlamm- (Thon-) Lagen, besonders aber von neuen
Sandanschwemmnngen überdeckt wurden.
So ist denn bis auf die heutige Stunde diese Formation in jedem
einzelnen Gliede nachzuweisen, selbst auch ohne Kohlen-Massenreste.
Der aufmerksame Beobachter erkennt in den Sand- und Thonlagern,
namentlich an solchen Plätzen, wo gehobene Schichten durch spätere
Wellenarbeiten etwa Ein- oder Abschnitte erlitten haben, die
bezeichnenden Merkmale der pliocänen Norddeutschen
Braunkohlenformation.
Die Formation führt übrigens nur einzelne Einlagerungen von
kleineren Geröllen der älteren anstehenden Gestell-Gesteine,
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Kreide und Feuersteinfragmente ausgenommen, die in unserer
Kreideregion stets vorzukommen pflegen, und durchaus keine
Geschiebeblöcke und Rollsteine. Das Fehlen aller erratischen
Gesteine liefert daher schon den ersten oberflächlichen Beweisgrund,
daß man sich, zum Unterschiede von den späteren übermächtigen
Anschwemmungen, in dem Gebiete der känozoischen Formirungen
befindet.
1) Braunkohlensande.
Wo auf Nordwestdeutschem Boden eine Tertiärformation
nachgewiesen werden kann, fehlen häufig Thon-, Kalk- und
Kohlenlagen, selbst als Mischung ganz, aber niemals die so
charakteristischen Sande.
BRAUNKOHLENSANDE sind reine, theils farblose, theils milchweiße,
mehr oder weniger durchsichtige Quarztheilchen; Glimmer, schwarze
Kieselschieferkörner und Kohlentheilchen kommen stets beigemengt
vor; sie zeigen niemals die so bezeichnenden gelblichen Färbungen
der jüngeren Sande.
Die einzelnen Körner sind rundlich abgerieben, vom Staubkorn bis zu
1/4 Zoll Größe. Die untern Schichten pflegen im Allgemeinen
grobkörniger, ziemlich gleichmäßiger (etwa durchschnittlich von
Mohnkorngröße) zu sein, als die oberen, die deshalb zuweilen einer
reinen Kaolinerde sehr ähnlich sehen. Diese haben ihres feinen
Kornes und der daher rührenden Plasticität wegen auch wohl den Namen
"FORMSAND" erhalten. Dieser Formsand ist stets der Begleiter der
Braunkohle, gewöhnlich aber nur der einzige Vertreter. Da, wo
derselbe viele Kohlentheilchen enthält, hat er eine graue, selbst
eine bräunliche, lichtschwärzliche Färbung, wodurch die einzelnen
Körnchen nicht mehr milchweiß bleiben. Das Wechseln der Farbentöne
zeigt zuweilen eine zierliche Bänderung der Schichten. Der untere,
gröbere führt weniger weißen Glimmer-
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sand, als der obere, und fast niemals Thontheilchen. Oft wechseln
die einzelnen Lagen in dem Kohlengehalt und zeigen dann eine
ungleich gefärbte Bänderung. Je thonreicher übrigens die oberen
Schichten werden (Letten), desto fester und kohlentheilchenreicher
pflegen sie zu sein, da der Thon die Masse bindet und vor
Ausschwemmung geschützt hat; demnach erscheinen diese sandigen Lagen
mitunter sogar schiefrig, während die thonigen mehr massig
auftreten.
An zufälligen Bestandteilen finden sich den Braunkohlensanden noch
beigemischt: Alaunerde, Gyps, Schwefelkies, Sphärosiderit,
Honigstein, Bernstein u.s.w., aber niemals frische fleischrothe
Feldspathkörner. Petrefacte sind selten, am besten erhalten zeigen
sich dieselben, wo sie in Geröllen durch Eisenoxydhydrat verbunden
sind; die Leitversteinerungen werden wir Gelegenheit nehmen, am
passendsten bei den Thonen zu bezeichnen.
Aus allem diesem geht die natürliche Trennung der Lagen in "UNTEREN
KOHLENSAND" und "OBEREN FORMSAND" genügend
hervor.
Die Umwandlung der Sandmassen in Sandstein ist durch Alter und Druck
und den Natur-Bindeprozeß noch wenig ausgebildet, so daß wir, wie
gesagt, nur einzelne Stücke und Blöcke frei in losen Sandmassen
gekittet vorfinden.
Eine bedeutendere Masse sehr harten, bläulich-grauen, kalkigen
Thonsandsteins wurde in unserer Nähe in Mecklenburg in den Bockuper
Bergen bei Dömitz in einer Tiefe von 68 Fuß aufgefunden; dieselbe
mißt bis 10 1/2 Fuß Mächtigkeit und ist parallel mit den umgebenden
Sand- und Thonschichten eingelagert.
Der größere Theil unseres Gebiets führt tertiäre
Kohlensand-Unterlagen, die hier und da mit Thonbänken wechsellagern.
Einzelne Braunkohlennester sind sporadisch zuweilen in den
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Muldenhängen zusammengetrieben, deren Bildungsweisen wir weiterhin
unterscheiden werden.
An den Abhängen unserer Hügelungen, am
zuverlässigsten an geschiebeleeren Seeabstürzen oder an einzelnen
Plätzen der Elbuferabhänge, namentlich auch an den Durchstichen der
Eisenbahnlinien u.s.w., kommen strichweise gröbere Kohlensande zu
Tage. Die Mächtigkeit der kohlenführenden oberen Formsande fällt
lokal sehr verschieden aus. Ihre Lagen sind vorzugsweise parallel
geschichtet.
Als Mischsand finden sich die Kohlensande in fast allen tieferen
Seen unsers Ländchens, sie mengten sich dort mit den jüngeren
Sanden, Kiesen und Geröllen bis zur Unkenntlichkeit.
Eingelagert in diesen mächtigen Sanden finden wir weit und breit
vertheilt auf dem Gebiete des ganzen Norddeutschen Tieflandes
unverkennbare plastische Thone der Braunkohlenformation, auf denen
dann wohl wieder weniger glimmerreiche Formsande, zuweilen gemischt
mit kleinen grünen chloritischen Körnern, folgen, die in ähnlichen
Lagerungsverhältnissen bunte, röthliche, bläuliche und graue Thone
bergen; über diesen breiten sich dann erst die Geschiebelagen in
ihrem scheinbaren Durcheinander aus.
Zweifelhaft bleibt es, ob man diese letzten geschiebeleeren, häufig
mit gelbbraunen eisenschüssigen Streifen durchzogenen Formsande,
Mittelerscheinungen zwischen KAOLIN-, SPATH- und GLIMMERSAND, der
Braunkohlenformation oder dem Diluvium zurechnen soll; für Ersteres
spricht allerdings ihre Lagerung, die regelmäßige, der
Flächenausdehnung parallele Schichtungen zeigt, während die jüngeren
Schwemmsande die größte angehäufte Mannigfaltigkeit der
Einzel-Reihungen aufweisen. An Orten, wo derselbe seine
bezeichnenden Farben verliert und gelb erscheint, pflegt die
Nachbarschaft grandiger, eisenschüssiger Lagen das Vorhandensein
eines Geschiebe-
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Sandbettes schon durch eingedrungene Gerölle zu documentiren, bei
dem dann kein Zweifel mehr über die Diluvialnatur der Zeitgruppirung
aufkommen kann.
Unter den lokalen Einlagern des Braunkohlensandes wollen wir
zunächst die sporadisch, vielfach in größeren und kleineren
Schichten oder selbst nur in faustgroßen Klumpen vertheilten
plastischen Thone beschreiben.
2) Braunkohlenthone.
Thone bestehen vorherrschend aus freier Thonerde,
kieselsaurer Thonerde und aus freier Kieselsäure. Letztere mögen im
Mittel 50 bis 60 Prozente betragen, die Menge der Thonerde
20 bis 30
Prozente. Als Nebenbestandtheile, die den Thon auch mehr oder
weniger plastisch und in der Färbung kenntlich machen, nennen wir:
Eisenoxyd-Hydrat als gelb und braun färbenden, Eisenoxyd als roth
färbenden, kieselsaures Eisenoxydul als grün färbenden Bestandtheil;
Manganoxyd und ein mangansaures Salz färben braun und violett, und
Bitumen ist häufig der grau färbende Stoff der Thone. Zu diesem
treten auch wohl noch kieselsaures Kali und Natron, Spuren von
kohlensaurem Kalk und kohlensaurer Talkerde, in der vorliegenden
Formation namentlich noch Kohle und endlich Wasser. Je weniger
Beimischungen ein Thon hat, desto weniger buntfarbig wird er
erscheinen, der reinste (Weißerde, Pfeifenthon) ist daher weiß.
Die Braunkohlenformation weis't verschiedene Schichtungen von Thonen
auf, deren lokale Einschiebung in einzelnen Gegenden unseres
Norddeutschen Terrains wohl bis über 100 Fuß Mächtigkeit
nachgewiesen ist. Im Allgemeinen unterscheidet man sie nach ihren
Färbungen, benennt sie aber am bezeichnendsten nach den zufälligen,
aber lokal regelmäßigen, eigenthümlichen Beimengungen.
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Bei uns ist die Beschaffenheit übrigens eine ziemlich gleichförmige, während sich z. B. an der Weichsel zwei geschiedene
Abtheilungen, auf der Insel Sylt drei und mehr Glieder unterscheiden
lassen.
Das wichtigste Glied ist ziemlich allgemein auf allen Fundstellen,
als ähnlich von Farbe und Gehalt, vertreten; man hat ihm jedoch nach
den lokal eigenthümlichen Beimischungen ebenfalls verschiedene Namen
gegeben; so nennt FORCHHAMMER das wichtigste Glied von der großen
Anzahl feiner, weißer Glimmerblättchen, die es durchziehn,
"GLIMMERTHON". Andere unterscheiden nach dem häufigen Vorkommen von
Verbindungen mit schwefelsaurer Thonerde, Kali und Wasser
vorzugsweise "ALEUNTHON". Am beliebtesten ist in neuerer Zeit auf
unseren Linien der Name "SEPTARIENTHON" geworden.
Derselbe kennzeichnet sich nämlich lokal in den oberen Lagen seines
Vorkommens durch eine Einlagerung von thonigen Kalknieren in
rundlichen Knollen von 1/4 bis 2 Zoll Durchmesser. Man hat dieselben
SEPTARIEN genannt, weil sie gewöhnlich die Gestalt von
Kugelabschnitten haben.
Diese dichten Kalkstein-Ausscheidungen scheinen das Aequivalent für
sonst wohl vorkommende Kalkschichten zu bilden, und da solche auf
unserm Terrain fehlen, so pflegen jene sich einzustellen. *) Sie
haben einen muschligen ebenen Bruch, bläulichgraue oder gelbliche
Farbe, zeigen mitunter ganze Nester von Versteinerungen, während die
umgebenden Thone nur einzelne, versprengte aufweisen; zuweilen
enthalten sie in Borsten und Rissen Kalkspathkrystalle, auf denen
wohl wiederum Schwefelkieskrystalle oder schöne blaue
Vivianitkrystalle aufsitzen.
____________________
*) In der Nähe von Kohlennestern kommen Kalklager übrigens ebenfalls
nirgends vor, da diese sich nur in tieferen Mulden in Ruhe absetzen
konnten.
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Uebrigens gesellen sich zu diesen Septarien noch andere mehr oder
weniger kalkfreie Thon-Sandsteinknollen, sowie Ausscheidungen von
leberbraunen Thoneisensteinen, Sphärosideriten, schaligen
blauschwarzen Mangannieren und Kiesen, oft in sehr abgeplatteten
Knollen bis zu fußlangen Massen, jedoch ohne andere Beimischungen
und ohne Versteinerungen. Eine Abart, besonders reich an schön
erhaltenen Steinkernpetrefacten, hat von der häufigsten Fundstelle
in Mecklenburg den Namen "Sternberger Kuchen" erhalten.
Die genannten Beimischungen kennzeichnen, wo sie gefunden werden,
genugsam das Dasein eines Braunkohlenthons, der übrigens an sich
schon in seinem Kohlen- und Schwefelgehalt Eigenthümlichkeiten zur
Unterscheidung von jüngeren und oberen tertiären Thonen aufweist.
Derselbe ist frei von Sand, daher unwegsam für Wasserdurchgänge,
führt, außer einzelnen Kreide- und Feuersteinstücken, in seinen
untern Lagen durchaus keine Geschiebe; seine Farbe wechselt zwischen
dunkelbläulich, bräunlich oder schwärzlich grau; er ist zähe und
fettseifig, außerordentlich fein und plastisch und von muscheligem
Bruch.
Obere Lagen gelblichgrauen, graublauer und weißlicher Abarten, wie
solche letztere in Holstein zur Fayanzefabrikalion benutzt werden,
sind lokal beschränkte Nester; jedoch finden sich solche Spuren auch
bei Lüneburg und (wenn sie nicht mit jüngern Mergeln verwechselt
werden) in Mecklenburg; bei uns sind bis jetzt nur einzelne
eingelagerte, geringe verschwemmte Einschiebe aufgefunden.
Unentschieden bleibt, es, wo die Altersgrenze für die sandfreien
plastischen bunten Töpferthone zu ziehen ist, die in den
Farbennüanzen von rothbraun und gelblichgrau bis blaugrau, (letztere
sind weder eisen- noch manganschüssig und brennen sich weißlich)
zwischen den oben genannten Formsanden, ge-
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wöhnlich nur als geschlossene Nester, zuweilen aber als geschwemmte
Schichtenreihen, namentlich auch in der nördlichen Hälfte unseres
Herzogthums vorkommen. Solche blaugrauen Thone bilden bei Lübeck, am
Schallsee bei Zarrentin anstehende Lager, außerdem sind sie in
Nestern durch zufällige Grabungen und Bauten unter anderen bei
Steinhorst, Mannhagen, Klempow und Mustin aufgefunden; besondere
Kennzeichen, wie Petrefacte, führen sie niemals.
Die unteren Schichten des Septarienthons sind nicht so zerklüftet
als die oberen, welche sog. Spiegel oder Rutschflächen zeigen,
wodurch eine eigenthümliche Beweglichkeit in denselben entstehen
kann; eingetrocknete Massen vermögen da in den glatten
Spaltungsflächen an und übereinander zu verwerfen.
Der untere Thon enthält übrigens niemals Kohlenlager eingeschlossen,
wohl aber ruhen diese oft unter dem Thone im Sande oder sind oben
auf den Thonmulden selbst eingebettet und durch diese Erde dann oft
so verunreinigt, daß sie sich unbrauchbar zu Brennzwecken zeigen.
Erschlossen ist dieser untere Thon auf vielen Gebietstheilen des
Nordwestdeutschen Tieflandes; die benachbarten Lager Holsteins,
Hannovers und Mecklenburgs sind in den genannten Quellenschriften
dataillirt beschrieben.
Unser Ländchen hat ebenfalls an mehren Plätzen Anstände aufgedeckt,
so im Süden längs der Elbe, wo derselbe bei niederem Wasserstande an
den Rändern des Ufers an verschiedenen Punkten sich zeigt. Selbst
gehoben sind dort mehre Stellen in den Elbuferhügelungen; auch in
den Buchhorster Bergen bei Lauenburg tritt er in noch unerschöpftem
Umfange zu Tage. Dort wurde er, wie an mehreren Stellen unseres
Gebietes, durch Erdarbeiten beim Eisenbahnbau aufgefunden, z. B. bei
Müssen und Reinbeck, wo unverkennbare mächtige Lagen an
verschiedenen Punkten (bis zur sog. Hölzernklinke) aufgedeckt waren.
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Der nicht so häufig petrefactenreiche Thon zeigt bei Lauenburg und
am letzteren Orte genugsam Leitmuscheln, um jede Verwechselung mit
jüngern dunklern plastischen Thonen in dem Gesammtvergleich mit
Muscheln der Letzteren auszuschließen.
Es fanden sich Pecunculus pulvinatus, Nucula
margaritacea, Cyprina Islandica (Venus),
Pholadomya, Cardium hians, Cardium
turgidum?, Isocordia cor und Isocordia
harpa. Dentalium striatum u. A.
Nur wenige dieser Conchylien (einige Radiaten und Mollusken) kommen
heute noch lebend in der Nord- und Ostsee vor, dagegen mehrere
derselben im Mittelmeere; so erscheint die Ähnlichkeit der
Nordwestdeutschen untertertiären Thone mit der entsprechenden
Appeninenformation Italiens minder auffallend. Im Ganzen zählt man
in den Norddeutschen Tertiärschichten etwa 150 Arten von
Petrefacten, unter denen mit der Kreide nur noch einzelne Arten
gemeinsam sind, dagegen schon etwa 60 Prozent mit der jetzigen
Schöpfung. Zum Verständniß des Ganzen, auch für das Vorkommen etwa
aufzufindender Versteinerungsreste bei Bohrungen und Aufgrabungen
des Erdreichs, geben wir zu deren petrefactologischen Bestimmung
auch die übrige Fauna der Tertiärperiode in einigen Hauptleitarten;
über die Flora
werden wir Gelegenheit nehmen, im nächsten Abschnitt zu reden.
Die Reste zeigen theils Süßwasser-, theils Meeres-, theils
Landthiere. Am reichsten waren noch immer die Weichthiere unter den
Meeresbewohnern vertreten. Insecten finden sich (auch im Bernstein)
schon an 300 Arten in der Molasse. Fische vieler Klassen, welche den
gegenwärtigen nahe kommen, unter diesen als neue die zahlreiche
Familie der Cyprinoiden, sowie Knorpel- und Knochenfische. Unter den
Reptilien traten im Gegensatze zur frühern Fauna auch Batrachier in
größerer Anzahl auf, dann Ophidier und Crocodilus plenidens;
außer-
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dem Frösche, Kröten, Molche, Eidechsen, Schildkröten und wahre
Riesensalamander. Vögel gehörten noch zu den seltenen Vorkommnissen,
unbedeutende Reste sind in verschiedenen Größen gefunden, und werden
als Sperling- oder Lerchenartige, und als Geierartige angesehen.
Reste von Säugethieren sind nun wohl schon in älteren Flötzschichten
gefunden, aber erst die Tertiärzeit zeigte ein entschieden
verbreitetes Auftreten derselben, so daß diese schon einen nicht
unbeträchtlichen Theil der Molassepetrefacten ausmachen.
Unter denselben befinden sich Knochenreste von Meersäugethieren
(Walle), dann aber Seekuhartige Dinotherien, Nashorne,
Pferdeähnliche Paläontherien, Tapire, Schweine, einzelne
Wiederkäuer, ja selbst bereits einige Affenarten. Endlich finden
sich, in den oberen pliocönen Tertiärschichten beginnend, zahlreiche
Ueberreste von Mammuthen (Mastodon),
Elephas, Hippopotamus, Camelus,
Camelopardalis und Megatherium; letztere, wie
Megalonix, Mylodon,
Elasmotherium, Glyptodon, sind nur auf diese Periode beschränkt gewesen.
Eine genauere Zeiteinreihung für das Vorkommen solcher Thierreste
ist nicht vorzunehmen, in den Epochen der eocänen
Erdbildung hörte eine durchstehende Gleichbildung der organischen
Welt auf, damit also auch der durchgreifende
Petrefactenmaßstab früherer Perioden. Alle organischen Bildungen
nehmen immer mehr und mehr einen, nur in engeren
Kreisen gleiche Formen innehaltenden lokalen Charakter an, bis
endlich die heutige organische Schöpfung in vielen
Gliedern gar keine durchstehenden Vergleiche mehr zuläßt.
Wir haben das Alter unsrer ganzen Braunkohlenbildung nur annähernd
dahin gedeutet, daß der Gesammtcharakter sich
mehr der OBEREN PLIOCÄNEN, als der MITTLEREN MIOCÄNEN neptunischen
Ablagerung anschließt, und wenn wir nun ge-
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sehen haben, daß selbst das Alter der Thonbildung nicht ganz gleich
in den Norddeutschen Schwemmgebieten erscheint, so werden wir für
die organischen Zeitproducte, denen sie als Grabstätte diente, den
gleichen Spielraum zu einer Zeiteinreihung belassen müssen.
In Beziehung auf die tertiäre Pflanzenwelt, zu der
wir uns nunmehr wenden, müssen wir dieser noch vorausschicken, daß
ihre Restlagerung den ganzen, weiten Zeitraum umfaßt, von ihrer
Entstehung vielleicht in einer miocänen Welt bis zu dem Zeitpunkt,
wo die letzte Diluvialfluth den letzten tertiären Urwald
verschwemmte, ein Zeilraum, der, da er nur nach Jahrtausenden zu
messen ist, in einer so wechselvollen Periode sehr ungleich
aussehende Kohlenreste gebildet haben muß.
3) Braunkohlen.
Braunkohlen zählen zu den auf unsern Gebieten leider nur sehr
untergeordneten Einlagerungen.
Die Beschreibung ihrer Bildungsstätten führt uns in einer tertiären
Waldlandschaft ein Bild vor, das uns heute sehr fremdartig
erscheinen würde.
Die Pflanzenreste zeigen zum großen Theil solche Gattungen, welchen
wir jetzt nur in den tropischen Zonen begegnen, oder deren Verwandte
nur in den gemäßigten fortkommen. Palmen, Bambus, Cypressen, Storax,
Ebenholz und tropische Leguminosen, Apocyneen und Rubiaceen krönten
den Wald, in ihren Schatten wucherten riesige Vaccinen und Farren;
dazwischen trieb eine Vegetation, welche wir merkwürdiger Weise
heute nur im nördlichen Amerika antreffen: Salisburia,
Liquidambar, Calycanthus, Amorpha, Gleditschia, Ceanothus, Celastru,
Liriodendron, Rhus u. A. Endlich gruppirten sich daneben
unsere europäischen Laubbäume in reichster Fülle, als: Weiden,
Pappeln, Buchen, Erlen, Eschen, Ulmen, Birken,
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Ahorn, Eichen, Nußbäume, Linden, Hagebutten u.s.w., dazu einige
Tannen- und Fichtenarten.
Daß es Fluthen waren, welche solche reiche Vegetation wiederholt
zerstörten, müssen wir annehmen, wenn wir die gewaltsame
Zertrümmerung der Pflanzenreste betrachten, die weit umhergeworfen
endlich erst ihre zusammengeschwemmten Bruchtheile an irgend einer
Untiefe absetzen konnten; und nirgends sind bis jetzt an den alten
Küstenufern des tertiären Festlandes, also an Ort und Stelle ihres
Wachsthumgebietes, jene Reste aufgefunden.
Andrerseits zeigten sich in einer Richtung, deren Linien grade auch
unser Ländchen durchschneiden, die Wellenarbeiten so mächtig, daß
darüber hinaus gegen Norden sich wohl nur zufällig verschwemmte
Spuren erhalten haben, die wir nur als Geschiebe betrachten dürfen.
*)
Die alte Bogenlinie des Gehobenen durch Jütland bis zur Eider,
unsere beschriebene Querlinie bis zur Ukermark, dann wieder aufwärts
an der Pommerschen Ostseeküste, scheint im Allgemeinen die
nordwestliche Grenzlinie zu bezeichnen, bis wohin sich die letzten,
als Braunkohlen bis zur Unkenntlichkeit zerstörten Pflanzenreste in
größeren Zusammenschwemmungen ungestörter Schichten abgelagert
haben.
Die letzten geordneteren Spuren sind also südlich von diesen Linien
zu suchen, und sind solche freilich bis jetzt in nicht bedeutenden
und wenig brauchbaren Muldenlagern an einigen Plätzen auch
aufgefunden.
____________________
*) MEYN nennt dieselben "REGENERIRTE BRAUNKOHLEN". Sie findcn sich
vielfach zerstreut in den Geschiebelagern des Diluviums, in zoll-
bis fußdicken Lagen; ihre regenerirte Natur zeigen sie besoders
darin, daß sie aus Stücken von allen möglichen Varietäten bestehen.
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Das am Weitesten gegen NW. angeschwemmte Lager findet sich, in
fußdicken Platten, am Ostrande der Insel Sylt. Dasselbe zeigt nur
undeutliche Pflanzenreste und ist überhaupt, so weit es bis jetzt
untersucht, zu unrein für Brennzwecke. Diesem Vorkommen folgen, auf
der bezeichneten Grenzlinie durch Holstein, bis jetzt erst bei
Glückstadt und Blankenese weitere schwache Anzeichen von kleineren
Parthien sehr unreiner Erdkohle im Glimmersande.
Die weiter vorgeschobenen, erbohrten, unbedeutenden Fundorte von
Kiel und Oldesloe möchten schon zu weit gegen Norden vorspringen,
als daß dieselben, trotz des reinen blättrigen Gefüges ihrer Proben,
mehr als regenerirte Geschiebe repräsentiren könnten, wie solche
secundär zusammengetrieben, in kleinern Nestern auf unserm ganzen
Gebiete vertheilt, gefunden werden.
So würde auch dem Lauenburgischen Gebiete von dieser Seite aus ein
schlechtes Prognostikon für eine Auffindung von Kohlen zu stellen
sein, wenn nicht andererseits die gegen Osten hin benachbarten
Mecklenburgischen bauwürdigen Gruben darthäten, daß unser
Zwischenland, wenigstens im südlichen Landestheile, sich schon so
weit in der OSO.-Ablagerungslinie befindet, daß die
Wahrscheinlichkeit für solche, freilich nach ihrer Entstehungsweise
nur sporadisch auftretende Ablagerungen nicht außer aller Berechnung
liegt.
Uebrigens sind in dem alten nördlichen Tertiärmeere, voller Inseln
und Untiefen, die Wellenarbeiten und Stromläufe erst in speciell
vorliegenden, aufgeschlossenen Schichtungen nachzuweisen, und es
bleibt daher der Ankergrund für ein Braunkohlenlager primärer oder
regenerirter Natur für keinen Platz des ganzen nordischen
Tertiärterrains ausgeschlossen, und namentlich auch in den jetzigen
Landesgebietstheilen der Holsteinischen Ostseeküste, in denen das
spätere Diluvialmeer so
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bedeutende Erdbollwerke nur in vorgefundenen Untiefen absetzen
konnte, ist, so lange der anstehende feste Flötzuntergrund nicht
lokal nachgewiesen, die endliche Feststellung vorhandener Schichten
des Braunkohlensystems in allen seinen Gehalts- und
Altersgliederungen nicht bestimmbar.
Wir werden am Schluß dieses Abschnitts über die Lauenburgischen
Fundstellen das Nähere berichten, nachdem wir die nothwendigsten
Erläuterungen über die Eigenthümlichkeiten und Umstände, unter denen
dieses Naturproduct zu suchen ist, voraufgeschickt haben.
Zunachst wäre für jede Nachforschung wichtig, bestimmte Merkzeichen
ihrer Nähe aufzustellen; aber das möchte in allgemeinen Maßstäben
schwer gelingen in einem Naturgebiete, wo die Wellenarbeit
vielleicht grade da ein Kohlenlager wieder ausgewaschen hat, wo alle
Zeichen auf ihr Dasein hinweisen. Bei solchen allgemein
aufzustellenden Regeln für eine Nachsuchung bleibt am Ende nur die
Negative als bestimmender Anhalt, daß nämlich an einem Orte keine
Kohlen zu erwarten sind, und wenigstens nur regenerirte, secundär
eingetriebene Lager vorkommen können, wo die umgebenden Neben- und
Unterlagen die oben beschriebenen Kohlensande oder Thone, oder die
in ihrer Altersbestimmung zweifelhaften Glimmersande nicht
aufweisen.
Die Untiefen der Kohlensande namentlich bildeten die natürliche
Unterlage in jenen tertiären Wassern, an denen die Pflanzenmassen
sich absetzen und in ihren Mulden, geschützt vor ferneren
Wellenarbeiten, - einerlei von Süßwasser oder Meeresfluthen - sich
anhäufen konnten. Wo nun die Umstände günstig waren, da entstanden
an solchen Plätzen durch vermehrte Anhäufungen ruhigere Brackwasser,
in denen sich dann auf den Pflanzenresten wieder feinere Sande
(Formsande) aus den Wasserlösungen auflegten und ganz besonders
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auch Thone niederschlagen konnten. Mischungen von Sand und Thon,
Sand und Kohle, oder Sand, Thon und Kohle (die sog. Kohlenletten)
kommen daher häufig vor, aber natürlich nur in Mittellagern,
Mischungen von Thon und Kohle - ohne Sand.
Waren die Umstände für eine Pflanzenanhäufung ungünstig, oder
vertrieben neue Strömungen die Haupttheile derselben wieder, so
blieben nur die feineren Sande oder die Thone, oder Beide gemischt,
als einzige Vertreter der ganzen Formation am Platze übrig, und
größere Lagen reiner Thone wurden grade so selten und ebenso
sporadisch abgesetzt, wie die Kohlen.
Selbstverständlich ist, daß in den entsprechenden Linien Braunkohlen
überhaupt nur da, und zwar im Kohlensande, dem Form- (und Glimmer-)
sande und bei Septarienthonen zu suchen sind, wo dem geübten Auge
verständliche Bodenschichtensenkungen Anzeichen geben, daß wohl ein
tertiäres Brackwasserterrain vorliegen könne.
Dies in Kürze die allgemeinen Regeln für die Bestimmung eines
Braunkohlen-Terrains. Zu den, übrigens nicht unmöglichen, zufälligen
Ausnahmen von der Regel zählt das Vorkommen von Braunkohlen, oben
auf Septarienthonen gelagert, wie z. B. die kleineren abgerissenen
Lager an der Wartha kund geben; dort hat das Brackwasser zuerst die
Thone abgesetzt an Plätzen, die unzugänglich für andere
Einschwemmungen waren, während durch irgend eine außerordentliche
Strömung später Eintreibungen von Pflanzenresten folgten.
Im Osten von unserm Gebiete finden sich, wie gesagt, auf den
Mecklenburgischen Anhäufungslinien nicht unbedeutende sporadische
Lager aufgeschlossen. Nur wenige Meilen von unserer
Südost-Landesgrenze werden beträchtliche Braunkohlenlager, in den
benannten Bockuper Bergen nahe der Stadt Dömitz, ausgebeutet. Diesem
folgen weiterhin auf derselben Anhäu-
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fungslinie ähnliche Fundstellen bei Wittenberge (Kasstedt) u.s.w.
Bei Dömitz ruhen auf Braunkohlensanden von sehr ungleicher
Mächtigkeit in verschiedenen Tiefen ein und zwei Schichten Kohlen in
der Dicke von wenigen Zollen bis über 6 1/2 Fuß. Die festeren Lagen
zeigen den ebenen glänzenden Bruch älterer Kohlen; in den unteren
Schichten hat die Holztextur sich häufig noch sehr gut erhalten, *)
wogegen die Ausläufer mehr eine teigige Masse liefern, die in
erdharzigen Asphalt übergehen. Man hat noch ganze Holzstämme von
13
bis 20 Fuß Länge dort gefunden, die in der Richtung von ONO.
eingetrieben waren; kleinere Stücke des jüngeren
Braunkohlen-Bernsteins (Retinit) haften zuweilen darin.
Nach dem Vorstehenden werden wir im Stande sein, Form und Gehalt
unserer heimischen Braunkohlenfunde zu classificiren; sie
unterscheiden sich im Allgemeinen nicht von den Braunkohlen
Sachsens, Hannovers, Thüringens, des Niederrheins und der Wetterau,
wohl aber von denen, die mit feuerflüssigen Steinen in Berührung
gekommen sind.
Unterschieden in den Graden der Verwesungsform der Pflanzenreste,
den Mischungsverhältnissen der Theile und dem Resultat des
erlittenen mechanischen Drucks durch überlagernde Erdmassen (dessen
Zeitdauer wesentlich die äußere Form mit bestimmt), erkennt man
verschiedene Varietäten, die alle, ohne Rücksicht auf ihre
mineralogischen Merkmale, unter dem gemeinsamen Gattungsnamen
"BRAUNKOHLEN" eingeschlossen werden.
Ihr Bildungsproceß zieht sich durch alle Zeiträume der
Tertiärperiode bis in die vorgeschichtliche Zeit der ältesten
Torfbildung; die letzte, wenig zersetzte und torfähnliche Form kann
also eben so wenig befremden, wie die älteste von festem und
fettglänzendem muscheligem Steinkohlenbruche.
____________________
*) BRÜCKNER nennt sie Cedernholz ähnlich, jedoch groß splintriger.
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Das Alter einzelner Torflager unserer Linien *) lehnt sich
unzweifelhaft an die Klasse der jüngsten Braunkohle, von der sie im
concreten Falle nur bei dem Fehlen einer Jahrhunderte dauernden
mechanischen Pressung durch auflagernde Erdmassen in der Structur
unterschieden sind.
Eine Zusammenstellung der Proben-Braunkohlen unserer Nordwestlichen
Fundstellen läßt folgende Varietäten aufzählen:
a) MOORKOHLE (Pechkohle). Völlig verkohlt, schwärzlichbraun bis
pechschwarz; derb, dicht, in geborstenen und eckigen Massen, mit
ebenem oder flachmuscheligem, aber sprödem schimmerndem, selbst
fettglänzendem Bruche; selten mit deutlicher Holzstructur, hat dabei
noch Aehnlichkeit mit den festen Torfarten (wie z. B. der Mortörv
von Skagen aufweis't).
b) SCHIEFRIGE GEMEINE BRAUNKOHLE. Graulich bis bräunlich-schwarz;
derb, schiefrig abgesondert; weniger spröde als die vorige;
deutliche Holzstructur; mit mattem oder schimmerndem, ebenem,
blättrigem und flachmuschligem, oft fettigem Bruche; Strich
glänzend.
Diese und die folgenden Varietäten sind noch nicht völlig verkohlt,
sondern nur mehr oder weniger kohlige Materien, daher bituminös; sie
scheiden mitunter Erdöle, Theere und Peche (Asphalte) aus.
c) BLÄTTERKOHLE (Papierkohle). Lichtbraun, zusammengesetzt aus
papierdünnen Lagen; in feine Blättchen spaltbar; mit deutlichen
Spuren von Pflanzenresten; matt, Strich glänzend; sehr weich.
d) BITUMINÖSE HOLZKOHLE (Faserkohle, Bastkohle). Rothbraun,
holzbraun ins Grauliche und Schwärzliche; deutliche
Holzfasergestalt; matt und wenig glänzend; Bruch faserig.
____________________
*) Namentlich der betreffenden Holsteinischen schweren Torfe.
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e) ERDKOHLE. Lichtbraun bis schwarzbraun; unrein
erdig; derb, matt, abfärbend, zerreiblich; mit unebenem, bis
stellenweise ebenem Bruche; stets bituminöses Holz führend; bildet
hauptsächlich die oberen Lagen.
f) ALAUNKOHLE (Formkohle). Lichtbraun, locker bis staubartig; eine
mit vielen erdigen Theilen und Kiesen gemengte Braunkohle; oder ein
mit bituminösen Kohlentheilen und Kiesen gemengter Thon, in der
Regel Gyps enthaltend. Gilt für ein Zersetzungsproduct der Erdkohle
und kommt nur in unmittelbarer Nähe der Oberfläche vor.
Uebergänge zwischen den angeführten Varietäten finden sich
selbstverständlich, so daß die Bestimmung eines Fundes schwierig
werden kann.
In Bezug auf die Heizkraft wird die vorstehende Reihe als Scala
maßgebend sein können, wo denn die Moorkohle die vorzüglichste ist,
während die Erdkohle, die leider auf unsern Linien die verbreitetste
zu sein scheint, schon ein eben so schlechtes Feuerungsmaterial
bietet, als etwa ein übrigens fester, aber erdig-schwefliger Torf.
Die Alaunkohle ist für Feuerungszwecke unbrauchbar, sie brennt gar
nicht.
Die erdigen Varietäten können übrigens dennoch von Nutzen für
landwirthschaftliche Zwecke sein; sie dienen, mit Vorsicht
angewendet, in ihrem Humus-, Bitumen-, Thon-, Kohlen-, Schwefel- und
Gypsgehalt zur Verbesserung sandiger und kaltgründiger Aecker.
Vorstehendes mag zur allgemeinen Beurtheilung der geognostischen
Zustände unseres tertiären Braunkohlensystems ausreichen, dessen
Hauptablagerung, die Sande, einen so wesentlichen Bestandtheil des
ganzen Nordwestdeutschen Tieflandes ausmachen; wie sie die Decke
bilden, unter der wir die genannten secundären Gesteine gelagert
wissen, wenn solche bisher auch nur in einzelnen Inselbergen gehoben
uns vor Augen getreten
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sind, so dienen sie als Bette für die auf unsern Linien vielleicht
noch mächtigeren Schichtungen des Diluviums, mit dem wir uns in der
nächsten Abtheilung beschäftigen müssen, nachdem wir zuvor den oben
angedeuteten Nachweis über das Vorkommen von Kohlen auf
Lauenburgischem Boden gegeben haben.
Der Verfasser dieses kann, so weit ihm bis jetzt bekannt geworden,
über die Fundstätten und Umstände, unter denen dieselben aufgefunden
sind, folgendes allgemein Wissenswerthe mittheilen.
Bei der Anlage der Lauenburg-Büchener Eisenbahn wurde im Jahre
1847
die Aufführung eines Erddammes längs des Ausflusses des
Stecknitzcanals in die Elbe nothwendig. Eine nahe liegende Stelle an
den Ostabhängen der Buchhorster Berge bei Lauenburg lieferte in
ihren gemischten Lehm- und Sandschichten das passende Baumaterial.
Bei dieser Arbeit stieß man sehr bald, etwa in einer Höhe von
40 Fuß
über dem Niveau des Stecknitzthals und von da abwärts in tieferen
Lagen, auf geschiebeleeren Glimmersand, unter dem jüngere blaue
(Cyprinen-) Thone, aber auch (s. o.) Massen des Septarienthones
hervortraten. Schließlich fand sich an einer Stelle zwischen dem
Glimmersande eine verworfene und unreine Mulde Erd- und Alaunkohlen,
die, so weit solche durch den Erdabbau zu Tage gelegt wurde, keine
eigentliche Schichtenreihen zeigte, vielmehr ein zusammengeworfenes,
etwa 10 Fuß Mächtigkeit haltendes, regenerirtes Nest darstellte,
dessen Ausdehnung, über 100 Fuß Länge bloßgelegt und durchbrochen,
nicht weiter ermittelt wurde, da die Kohle sich unbrauchbar für
Brennzwecke erwies.
Dieser thatsächliche Beweis für das bis dahin angezweifelte
Vorhandensein von Kohlenschichten auf Lauenburgischem Boden
verfehlte nicht das Augenmerk der Anwohner auf die besonderen
örtlichen Umstände zu lenken, unter denen irgend
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Aussichten auf andere, vielleicht reinere Lager sich bieten könnten.
So entdeckte man denn in den nächsten Jahren an den Abhängen des
Elbufers der Ostseite der Stadt Lauenburg mehrere Erdabstürze, wo
ein ähnliches Erdkohlengestein zu Tage auslief, ziemlich in gleicher
Höhe und Lagerung mit der mehr als 1000 Fuß entfernten Fundstelle
der Buchhorster Berge.
Im Allgemeinen zeigen die Elbufer-Anhöhen Sande, Thone und Lehme der
jüngeren Geschiebeformationen; an wenigen Stellen läßt sich jedoch
die Bodenhebung in unvermischten größeren Lagen, etwa bis zur drei
Viertel-Höhe der Anberge verfolgen, wo dann Glimmersande und
einzelne Schichten oberer Formsande des Braunkohlensystems
hervortreten.
An solchen Plätzen entblößten die hohen Frühjahrs-Wasserstände des
Jahres 1855, deren Strömungen auch an manchen Stellen des zum Theil
damals nicht befestigten Lauenburgischen Elbufers die Anberge
unterwühlt hatten, *) in Nachstürzen einzelner Schichtenreihen
beachtenswerthe Braunkohlenspuren. Die kleineren Parthien (ähnlich
den bekannten unter gleichen Umständen vorkommenden Funden bei
Blankenese und Schulau) am Elbufer niederwärts bis Geesthacht sind
bis jetzt nicht weiter untersucht, da die Mächtigkeit der
Schichtungen nach dem äußeren Anschein zu unbedeutend erscheint.
Ein Anderes war es aber mit den nicht so unbedeutenden
Kohleneinsenkungen, die im Westen der Stadt Lauenburg, einige
hundert Schritt westwärts des sog. Kuhgrund, durch jene
Wellenarbeiten aufgedeckt waren.
An Ort und Stelle angestellte Untersuchungen zeigen folgende dort
vorkommende Formen und Umstände: Die älteren glimmerreichen Sande
senken sich westwärts der Stadt, anfangs unter das Elbuferbette, und
sind nur sichtbar bei niederem
____________________
*) In den letzten Jahren haben schützende Strombauten aufgeholfen.
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Wasserstande; weiterhin treten mehrfach wellenförmig neue
Terrainwellungen ein und bekunden am unteren Elbuferrande hie und da
Lagen eines festen, plastischen Septarienthons und unter demselben
das Dasein von Schichten der gemeinen schiefrigen Braunkohle. Durch
Wellen ausgespült, fanden sich häufig mehre Quadratfuß große, bis
3/4 Fuß dicke Plattenstücke, die getrocknet ein nicht untaugliches
Brennmaterial gaben. Nach Befestigung des Uferrandes an besagter
Stelle haben übrigens alle Auswürflinge zu erscheinen aufgehört.
Diesem unteren unsichtbaren Lager fehlt nicht das Hauptmerkmal einer
primären Anhäufung, es ruht auf ungestörtem Glimmersande, erscheint
auch weniger örtlich sporadisch, denn die gleichen Anzeichen
wiederholen sich längs der ganzen Elbuferhebungslinie. Außerdem
geben nicht unglaubwürdige Aussagen über das Vorkommen einer mehr
oder weniger 1 Fuß dicken Kohlenlage, auf stundenweite Entfernung
von der Elbe im Lande, bei Anlage von Brunnengrabungen wiederholt
Zusammenhangspuncte; so z. B. zeigte sich bei einer solchen
Erdbohrung in dem Dorfe Hamwarde bei 80 Fuß Tiefe eine Fuß dicke
Kohlenschichtung.
Leider hat bis jetzt keiner dieser Vorfälle, wissenschaftlich
nachforschend, örtlich constatirt werden können, da die Kunde über
derartige Vorkommen bisher immer erst nachträglich verbreitet wurde.
Bauwürdig scheint diese Schichtung der Kohle am untern Elbufer
allerdings bis jetzt nicht, da sie bei geringer Dicke, selbst in der
Nähe der gehobenen Lagen, deren Bruchstücke das Wasser ausgeworfen,
zu tief unter dem Niveau des niedern Wasserstandes der Elbe lagern
wird, um ohne ungewöhnlichen Kostenaufwand gewonnen werden zu
können.
Eine Verbindung dieses Flötzes oder wenigstens ein Correspondiren
desselben mit einer der Braunkohlenschichten der Bockuper Berge
Mecklenburgs erscheint in der ganzen Gruppirung der
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Sand- und Thonlagerreihen einer und derselben Nordwestwellungslinie
nicht ohne große Wahrscheinlichkeit. Die ausgespülte Kohle
entspricht im Habitus wie in der Eigenthümlichkeit einer der
mittleren Schichtungen jenes Kohlenreviers, und es würden also die
festeren mächtigeren Lagen jenes Flötzes, wenn correspondirend,
vielleicht noch UNTER dieser Lagerung zu suchen sein.
Die größte Aufmerksamkeit erregte ferner aber ein neuer Umstand,
nämlich das Vorkommen dreier nicht unbedeutender, an den Abhängen
der Elbberge, an besagter Stelle nahe dem Kuhgrund zu Tage tretender
Kohlenmulden von sehr verschiedener Güte und ungleichen Dimensionen.
An einem leicht zugänglichen Platze des dort nur gegen 80 Fuß hohen
Elbuferrandes deuten neue Lagen des gehobenen grauweißen
feinkörnigen, geschiebeleeren Sandes und eines plastischen blauen
Thons etwa bis zur 3/4 Höhe des Anberges, dem lokal hie und da
muldenförmig wieder ausgeschwemmt mächtige jüngere blaue und gelbe
Thon-, Kies- und Korallen-Sandlagen wechselnd eingebettet sind, auf
ein tertiäres, für Einschwemmungen günstiges Brackwasser- und
Untiefenterrain. Hier nun sind, durch Erdnachstürze, in der Höhe von
35 bis 50 Fuß vom unteren Ufer, drei sichtbare Mulden eingebetteter
gemischter, schiefriger gemeiner Braunkohlen, Moor-, Blätter- und
Erdkohlen stellenweise aufgedeckt, deren oberstes Becken an der
tiefsten Stelle ein an der Außenkante meßbares mehrfüßiges
mächtiges, ziemlich reines Gestein aufweist, während seine beiden
Enden, allmählig in einer Gesammtweite von 475 Fuß auslaufend, sich
immer mehr und mehr verdünnen, bis sie endlich bei wenigen Zollen
Dicke absetzen.
Die beiden anderen Lagen unreiner Qualität, unmittelbar darunter
streichend, zeigen an der tiefsten Stelle die untere bis 2, die
obere gegen 3 Fuß Mächtigkeit, verlaufen schon bei
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Weitem früher als die Hauptmulde. Diese Kohlenlager sind endlich bis
an die Fläche des oberen Plattenmutterbodens bedeckt, wechselnd
durchschnittlich mit 30 Fuß weißgrauem Geröll-und Triebsandes.
Wenn nun auch diese oberen Kohlenlagen nach allen sichtbaren und
schließbaren Umständen nur als secundär eingetriebene, sporadische
Nester zu erkennen waren, so blieb doch der Umstand, daß eine
theilweise Verbindung der Lagen mit denen der Buchhorster Berge und
längs des Elbufers an der Ostseite der Stadt Lauenburg stattfände,
so hoffnungberechtigend, - bei einer so bedeutenden Ausdehnung wohl
auch für einen steigernden, günstigen Wechsel in der Güte des
Materials, - daß das Ganze, in der schon gezeigten ortsweisen
Mächtigkeit, sich wohl als ein bauwürdiges Lager anließ.
Es wurden denn auch von Einwohnern bei Königlicher Regierung Gesuche
um Abbauconcession gestellt, in Folge dessen, bei wenig günstigem
Berichte eines Technikers, der Amtmann Graf F. A. v. Moltke zu
Lauenburg die Erlaubniß erhielt, auf seine Kosten in den fraglichen
herrschaftlichen Bezirken nach Braunkohlen zu bohren und dieselben
bedingungsweise auszubeuten.
Hierauf wurden von dem genannten Herrn im Sommer 1858 Arbeiter aus
den Mecklenburgischen Kohlenwerken herbeigezogen, die
bergmännisch-kundig Untersuchungen vornahmen.
Der Verfasser dieses begab sich an Ort und Stelle, um die Erfolge
der Arbeiten zu beobachten. Er fand aber die Hoffnungen für die
erwähnten Fundstellen getäuscht, das Hauptbecken hatte bereits seine
reinste und mächtigste Seite am Abhange aufgedeckt.
Versuche zu Stollenanlagen waren an zwei Plätzen gemacht und einer
derselben auf einige 20 Fuß Länge, bei fast
7 Fuß Höhe, horizontal
vom Uferrande ab eingetrieben. Das
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nicht uninteressante örtliche Resultat war die Gewißheit über die
WNW.-Streichung und den Verlauf der einzelnen Schichtenreihen, die
in der tiefsten Senkung, 35 Fuß über dem untern Elbufer, ein
2 Fuß
starkes Lager unreiner Moorkohle aufdeckten, darauf streicht eine
3füßige Schicht Glimmersand, vermischt mit Erdkohle, dem dann die
mächtige, bis 7 1/2 Fuß starke Schichtung vermischter Blätter-, Erd-
und Alaunkohle, in den mittleren Lagen leichter, aber brauchbarer
Blätter-Qualität folgt.
An sich erschien also die obere Mulde nicht so ganz bauunwürdig, da
der Abbau am Elbuferrande so wenig Schwierigkeilen bot, daß selbst
der leichte Gehalt der nicht schwierig zu sondernden Blätterkohle
wohl die Arbeit im größern Maßstabe als für den Eigengebrauch
aufgewogen hätte, - aber ein neuer Umstand trat hinzu, der an diesem
sonst für einen Abbau so günstigen Platze dem weiteren Vorgehen für
jetzt ein Ende machte.
Es trat nämlich ein so starkes Eindringen von Quellwassern aus dem
oberen Triebsande ein, (deren einer seit vielen Jahren kräftig
rinnender Gang grade oberhalb der Mulde am Abhange mündet,) daß die
Stollen schon aus diesem Grunde wieder verlassen werden mußten, da
dieselben ohne kostspielige Wasserwerke, die nicht im Verhältnis zum
scheinbaren Werthe der Ausbeute standen, nicht länger als einige
Tage gangbar erhalten werden konnten.
Damit war nun freilich dieser unmittelbare Elbabbau als mißglückt
anzusehn, es wurde aber unleugbar ein in Stärke, Ausdehnung und Güte
nutzbares, wenn auch nur verschwemmt regenerirtes Lager
nachgewiesen. Die Lauenburgische Bodenkunde nahm Act von dieser
Untersuchung, um die nun tathsächlich begründete Hoffnung auf eine
Wahrscheinlichkeit für das Auffinden bauwürdigerer Flötze, bei
günstigeren Umständen, auch in unserm Lande festzuhalten.
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An weiteren Anstrengungen, den Verlauf der Schichten festzustellen,
vielleicht auch an den anderen Plätzen noch günstigere Vorlagen zu
erzielen, fehlte es übrigens nicht; sie erschienen aber so wenig
befriedigend, daß die meisten Versuche wieder aufgegeben wurden, da
Bohrungen in dem auf- und unterlagernden Erdreich auf ein Verlaufen
der Kohlenschichten schließen ließen, oder diese so unrein wurden,
daß sie keinen Bauwerth mehr hatten. Bohrungen bis zu dem unteren
Kohlenlager, die mindestens, bei dem wellenförmig bis gegen
140 Fuß
sich erhebenden Platten-Terrain, die nächste Unterlage des
plastischen blauen Thons durchsunken haben müßten, sind überall
nicht angestellt, da die einzige, am Elbbette sich andeutende
Kohlen-Schichtung bei der geringen Mächtigkeit zu tief lagert, um
vereinzelt eine preiswürdige Ausbeute zu versprechen. Es möchten
aber doch an Plätzen, wie Hamwarde, wo sie nur 80 Fuß tief sich
gezeigt hat (und solche werden sich auch in der Nähe Lauenburgs
finden lassen), Bohrversuche auf größere Tiefen anzurathen sein, um
Gewißheit zu haben, ob nicht MEHRERE correspondirende Schichtungen
der Bockuper Flötze zu finden und vielleicht das Ganze dann im
Gesammtabbau zu nutzen wäre.
Das nähere Bemerkenswerthe über die einzelnen Bohrversuche geben wir
in folgendem Extract aus den betreffenden Bohr-Arbeitsprotocollen:
*) ... Es wurden in verschiedenen Entfernungen bis 1000 Fuß in
grader Linie von der mittelsten mächtigsten Kohlenablagerung mehre
Bohrversuche angestellt, deren Resultate folgende waren:
____________________
*) Der Verfasser ist durch die bereitwillige Güte des Herrn Grafen
v. MOLTKE in Stand gesetzt, das Betreffende hierorts seinen
Aufstellungen einzuverleiben.
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|
Bohrloch No. 1. |
|
684 Fuß vom Elbufer: |
| Sandiger Lehm |
6 Fuß - Zoll. |
| Grauer und weißer Sand |
10 Fuß - Zoll. |
| Kohle |
- Fuß 6 Zoll. |
| Gelber Lehm mit gelbem Sand |
8 Fuß
- Zoll. |
| Gelber Lehm mit weißem Sand |
4 Fuß
- Zoll. |
| Blauer Thon |
4 Fuß
- Zoll. |
| Grauer Kies |
3 Fuß
- Zoll. |
| Gelber Sand |
7 Fuß
- Zoll. |
| Grauer Kies |
3 Fuß
- Zoll. |
| Weißer Sand |
1 Fuß
- Zoll. |
| Gelber Kies |
2 Fuß
- Zoll. |
| Gelber Sand |
- Fuß
4 Zoll. |
| Gelbgrauer Sand |
10 Fuß
- Zoll. |
| |
58 Fuß
10 Zoll. |
| |
|
Bohrloch No. 2. |
| Etwa
1000 Fuß
vom Elbufer: |
| Mutterboden |
1 Fuß
- Zoll. |
| Gelber Kies |
2 Fuß
- Zoll. |
| Weißer Sand |
7 Fuß
6 Zoll. |
| Thoniges Gebirg mit Kohle vermischt |
- Fuß
10 Zoll. |
| Kohle |
6 Fuß
6 Zoll. |
| Grauer Sand |
4 Fuß
- Zoll. |
| |
21 Fuß
10 Zoll. |
| |
|
|
Bohrloch No. 3. |
|
30 Fuß zur Seite, rechts von
No. 2 und
4: |
| Mutterboden |
2 Fuß
- Zoll. |
| Gelber Sand |
3 Fuß - Zoll. |
| Weißer Sand |
50 Fuß
- Zoll. |
| |
55 Fuß
- Zoll. |
| |
|
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|
Bohrloch No. 4. |
| Mutterboden |
2 Fuß - Zoll. |
| Gelber Kies |
2 Fuß
- Zoll. |
| Weißer Sand |
8 Fuß
- Zoll. |
| Thon. Deckgebirg m. Kohle vermischt |
- Fuß
10 Zoll. |
| Kohle |
5 Fuß
- Zoll. |
| |
17 Fuß
10 Zoll. |
| |
|
Bohrloch No. 5. |
|
Etwa 500 Fuß zur Seite, links von
No.
2 und 4: |
| Gelber Lehm |
1 Fuß - Zoll. |
| Gelber Kies |
2 Fuß
- Zoll. |
| Weißer Sand |
24 Fuß
- Zoll. |
| Gelber Sand |
1 Fuß - Zoll. |
| |
28 Fuß
- Zoll. |
| |
Da die angebohrte Kohle durchaus unbrauchbar sich
erwies, so wurde diese Oertlichkeit verlassen, welche ca. 55 Fuß
über dem Elbspiegel liegt, und es wurden einige Bohrversuche
oberhalb Lauenburg gemacht, da, wo - ohngefähr an der Ausmündung der
Stecknitz in die Elbe bei der Schiffbauerei und gleichfalls, wo die
Eisenbahn die Chaussee durchschneidet, in den sog. Buchhorster
Bergen - die Kohle zu Tage tritt, resp. durch Erdarbeiten zu Tage
gefördert worden ist. *)
|
Bohrloch No. 6. |
In den Buchhorster
Bergen, etwa
70 Fuß über dem Stecknitzspiegel : |
| Gelber Kies |
6 Fuß
- Zoll. |
| Blauer Thon |
9 Fuß
- Zoll. |
| Blauer Sand mit Lehm vermischt |
20 Fuß
- Zoll. |
| Dunkelblauer Thon |
2 Fuß
- Zoll. |
| Blauer Sand |
2 Fuß
- Zoll. |
| |
39 Fuß
- Zoll. |
| |
____________________
*) Die oben zuerst angeführten Kohlenplätze. ANMERK. D. VERF.
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|
Bohrloch No. 7. |
Gegenüber der
Stecknitzmündung, etwa
80 Fuß über dem Spiegel derselben: |
| Dunkelgrauer Sand |
7 Fuß
- Zoll. |
| Gelber Kies |
6 Fuß
- Zoll. |
| Gelber Lehm mit weißen Sandstreifen |
12 Fuß
- Zoll. |
| Gelber Lehm |
10 Fuß
- Zoll. |
| Grauer Lehm mit Sand |
35 Fuß
- Zoll. |
| Blauer Lehm mit Sand |
25 Fuß
- Zoll. |
| Blauer Thon mit Muscheln *) |
13 Fuß
- Zoll. |
| |
108 Fuß
- Zoll. |
| |
BOHRLOCH 8 und 9, in der Nähe des Durchschnitts der Eisenbahn und
Chaussee belegen; mußte aufgegeben werden, da bei 12 Fuß Tiefe eine
Steinlagerung das Bohren verhinderte. **)
|
Bohrloch No. 10 |
in derselben Gegend, etwa
70 Fuß über dem Wasserspiegel: |
| Grauer Sand |
3 Fuß -
Zoll. |
| Gelber Sand |
11 Fuß
- Zoll. |
| Triebsand |
31 Fuß
- Zoll. |
| |
45 Fuß
- Zoll. |
| |
In den Bohrlöchern 6 und 10 sogen sich die Röhren so
fest, daß der Bohrversuch aufgegeben werden mußte, weil man die
Röhren nur mit großer Mühe wieder heraus befördern konnte.
____________________
*) Die Leitmuscheln des Septarienthons? ANMERK. D. VERF.
**) Es findet sich im Protocoll keine Andeutung über den
geognostischen Werth dieser Steinlagerung; das folgende Bohrloch in
derselben Gegend zeigt aber bis auf 45 Fuß Tiefe gelben (Geröll-)
und Triebsand; so ist die Diluvialnatur derselben als Wanderblock
unzweifelhaft. ANMERK. D. VERF.
1860/11 - 315
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Auch die hier zu Tage liegende Kohle stellte sich als bauwürdig
nicht heraus, weil sie mit einem specifischen Gewicht von 0,970 bis
0,971 beim Glühen einen Rückstand von ca. 28 Proz. Wasser
hinterläßt, das sehr viel Eisenoxyd enthält, welches, so wie der
beim Glühen der Kohle sich entwickelnde unangenehme Geruch nach
schwefliger Säure von einer starken Beimengung von Schwefelkies
herrührt; und da überdies hier bis unterhalb des Wasserspiegels in
der Nähe der zu Tage tretenden Kohle angestellte Bohransätze ein
Lager nicht nachwiesen, so sind in der angebohrten Gegend entweder
nur einzelne Nester vorhanden, oder ein vielleicht vorhandenes Lager
liegt so tief, daß an eine Abbauung nicht zu denken ist; es wurden
daher bis weiter keine neue Bohrversuche angestellt."
Schluß des Bohrberichts-Extracts.
Wie weit eine Modificirung des Schluß-Resumé's
eintreten dürfte, müssen wir, mit Hinweisung auf den ganzen
Zusammenhang der vorstehenden Formationsbeschreibung, der es nicht
an Gründen für eine berechtigte Wiederaufnahme neuer, kräftigerer
Untersuchungen fehlen möchte, gleichwohl unter ganzer Anerkennung
der umsichtigen Leitung und der großen Opfer, welche der Herr
Unternehmer zum großen Theil allein der wissenschaftlichen
Bodenkunde jenes interessanten Elb- und Stecknitzufergebiets
gewidmet hat, der Zeit überlassen; in der Nähe eines Terrains, wo
die Wellenarbeiten häufig unerwartete neue Funde zu Tage fördern,
können neue Impulse dann auch vielleicht bessere Früchte finden
lassen.
II. Die nordische Geschiebeformation (Diluvium).
So unscheinbar die Uebergänge von den geschichteten
Erden des eben beschriebenen geologischen Zeitabschnitts zu der nun
vortretenden Periode dem Uneingeweihten erscheinen mögen, so führen
sie doch unverkennbare Merkzeichen einer anderen,
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neuen Naturarbeit, die sie von jener - der letzten
Kohlenbildungsperiode - durch eine lange, den Charakter der
unorganischen wie der organischen Bildungsweisen sondernden
Naturthätigkeit geognostisch durchaus trennen und die örtlich
vielfach sich nachweisen läßt.
Das weite große Binnenmeer zwischen der Nordküste der alten
zusammenhängenden Ländermasse des heutigen mittleren Europa's im
Süden, dann im Norden dem Kjölengebirge, im Osten dem Ural, sollte
in seinem Grundbette noch fast überall massenhaften Ein- und
Ausschwemmungen unterliegen, ehe der Rücktritt der Wasser die
letzten großen Ablagerungen an der Oberfläche unsers heutigen
nordischen Schwemmlandes herbeiführte, deren Niveauveränderungen man
mit dem Namen "DILUVIUM" bezeichnet hat. Die Sand-, Thon
(Lehm)-Geschiebe und Geröllmassen, welche die Jahrhunderte jener
Periode anwachsen sahen, können eben gleicherweise, wie die früher
beschriebenen, unterschieden in Form, Gruppirung und Mischung, in
ihren Eigenthümlichkeiten nachgewiesen werden, wo sie noch in ihrer
Ursprünglichkeit geschichtet lagern. Sie bildeten die Oberdecke des
ganzen vorliegenden nordischen Terrains, mit seinen Hügeln, Platten
und Thälern, nach der Katastrophe, die diese Landschaften den
Meereswellen entriß; - bis die neuen, zahlreich auf ihnen wuchernden
Organisationen neue auflagernde Erden aufhäuften und die so
mannigfachen Anspülungen (Alluvionen) der Wetter, der Flüsse, der
immer von Neuem einbrechenden Wellen an den ungeschützten
Küstenufern u.s.w. u.s.w. allmälig im Laufe der Zeiten die heutige
quartäre Bodendecke als Product einer bei Weitem mannigfaltigeren,
reicheren Bildung gestaltete, wo der heutige Zonenunterschied
unzählige Eigenthümlichkeiten der darin hervortretenden
Organisationsverhältnisse - in unseren Gegenden mit am
bevorzugtesten - hervortreten ließ.
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Wenn wir unsere specifischen Bildungsweisen der vorliegenden
Formation aufzählen wollen, so müssen wir zunächst zum Verständniß
derselben noch etwas weiter ausgreifen.
Es handelt sich nun nicht mehr vorzugsweise um etwaige
nachzuweisende PLÖTZLICHE Senkungen und Hebungen eines Theils oder
des ganzen Tieflandes, wie solche denn bisher bei unsern sämmtlichen
Untersuchungen den Ausgangsmaßstab bilden mußten.
Der letzten großen Gelände-Umwälzung, vor Erschaffung des
Menschengeschlechts, ging eine den ganzen Erdkreis in den
wesentlichsten Zügen bestimmende, lange Zeit andauernde allgemeine
Wasserbedeckung der nördlichen Erdhalbkugel, ihrer Continente und
Inseln, bis zu ihren höchsten Gebirgsgipfeln voran, bis diese,
endlich trocken gelegt, in ihrer heutigen Land- und
Wasservertheilung aus den Wellen sich erhob.
Es ist nicht an uns und am Orte, Beweise und Gegensätze zu sammeln
für eine Analogie des bildlichen sechsten Schöpfungstages, während
oder nach dieser Katastrophe und den Zusammenhang zu deuten mit der
endlich erfolgten Erschaffung des Menschengeschlechts; noch weniger
uns zu erschöpfen in Muthmaßungen, ob die von so vielen Völkern
(Indiern, Griechen, Juden u.s.w.) berichtete Sintfluth mit der
letzten des Diluviums oder einer späteren Alluvial-Ueberschwemmung
zusammenzustellen sei. Eben so wenig dürfen hier Theorien, so
interessant sie sonst sind, entwickelt werden über die Frage, ob die
langsame Drehung der großen Axe unserer Erdbahn während
21,000
Jahren die Veranlassuug bieten könne, daß sich der Schwerpunkt der
Erde jede 10,500 Iahre von der einen Halbkugel auf die andere werfe,
nach welcher Annahme der Schwerpunkt der Erde, ungefähr 4000 Jahre
v. Chr. G., ZULETZT mit den fluthenden Meereswassern auf die
südliche
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Hälfte sich neigte. *) Bringt man damit die geologisch periodischen
Abschlüsse in Zusammenhang, so erscheint der vorliegende, bei der
nunmehr inzwischen eingetretenen Erdabkühlung und dem Hervortreten
der Zonenverhältnisse (Isothermen), in der sog. Gletschertheorie
nicht so ungerechtfertigt, gewiß bleibt die ungeheure Ablagerung der
nordischen erratischen Geschiebe durch treibende Eisschollen nach
den Zeiten der Braunkohlenablagerung auch ohne eine förmliche
Eiszeittheorie die einfachste, nach allen Richtungen genügendste
Erklärung.
Wie dem auch sei, aller Orten, wo diese oberen eigenthümlichen
Sedimente des lockersten Zusammenhangs, aus Sand, Lehm, Mergel,
Geschieben, Geröllen und deren Grus-Verbindungen bestehend, auf
Bergen, Flächen und Thälern ein- und aufgelagert erscheinen, ist die
Wissenschaft bemüht, im Einzelnen die lokalen Fluthungen in den
Naturarbeiten und deren Werken nachzuweisen.
Unser Norddeutsches Tiefland bietet der Anhaltpunkte viele, die alle
einmal eine lange Zeit andauernde allgemeine Wasserbedeckung des
ganzen Gebietstheils anzeigen, anderseits eine folgende plötzliche
und gewaltsame Abfluthung annehmen lassen, der dann noch einzelne
lokale Boden-Senkungen und Hebun-
____________________
*) Welcher entgegengesetzte, neue Vernichtung drohende Fall nach
6500 Jahren unserer Zeitrechnung wieder eintreten müßte, wo die
Umfluthung der Meere also von Neuem über die Nordhälfte der Erde
stattfinden würde. Da der Zeitpunkt, in welcher Frühling und Sommer
der nordlichen Halbkugel zusammen die größte Länge (8 Tage) gegen
den Herbst und Winter besaßen, zuletzt in das Jahr 1248 n. Chr. G.
fiel, so werden wir im Norden in der Abnahme der Wärmetage bis zum
Jahre 11,784 fortschreiten, dann wird (wie vor 21,000
Jahren,
zuletzt 9252 v. Chr. G.) die südliche Halbkugel ihre längste
Frühlings- und Sommerzeit, - das Nordpolareis also erst seinen
größten muthmaßlichen Zuwachs erlitten haben.
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gen, begleitet durch Meer- oder Süßwasserbedeckungen, gefolgt sind.
Wir werden bei den Einzelgliederungen der Massen unsere besonderen
örtlichen Eigenthümlichkeiten vorführen. Die lange Wasserbedeckung
hat eine gänzliche Umgestaltung der auf der ganzen Erde zerstreuten
ähnlichen Diluvialmassen, im Vergleich zu den älteren neptunischen,
gesonderten Produkten (selbst denen des letzten Braunkohlensystems)
bewirkt. Alles Lose ist so verschwemmt durcheinander geworfen, daß
sich nur einzelne UNVERMISCHTE Thon- und Mergelablagerungen in
diesen letzten Tertiärschichten finden. Dann aber weis't der
Zeitzwischenraum - von der Zernichtung der tropischen Vegetation und
Animalisation in unseren Breitengraden bis zur Neuzeit, wo erst das
Eintreten der Isothermen ein ganz anderes, höheres organisches
Naturleben der Thier- und Pflanzenwelt, und darin die größte
Mannigfachheit, Abwechselung und Eigenthümlichkeit auf jedem
kleinsten, specifisch besonderen Bodentheil (und da erscheint am
bevorzugtesten grade die nördliche gemäßigte Zone) möglich machte, -
auf eine lange, lange Zwischenperiode, da die Abkühlung der Erde bis
zu besagtem Grade, wenn wir nicht widernatürliche Rück- und
Vorwärtssprünge deuten wollen, nur allmählig in den Jahrtausenden
geschehen sein kann.
Für eine schließliche gewaltsame, plötzliche Katastrophe zeugt die
ungeheure Ausdehnung, die im Norden wie im Süden auf allen
Continenten dieselben ähnlichen Spuren hinterlassen hat, und die so
plötzlich auch über die organische Schöpfung hereinbrach, daß unter
Anderen ein ganzes Heer von Riesenlandthieren seinen Tod in den
Fluthen fand, deren vollständige Gerippe, ja deren unversehrte,
wohlerhaltene Fleischtheile in einzelnen Exemplaren im Eisboden des
nördlichen Sibiriens und Grönlands noch aufbewahrt sind. Das
eigenthümliche Hin- und Hertragen, Verschleppen von
Eisschollenmassen muß
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in langen Zeiträumen vor jener letzten Abfluthungs-Katastrophe in
einer Ausdehnung stattgefunden haben, die wir jetzt nur in der Nähe
der Polarmeere kennen. Dies kann auch ohne Annahme eines Sinkens der
Temperatur bis zu einer außergewöhnlichen sog. Eisperiode
stattgefunden haben, bei freiem Eindringen der Fluthen aus den
Eisregionen, die Jahrtausende lang an zugänglichen Orten hier
vielleicht Felsmassen aufwühlten oder losrissen und dort
abschmelzend hintrugen; ganz wie noch heute manche Schiffer der
Polarmeere über eingebettete Felsstücke in treibenden Eisbergen
berichten.
So zeigen denn alle natürlichen und künstlichen Einschnitte, den
Wellungen und Hebungen des Terrains folgend, auch wo in Strömungen
sich lokal eigenthümliche Bette gebildet haben, die Hauptwahrzeichen
dieser obertertiären nordischen Diluvialbildung in keinen Lagen
ausgeschlossen, - Einlager von Geschieben, erratische Blöcke,
Gerölle und Grus, Bruchtheile aller derjenigen mineralogischen
Specien, deren Anstände die wandernden Eisschollen auf ihren
nordischen Strömungswegen erreichen konnten, und besonders die,
nunmehr auch in den darin kenntlichen Diluvialsanden zertheilten
granitischen Mengtheile (im Gegensatz zu den Absatztheilen der
Braunkohlensande, aus den Gestellsteinen der Grauwacken und
Glimmerschiefer). Es sind für uns also nicht die fernsten
Aussendungsküsten ausgeschlossen, obgleich die große Masse der
Geschiebe natürlich nur aus Findlingen der nordischen benachbarten
Anstände besteht, die wir als Eindringlinge in alle einzelnen Lagen,
für unser specifisches Terrain classificirt, vorangestellt aufzählen
wollen. *)
____________________
*) Wir werden im Folgenden, wie bei anderen Vorträgen, auch auf
diesem interessanten Bodengebiete an diesem Orte nur die für das
Gesammtverständniß genügenden Findlings-Bildungen generell
zusammengefaßt vorführen.
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1) Nordische Geschiebe.
GESCHIEBEFINDLINGE (WANDERBLÖCKE, IRRBLÖCKE),
GERÖLLE UND GRUS.
Eine bestimmte Eintheilung der überall in den
vorliegenden Formationslagen eingebetteten Geschiebe nach Höhe,
Tiefe, Länge und Weite des Absatzterrains läßt sich natürlich auf
unserm kleinen Gebiet nicht vornehmen, und unser specifisch,
örtliches Lauenburgisches Ländchen theilt durchaus das Sortiment
seines nordischen Findlingsreichthums mit den analogen Linien der
Nachbarlande, wenn wir nicht einen Unterschied in dem fast
gänzlichen Aufhören der bei uns schon so seltenen Uralischen und
Finnländischen krystallinischen Irrblöcke und der petrefactenreichen
Auswürflinge der Kalke von Gothland und der Silurformation Schwedens
wie des Jurakalks von Pommern jenseit unsrer Elbgrenze und für
letzteren auch in dem südwestlichsten Theile von Holstein annehmen
wollen.
Die Vertheilung der Geschiebe fällt örtlich sehr verschieden aus.
Obgleich, wie gesagt, durch alle Schichten der Formation vertheilt,
sind doch einzelne Lagen der Thonsande darin mehr bevorzugt; ja es
giebt Schichten, die vielleicht während längerer Zeiträume heftigen
Wellenarbeiten ausgesetzt waren, welche die felnern Erden wieder
auswuschen und fortspülten, die fast ganz aus Blöcken, Geröllen und
Grus zusammengesetzt sind.
Solche Fundstellen erkennt man häufig an nördlichen und
nordöstlichen Bodenabhängen, die als alte Untiefen (Bänke) oder
zeitliche Uferstrande den einbrechenden Wellen der Nordrichtungen
besonders ausgesetzt waren. In lokal geschützten Gründen dagegen,
namentlich an Plätzen, wo zwischen den Sanden ausgedehntere Lager
von Lehmen und Mergel Ruhe hatten sich abzusetzen, finden wir eine
gleichmäßigere Vertheilung der Geschiebe.
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Die Eintheilung der Nordischen Geschiebe läßt sich in dem
Zahl4nverhältniß der Prozentansätze ihrer Mengen nicht gut von dem
der ausgeworfenen Geschiebe unsrer eignen Anstände trennen, denn es
bleibt noch immer zweifelhaft, welchen Antheil unser eigner
Grundboden an der Aussendung der Wandersteine genommen hat. Zu den
zweifellos einheimischen Auswürflingen des Braunkohlensystems, der
Kreide und der Triasgerölle tritt nur ein unbedeutender Prozentsatz
von Findlingen aus der unteren Kreide Schwedens und dem Silur von
Schweden und Gothland, während - so lange das Urgebirge unter unsern
Füßen nicht eröffnet und dargethan ist - der Zweifel über die
Heimath aller unsrer erratischen Blöcke aus den Gebieten der
krystallinischen Gesteine nicht überall entschieden gelöst werden
kann.
Wenn wir auch, nach Obigem, in dieser Frage uns nicht vollständig zu
der so lehrreichen genialen Anschauungsweise des Herrn Professor G.
FORCHHAMMER bekennen, so können wir desto genauer den übrigen
umfassenden Untersuchungen über die geologische und geognostische
Classificirung der einzelnen Gebirgsarten folgen, bei denen auch
unser Ländchen Berücksichtigung gefunden hat.
Wir verweisen dieserhalb auf den betreffenden Abschnitt [der land-
und forstwirthschaftlichen Statistik der Herzogthümer Schleswig und
Holstein (Altona 1847)] "Bildungsgeschichte" p. 353
des genannten Verfassers, und fahren in den specifischen
Aufstellungen für unsern Standpunkt fort, ebenfalls im besondern
Anschluß an DR. LUDWIG MEYN's geognostischen Beobachtungen,
niedergelegt in der genannten Quellenarbeit p. 50 u.
f.
Wir beginnen mit einer Aufzählung der auf unsern Linien vorkommenden
Geschiebe- und Gerölle-Findlinge.
Der Zahl nach bilden die krystallinischen wohl gegen 3/5 aller
Gesteins-Eindringlinge. Der Größe nach stehen diese ein-
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zelnen Blöcke der Kreide, wie wir solche vorhin namhaft gemacht
haben, nach, im Ganzen aber behaupten sie die größten Massen;
dieselben wechseln etwa von Erbsengröße bis zu unzähligen Stücken
von einem Durchmesser von 2 Zoll bis zu 2 Fuß, in vielen bis etwa zu
10 und in wenigen noch bis zu einigen 20 Fuß. *) Auch die kleineren
Gerölle sind größer als die Sandkörner der Formation und stets
wesentlich von diesen als "GRUS" zu unterscheiden.
In Masse-Ansammlungen nennen wir letztere, wenn sie durch kein
Bindmittel verkittet in losen abgerundeten Bruchtheilen neben und
über einander zusammen liegen und nur mit den gröbsten Sanden
vermischt sind, "KIES UND GRAND". Bei der Bildung dieser losen
kleinen Geröllmassen haben die Wellen ähnlich gearbeitet wie bei den
eben beschriebenen Haufenlinien der größeren Geschiebe, sie haben
auf diesen Bänken die Massen der zwischenliegenden feineren Sand-,
Thon- und Kalktheilchen zum größten Theile ausgeschwemmt. Wo spätere
Einschwemmungen, besonders in den oberen Lagen, bindende Erden
wieder hinzuführten, wird der Grus wieder unrein, ist auch wohl lose
mit Geröllen verbunden, in einzelnen Fällen erscheint die Masse
sogar ähnlich dem Nagelflue der Schweizer Molasse "ALS
MANDELSTEIN-CONGLOMERAT" verkittet.
Die Conglomerate sind auch bei uns in einzelnen Handstücken
einheimisch, ihre Bildung reicht von solchen ältesten, deren
Repräsentanten sich in Norwegen und Schweden finden, natürlich bis
in die Gegenwart, sie lassen sich, nach der Verschiedenheit der
verbundenen Gerölle, so wie nach der Verschie-
____________________
*) Diese größten Massen sind dem Verfasser bei einzelnen Findlingen
aus den Buchhorster- und Langen-Bergen bei Lauenburg bekannt
geworden.
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denheit der Bindemittel unterscheiden, bei denen ein thoniger
eisenschüssiger Grus gewöhnlich eine Hauptrolle übernommen hat.
Die Masse-Ansammlungen größerer Geschiebe finden sich nicht so
häufig auf unsern Linien, indeß ist einestheils der Erdboden noch zu
wenig aufgeschlossen, als daß wir darüber absprechen könnten,
anderntheils sind an offenen oder der Oberfläche nahen Stellen die
Anhöhen schon seit den ältesten historischen Zeiten so vielfach von
Menschenhänden durchwühlt (man denke, schon seit den Zeiten der
vielen Steinwälle und Gräberbauten der alten Hünen), um eben
nutzbare Gesteine zu gewinnen, daß solche schon aus diesem Grunde
von Jahr zu Jahr nahe der Oberfläche des Bodens seltner werden.
Indeß wenn auch bei uns nicht grade förmliche zusammenhängende
Steinwalllinien aufgefunden sind, wie die betreffenden in
Mecklenburg, deren bedeutendste von Bützow an, am Malchiner See,
dann südlich der Tollense durch die Uckermark fort, auf 20 Meilen
sich nachweisen läßt, so sind doch fast auf jeder Höhenlinie unseres
Ländchens Plätze, auf denen in längeren Strichen, immer in der so
vielfach für uns maßgebenden Richtung von OSO. nach WNW., an den
nördlichen und nordöstlichen Seitenabhängen, oft schon in geringer
Tiefe, förmliche Geschiebe-Steinwälle von größeren Dimensionen sich
finden lassen. *) Im Uebrigen ist die Lagevertheilung der Geschiebe
auf allen unsern Diluviallinien ziemlich gleichmäßig.
Man kann die sämmtlichen Geschiebe-Eindringlinge zunächst in die
beiden Gruppen "DER KRYSTALLINISCHEN" und dann "DER GESCHICHTETEN
GESTEINE" classificiren.
*) Die Nordostseiten fast aller unserer Höhenlinien enthalten solche
Absatzplätze, die man als einstige Strandwälle zu betrachten pflegt.
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I) KRYSTALLNISCHE FINDLINGE.
a) Granitische Gesteine.
Das allgemein hervortretende Grundgebirge
Skandinaviens ist die krystallinisch-schiefrige GNEISZ-Formation,
die wahrscheinlich älteste feste, für Menschen nahbare Bodenkruste
unsers Erdkörpers. Dieses fossilfreie Gestein besteht in den
Haupttheilen aus Quarz, Feldspath und Glimmer, dann aus Hornblende,
Chlorit, Talk und anderen Mineralien. Seine körnig-schiefrige
Structur wird durch die parallel liegenden Glimmerblättchen
hervorgebracht, die auf einem Querbruch deutlich auf größeren
Blöcken zu ersehen ist.
Der Gneiß zersetzt sich ziemlich schnell und giebt einen fruchtbaren
Boden, besonders für Nadelhölzer. Seiner großen Härte wegen ist
derselbe ein sehr gesuchter Nutzstein.
Der überwiegenden Menge nach bestehen unsere Findlinge und
namentlich die größeren Exemplare aus dieser Felsart; sie machen die
Hälfte aller krystallinischen Geschiebe aus.
Die besonderen Varietäten unterscheiden sich äußerlich an Färbung
und Korn, der Feldspath ist gewöhnlich röthlich, der Glimmer schwarz
und der Quarz grauweiß. Eine besonders harte, auch für Sammler
beliebte Varietät, die bei uns mitunter vorkommt, hat eine
grauschwärzliche Färbung (grau-weißer Quarz, blaß-gelber Feldspath
und viele Theile schwarz glänzenden Glimmers); es finden sich in ihm
braun-rothe Granatkrystalle von verschiedener Größe, Härte und Güte.
Unter den krystallinisch-körnigen, granitischen Findlingen nennen
wir zunächst "DEN GRANIT", der im Prozentsatz etwa den vierten Theil
derselben liefert. Seine Bestandtheile sind die ähnlichen des
Gneißes, da die Zersetzung des Granits und dann wieder die
feuerflüssige Nachbarschaft den Gneiß gebildet hat.
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Varietäten kommen in vielfachen Bildungen und Färbungen von gröberem
oder feinerem Korn vor. Der Quarz variirt zwischen weißgrau und
röthlich, der Feldspath ist weiß oder röthlich, der Glimmer schwarz,
braun oder gelb; zumeist ist wohl der Quarz weißlich, Feldspath
röthlich und Glimmer schwarz.
Unter den Beigaben im Granit sind die häufigsten Granat, Turmalin,
Epidot und Hornblende, seltener aber (nach GIRARD) charakteristisch
für die Skandinavische Abstammung: Apatit, Spodumen, Orthit,
Pyrorthit, Gadolinit und Zirkon.
Die "SYENITE" finden sich bei Weitem seltcner, sie sind feinkörnig;
der Feldspath ist in demselben gewöhnlich röthlich, Oligoklos
bräunlich, die Hornblende gräulich, Glimmer grünschwärzlich und
Quarz tritt bisweilen ganz zurück; die Norwegischen "Zirkonsyenite"
sind übrigens bisher nicht bestimmt bei uns nachgewiesen. Als
Bausteine sind die Syenite noch mehr geschätzt als die vorigen; ihre
zersetzten Erden sind indeß nicht so fruchtbringend, als die der
leichter verwitternden Granite.
b) Hornblende und Augitgesteine.
Dieselben treten als "DIORIT und DIORITPORPHYR,
HYPERIT- und HYPERSTHENFELS" nicht so selten auf, jedoch bilden
diese sämmtlich wohl kaum 5 Prozent der krystallinischen
Findlings-Gesteine. Erstere bestehen besonders aus dunkeln,
grünlichen Hornblenden, unreinen Quarzen, Albit und Magnesiaglimmer;
letztere sind vorzüglich aus Pyroxen, Albit und Oligoklas
zusammengesetzt. Unsere Varietäten zeichnen sich durch dunkle Farben
und ein sehr feines Korn aus. Erstere zeigen gewöhnlich milchweiße,
aber trübe Oligoklasblätter, letztere dagegen graue glänzende Tafeln
krystallisirten Labrador-Albits. Der Hypersthen ist blättriger und
schwärzlicher als die Hornblende. Die außerordentliche Härte der
Hornblendegesteine läßt dieselben vorzugsweise zu Bauzwecken
geschätzt sein. Sie geben übrigens
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nach ihrer endlichen Zersetzung einen besonders vortheilhaften
eisenschüssigen Thonboden.
Die Dioritporphyre sind leicht kenntlich, Krystalle von Albit und
scharf gezeichneter Hornblende sind in ihren Grundmassen
eingebettet.
c) Porphyrgesteine.
Von den eigentlichen Porphyren, die ihr Vaterland
vollständig in Skandinavien nachweisen lassen, haben wir
verschiedene Varietäten. Ein FELDSPATPORPHYR ist der verbreitetste;
derselbe führt in einer dunkelbraunen Grundmasse, die aus den
Bestandtheilen des Granits besteht, blaßrothe Feldspathkrystalle und
kleine ungeschlossene Quarze. Sie sind durch Verwitterung von sehr
verschiedener Härte und geben einen guten Thonboden. Ihre Menge mag
mit den unter b) angeführten wohl den 5 Prozentansatz überwiegen.
d) Gestellschiefer- und Quarzgesteine.
Die glimmerhaltigen "CHLORIT-, TALK- und
EISENGLIMMER-SCHIEFERGESTEINE", wie die "QUARZZITE", die mehr massig
in ihren weißlichen und röthlichen Quarz-Aggregaten, körnig und
dicht verbunden sind, finden sich in ähnlicher Verbreitung etwa als
die Hornblendeschiefer und Augitporphyre. Beide verwittern nicht
leicht, sie geben übrigens auch einen der Vegetation nicht günstigen
Boden.
Von diesen Findlingen wie von den folgenden Reihen enthält auch
unsere reine Braunkohlenformation schon einzelne und kleinere
Einschieblinge.
Wir gelangen nunmehr zu der Vorlage krystallinisch-körniger Gesteine
aus der primären, paläozoischen Periode des sog. Uebergangsgebirges,
die, ungefähr analog der Bildungsweise des Gneiß, in der
heißflüssigen Nachbarschaft plutonischer Gesteine oder eben der
Grundschiefergebirge ihr krystallinisches Korn erhalten haben; wir
reihen dieselben unter dem Namen:
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e) Kieselkalke.
Diese körnigen Kalkgesteine bestehen aus dichtem
kohlensauren Kalk mit viel Kieselerde; sie erscheinen häufig sehr
verwittert und zerrissen, so daß oft nur ein blaugrauer Kern fest
geblieben, oder auch wohl nur ein bräunliches Skelett von
Kieselmasse übrig ist. Sie sind unzweifelhaft
ebenfalls Schwedischen Ursprungs, kommen zwar nur seltener vor, als alle die bisher benannten, sind
aber auf den ersten Blick desto leichter zu erkennen an ihren
zerrissenen Flächen. Sie bilden gleichsam den Uebergang zu der
folgenden
Gruppe, deren neptunische Bildungen wir in den Classen der Findlinge
unserer Linien aufzählen wollen.
2) GESCHICHTETE FINDLINGE.
Die Zweifel über die Feststellung der Aussendungsorte schwinden
nunmehr im Allgemeinen und nur bei einzelnen kleineren Handstücken
mag ein Bestimmen unentschieden bleiben. Nicht allein
sind die petrographischen Merkmale einfacher, weniger gegliedert und
entschiedener als in den krystallinischen Gesteinen, sondern wir
haben es hier auch mit versteinerungsführenden
Gebirgsarten zu thun und wir treten da, schon in den ältesten
Geschieben der unteren Grauwacke der silurischen Reihe, an
paläontologisch unbestritten bestimmbare Findlinge.
a) Uebergangskalksteine.
Die sog. "VAGINATEN-KALKSTEINE" aus dem Silur Schwedens (Schonen),
deren ungefähres südliches Grenzabsatzgebiet wir oben, nicht sehr
weit über unsere Elblinie hinaus, angenommen haben,
kommen bei uns noch in manchen Exemplaren, ähnlich den bekannten
von Groningen in Holland, vor.
Es ist ein bald grau, bald röthlich gefärbter fester dolomitischer
Kalk, der sich nur nach den Schichtungsftächen leicht spalten läßt.
Die vielen Varietäten desselben stimmen alle
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darin überein, daß sie sehr versteinerungsreich sind. Unter den
Petrefacten zeichnen sich besonders aus: 8- bis 10-gliedrige
Trilobiten, vaginate Orthoceratiten,
Gliedertheile von Strahlthieren - Cyathocriniten, die
als Schrauben- oder Rädersteinchen (Trochiten) bekannt
sind, und Blumenkorallen (Graptoliten); *) außerdem
die im Silur überall häufigen Weichthiere: Brachiopoden-,
Gasteropoden- und Cephalopoden-Muscheln.
Aehnliche Ablagerungsverhältnisse und Leitzeichen bieten die
Geschiebe der "GOTHLAND-KALKE", die in grauen, schwärzlichen,
grünlichen und blaugrauen Platten und Stückenfindlingen ebenfalls
grade ihrer wohlerhaltenen Petrefacte wegen leichter bestimmbar
sind. Unter diesen bekannten Gothland-Petrefacten nennen wir
besonders den Trilobiten: Calymene Blumenbachii
und Kettenkorallen.
Von den in Schweden unter diesen Kalken lagernden "ALAUNSCHIEFERN"
finden sich zuweilen ebenfalls an Trilobiten reiche
schwarze Steine, ebenso einzelne "GRAPHTOLITHENSCHIEFER" und
Thonschiefer-Geschiebe mit schwarzem Strich.
b)
Uebergangs-Sandsteine (Oldred).
Die bald feinkörnigen, bald gröberen Sandsteine aus den
Uebergangs-Gebirgen Schwedens (Westmanlands) und der Insel Bornholm
sind in manchen Blöcken vertreten. Dieselben haben eine rothbunte
oder dunkel bläulichrothe Färbung, zuweilen mit hellen Streifen. Von
jüngeren Sandsteinen unterscheiden sich diese Felsen dadurch, daß
ihre Quarztheile durch hellröthliche oder weißliche Thonmittel
verbunden sind.
Damit schließen aber, mit Ausnahme jüngerer Sandsteine, die Reihen
der fremdländischen Sendlinge.
____________________
*) Diese schöne Korallensippe ist für die silurische Formation so
sehr bezeichnend, da dieselbe mit ihr wieder ausgestorben ist.
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Die zunächst zu beachtenden Flötz-Sandsteine ebensowohl wie die
Kalke sind bis zu der so allgemeinen Verschwemmung der
Kreidegeschiebe nur in wenigen größeren Findlingen bei uns
vertreten.
c) Triasgeschiebe.
Aehnlich verhält es sich mit den Geschieben der
Triasformation; dieselben finden sich nur einzeln auf den
Zwischengebieten unserer lokalen Anstände als Irrgerölle, namentlich
in den Dolomiten und in einzelnen Buntsandsteinfragmenten, ähnlich
denen von Helgoland, verbreitet. Wir haben die Leitzeichen derselben
bei der Vorführung unsers Salzgebirges kennen gelernt.
d) Jurageschiebe.
Noch seltner sind die JURAFINDLINGE, sie zeigen sich
nur in oberen Kies- und Sandlagern in der Größe von einigen Zollen
bis zu 1 Fuß. Diese schwärzlichen und vorzüglich blaßgrauen
Kalksteine sind häufig mit perlmutter-glänzenden Muschelschalen, den
bekannten Petrefacten des Pommern'schen Ober-Jura, durchwachsen;
ebenso die betreffenden Thoneisensteine mit wohlerhaltenen
Steinkernen. Der Gehalt von kohlensaurem Eisenoxydul und Sand läßt
sie leicht verwittern, wo dann nur die losen Gemenge von Sand, Ocker
und Muschelschalen kenntlich bleiben.
Die in Hinsicht auf die geologische Zeitbildung nun folgenden
Geschiebefindlinge bilden:
e) Die Grünsandsteine.
aus der untern Kreide mit glauconitischen Körnern und
kalkigem oder kieseligem Bindemittel; diese sind in verschiedenen
Varietäten wieder häufiger, geschichtet und ungeschichtet; die
letzteren stimmen vollkommen mit den bekannten petrefactenreichen
Sandsteinen der unteren Kreide im südlichen Schweden überein.
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f) Obere Kreidegeschiebe.
Eine weitere Aufzählung der Findlinge führt uns
endlich zu unserm zerstörten Boden der oberen Kreide, die in ihren
verirrten Geröllen und Grusen der Menge nach wohl (nach FORCHHAMMER)
2/5 aller in unsern verschwemmten Erden lagernden Eindringlinge, so
weit sie sich noch von den Erden in ihrer Körnerkleinheit als
Kreide-Grus unterscheiden lassen, bilden mögen.
Wir können dem bisher über unsere Kreideformen Gesagten nur noch
Weniges in der Qualität als Geschiebefindlinge hinzufügen.
Wo nicht größere Blöcke, sogar bis zur Größe des genannten am
Pariner Mühlberge (bis zu 86 Fuß Länge) vielleicht in großer Nähe
des Anstehenden, ausgetrieben sind, zeigen sich vorzugsweise nur
abgerundete härtere Kalksteine, jedoch sind selbst Einschüßlinge
weicher wirklicher Schreibekreide nicht ausgeschlossen. Je näher man
den eröffneten Flötzen unserer Nachbargrenzen kommt, desto häufiger
werden ihre Bruchtheile, besonders ist der nordöstliche und der
südliche Theil unseres Ländchens sehr reich daran; ebenso zahlreich
sind die Versteinerungsauswürfe der Fauna - an Seeigeln, ihren
Stacheln und Schalenblättchen, Belemniten, Schwamm- und
Blumenkorallen, Muscheln und mikroskopischen Infusorienschalen.
Die unverkennbarsten Leitsteine der Kreide sind aber in den
zahllosen Findlingen von Feuersteinen gegeben, die von den seltnern,
mehre Fuß langen, häufiger in 1/2 bis
1 Fuß großen Knollen und
Nieren, oder in ihrer festen dichten Structur gebunden zur Kugel-
oder Eiform gerollt, oder aber meistens zu scharfkantigen Stücken
von mikroskopischer Kleinheit mechanisch in den Wellenarbeiten
zerschlagen, überall, sowohl in den Tertiärschichten des
Braunkohlensystems, als in denen des Diluviums und den ausgespülten
Alluvionen anzutreffen sind.
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Die meisten haben eine rauchgraue Farbe, es giebt aber Varietäten
von blaßgrauer, graugelber, braungelber, schwärzlicher, bräunlicher
und gelblicher Färbung. Mitunter haben sie eine weiße Rinde und
enthalten in Höhlungen weiße Erden, beides ist nicht zu verwechseln
mit Kreideansätzen und rührt von der Verwitterung des Gesteins her,
- es ist Kieselerde.
Die vorkommenden Abarten vom Feuerstein und Uebergänge zum Hornstein
(vorzüglich auch als Versteinerungsmittel) finden sich zuweilen
kugelig, tropfig oder streifig, dicht, wachsglänzend oder mehr
durchsichtig, einfarbig oder gebändert braun, grau, gelb, röthlich
(durch Manganfärbung violettröthlich), - bis zu Jaspis-, Karneol-
und Chalcedon-Uebergängen; manche der Knollen enthalten Drusenräume
mit schönen Bergkrystallchen. Einzelne dieser Kieselausscheidungen
erscheinen auch gefleckt und besonders durch Manganoxydhydrate
hübsch schattirt, und vorzügliche feine dendritische Zeichnungen
lassen sich in solchen Exemplaren dann wohl auf Schichtungsflächen
finden. Solche Dendriten sind übrigens bei dem nennenswerthen
Manganreichthum einiger unserer tertiären Sande, aus denen man sogar
hie und da in Quellausspülungen Manganitkörner gesammelt hat,
ebenfalls auf Schichtungsflächen mancher Kalk- und
Sandsteingeschiebe eingedrungen.
g) Tertiäre Geschiebe.
Wir treten nunmehr zu den Geschieben aus der Bildungszeit unserer
älteren pliocänen Tertiärablagerung, der Braunkohlenformation, und
damit sind wir wieder bei dem Grundbette der Geschiebeformation
angelangt.
Ein durchgreifendes Eingehn auf ihre Findlingseigenschaft wird nicht
weiter nothwendig sein, als da, wo noch besondere, früher nicht so
berücksichtigte Erscheinungsweisen zu bezeichnen sind.
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Wir haben es darin zunächst mit Geschieben zu thun, die bei uns bis
jetzt nirgends nachgewiesene Anstände haben. Es sind dies
Sandsteinsfragmente, die unzweifelhaft in ihrem Gehalt wie in ihren
Leitzeichen auf unsere ältere Tertiärformation hinweisen.
Es lassen sich da zwei Varietäten - ein BRAUNSANDSTEIN und ein
WEISZER SANDSTEIN - unterscheiden.
Ersterer ist ein feinkörniger, bituminöser Kohlen- und
Eisensandstein von roth- und graubrauner Färbung mit schwärzlichen
Punktirungen. Der benannte petrefactenreiche Sternberger Kuchen ist
eine Abart desselben. Die andere Varietät ist von noch feinerem
Korn, der Masse nach von mehr durchsichtigeren Quarzkörnern
gebildet; er erscheint grau-, gelblich-, bläulichweiß; besonders
kenntlich ist derselbe an vielen dunkelbraunen Flecken, die einzeln
etwa in Linsengröße, aber auch in größern Parthien zusammentreten
und bituminöse Bestandtheile enthalten. Beide Arten sind übrigens
nicht so fest, als unsere älteren Sandsteingeschiebe.
Die früher bezeichneten Mangannieren mit schaligen Absonderungen und
traubigen Iunenwandungen, ebenso wie die in den Formen ähnlichen,
als Klapper- und Adlersteine bekannten Sphärosiderite mögen hier
noch einmal als Findlinge ihre Einreihung finden.
Bruchstücke verkieselter Hölzer, deren Bildungszeiten bisher noch
nicht bestimmt sind, kommen in allen Diluvialschichten vor, häufiger
aber finden sich mehr oder weniger verhärtete bituminöse Laub- und
Nadelholzsplitter aus den beschriebenen Tertiärwäldern.
Verkalkte oder härtere Knochenreste und Zähne vorweltlicher Thiere
sind nirgend ausgeschlossen, wenn sie auch seltener sich finden
lassen; sie können selbst in ihrer Naturgestalt in feuchten
Erdschichten sehr lange erhalten bleiben.
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Endlich erwähnen wir noch, als eine werthbehauptende
Findlingsmerkwürdigkeit, die schönen Stücke des echten Bernsteins.
Dieser Bernstein, nicht zu verwechseln mit dem Retinit unserer
specifischen Braunkohlenformation, *) wird häufig auch bei uns in
kleineren Bruchtheilen, besonders in dem Elb- und Stecknitzthal bei
Lauenburg, aufgefunden. Seine Bildungs-Zeiteinreihung ist noch immer
nicht nachgewiesen, zu unserer Braunkohlenformation gehört er (nach
GIRARD und GÖPPERT) nicht.
Die weitere Zergliederung tertiärer Geschiebe und Gerölle führt uns
in die Region derjenigen Massen, die wir als verschwemmte (und
regenerirte) Ablagerungen bei der Vorführung der
Braunkohlenformation kennen gelernt haben.
Da, wo Schichtungen jener Reihungen in den Diluvialströmungen von
Neuem aufgerissen und fortgeschwemmt wurden, setzten ihre
Wandermassen zum andern oder zum öfteren Male Geschiebe, Gerölle und
Grus ab.
So finden wir diese in allen Diluvialmassen, besonders aber in
bestimmten oberen Lagen eingebettet, und wie es vorzüglich die
Kreidegründe waren, die so viele kostbare Kalktheile in die oberen
Schwemmschichten abgaben, so waren es kohlen- und thonreiche
Aggregate der Braunkohlenformation, welche die fruchttreibenden
Mischungen mit den neueren und älteren Sanden vollenden halfen.
____________________
*) Der Hauptunterschied liegt im Sauerstoffgehalt, der im Bernstein
viel bedeutender ist, als im Retinit, in welchem der
Kohlenstoffgehalt überwiegt und der des Wasserstoffs etwa derselbe
bleibt; das Fehlen der Bernsteinsäure aber läßt ihn vollständig von
dem Bernstein unterschieden. Nur kleinere Theilchen von Retinit
findet man eingewachsen in den Braunkohlen, während die
Bernsteinfindlinge nur in den oberen Sanden vorzukommen pflegen.
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Nicht durchgehends sind aber diese Geschiebe, wie gesagt, im bunten
Durcheinander von Sand, Kies und Grand, Thon- und Ochererden, Kalk-
und Kohlentheilen u.s.w. ungeschichtet vermengt geblieben; es lassen
sich vielmehr an manchen Plätzen Schichten und Einlagen getrennt
unterscheiden.
Die Diluvialströmungen haben nicht an allen Orten mit gleicher
Heftigkeit gearbeitet und auf solchen Linien oder geschützteren
Tiefen sind die Geschiebemassen nicht mehr in völlig regellosen
Auflagerungen durcheinander geworfen, sie mußten sich vielmehr, nach
den Gesetzen der Schwere, an den Strandwällen absetzen.
Solche Lager zeigen die Massen denn auch zuweilen in kenntlichen
Schichtenreihen, und wie in diesen Gesammtmassen die größeren und
schwereren Gerölle nach unten, die kleineren und leichteren nach
oben durchschnittlich sich absetzten, so wiederholte sich diese
Naturarbeit häufig auch in den einzelnen Abtheilungs-Schichtungen.
Größere Lager reinerer DILUVIAL-SANDMASSEN bedeckten mehr die
welligen Ebenen und die Grundbette der größeren Strömungsthäler mit
den schwereren Sanden von gröberem Korn, während die feineren
Diluvial-Sande als Masseanhäufungen mehr an den Ausgängen der
Thäler, oder in den (früher von uns schon beschriebenen) Untiefen,
und auch als Bänke und Sanddünen aufgeworfen wurden.
Als Einlagerungen aber erschienen GESCHIEBETHONE, LEHMe und MERGEL,
die, in den Brackwassern, in Buchten, an den Seiten des Ausgangs der
Thäler oder als verschlammte längere Thalgründe angeschwemmt,
zwischen den Hügelreihen sich finden lassen.
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2) Diluvial- (Geschiebe) Sande.
Man kann annehmen, daß die Geschiebeformation auf
unsern Linien überall vertreten ist, es wäre denn, daß Anstände der
älteren Formationen, vielleicht nur bedeckt mit Alluvionen, die
Oberdecke bildeten.
Gröbere Geschiebesande pflegen die Unterlage auszumachen, darauf
folgen dann die etwa vorhandenen Einlagerungen von Thonerden,
Mergeln und Lehmen, in deren Nähe gewöhnlich die größten Mengen der
Geschiebeblöcke lagern, und diese sind endlich wieder von feineren
Sanden bedeckt.
So ließe sich also eine Gesammteintheilung IN EINER DREIGLIEDERUNG
aufstellen, in soweit man von allen örtlichen Wechselscheidungen
absieht, und noch einige Ausnahmen berücksichtigt. An manchen Orten
ist nämlich nur das eine oder andere Glied vertreten, während die
übrigen Reihungen gar nicht abgelagert sind; auch wiederholen sich
häufig die zeitweisen Einzelgliederungen (gleichsam als Jahreringe
der Diluvialalter-Bildungen) in den analogen Gestaltungsweisen, und
endlich sind mitunter eben lokal gefüllte Nester oder leere Mulden
der einen oder andern Geschiebeerden sporadisch vertheilt,
dazwischen ein- und ausgeschwemmt und vereiteln in beschränkten
Terrainabschnitten jede vergleichende Nachweisung.
Solche Ausnahmen können jedoch nicht abhalten, für die
Gesamteintheilung die vorgestellte Dreigliederung einer
Untersuchung zu Grunde zu legen, nach deren Wahrzeichen sich wohl
stets ein Befund annähernd bestimmen lassen wird.
Wir wollen zunächst versuchen, die Diluvialsande zu regeln, indem
wir dieselben theilen:
1) IN UNTERE, GRÖBERE GESCHIEBESANDE und
2) IN OBERE, FEINERE TRIEBSANDE; -
die dritte MITTELGLIEDERUNG werden wir dann im nächsten
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Abschnitt untersuchen. Finden sich diese Sande in unmittelbarer
Nachbarschaft glimmerreicher Braunkohlen- und Formsande, so treten
mitunter die Vermischungen ein, welche unbestimmt lassen, wo am
Platze die Grenzlinie zu ziehen ist; aber man könnte auch selbst da
eine Sonderung der Körner vornehmen, und ein geübtes Auge würde die
farblosen oder milchweißen, mehr gleichförmigen Quarzkörner der
Kohlensande von den ungleichkörnigen, gelblich-unrein glasigen
Quarztheilchen der vorliegenden Gruppe unterscheiden.
Zuweilen aber sind die Schichten auch nach unten scharf getrennt,
und die Einreihung der Sande kann ohne Weiteres nachgewiesen werden.
Unsere Spaltenthälerhänge, besonders aber die steil abfallenden
Elbufer, geben mitunter schon auf kurzen Strecken ein ausreichendes
Material zur Vergleichung für diese Regelung.
1) DIE DILUVIAL-GESCHIEBESANDE, in der Hauptmasse aus gleichmäßig
abgerundeten gröberen, hellgelblich-grauen und schmutzig
durchsichtigen Quarztheilchen bestehend, die, wie gesagt, niemals
die milchweißen reineren Färbungen der Braunkohlensande haben, *)
sind vielfach vermengt mit unzersetzten fleischrothen,
länglichrunden Feldspath- (der niemals fehlt) und wenigen schwarzen
Hornblendetheilchen, nicht zu verwechseln mit den schwarzen
Kieselschieferkörnern der Kohlensande. Die Glimmerblättchen - dies
andere Hauptmerkmal jener älteren Sande - fehlen ganz. Im Uebrigen
enthalten sie alle die Bei-
____________________
*) Die älteren Sande waren Producte des verwitterten
krystallinischen Grundbodens der Grauwacken und der Thonschiefer,
deren Quarztheile in dem Zersetzungsproceß ihrer Entstehungsweise
theils farblose, theils weiße Körner aufzeigen, während die
Diluvialsande mehr aus den durch die Hochfluthungen zerstörten
Gebirgen der granitischen Eruptivgesteine hervorgegangen sind, deren
Quarzmassen die glasigen und helleren gelblichen Färbungen tragen.
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mengungen der zerstörten Geschiebegesteine, denen sie daher auch
ihren Namen verdanken; besonders kenntlich sind eckige
Feuersteinstückchen, Kreidegerölle und Koralliten beigemischt, und
unter den Metalloxyden (Ochererden) Eisenocher schichtenweis in
großen Mengen, auch Mangan- und Titanocher und Glaukonite sind hie
und da unverkennbar beigegeben. Wir werden sogleich ersehen, in wie
weit diese Beimengungen zu einer weiteren charakteristischen
Eintheilung dienen können.
Die Geschiebesande sind in größeren Mengen grobkörniger, als die
gröbsten Braunkohlensande; sie enthalten, wo sie nicht in der Nähe
von Geschiebeeinlagen, besonders auch von lehmigen Absätzen lagern,
nur kleinere abgerundete Gerölle, etwa bis zu 1/2 Fuß Größe. Häufig
laufen sie auf den Anhöhen zu Tage aus; eben so häufig aber gehen
sie nach oben hin in die oben bezeichneten Kies- und Grandlagen
über, bei heller oder dunkeler gelblicher Färbung, wie es eben der
beigemengte Geschiebesand ergiebt; oder sie wandeln allmälig in
obere hellere Triebsande um, mengen sich auch wohl mit sandigen
Mergeln und andern Thon- und Kalkmergeln, oder aber sie setzen
plötzlich zu den Schichten und Einlagern von gemischten Thonen ab.
Selbst wenn solche Thone und Lehme auch nur ausgetriebene kleinere
Klumpen bilden, so pflegen dieselben doch nach unten abgeschlossen
zu sein. An solchen Plätzen sind denn gewöhnlich Geschiebemengen der
größeren Dimensionen nicht fern; und wie die meisten Schichten auch
Schwemmtheile aus der Braunkohlenformation nicht allein in kenntlich
gebliebenen Geröllen von Sandsteinen und den Petrefacten *) der
Thone, wie in manchen Splittertheilen bituminöse Hölzer enthalten,
so finden
____________________
*) z. B. Dentalium striatum, Cyprina Islandica,
Pectunculus pulvinatus, Chenopus pes pelicani
u. A.
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sich Brocken und Massenstücke wohlerhaltener Septarienthone und
selbst Braunkohlengeschiebe, ja manche Nester regenerirter
Braunkohlenschichten sind neben alten Diluvialtorfen (wie ja auch
die Lauenburgischen Fundstellen theilweise bezeugen) iu denselben
eingebettet.
Erstere Formen kommen mehr auf den Ebenen und Platten unseres
Ländchens, letztere an den Hügelungen vor, soweit diese eben keine
jüngern Sandanschwellungen darstellen.
Die eigenthümlichen Bestandtheile der Diluvialsande lassen dieselben
neben dieser bezeichneten allgemeinen Eintheilung noch nach den
charakteristischen Beimengungen unterscheiden, bei deren Vorführung
wir die Sonderheiten der einzelnen Abtheilungen der Reihe nach von
unten nach oben kennzeichnen wollen. Wir gliedern darnach zunächst
die untern Geschiebesande:
a) Bunter Kiessand.
Derselbe entlehnt seine Bezeichnung von den
vorherrschend GELBLICHEN, übrigens weiß, gelb, roth, schwarz in allen
Farbentönen beigemengten Kiesen. Sind die feineren Bindetheile
größtentheils ausgeschwemmt, so bildet er die früher bezeichneten
Kies-Grandlager, an denen unser Ländchen in den
Diluvialsand-Höhendistricten so reich ist. Die Quarzkörner und die
Kreidekörner erscheinen vorzugsweise abgerundet, die übrigen
Mineralien haben durchschnittlich eine eckige Formirung, besonders
die unzähligen Feuersteinstückchen in allen möglichen zersplitterten
Täfelchen. In der Nähe von größeren Kreidegeschieben ist der Sand
häufig locker durch verwitterte Kreidemassen verbunden, er enthält
aber festere Theilchen derselben überall, durchschnittlich von
Haselnußgröße, beigemengt.
Dies Letztere leitet uns zu einer besonderen Formirung des
Kiessandes, die auf unserem Nordwestdeutschen Boden ähnlich wie auf
den Dänischen Linien entwickelt vorkommt.
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b) Gelbweißer Korallensand.
Derselbe unterscheidet sich im Allgemeinen nicht
von dem, gelbbunten Kiessand, jedoch ist zunächst seine Färbung
meistens blaßgelber, und das Hinzutreten einer mehr oder minder
zahlreichen Beimengung von Kreidegeröllen und von Koralliten,
besonders von Mooskorallen-Bruchstückchen, in manchen scharf
gezeichneten, wohl erhaltenen Aestchen bis zu etwa 1 Zoll Länge,
läßt diesen Sand von dem vorigen sondern und bezeichnend bestimmen.
Die endlosen Mengen von abgerundeten Stücken der Kreide zeigen hier
vorzugsweise und oft durchgehende Mangan- oder Glaukonitpünktchen,
und zu diesen gesellen sich dann, außer den vielen gefärbten
Feuerstein- (und Hornstein)stückchen, die. namhaften Versteinerungen
der oberen Kreide in großer Menge.
Nicht immer trägt der Korallensand übrigens dieselben
Erkennungszeichen, ein Theil desselben ist von feinkörniger
Formirung und geht dann in Triebsand über; derselbe erreicht
streifenweise die Feinheit des Formsandes, zeigt jedoch dabei nicht
die geordnetere Schichtung desselben; - unter den Triebsanden werden
wir ihn weiter vorführen, da schwinden natürlich auch die genannten
Kennzeichen zu unscheinbaren Pünktchen und seine Färbung variirt von
gelblichweiß zu weißgrau. In größeren Massegebieten pflegen solche
gröbere, feinere und feinste Lagen schichtenweis (wir erinnern an
die Jahrestreifen) mit einander zu wechsellagern, oder aber dieser
kalkreiche Sand geht zu eigentlichen Mergelbänken über, die häufig
ebenfalls wechselnde, mehr oder minder mächtige Einlageschichten
bilden.
Der Korallensand ist in allen seinen Formirungen eine wahre Wohlthat
für unsere sandigen Gelände; wohl gegen zwei Drittheile unserer
Bodengebiete, fast die ganze Ostseite des Landes und die Hochebenen
unseres Wasserscheiderückens sind mit demselben allein, oder
getheilt mit bunten Kiessanden,
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Triebsanden und den Alluvialgebilden bedeckt; und wo nicht Flug- und
Dünensande ihn wieder überdeckt und für Ackerbauzwecke in zu tiefe
Lagen verborgen halten, liefert derselbe in seinen kalkreichen
Mischungen den besten Sandboden. Aber auch selbst bei Umhüllungen
bietet derselbe in seinen häufig erreichbaren Mergelschichtungen die
Mittel zur Veredlung einer im Flugsande steril gewordenen Oberdecke.
Aehnliche Zugeständnisse sind wir selbstverständlich auch dem
Kiessande schuldig, der besonders in der Nachbarschaft von
Geschiebe-Findlingsbänken, Geschiebethon-, Lehm- und Mergeleinlagern
dieselben Vortheile und Eigenthümlichkeiten für den Dienst der
Pflanzenwelt darbieten kann.
Erwähnenswerth ist, daß zuweilen erdige Absonderungen von
Kalkstreifen zwischen diesen Sanden vorkommen, die ihre Entstehung
den Quellwasserabsätzen aus den Kreideeinlagen verdanken. Haben
dagegen Kreidereste sich in größeren Mengen vereinigt und sind
vorzugsweise nur feinere Sande und Thonerden hinzugetreten, so
erscheinen sie als eigentliche Sand-, Kalk- und Thonmergellager; man
kann in denselben häufig Foraminiferenreste durch das Mikroskop
unterscheiden.
Noch eine andere eigenthümliche Form von Kalkerdenestern läßt sich
häufig auf unserm Seenplattengebiete in den oberen Schichten dieser
Sande antreffen. Es sind dies Kalktuff-(Osteocolla)ausscheidungen,
die DR. L. MEYN Wurzelconcretionen benannt hat; dieselben finden
sich ringsum den Pflanzenwurzeln zwischen kalkreichen Erden (auch
schon in Braunkohlenthonen und Formsanden), von feinen Linien bis zu
1 Fuß Durchmesser, in lang gezogenen Aeste-Verzweigungen gebildet,
gleichsam als kalkige (und eisenoxyd-hydrathaltige) Excremente
derselben. Zuweilen sind die Wurzelfasern längst vergangen und diese
Osteocollagebilde haben eine Festigkeit erlangt, daß sie sich wie
Baumäste von dem Erdreich ablösen lassen.
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Auf dem Grund und Boden der gemengten Geschiebesande zeigt die
naturwüchsige, kernige Eiche, der Primus unserer heimischen
Waldreviere, den normalen tausendjährigen Pflanzenwuchs auf, und in
der Cultur der Aecker ist aus den verschiedenen Grundmitteln dieser
Sande der ergiebigste Roggenboden entstanden; treten noch
thonreichere gemischte Erdlagen hinzu, so nährt der Boden die üppige
Buche als Krone unserer Forsten und ein trefflicher Weizenboden wird
auf den (früher häufig verkannten) welligen Geländen gewonnen.
Das eigentliche Lagergebiet der Geschiebe - Thone und Mergel
überspringend, bleiben wir zuvörderst in der Reiheaufzeichnung der
Sande.
Traten bisher bei einer Charakterisirung derselben die Kalkbeigaben
in den Vordergrund, so unterscheiden wir nunmehr Sonderungen, die
mehr oder minder kalkfrei, überhaupt aber frei von den leichter sich
lösenden Mineralbestandtheilen gebildet sind, wogegen dieselben aber
noch Metalloxyde führen, die als eigenthümliche Beimengungen
zuweilen maßgebend werden.
2) DIE DILUVIAL-TRIEBSANDE. Dieselben leiten ihren Namen aus der
Bildungsweise als eigentliche getriebene, gleichmäßig feine
Sandlagen, wie solche auch die Grundbettwellungen der heutigen Meere
bilden. Die Bezeichnung dehnt sich aber auch darauf aus, daß ihre
Lagen, stets wasserbedürftig, einem Schwamme gleich, alle
Feuchtigkeit aufsaugen, solche jedoch stets wieder durchtreiben
lassen, wogegen die unteren Sande in der Regel durch ihre kalkigen
und thonigen Beigaben das Wasser bei Weitem mehr anhalten.
Was ihre Entstehungsweise betrifft, so rechtfertigt sich ihre
Bezeichnung. Man sieht dieselben als ausgetrieben aus den untern
Diluvialsanden an; unter Zurücklassung aller, einer Fortspülung sich
nicht fügenden Gerölle, Kiese und Gruse, die eben als Zwischenlagen
der vorliegenden und der unteren
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Kiessande angehäuft sind, haben die Triebsande auf allen
gleichmäßigen, verhältnißmäßig ruhigen Diluvialwellen-Gebieten die
welligen Rücken und Platten unserer Linien vielfach überdeckt.
In manchen Lagen sind allmälig bei der langen Zeitdauer, wo die
Wellen immer von Neuem wieder die Massen aufwühlten und forttrieben,
alle kalkigen und thonigen, selbst schichtenweis alle
eisenochererdigen Bestandtheile ausgeschwemmt, und es haben sich, je
nach der Stärke und Dauer dieser mechanischen Wellenarbeit, die
verschiedenen wechselweis geschichteten, GELBLICHEN, GRAUEN und
WEISZEN TRIEBSANDE gestaltet; zu einer gänzlichen Entfärbung trägt
übrigens besonders die Feinheit des zerschlagenen Quarzgruses und
des ganz abgeblaßten (früher fleischrothen) Feldspaths das ihrige
bei. Die Zeitenlängen solcher Treibungen vollendeten auch in anderer
Beziehung die Wahrzeichen dieser Sande; selbst die festesten Theile
derselben, die Quarzkörner, behielten wohl ihre gelbweiße, glasige
Beschaffenheit (da, wo sie unvermischt von Formsanden blieben), sie
wurden aber in den Wellenarbeiten immer kleiner und kleiner
abgeschliffen, bis sie endlich fast den (in ähnlichen, vielleicht
noch in heftigeren Wellenschlägen gebildeten) Kernen der Formsande
(deren Quarze aus den Grauwacken und Glimmerschiefern übrigens nicht
die Festigkeit der vorliegenden aus den granitischen
Eruptivgesteinen haben) in ihrer Feinheit nahe kamen.
Damit wären denn auch die allgemeinen äußeren Kennzeichen der
Diluvial-Triebsande gegeben.
Von den unteren Geschiebesanden trennt sie zunächst die feinere
Körnung, selbst die eingestreuten Gerölle sind häufig zu
erbsenkleinen Steinchen geworden. Unversehrte Feuersteinknollen
kommen fast nur an geschützteren Südhängen der Terrainwellungen vor,
dort aber zuweilen in erstaunlicher
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Menge, ihre Fragmente sind sonst überall eingemengt, jedoch zu
mikroskopisch kleinen Splittern geschwunden.
Die Mächtigkeit dieser Triebsande beschränkt sich durchschnittlich
nur auf wenige Fuß; es kommen jedoch Strecken auch auf unsern Linien
vor, wo ganze Thalmulden damit ausgefüllt sind, und ihre
Massenabsätze bilden nicht allein manche der welligen Hügelungen des
Norddeutschen Tieflandes, sondern ihre Anschwellungen waren häufig
die Veranlassung zu den später sich darauf ablagernden Dünensanden
der Binnenlande, dem letzten Product der Wasserbedeckung vor dem
Ablauf der Meeresfluthen, Solche mächtige, gewöhnlich noch durch
Flugsande vermehrte Hügelungen, deren Mächtigkeit auf mehr als
100
Fuß ansteigen kann, spotten freilich fast jeder Cultur zu
Ackerbauzwecken.
Die eigenthümlichen Beimengungen der Diluvialsande lassen übrigens,
außer solchen durchstehend reinen Quarzsandlagen, nicht allein noch
manche lokale Wechselformirungen derselben zu, sondern es sind darin
einige besondere Abarten entstanden, die auf ausgedehnten Gebieten
ein Uebergewicht, und zwar zum großen Nachtheil für allen edleren
Pflanzenwuchs, gewinnen.
Bei einem so fein getheilten, bunt gemischten Zusammentreten so
vieler verschiedener Mineralien vermochte im Laufe der Jahrtausende
nicht allein die mechanische Thätigkeit der Natur diese
Diluvialsande umzugestalten, sondern die anorganisch-chemische
Entwickelung derselben rief mancherlei Bindungen und Entbindungen in
den, anscheinend unbeweglich ruhenden, Lagerungen hervor.
Die vielfachen Weisen, wie die Natur mit Hülfe der Atmosphärilien
ALS VERWITTERUNG in der oberen lockeren Bodendecke (der
Wassereinsaugung in der Capillarröhrchen-Thätigkeit selbst in den
festeren Massen tieferer Lagen) mecha-
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nisch arbeitet und in der sie viele Mineraltheilchen in
unaufhörlichen Wanderungen erhält, bewirkte zugleich verschiedene
chemische
Wandlungen derselben.
Wir werden weiterhin sehen, wie unter Anderen darin ganze Lager
kohlensaurer Kalke als Kalktuffe ausgeschieden sind.
Unendliche Mengen von Krystallisationen, meistens von einer
Kleinheit, daß dieselben nur in Masseansammlungen erkennbar sind,
beginnen so täglich ihr Individuenleben; aber die amorphen
Mineraltheile, die immer wieder von Neuem anderen Bildungsphasen
entgegengehn, besonders auch zum Dienst der höheren Organismen und
zunächst darin für die Pflanzenwelt, fassen das Massematerial.
Sind aus manchen Lagen sowohl der unteren, als der oberen
Diluvialsande, vermittelt durch Naturprocesse, fast alle Thon- und
Kalktheile u.s.w. ausgeschieden und zu Eigeneinschieben gebildet, so
ist doch der größte Theil der schwerer löslichen Metalloxyde (und
Krystallchen) auf unseren Schwemmgebieten freilich nicht Gold,
sondern einzeln nur Titan und Mangan, in den überwiegenden Massen
Eisen, entweder in den oberen Sandlagern allgemein vertheilt mit
übergegangen, oder aber das letztere hat sich in besonderen
Schichten sporadisch mehr angehäuft.
Bei Vorführung der Alluvialgebilde werden wir die
Ausscheidungsformen der Eisenochererden zu Eisenerzen weiter
aufsuchen, hier haben wir es dagegen mit deren erdigen
Anhäufungs-Mengungen in den Diluvialsanden zu thun. Erscheinen darin
schon manche Schichtungen streifenweis mehr bevorzugt als andere,
wie solche sich von gelblichen zu röthlichen und bräunlichen
Färbungen fast in jedem Diluvialsandlager kund geben, so haben wir
sogar eine Form, die vollkommen eisenschüssig, zum großen Nachtheil
alles Pflanzenwuchses, sich oft in ausgedehnten Strecken angehäuft
hat, - dieselbe ist unter
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dem Namen FUCHSSAND (Ahlerde, Bickerde u.s.w.) bekannt. In diesem
Quarzsande, dem auch selbst noch die Feldspaththeilchen anderer
steriler Sande zu fehlen pflegen, ist gleichsam die Hauptmenge der
eingeschwemmten Eiseneinschüsse in der Form von Eisenochererde und
selbst von Einlagern loser Ahl-Sandsteine concentrirt.
Gewöhnlich noch bedeckt von einer Schicht reineren weißen
Triebsandes oder dem Flugsande der Alluvionen, ist dieser Sand, da
wo er die für den Pflanzenwuchs erreichbare Oberdecke bildet, der
Urheber mancher unbenarbter Flugsandstrecken.
Endlich ist es aber dennoch den Naturarbeiten gelungen, die oberen
Lagen solcher Erdstriche in etwas umzubilden, und es hat sich ein
eigner Pflanzenwuchs auf denselben erzeugt; die perennirenden
Heidekräuter (Erica tetralix und Colunna
vulgaris) grünen und blühen auf diesen Sandgefilden, und den
aus der Fuchserde allmälig ausgewaschenen, durch atmosphärische
Bewegungen in den Jahrtausenden auf wenig geneigten Flächenebenen
entwischten Mutterboden derselben nennen wir HEIDESAND. *)
Der Heidesand ist also ein durch die Atmosphärilien umgebildeter,
durch reinen Trieb- und Flugsand vermehrter Fuchssand, und hat sich
durch den tausendjährigen Heidepflanzenwuchs in seiner oberen Decke
als grauer, gelb- und grauschwarzer, an harter humussaurer Eisenerde
reicher Quarzsand ausgebildet.
____________________
*) Wir zählen des übersichtlichen Anschlusses wegen den Heidesand
schon hier mit auf, obgleich derselbe ebensogut der Quartärperiode
angehört, da seine Neubildung bis in die Gegenwart reicht; aber
er wechselte nicht, wie alle Quartärsande in den Umformungen, seinen
Wohnplatz, sondern ruht noch immer auf den alten Wellungsgebieten
der Diluvial-Ablagerungsplätze.
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Wie nun die Landrücken-Ebenen der Nordwestdeutschen Gelände
überhaupt bedeutende Triebsandablagerungen aufzeigen (für unsere
Breiten etwa in einem Querprofil zwischen der Aller im Süden und dem
beschriebenen Mecklenburgischen und Lauenburg-Holsteinischen gegen
WNW. gerichteten Wasserscheiderücken im Norden), so sind einige
dieser Linien, und besonders die der Hauptwasserscheide der
Lüneburger Lande, in der Richtung des Drömling und der Lüneburger
Heideerhebung (immer in der für uns so vielfach maßgebenden
Streckung von SO. nach NW.) ganz vorzugsweise geeignet gewesen,
diese umgebildeten Eisensande im größeren Maßstabe zu sammeln. Die
bekannte Lüneburger Heide trägt in verschiedenen meilenbreiten,
gegen Nordwest gerichteten Hochebenen den ausgebildetsten Heidesand
zur Schau.
Man würde aber sehr im Irrthum sein, wollte man den Bodenkörper hier
überall nach dem Heidekleide bemessen. Manche der anschwellenden
Bodenhöhungen und fast sämmtliche in den Alluvialfluthungen
ausgeschwemmte Thalebenen zeigen nur das äußerlich gleichmachende,
Alles überwuchernde Heidekraut; sie bergen aber, nicht allein in
tieferen, für den Bodenbau nutzlosen Lagen, sondern häufig bis an
die Bodendecke reichend kalk- und thonreiche Geschiebesande.
Ausgedehnte Schichten-Einlagen der brauchbarsten Mergel, in nicht
allzugroßer Tiefe, finden sich an manchen Plätzen, da der Fuchs- und
Heidesand selten über 6 Fuß Mächtigkeit hält, und endlich sind
meilenbreite Strecken im besten Kleiboden gemischter Auflagen
dazwischengeschoben, die selbst dieses verrufene Heidegebiet in
verschiedene vereinzelte Abtheilungen zerlegen läßt, und wo nicht
auf den größeren Strecken der wasserbedürftige Sand zu geringe
Quellendurchlässe wieder abgiebt, da ist nicht jede Hoffnung für
eine günstigere Gestaltung durch Fleiß und Ausdauer der
Menschenhände versagt. Schon ein häufigeres
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Vorkommen von Wachholdersträuchern und von kräftigeren Nadelhölzern
deutet das Vorhandensein gemischter Bodensande in den oberen
Schichtungen an.
Wir haben bei Vorführung der orographischen Linien unseres Ländchens
die Merkmale der Bodenbildungsweisen der Dünen- und Flugsande auf
den Oberflächen der Gelände verschiedenen Zergliederungen
unterzogen, es verbleibt uns an diesem Orte also nur das Betreffende
für den Antheil, den der Heidesand daran nimmt, hinzuzufügen.
Unsere Strecken und besonders die südliche Landeshälfte trägt hie
und da noch heute die Spuren ihrer geognostischen Verbindung mit dem
Lüneburger Lande auch in den Heidepflanzen; der Heidesand selbst
aber erscheint schon so vielfach vermischt mit den besseren Sanden
der Geschiebeformation, daß wir annehmen können, wie auch die
Elbgrenze darin für unser Zwischenland maßgebend wird, daß nur
gemischte Heidesandstriche gegen Norden hin zwischen den Wellungen
unserer südlichen Höhenlinien auslaufen.
Ein Anderes ist es freilich mit dem Theil des (Lüneburger)
Heidesandes, der sich etwa zwischen Harburg und Buxtehude, westlich
von Hamburg gegen Norden hin wendet. Derselbe durchzieht - nur
unterbrochen von den Elbmarschen und mit Umgehung der
Geschiebeformationsgebiete des Alster- und Billeterrains, welche die
besten Lehmbodendistricte unseres südlichen Landestheils
einschließen - in einer wechselnden Breite zwischen 4 bis
6 Meilen
ganz Holstein. In Schleswig ist derselbe wieder mehr eingeschränkt,
auch noch bedeutender wie in Holstein von Gebilden der
Geschiebeformation durchzogen; in Jütland dagegen wächst er bis zu
12 Meilen Breite an und endet erst am Limfjord.
Die vielerwähnten Massen-Einlagen des gemischten
Geschiebe-Sandbodens sollen uns nunmehr in Folgendem zu den
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für den Bodenbau werthvollsten Grundlagen der Diluvial-Wasserabsätze
führen, wie solche bei einem Fehlen oberer Trieb- und Flugsande
nicht allein sporadisch an manchen Hügelabhängen in einzelnen
Nestern an die Oberßäche treten, sondern mit den Geschiebesanden als
Unterlage die weiten Bezirke unserer Thon(Lehm)bodendistrikte
darstellen.
3) Diluvial (Geschiebe) -Thone, -Lehme und -Mergel.
Eine gemeingültige Classificirung dieser
Mittelgliederungen des Diluviums, nach der Geschichte ihrer
Bildungsweisen, ist auf unserm Nordwestdeutschen Terrain schwerlich
durchzuführen, da die Oberschichtungen des zusammengeschlemmten
Meeresbodens nicht so durchstehend, wie auf Gebieten, welche der
Küste ferner liegen, von den mannigfach dazwischen getretenen
Süßwasser-Anschwemmungen sich trennen und unterscheiden lassen.
Trugen unsere secundären Keuperthone und Mergel (Letten) die
unzweifelhaften Spuren der Meerwasser, die sie gradezu als Salzthone
kennzeichnen ließen (und behaupteten dieselben die stärksten
Eisenfärbungen), und hatten wir dann in den glimmerreichen
Septarien-Thonen der Braunkohlenformation schon Zwischenlager, die,
durch Muschelpetrefacte bestimmt, sich als combinirte Meer- und
Süßwasseranschwemmungen darstellten (und nahmen diese in den
begleitenden Kohlenbeigaben besonders deren dunkle Färbungen an), so
sind die Meer- und Süßwasser-Thonerdegebilde dieser letzten
tertiären Ueberfluthungs-Absätze (welche schon zum äußeren
Unterschiede die entschieden reiner ausgewaschenen hellen Färbungen
der Thonerden führen) nur in den lokalen Vorlagen als Thon-, Mergel-
oder Lehmgebilde zu scheiden.
Die wechselvollste Fluthungsherrschaft von Meeresbrackwassern, die
wiederholt sich mit den durchbrechenden Süß-
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wasserströmungen der Binnenlande mischen mußten, bei deren
Wellenarbeiten denn auch manche Lagen der oberen Diluvialerden ihre
entschieden reingewaschenen Bildungsformen erfuhren, lassen nur
Analogien von gleichzeitigen und zusammenhängenden Anhäufungslinien
zu.
Das so häufig veränderte Wellungsgebiet unseres Küstenlandes weis't
nur an den langgezogenen Hügelreihen solche Analogien auf, im
Uebrigen zeigt fast jeder Wellungsabschnitt in seinen Mergelgruben
und Lehmkuhlen besondere Etgenthümlichkeiten.
Wir sprachen schon bei Vorführung der Braunkohlenthone von grauen
und blaugelben Thongeschieben, deren postpliocänes Tertiäralter
nicht fest bestimmbar sei, da dieselben sich ebensowohl zwischen den
Geschiebesanden, als auch zuweilen anscheinend schon zwischen
gleichmäßig und parallel geschichteten Lagen der Glimmersande
eingebettet fänden.
Diese jedenfalls ältesten Diluvialthone würden wir demnach neben den
blauen Thonen (vielleicht als sporadische Restelager derselben)
stellen können, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft des
Korallensandes, demselben unter- oder eingelagert, auf den Dänischen
Ostseeinseln und in Schleswig in großer Ausdehnung finden; dieselben
sind wegen der viel begleitenden Leitmuschel Cyprina Islandica
unter dem Namen CYPRINENTRHONE von FORCHHAMMER bestimmt.
Nach diesem Fingerzeige wollen wir die verwandten Geschiebethone
unserer Linien zunächst vorführen, obgleich die reineren Mergel
durchschnittlich denselben gleich gelagert sind. Die gemischten
Thonsande (Lehme) aber übersetzen und durchziehen erst die
beschriebenen Geröllmassen-Ablagerungen als jüngere Mengproducte,
und wo dieselben nicht von Triebsanden und in den Alluvionen
verdeckt sind, zeigen sie sich in sanft gerundeten Wellungen an der
Oberfläche.
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Unser Ländchen hat viele Gebiete, auf dem die Geschiebelehme,
besonders an den südlichen und östlichen Wellungs-Gefällen der
Höhungen oder eingeschwemmt in Thalmulden, in kleineren oder
größeren Schlemmstrichen zu Tage treten; in ganzen Landschaften aber
nimmt es Theil an den aus Holstein übertretenden beiden ausgedehnten
Gebieten des Geschiebethones - im Norden und Süden unserer
Wasserscheidelinie.
Erstere Landschaft tritt in einer Breite etwa von der Feldmark
Schiphorst bis über Lübeck hinaus auf Lauenburgisches Gebiet und
durchzieht mit einigen Unterbrechungen (auch von Dünensandaufwürfen
und Torfmoorgründen) in wechselnden Zügen mit dem unterlagernden
Kies- und Korallensande den Norden des Landes. Letztere durchsetzt
in ähnlichem, aber noch überwiegendem Wechselverhältniß mit den
Diluvialsanden das ganze Billezuflußgebiet, von Wohltorf nordwärts
bis Köthel, verläuft aber im Osten gegen die Mitte des Landes,
bewältigt von den Sanden, die auf den größeren Ebenen die
Lehmablagerungen oft vollständig vertrieben haben, die jedoch in den
überdeckten alten Diluvial-Terraineinschnitten zuweilen noch
Muldenreste aufweisen.
a.) Geschiebethone und -Lehme.
Die Wasserwege, auf denen die auf- und abfluthenden
Diluvialströmungen Niederschläge von Thonerden in größeren
Masselagern absetzten, konnten sich nur innerhalb geschützter
Bodenbuchten und an den Seitenufern der Abfluß-Mündungsthäler
befinden. Gleich wie noch heute, um am naheliegenden diminutiven
Beispiele zu erläutern, die heimische Elbe an unsern Gestaden bei
ihren Hochwasser-Fluthungen im reißenden Strombette die Flußsande
fortwälzt und an den Seiten der Strömungsrichtung auflagert, - in
den überwässerten Buchten, den Seitenwärdern aber den thon- und
kalkreichen Elbschlick
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alljährlich in sichtbar papierdünnen Lagen, die sich allmälig zu
Masseschichten gestalten, niederlegt.
Da die Diluvial-Wasserwege aber bei immer neuen Fluthungen manchen
Abänderungen ihrer Grundbette unterworfen waren, so sind die
wechselvollsten Gruppirungen von auf- und einlagernden gemischten
Geschiebeerden entstanden, die eben jeden generellen Nachweis über
die stratographische und petrographische Beschaffenheit dieser, in
der Mächtigkeit gegen die Sandlager nur untergeordneten lokalen
Bodenbildungen vereiteln.
Dieselben sind daher auch mehr als sporadisch massig und weniger als
gleichmäßig geschichtet zu betrachten. Sie sind ebensowohl, wie
die früher vorgeführten älteren Thone, eigentliche plastische
Thonerdesilikate, - Producte der Verwitterung älterer Felsarten,
besonders des Feldspathes, zu dem dann mehr oder minder
untergeordnete Mischungen mit Quarzsanden und Kalkerden (auch wohl
Gyps), Eisenoxyden, Eisenoxyd-Hydraten und anderen Beigaben,
namentlich aber Wasser, neben den Gerölleinlagen kommen. Ihr Bruch
ist erdig, der Strich fettglänzend. Steigern sich aber die
Kalkerdebeigaben in den Prozentsätzen, so zählen wir dieselben zu
den MERGELN; bei vermehrten Sand- (und Eisenocher-) Mischungen
nennen wir dieselben vorzugsweise LEHME. Erstere Uebergänge treten
vorzüglich nach unten hin ein, letztere nach oben, und je weniger
plastisch eine Thonschicht ist, also je mehr sie Sandeinschwemmungen
enthält, desto weniger leistet sie dem Eindringen der Tagewasser und
darin der allmälig immer tiefer um sich greifenden Lehmbildung
Widerstand. Ein reinerer Diluvialthon hält im Mittel etwa die Hälfte
an Kieselsäure, ein Viertheil Thonerde und ein Viertheil
kieselsaurer Thonerde - nebst den Nebenbestandtheilen.
Eisenoxyd-Hydrat färbt ihn gelblich und bräunlich, Eisenoxyd -
röthlich, kieselsaures Eisenoxydul - grünlich, Manganoxyd -
bräunlich und violett.
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An Plätzen, wo der Wellenschlag der
Wasserbedeckung nicht eine Mischungsarbeit übernommen hat und wo
spätere atmosphärische Einflüsse nicht in Wasserauslaugungen die
eisenerdigen rostfarbigen Thonerden bereiteten, findet sich jener
wiederholt genannte, in seiner Einreihung zweifelhafte, älteste
reinere, plastische, blaugraue, häufig an kleineren Geröllen reiche
und zuweilen selbst nur von feinen Triebsanden und Alluvionen vor
weiteren Auswaschungen schützend bedeckte Thon. Derselbe ist in der
besten Qualität beinahe eisenfrei, wenigstens ist das Eisenoxydul
nicht bis zur völligen Zersetzung und darnach bis zur Färbung des
Sandes oxydirt. Auch hier zeigt jede einzelne Fundstelle ihre
Eigenthümlichkeiten, deren reinste Sorten in den betreffenden Lagern
bei Mannhagen, Klempow, Mustin u.s.w., sowie der geringeren in den
Nordgebieten des Landes zerstreuten Fundmassen, ähnlich wie die
Holsteinischen, Lübeckischen und Mecklenburgischen längst bekannten
und besonders zu Töpferarbeiten ausgebeuteten Lager blauer
plastischer Thone sich völlig weißgrau brennen lassen.
Da, wo ein ähnlicher blaugrauer Thon sandiger auftritt, nimmt er
allmälig nach oben hin in jenen Oxydationsprocessen der Eisenoxydule
eine mehr oder mindere rostige Färbung an, bis derselbe endlich in
gelben Lehm übergeht. Das äußere Ansehn solches unteren blaugrauen
Thons läßt häufig nicht verrathen, ob das beigemischte Eisenoxydul
so sehr zersetzt ist, daß es denselben in der Verarbeitung beim
Brennen noch gelblich färbt.
Wir treten nun an die verbreitetste Gruppe dieser Erden, die als
gelbbraune und rostbraune Thone die werthvollsten Lager für unsere
Töpfereien in ihren noch verhältnißmäßig reinen plastischen Massen,
wie für die Ziegeleien unseres Landes in verschiedenen
Plasticitäts-Qualitäten enthalten.
Für einen Fabrikationsgebrauch ist das Auswittern der Thone vom
größten Belang, und diese mehr oder weniger doch
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nicht völlig reinen Thone unterscheiden sich darin durchaus von den
eben genannten, daß sie nur in den oberen Lagen, die den
Proceßgängen der Atmosphärilien zugänglich waren, ohne Weiteres
sich mit Nutzen verarbeiten lassen; und dennoch ist ein jähriges
Ablagern der ausgebrochenen Thone für alle Fälle anzurathen, ja, wir
können den Hauptfehler mancher schwefel- und salpeterhaltigen, durch
das Brennen nicht vor den nun nachträglich eintretenden
Verwitterungsprocessen geschützten Ziegelsteine in dem Mangel einer
genügenden, vielleicht mehrjährigen Vorarbeit suchen. Enthalten
solche Ziegel aber gar bedeutendere Einschiebe unzersetzter
Kalktheile (etwa Muschelreste), so kommen dieselben später an der
Luft zur Löschung und die darin entstehende Ausdehnung wird den
Stein sprengen können.
Die besseren kalkfreien, in den Jahrhunderten rein ausgewitterten
Thonlagen nahe der Oberfläche scheinen auf unsern Geländen so
ziemlich verbraucht zu sein, und diesem Umstande müssen wir es
zuschreiben, daß die in älteren Steinbauten uns aufbewahrten, jeder
Verwitterung bisher trotzenden, schweren, dunkelroth und gefleckt
gebrannten Ziegel in ähnlicher trockner Festigkeit nicht mehr von
unsern Ziegeleien geliefert werden. Uebrigens zeichnen sich einige
unserer Thonsteinfabriken vortheilhaft bei den vorhandenen Mitteln
aus und bieten ein Baumaterial, welches den besten der
Nachbargebiete ringsum an die Seite gestellt werden kann. *)
*) In der untern Havelgegend und bei dem Städtchen Rathenow werden
(nach GIRARD) heute noch Steine der alten Güte gewonnen. Der Thon,
welcher das Material liefert, ruht unmittelbar unter der
Rasendecke in den Niederungen der Havel in 2 bis
3 Fuß Mächtigkeit;
er ist bläulichgrau, auf den Klüften gelblich, und da diese ihn
vielfach durchziehn, so erscheint er fleckig und geflammt. Sand
erhält derselbe sehr wenig, freien Kalk gar nicht,
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Eigenthümliche Petrefacte weisen unsere Thonerden nicht auf. Am
häufigsten pflegen die Versteinerungen, Feuerstein, Kollen und
abgerundete Feuersteinstücke der Kreide einzulagern.
Je unreiner übrigens ein Thon wird und je mehr er mit Sanden
vermischt erscheint, desto entschiedener erhält er den Namen "LEHM",
der sich wiederum in SANDIGEN Lehm und LEHMIGEN Sand abstufen läßt.
b.) Mergel.
Mergel, diese anderen Bildungen von Mischerden der an Heftigkeit
abnehmenden Diluvialfluthungen, finden wir neben und vorzugsweise
unter den Thonen und Lehmen der Geschiebeformations-Ablagerungen,
also wie diese an den vor Gewaltströmungen geschützten Hügelbuchten
und vorzugsweise an den südöstlichen Seiten der betreffenden
Anhöhenhänge oft in bedeutender Mächtigkeit eingelagert, wogegen
dieselben in Thalebenen als regenerirte Alluvialeinschlemmungen sich
seltener finden lassen.
Unsere heimischen Mergel repräsentiren ein inniges Gemenge von
kohlensaurem Kalk (überwiegend Kreideverschwemmungen) und etwa
20
bis 60 Prozent Thon; feiner Quarzsand, Glimmerschüppchen und andere
Beigaben, namentlich an Eisenoxyd, Eisenoxyd-Hydrat, Schwefelsäure,
bituminösen Bestandtheilen u.s.w. sind beigemischt. Die Kalk-,
Thon- und Sandmengen sind fast in jedem Lager verschieden gruppirt,
und die Structur zeigt darnach MERGELSTEINE, MERGELERDEN und
MERGELTUFFE auf.
Man unterscheidet in den vielverschiedenen Bildungsweisen, je nach
dem vorherrschenden Hinzutreten des einen
____________________
Eisenoxyd aber viel, - daher die dunkle Farbe der aus
ihm gebrannten Steine. Er lagert auf Diluvialsand, gegen den er
ziemlich bestimmt abschneidet. GIRARD hält diese Thonlager für eine
Süßwasserbildung.
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oder anderen Beimengungstheils zu der Kalkbasis folgende
Formirungen:
1) MERGEL-KALKE und KALK-MERGEL, die wohl bis zu 75 Prozent
Kalkgehalt aufweisen.
2) THON-MERGEL und MERGEL-THONE, in denen der Thongehalt überwiegend
wird.
3) SAND-MERGEL und MERGEL-SANDe, wo der Sand mit und ohne Thon in
überwiegenden Größe-Mischungsverhältnissen zu dem Kalkgehalt tritt.
Endlich finden sich zuweilen obere Lager, in denen schwefelige und
bituminöse Zusätze so entschieden auftreten, daß diese Mischmergel
neben jenen Art-Benennungen die Bezeichnung STINKMERGEL erhalten
haben.
Sandige Mergel lassen sich mehr oder weniger rauh anfühlen, während
alle anderen weicherdig, mit Wasser lehmig, selbst plastisch sind.
Bei Zusätzen von kohlensaurer Talkerde sind die Mergel häufig
dolomitisch-steinig. Ihre Consistenz ist überhaupt sehr verschieden,
und wie in Tiefen mehr die festen vorkommen, so variiren die oberen
Lagen besonders als erdige Arten. Gewöhnlich auf den kalkreichen
Geschiebesanden eingeschichtet, deren schlammige Auswaschungen sie
so wesentlich darstellen, sind stellenweise deren Geschiebefindlinge
und Gerölle, ähnlich wie in den Lehmlagen, bei ihnen eingebettet,
und die verschiedenartigsten Trümmer der Kalksteine, des
Schwedischen und Gothlands-Silur und der Kreide, wie des
beigemischten Glimmerthons der Braunkohlenformation bieten mitunter
eine auffallende Mannigfaltigkeit an allen den bisher genannten
Findlingen und Petrefacten, bis zu den Muscheln und Austern des
heutigen Meeres in einer und derselben Grube.
Die Färbungen der Mergel fallen eben so verschieden, wie ihre
Mischungsverhältnisse es gebieten; freilich immer mehr oder minder
GRAU, streifen sie ins weißliche, gelbliche, bläuliche,
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grünliche, röthliche, bräunliche und schwärzliche, und nicht selten
findet man gemischte bunte Lagen.
Einer oder der andern dieser Mischungs-Arten werden sich die
betreffenden Funde stets einreihen lassen.
Der Zweifel, ob Lehm oder Mergel, läßt sich leicht beim Aufbrausen
des letzteren mit Salzsäure heben.
Auch die festeren Varietäten verwittern an der Luft leicht und
zerfallen in feine kleine Würfelchen, und dies gänzliche Zerfallen
ist bei einer Anwendung zur Ackerverbesserung das Zeichen für ihre
Brauchreife.
Unser Land theilt den Reichthum der verschiedenartigsten bessern
Mergel mit den Nachbargebieten, und eine ausgedehntere vorsichtige
Nutzung ist bereits in den letzten 30 Jahren allgemeiner erkannt,
auf Grund wissenschaftlich erprobter Ordnung, als sog. MERGELUNG,
zur Verbesserung vieler Aecker eingetreten.
Im Allgemeinen empfehlen sich Zuschüsse von Kalk- und Sandmergeln
auf allen zu festen kaltgründigen Lehmbodengeländen; unsere kalkigen
Geschiebesandäcker bedürfen zur Verbesserung noch der Thonmergel,
und mit Sandmergeln gestaltet man thonige spröde Felder zu den
werthvollsten lehmigen Dammerden um.
Wir brechen diese letzte summarische Untersuchung unserer heimischen
Diluvialgebilde hier ab. Die Uebergänge zu den jüngeren Formirungen
sind in den oberen Bodenlagen oft und wesentlich mit Zuthun der
Menschenarbeit so vermischt, daß eine Grenzlinie zu ziehen fast zur
Unmöglichkeit geworden ist.
Nur Massenlager haben unverkennbare Kennzeichen bewahrt, aber selbst
da fanden wir schon die oberen Triebsande mit Dünen- und Flugsanden,
auch als Ahl- und Heidesande vermischt, und in den Conglomeraten,
den Kalk-, den Thon- und
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Eisenconcretionen u.s.w. manche gleichzeitige Bildungen des
Diluviums und der Jetztzeit.
Aehnlich werden wir nunmehr Bildungen, kleinere Oberflächen
bedeckend, auftreten sehen, deren Zeitbildungsprozesse, Wandlungen
und Wanderungen durchaus der quartären Periode angehören, die bis in
die Gegenwart reicht, während das geologische Tertiäralter das
Mineralmaterial in seinen Masseanschwemmungen lieferte.
Allmälig waren die Elemente zu einer vergleichsweisen Ruhe gelangt.
Die Meereswellen traten bis an die heutigen Gesammtküsten zurück,
die Tieflandsgebiete waren jenen fessellosen ununterbrochenen
Ueberfluthungen entzogen, während einige der älteren Gebirgsländer
noch am Ende der Diluvialperiode eine letzte Hebungskatastrophe in
den Gewaltausbrüchen der inneren gepreßten Gluthen erfahren mußten;
und als sonach auf allen heutigen Festlandsgeländen ein äußerer
Stillstand eingetreten war, da erwuchs aus dieser Beruhigung der
Massen eine in den neuen Mischungen vermehrte Arbeit der
Einzelheiten - der anorganischen wie der organischen Erdwelt. Die
mechanischen und chemischen Naturprozesse und ganz besonders die
Quellenbildungen der Süßwasser begannen aus den Tieflandsgebieten
ihre anorganische Thätigkejt ungestört zu entwickeln; die Erde sah
die Bodendecke zur Aufnahme einer höher entwickelten Schöpfung
gerüstet. So entstand eine neue die jüngste Schöpfung, und mit ihr
trat der Mensch ins Erdenleben ein.
C. Quartäre Gebilde. (Alluvium).
Mit den Gebilden des Alluviums auf dem Boden unseres Tieflandes
treten wir in die historische Zeit ein. Es stehen
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uns schon manche Zeugnisse durch Ueberlieferungen oder doch
wenigstens in schlußfertigen geschichtlichen Daten zu Gebote, die
einen weniger lückenhaften Entstehungsnachweis selbst über die
ältesten Zeitproducte der quartären Mineralwelt gestatten.
Die Zonenverhältnisse sind nunmehr vollständig entwickelt; die
Atmosphäre erscheint (in den Bannungen der Kohlen- und Kalklager)
von den verhältnißmäßig großen Kohlenstoffmengen gereinigt und
bietet allen höher organisirten Geschöpfen die nothwendige
Athmungsspeise. Thiere und Pflanzen, nach den Isothermen zerstreut,
bezeugen die höhere Ausbildung des Theilungs-Naturgesetzes, das in
der Erscheinungsform einer Individuenschöpfung berufen ist, die
Bewältigung der Massen durch die Einzelnheiten, von einer Stufe zur
andern, immer mehr und mehr auszubauen.
Auch die heutige quartäre Erdzeitperiode erscheint als Stadium der
Fortbildungs-Stufenleiter einer mikrokosmischen Entfaltung derselben
abgeschlossen, und wir dürfen annehmen, daß nach der vollendeten
Geburtsreife der gegenwärtigen geologischen Periode, die wir seit
dem Schöpfungstage des Menschengeschlechts datiren können, keine
neue Geschöpfsarten mehr entstanden, wie denn auch anderseits
seitdem nur ganz einzelne Specien ausgestorben sind.
Letztere beide Erscheinungen charakterisirten jede einzelne der
vorangegangenen geologischen Abschnitte, und eben das Fehlen von
Petrefacten der am meisten entwickelten quartären Organismen in den
unvermischten Schichtenreihen des Diluviums deutet den Abschluß des
letzten präadamitischen Zeitalters an.
Bedeutende Niveauveränderungen unserer specifischen Nord- und
Ostseeküstenstriche sind schon historisch nachzuweisen. Manche
Strecken festen Landes entführten die Wellen bis zur heutigen
Stunde, andere Theile wurden in den Deltabildungen der
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Flüsse, in den Dünenaufwürfen und bei örtlichem Zurückweichen der
Meere ihren Betten wieder abgewonnen.
Wir haben keine Gründe zu bezweifeln, daß die letzte allgemeinere
Fluthung mit der von vielen Völkern der alten und neuen Welt
erzählten Sintfluth zusammenhängt; sie mag (wie wir im vorigen
Abschnitt andeuteten) muthmaßlich den letzten Abschluß der
Tertiärperiode - das vorbereitende Zeitalter des quartären Erdlebens
- bezeichnen und mit jener letzten Bodenhebung zusammenfallen. Die
Wissenschaft findet in diesen jüngsten, durch ganze Länderstrecken
(Griechenland, Italien, Frankreich u.A.m.) verzweigten
plutonischen, mit vulkanischen Auswürfen begleiteten Eruptionen, die
man in dem Hebungssystem des TENARE begreift, *) Schichtenreihen zu
eigentlichen Gebirgen hervorgehoben, in welchen schon Organismen der
Gegenwart begraben sind, und selbst verkalkte Menschengebeine und
Producte menschlichen Kunstfleißes will man neuerdings zwischen den
Alluvial-Ausschwemmungen derselben aufgefunden haben.
An Großartigkeit und Mächtigkeit der Masselagerungen stehen die
Quartärgebilde den tertiären weit nach. Aber wir erhalten dennoch
häufig selbst in den geringsten Neubildungen die Schlüssel, mit
denen wir alle die verwandten Bodenreiche öffnen und mit Hülfe deren
wir die Analogien der Bildungsweisen vieler älteren geognostischen
Erscheinungen nachgewiesen finden.
Unter diesen Formirungen haben wir im Vorliegenden wiederum nur mit
den neptunischen Gebilden zu schaffen, und unter denselben treten
für unser specifisches Gebiet nunmehr auch die Meeresproducte
zurück. Die letzten Salzwellen, die unsere Gelände überspülten,
mögen ihre Brackwasser in den
____________________
*) Nach dem Cap Tenare in Griechenland benannt.
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Mulden und Flachthälern unseres Tieflandes noch längere Zeit
zurückgelassen haben, bis sie endlich in den Verdunstungen und
Niederschlägen entmischt wurden, oder, mit den Ergüssen
fortgespülter Süßwasser aus den Binnenlanden vereinigt, den
Flußwegen ihre Bahnen brechen halfen.
In demselben Verhältniß, wie unser nordisches Tiefland in der
langsamen Hebung die Anschwemmungen, Niederschläge und
Verwitterungen als neptunische Massenlager immer mehr und mehr
ansammelte, mußten auch die Binnenwasser - Seebecken, Flüsse und
Quellenläufe - bedeutender werden, zunehmen und bei örtlichen
Widerständen anschwellen. Manche Ebenen waren so in den
Wasserstauungen zu größeren und kleineren Binnenseen, Teichen und
Sümpfen geworden, bis die in den Ergüssen und Anfluthungen lokal
angehäuften Wasser neue Niveauveränderungen der Bette gründeten, die
wieder neue Anschlemmungen und Niederschläge von Mischerden aus den
durchbrechenden Ueberfluthungen ausschieden und absetzten.
So waren es die Süßbinnenwasser und ihre Zuflüsse, denen unser
ganzes Tiefland schließlich einen großen Theil des jetzigen Ansehns
der welligen Gelände verdankt, und ihren vereinten Wasserkräften
konnte es gelingen, die in dem Gesammtniveau des Landes
vorgezeichneten Thalwände zu durchbrechen und allmälig auch für die
gewöhnlichen Flußwege jene Abflußrichtungen, vielleicht noch in
mannigfach veränderten Läufen, auszuwaschen, bis dieselben ihre
endlichen Abflußregulirungen durch die Bewältigung der Menschenhände
fanden.
Die Wassernetze unseres Tieflandes haben auf diese Weise gewiß
mehrfache Veränderungen seit ihren Entstehungstagen erfahren, und
auch unser specifisches Terrain hat seine hydrographische
wechselreiche Geschichte, die wir vorhin versucht haben in einigen
Erscheinungsformen zu verfolgen und namentlich in den Thalwegen der
Stecknitz und Delvenau, sowie
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verschiedener Kesselthäler gefüllter oder leerer Seebecken zu
entziffern.
Der aufmerksame Leser, der die Mühe nicht gescheut hat, dem Vortrage
bis hieher zu folgen, wird nunmehr die Combinirungen zwischen den
in den Gypsstöcken verstürzten Thalwindungen und den Diluvial- und
Alluvialströmungswegen - wie solche die Verbindungslinien jener
vorgezeichneten Bodeneinschnitte als Abflußwege ihrer Wasser
nutzten, dieselben erweiterten oder ihre Scheidewände durchbrachen,
sie auch wohl später mitunter wieder verschlemmten, - den in Frage
stehenden örtlichen Thalwindungen des Terrains möglichst anzupassen
wissen.
Wir treten nunmehr an die Niederschläge und Absätze der fließenden
oder stehenden Wasser und der Quellen. Die mechanischen und
chemischen Arbeiten in denselben ruhen nimmer, sie bereiten mit
Hülfe der Atmosphärilien Eigenthümlichkeiten, die sich von den
analog gebildeten Producten des Diluviums unterscheiden lassen.
1) ALLUVIALSANDE. Dieselben können freilich, so weit sie eben nicht
mehr wie jene oft genannten Dünensande Meeresproducte darstellen, -
die sich, je jünger ihreBildungsformen sind, also je längere Zeiten
sie den Wellenarbeiten ausgesetzt waren, im Allgemeinen desto reiner
gesondert und feinkörniger zeigen, - einer selbstständigen
Classificirung unterzogen werden, insofern sie eben, wie alle QUELL-
und FLUSZSANDE, ein zusammengetriebenes Gemenge aller bisher
aufgeführten Sandsorten repräsentiren. So hätten wir nur in den
früher bezeichneten HEIDE- und FLUGSANDEN und allenfalls in den
kleinen Gruppirungen der MOORSANDE eine eigenthümliche Fortbildung
von Alluvialsanden. Da aber unser Norddeutsches Tiefland keine
unwirthbare Steppen oder gar sog. Wüsten aufweis't, so thut die
Bodencultur ihre Schuldigkeit und gebietet
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der Fortbildung dieser Alluvialgebilde auf unsern Linien in einem
Maßstabe Einhalt, daß diese Formirungen mehr schwinden als
anwachsen.
Bei den GERÖLL- und GRUSLAGEN des Alluviums treten die ähnlichen
Mengungsverhältnisse ein. Dieselben sind nicht, wie die Geschiebe
des Diluviums, in bestimmten Schichten und gewissen Richtungen
angehäuft, um sich auch nur im Allgemeinen annähernd regeln zu
lassen; wir können dieselben nur, als lokal aus- und eingeschwemmte,
zur Verwitterung und Zerstörung gelangte Felsarten, in durchaus
regellosen ungeschichteten SCHUTTLAGEN bezeichnen.
2) SCHLAMMERDEN bilden sich in allen unsern Seen und Teichen, und
bei den Ueberschwemmungen der fließenden Wasser werden stets
schlammige Absätze niedergeschlagen, welche nach Ableitung der
Wasserbedeckung als gemischte Thon-, Mergel- und Lehmlagen
erscheinen. Aehnliche Absätze werden durch die Atmosphärilien in
manchen Muldenthälern zusammengetragen und fast jeder Mergel- und
Lehmadern führende Hügel breitet seine ausgewitterten schlammigen
Erden an seinen Hängen aus.
Größere Schlamm-MARSCHBODENebenen hat unser Ländchen nicht
aufzuweisen und nur die betreffenden Stecknitz- und Billethalgründe
sind als solche vorhin bezeichnet.
Hatten solche Ablagerungen Zeit, sich mit Vegetation zu bedecken und
darin zu befestigen, und traten dann immer neue Schlammschlicke
dazwischen, so steigerte und schichtete sich allmälig eine
Marsch-Alluvialdecke zu einer Mächtigkeit, daß solche zuweilen in
mehrfüßigen Masselagern auftreten können.
Die Bildungsweisen der geringen quartären Thone, Lehme und Mergel,
zu denen zufällige Störungen entfesselter Wassermengen
Uebersandungen hinzugeführt haben mögen, liefern einen Nachweis für
die Entstehungsweisen der ähnlichen urweltlichen Ufergebilde.
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3) Die MOORERDEN und TORFLAGER haben uns schon mehrfach
beschäftigt. Auf thonigen, überhaupt auf wasserdichten Unterlagen
bilden sich in gesenkten Flächen und Mulden, auf Hochebenen und in
Thalgründen "MOORERDEN",- das verschiedenartigste Gemenge von allen
benachbarten Erdschwemmungen und besonders reich vermischt mit den
seit Jahrtausenden dazwischen modernden und wieder fortwuchernden
Pflanzen, die sich allmälig in Humus (und Ulminsäure) verwandeln.
Eine Trockenlegung, also eine Nutzbarmachung der Moorbrüche kann nur
geschehn, sobald man im Stande ist, in denselben durch Gräbenabzüge
den Wassergefällen die natürliche Abflußrichtung zu gestatten, oder
aber, indem man in Abgrabungen und Bohrungen die Feuchtigkeit durch
die wasserdichte Unterlage bis zu dem etwa vorhandenen losen
Sand-Unterlagen zu führen sucht.
Wir haben wiederholt seit Vorführung der sog. regenerirten
Braunkohlenreste darauf hingewiesen, wie die Bildungsweisen
derjenigen kohligen Substanzen, die bei ihrer mehr oder minder
locker-erdigen, filzigen, blättrigen oder dichter-braunkohlenartigen
Structur zu den TORFEN gezählt werden, von den Ruheperioden der
Diluvialzeiten bis in die Gegenwart datiren. Die ältesten Torflager,
deren kohlige dichte oder gänzlich zerfallene
MOORERDE-Beschaffenheit auf ein bedeutendes Alter schließen lassen,
können natürlich nur da als Diluvial-Torfe nachgewiesen werden, wo
dieselben unverkennbar zwischen regelmäßig geschichteten
Tertiärerden fortstreichen.
Solche Anstände sind im ganzen Nordischen Tieflande nicht selten.
Das Vorkommen von Muschelresten und Pflanzentheilen, von Salz- und
Schwefel-Auslaugungen u.s.w. läßt an sich einen weiten Spielraum für
die Altersbestimmung eines Torflagers, namentlich in den Umkreisen
der Küsten-
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districte, zu dem auch unser Bodentheil zählt, da es sich vielleicht
um die letzte, nur partielle, nicht zu bestimmende Einfluthung der
Diluvialperiode oder der ältesten Jetztzeit, jedenfalls aber nur um
ihre zurückgelassenen Brackwasser-Absätze handelt. Sind solche
gewöhnlich sehr bituminöse Lager, deren Brennwerth außerordentlich
verschieden ausfällt, je nach den Beimischungen und nach der
specifischen Reinheit des Materials frei geblieben von Sand- und
Thonbedeckungen, so pflegen sie als PECHTORFlager aus einem
dunkelbraunen oder schwarzbraunen dicken Schlamme, und,
eingetrocknet, aus einer den erdigen oder dichten Varietäten der
Braunkohlen ähnlichen Masse gebildet zu sein, und sie können
wie diese abgeschwefelt und verkohlt werden. *) Solche anstehende
Lagen sind mitunter in den Durchbrüchen und Abfluthungen der Meer-
und Süßwasser eben so zerstört und regenerirt in Bruchstücken
erhalten oder in Schichtenresten wieder zusammengetrieben, wie die
betreffenden Braunkohlenreste, und von diesen in den festeren
Varietäten schwerlich zu unterscheiden. Zweifelhafte Findlinge
kommen, besonders auf den Nachbargebieten der früheren
Stechtorf-Anstände, häufig vor und sie haben schon manche irrige
Meinung über die Ausbreitung unserer Norddeutschen Braunkohlenlinien
geliefert.
Je jünger die Torfe, desto weniger zersetzt und desto specifisch
leichter sind durchschnittlich ihre Pflanzentheile; ihre Färbungen
werden nach oben hin immer hellbräunlicher und gelb-
____________________
*) Seit einigen Jahren hat die Industrie angefangen, eine ausgebreitetere Verwerthung dieses besseren Torfproducts zu erzielen; es
werden durch Einpressung leicht transportable, treffliche, etwa
1
Zoll dicke Pechtorfplatten verschiedener Größe, den bessern Braunkohlen im Brennwerth nahe kommend, in unserm Nachbarlande Holstein
fabricirt. Auch die Parafinfabrikation aus diesen Massen hat zu
günstigen Resultaten geführt.
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licher. Man unterscheidet darin den zerreiblichen erdigen oder mehr
oder minder festen MOORTORF, als filzigen MOOSTORF oder als faserigen
RASENTORF bei dünnschaliger Structur den PAPIER- oder
BLÄTTERTORF.
Bei schlammiger und erdiger Mischung bedürfen die Massen einer
Bereitung zu BACKTORF; bei zäher, filziger, faseriger und blättriger
Fügung genügt ein einfacher Abstich mit scharfen Werkzeugen, worauf
beiden Sorten durch eine Lufttrocknung die nöthige Consistenz
gegeben wird.
Manche Torfmoore erzeugen sich, nachdem sie abgestochen sind,
allmälig wieder, eben durch Torfmoose, auf denen dann Moorpflanzen
sich wuchernd ausdehnen. Ueberall bilden die erdigen amorphen Reste
solcher Sumpfpflanzen die Grundmasse, zwischen der dann modernde
Reste der Wurzeln und Stämme unserer Waldbäume *) - im WALDTORF vorzugsweise - treten, oder Binsen, Riedgräser, Schilfarten und
Stengel, Wurzeln, Blätter, selbst Samen und Blüthendolden gewisser
Sumpfgewächse setzen den WIESENTORF zusammen; endlich erhält eine
Abart dieser Gebilde auf den HOCHMOOREN der betreffenden Linien
einen bedeutenden Zuschuß von Pflanzentheilen aus den Heidekräutern,
den man darnach auch HEIDETORF zu benennen pflegt.
Torfschichten als Unterlager ausgebreiteter Marschlande, wie z. B.
der holsteinische Wilster-Marschboden darstellt, der auf einer
moorig-wässrigen Unterlage - einer MOORSCHAUKEL (Gynge im Dänischen)
- ruht, kommen in unserm Ländchen
____________________
*) Man findet mitunter wohlerhaltene Stämme ganzer Reihen von
Kiefern, Eichen, Buchen u.s.w. in den Mooren bedeckt und eingelagert. Auf einer und derselben Ebene pflegen diese stets in der
gleichen Lagerung in bestimmter Fluthung und Wetterrichtung entwurzelt und niedergerissen zu sein.
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nur im kleinsten Maßstabe, als Inselbruche, in den tieferen Mooren
der Amtsbezirke Steinhorst und Ratzeburg vor. *)
Die Mächtigkeit der Moorbruche und Torflager fällt natürlich sehr
verschieden; auch unser torfreiches Ländchen hat Strecken - sehr
ungleichen Alters und ebenso verschiedenartiger Güte - Hoch- und
Thalmoore aufzuweisen, wo diese Erden bei einer Tiefe von 30 Fuß
noch nicht erschürft sind. **)
Der Brennwerth eines Torfes kommt bei guter Qualität dem einer
gleichen Gewichtsmenge trockenen Holzes gleich.
Die Production des Torfes schreitet unaufhaltsam unter unsern Augen
fort. Man hat schon abgestochene Lagen üppig wuchernder Torfmoore in
30 Jahren bis auf 6 Fuß Dicke wieder anwachsen sehn, natürlich unter
veränderter Beschaffenheit und Formirung der pflanzlichen
Bestandtheile.
4) KALKTUFFE (Süßwasserkalke, Wiesenkalke). KIESELGUHR und
BLAUEISENERDE.
Die Quellen und Wassergänge in den geschichteten Erden tragen auf
ihren Wegen die aufgelös'ten Bestandtheile derselben von einem Platze
zum andern und setzen durch verschiedene Veranlassungen nicht allein
auf mechanischem, sondern auch auf chemischem Wege kohlensauren
Kalk, Gyps, Schwefel,
____________________
*) Das Nordwestdeutsche Tiefland besitzt Torfmoore, in denen alle
die aufgezählten Sonderheiten sich finden lassen. Das ausgedehnteste
Lager der Art ist das Teufelsmoor nördlich von Bremen; dort tritt
auch unter Anderm das Curiosum ein, daß zu Zeiten, bei Ueberfluthungen der Weser und ihrer Nebenflüsse, einzelne
Inselbruche,
selbst solche, die Häusergruppen tragen, an starke, in dem festen
Unterboden wurzelnde Bäume gekettet werden, damit der durch die
Wasser von seiner Unterlage gehobene Moorboden nicht gleich einem
Flosse fortgetrieben werden könne.
**)Der Eisenbahnauftrag des Klempower Moors z. B. zeigte ein
plötzliches Versinken des aufgeführten Erddammes, im Ganzen von
mehr als 20 Fuß.
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Salpeter, Kieselerde, Eisenerz u.s.w., als Tuffe, Sinter,
Verkieselungen, Incrustirungen, krystallinische Aggregate u.s.w.
wieder ab.
Für unser Schwemmlandgebiet kommen darnach einige Stoffe in nicht
unbedeutendem Umfange in Betracht, deren Materialien sich schon
mehrfach als hinreichend erwiesen haben, jahrelange Fabrikbetriebe
darauf zu begründen; es sind dies vorzugsweise Erden, die als
kohlensaure Kalke in jenen Naturprocessen ausgeschieden werden.
Solche ausgeschiedene Mineralien können bei fortdauernd günstigen
Proceßständen lagerförmige Massen-Absätze bilden, die in
Gängen-Schichtungen und Nestern sich immer mehr und mehr bis zu
fernen Zeiten anwachsend ausdehnen, so lange die Zuflüsse aus den
Muttergesteinen und -Erden nur immer vorhalten.
Die vorgeführten Diluvialschichten sind darin so reich an dem
bezeichneten Material, daß eine Fortbildung noch auf unberechenbare
Zeiten gesichert erscheint.
Die Fülle unserer Geschiebe- und ganz besonders der Korallensande
und Mergel an Einschüssen aus der Kreide gestattet darin den
Quellenadern, welche die porösen Schichten durchziehn, lösliche
Kalktheile mit fortzunehmen und dieselben zu den geeigneten
Proceßgängen zu führen.
Kohlensaurer Kalk ist freilich an sich im Quellwasser nicht löslich,
aber die häufige Anwesenheit freier Kohlensäure in demselben
vermittelt den Proceß; unter andern Formen bilden sich so am
häufigsten Kalkabsätze als Tuff-Ablagerungen. Treten kalkreiche
Quellen an die Oberflächen, so führen dieselben ihre Absätze im
Fließen fort in die Ergußthäler. Die Grundbette unserer Seenkessel
enthalten sporadisch, nach örtlichen Zuflüssen vertheilt, nicht
unbeträchtliche Schichtungen solcher Kalktuffe, zu denen sich dann
häufig noch die Schalen-
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reste ganzer Generationen von Süßwasser-Weichthieren gesellt haben.
Aeltere quartäre Lager dieser porös erdigen Tuffe, in denen sich
ebensalls mitunter noch jene Conchylienreste erhalten haben, finden
sich an Thalmulden in der Nähe von geschichteten kalkigen Sand- und
Mergellagern, und während die Quellenzuschüsse versiegten, die einst
diese Gründe bewässerten, hat sich allmälig eine Bodendecke über
solche Absätze ausgebreitet, die an sich gewöhnlich nicht verrathen
läßt, daß ein oder mehrere Fuße unter derselben ein mehrfüßiges
Lager nutzbaren Süßwasserkalks sich befindet.
Diese Absätze bestehen theils aus reinen, in pulverförmigen
Krystallchen gebildeten Tuffen, theils findet sich kohlensaurer
Talk, auch wohl schwefelsaurer Talk, Gyps, Glaubersalz, Kochsalz
und organische Substanzen beigemengt, ebenso untergeordnet
Kieselerde, Thonerde und Eisenoxyd-Hydrat oder kohlensaures
Eisenoxydul und andere unbedeutende Beigaben.
Der kohlensaure Kalk ist in den Quellengängen als saures
kohlensaures Salz aufgelös't; verflüchtigt sich nun die überschüssige
Kohlensäure, so wird im Wasser unlöslicher, reiner kohlensaurer Kalk
wieder ausgeschieden, der als krystallinisches Aggregat im Sinter und
Ueberzug an manchen in den Quellenwegen befindlichen Sandkörnern und
Geröllen haftet und diese zuweilen zu Sandsteinen und Conglutinaten
bindet, in reiner Masse aber jene krystallinisch-erdigen WIESENKALKE zusammensetzt. Dieselben lagern gewöhnlich auf einer festen
Thonerdelage in einer Mächtigkeit von 3 bis 4 Fuß, zuweilen
unmittelbar unter dem Mutterboden der Wiesendecke, oder es hat sich
in feuchteren Niederungen auch wohl ein jüngeres Torflager oben
darauf angesiedelt.
Bei dem fühlbaren Mangel an Kalksteinen mitten im verschwemmten
Kreidegebiete hat unser Ländchen bisher sich begnügen müssen, solche
reinere Wiesenkalke auszubeuten und es
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sind mehrere Kalköfen in den letzten Jahren mit gutem Erfolge darauf
betrieben, wie denn von Zeit zu Zeit der Zufall immer neue
Süßwasserkalk-Vorräthe besonders im Stecknitzthal auffinden läßt. *)
Die KIESELERDE erscheint als Bestandtheil in den Quellwassern zwar
allgemein, aber im Norddeutschen Tieflande in so geringen Mengen,
daß dieselbe kaum in Betracht kommen kann. Unsere heimischen Quellen
bieten ein Verhältniß etwa von gegen 2 Prozent aufgelös'ter fester
Bestandtheile; von diesen nimmt die kohlensaure Kalkerde reichlich
1
Prozent in Anspruch, wo auf die Kieselerde etwa nur 2 tausendstel
Prozent kommen mag.
Während die Kalkerde in den Knochengerüsten und Gehäusen der
Thiergeschlechter eine so bedeutende Rolle übernimmt **), ist die
Kieselerde nur in sehr geringen Quantitäten als Bestandtheil
thierischer Körper nachgewiesen, dagegen sehr allgemein im
Pflanzenreich gefordert. Alle Schachtelhalme, Schilfarten, Gräser
u.s.w. haben ihre Schärfe und Dauerhärte von der Kieselerde in
ihren Oberhautgebilden. Die Asche vom gewöhnlichen Schachtelhalm und
vom Rottang-Rohr liefert über 25 Prozent Kieselerde.
Ganz besonders bedürftige Geschöpfe von Kieselauflösungen sind aber
die kleinsten VEGETABILISCHEN Infusorien (durch EHRENBERG als solche
nunmehr bestimmt), die nur einzelligen kieselschaligen Baccillarien
und Diatomeen.
Milliarden dieser Pflanzenorganismen wuchern in allen stehenden
Wassern bis zur geringsten Wiesenlache, oder in
____________________
*) Gegenwärtig sind in der Nähe von Möllen, Mannhagen und Anker
verschiedene nicht unbedeutende Lager, unterteuft von blaugrauen
plastischen Thonen und Mergeln, aufgeschlossen.
**) Die Menge der
Kalkerde eines ausgewachsenen gesunden Menschen wird
durchschnittlich auf 7
gerechnet.
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bedeckten größeren oder geringeren Wasserreservoiren der lose
gelagerten Moorschichten, und diese binden fort und fort die in
ihrem feuchten Element enthaltene Kieselerde.
Solche Lager einer grauen erdigen oder mehlartigen, oft schneeweißen
Kieselsubstanz bestehen zum größten Theil aus den abgestorbenen
Schalen jener Infusorienpflänzchen, andere wachsen häufig in
lebendigen Fortwucherungen, selbst in lockeren Tiefen der Erdkruste
noch fort.
Die bekanntesten Lager der Art befinden sich in der Nähe und selbst
unter den Grundmauern Berlins, wo unter Andern die Fundamentbauten
des neuen Museums solche KIESELGUHRSCHICHTEN abgestorbener und
fortwuchernder Infusorien bloslegten; in unserer Nachbarschaft, bei
Ebstorf im Lüneburgischen, befindet sich ein ähnliches bedeutendes
Lager von über 20 Fuß Mächtigkeit.
Neben solchen Masseanhäufungen von Baccillarien-Resten kommen
mitunter, besonders in moorigen Niederungen, geringe Absätze von
wasserhaltigem phosphorsauren Eisenoxydul als BLAUEISENERDE vor, die
an ihren Fundstellen, ähnlich der reinen Kieselerde, völlig weiß
erscheint, an der Luft aber sehr bald blau wird. Die Höhlungen
anlagernder Gesteine enthalten dann häufig die früher genannten
Drusen krystallisirter Vivianite.
5) RASENERZE (Limonite). Raseneisensteine (Wiesen-, See-, Sumpf-,
Morasterze, Ortsteine, Oehre) und die Abarten sog.
Gelb-Thoneisensteine sind ocherig-erdige, ochergelbe oder rost- bis
schwarzbraune, traubige und schlackenartige, löcherige Knollen, oder
derbe Massen mit muscheligem, unebenem oder erdigem Bruche.
Die Gelb-Thoneisensteine - Eisenoxyd-Hydrate mit Kieselsäure und
Thonerde - sind heller gefärbt, mehr kugelig und derb als die
Raseneisensteine, haben gewöhnlich eine schalige,
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körnige oder erdige Structur, häufig sind dieselben innen hohl, auch
wohl mit losen Kernen (Adler- oder Klappersteine).
Diese Erze sind auch in unseren Sand- und Heidegegenden, in Sümpfen
und Mooren, auf dem Boden der Seen, in Wiesen und Brüchen, oft
dicht unter der Oberfläche in fortwährender Bildung begriffen. Die
genannte Fuchserde pflegt bei uns das Hauptmaterial der Eisensteine,
als sog. Eisenocher (Eisenoxyd-Hydrat), in den Quellenspülungen zu
liefern; außerdem enthalten dieselben geringe Mengtheile von
phosphorsaurem Eisenoxydul, Schwefel und andere Erden und Oxyde,
gewöhnlich auch Humussäure.
Es kann ein leichtflüssiges, bei einem Verbleiben von
Phosphortheilen aber kaltbrüchiges, von Schwefel in der Glühhitze
rothbrüchiges Eisen aus diesen Mineralien gewonnen werden. Die
fremden und schädlichen Beimischungen sind, durch sog. Zuschläge
und Flußmittel an Kalkstein, Quarz und Flußspath zusammengemengt
und in wechselnden Schichten zwischen Kohlen oder Coaks in den
Hohofen gebracht, bei starkem Gebläsefeuer zu entfernen. *) Das Eisen
wird darin durch die Kohlenflamme reducirt, indem die fremden
Bestandtheile entweder in Gasgestalt entweichen, oder zu Schlacken
zusammengeschmolzen abfließen. Das so erhaltene Roheisen ist
allerdings noch nicht rein und schmiedbar, es werden deshalb je nach
dem Vorhaben in Flammöfen weitere Schmelz-, Frisch- und
Puddelmotionen damit vorgenommen.
Ueber die Bildungsweise des Raseneisensteins geben die Beobachtungen
von KINDLER, DOUBRÉE, BERZELIUS u.A.m.
____________________
*) Die bedeutenden Ansammlungen von Rasenerzen aus unsern westlichen und südlichen Heide-Nachbargebieten sind Veranlassung gewesen, Hohöfen bei Rendsburg und bei Lüneburg auf diese Erze zu
gründen, deren Ausbeute bei vortrefflicher Gußmaare einen immer
erhöhteren Aufschwung nimmt.
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hinreichende Aufschlüsse. Faulende Pflanzen haben die Eigenschaft,
das Eisenoxyd lockerer und loser Gesteine in Wasser löslich zu
machen; das Eisenoxyd reducirt sich durch dieselben zu Eisenoxydul,
welches dann durch (ebenfalls in den Producten der Verwesung
erzeugte) Kohlensäure und Quellsäure im Wasser aufgelös't wird;
stocken nun solche Eisenwasser in Niederungen, oder kommen sie auch
nur zu sehr langsamem Abfließen, so oxydirt sich das Eisenoxydul
wieder zu Oxyd, das sich, theils als Hydrat, theils als basisch
quellsaures Salz zu Boden setzt und die neue Mineralform als
Eisenstein annimmt.
Der Zusatz an Phosphorsäure, der bis zu 10 Prozent sich steigern
kann, muß aus den faulenden Moorpflanzen erklärbar sein, und der
kaum jemals fehlende Mangangehalt, dessen nicht unbedeutendes
Vorhandensein in den Geschiebeerden wir schon mehrfach Erwähnung
gethan, weis't auf einen ähnlichen Ursprungsprozeß.
Die Entstehungsart ergiebt selbstverständlich, daß die Lagerplätze
eben nur in Niederungen, Wiesen-Moorgründen, auf dem Boden der
Landseen und Teiche u.s.w. zu suchen sind, denen die eisenhaltigen
Quellen ihre Absätze zuführen. Die ausgedehntesten Gruppenlager
finden sich, ähnlich wie die Wiesenkalke, gewöhnlich dicht unter der
Rasendecke bis zu fußdicker Mächtigkeit angehäuft. Unser Ländchen
hat bis dahin keine Gruppenlager aufgedeckt, einzelne Massenstücke,
selbst bis zur Größe eines Kindskopfes, lassen sich überall zwischen
der verschwemmten und verwehten Bodendecke antreffen.
6) DAMMERDEN (Ackerkrume, Mutterboden). Mit wenigen Ausnahmen über
alle Festlandstheile der Erde ausgebreitet, haben sich die für die
Geschöpfswelt wichtigsten Deckgebirgs-Schichten, durch die allmälige
Zersetzung der unterliegenden Gesteine und Erden, unter Beimengung
vegetabilischer und thierischer Verwesungsproducte gebildete DAMM-
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ERDEN angesiedelt, die mit den Anschwemmungen, den Absätzen und
Mineral-Erzeugnissen der Seen, Teiche, Flüsse, Bäche, Quellen und
den Abrieselungen der Bodengefälle in wechselreicher Ueppigkeit
ausgestattet sind.
Alle die mechanischen und chemischen Prozeßgänge der Atmosphärilien
wie der Erdscholle erarbeiteten, je nach den gebotenen Materialien
und den Zonennormen, diesen Mutterboden, wie derselbe zu Anfang
der gegenwärtigen Quartärperiode von dem Allweisen ganz besonders
auch den Menschengeschlechtern zur Nutzung und zum Ausbau übergeben
wurde.
Wie auf dem physikalischen Naturgebiete ein einziger Wetterguß,
selbst in unserm Flachlande, ein unscheinbares, trockenes Bachbette
in einen reißenden Strom verwandeln kann, der umfassende
Bodenumgestaltungen selbst in weiteren Umkreisen hervorruft, in
denen vielleicht reichere Schichtenerden bloßgelegt oder üppige
Fluren zugedeckt und verheert werden: so müssen in den Jahrtausenden
der so vielfach noch ungezügelteren Gewalt-Naturkrisen die
Alluvialmasse-Anhäufungen einestheils in der denkbarsten
Mannigfaltigkeit des Materieninhalts gruppirt sein, anderntheils muß
die Mächtigkeit derselben sich sehr verschieden gestaltet haben.
Es lassen sich denn auch wohl kahle Hügel und Hänge finden, die kaum
eine Spur von Dammerde für eine Vegetation bergen, während andere
Gelände und besonders Thäler und Kesselsohlen außer von den
beschriebenen Sand-, Schlamm-, Moor-, Torf-, Kalkerden u.s.w., mitunter ganz angefüllt von eigentlichen humosen Muttererden
sein können.
Man schätzt die Mächtigkeit dieses sog. Deckgebirges daher sehr
verschieden. In unsern Nordwestdeutschen Landen kann man jedoch die
Durchschnittsschichtung, wie solche auf den Platten und welligen
Ebenen sich aufgelagert zeigt, etwa auf 1 bis 1
1/2 Fuß Dicke annehmen.
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Auch dieses Deckgebirge ist, wie alle analogen Schöpfungen, in einem
steten Wechsel und in einer lebendigen Fortbildung begriffen, und
wie vor Jahrtausenden auch diese Bodendecke ihren Anfang genommen,
so werden die fernen Zeiten sie zu bedeutenden Masselagern anwachsen
sehen.
Die Bildungsweisen dieser Dammerden sind grade so mannigfach, wie
sie eben den wechselreichen Geländen auf Berg und Thal, Platte und
Niederung, in allen den Festlandsformations-Nüancen, in welchen fast
kein Erdfleck dem andern gleich gebaut ist, sich anpaßten.
Soll man hier, selbst auf unserem verhältnißmäßig gleichgebildeten
Norddeutschen Tieflande, zu einer geognostischen Regelung schreiten,
so kann es zunächst nur in ganz allgemeinen Ansätzen nach dem voran
maßgebenden Unterboden geschehen, der das Hauptmaterial zu der
ursprünglichen in den Naturarbeiten gemischten Ackerkrume hergab,
oder man wäre genöthigt, eben in die Einzelnheiten jedes Feldes
einzugehn, wo dann nicht allein die Grundmischung des Bodens,
sondern sämmtliche physikalische Verhältnisse, wie die klimatischen,
die Gefälle- und Neigungs-, Lage-, Schutz- und Entblößungszustände
u.s.w. in Betracht kämen, und endlich würde der Grad der
Bodencultur doch nur eine richtige Bestimmung des Bodenwerthes für
jeden Acker insbesondere aufzustellen gestatten.
Wir müssen uns daher genügen lassen, an diesem Orte nur allgemeine,
vergleichende Bodenuntersuchungen über die Dammerden unserer Gelände
zu geben.
Das Gemenge so viel verschiedener, einfacher und zusammengesetzter
Stoffe, das wir unter dem Gemeinnamen "MUTTERBODEN" zu begreifen
pflegen, besteht vorzugsweise aus Sand, Thon-, Kalk-, Kiesel-
(Kieselguhr-) und Talkerdetheilen, Eisen- und Manganoxyden, Kali- und
Natronsalzen, Wasser und Luft, Humus, Humussäure und thierischen Substanzen (welche den
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Entmischungsprozeß der organischen Materie bestanden haben oder noch
unterliegen, um sich darin wieder aufzulösen); dazu treten dann die
mehr oder minder zahlreichen Einschiebemengen, Gerölle,
Trümmergesteine, Schutt, Kies und Grus.
Dies Gemisch von organischen und anorganischen, elementaren und
zusammengesetzten Stoffen ist der eigentliche Mutterschooß einer
wechselreichen Pflanzengeschöpfswelt, die daraus ihre
Wachsthumsstoffe entnimmt.
Welchen Werth als Ernährungsstoff der Pflanzen jede einzelne Materie
den so sehr verschieden bedürftigen Vegetationsgliedern bieten kann,
lehrt die Agricultur-Chemie, deren Höhepunkt von heute schon zu
solchen namhaften, umfassenden Aufschlüssen geführt hat, daß
dieselben den vermehrten Anforderungen auch dieses Zeitenschwunges,
wenigstens für die Mittel unserer deutschen Schwemmlande, genügen
mögen.
Unser Lauenburgisches Land weis't nach Maßgabe des nahbaren
Unterbodens die gangbaren Dammerde-Bodenclassen der nordischen
Binnen-Tieflande auf. Jeder Landestheil hat einzelne Aecker von
allen verschiedenen Classen, während die geognostisch-natürlichen
Gesammtheiten einer oder mehreren bestimmten Classen sich
unterordnen lassen.
Wir theilen unsere Dammerden in folgende Classen, die man dann, nach
den Uebergängen, jede einzelne in ihren Eigenthümlichkeiten noch
wiederholt - bei einer Untersuchung in specie - gliedern wird.
a) THONBODEN, KLEIBODEN. Derselbe besteht aus Thonerde, dann
Kieselerde, Kalk- und Eisentheilen und sonstigen untergeordneten
Mengtheilen; er saugt Wasser stark auf, wird dadurch plastisch und
berstet beim Austrocknen; er hat gewöhnlich eine dunkle Färbung.
Enthält derselbe mehr als ein Viertheil der Gemenge an Thon, so ist
er ein ungünstiger Ackerboden. Durch Ueberfahren von Sand und Kalk-
(und Sand)
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mergel wird er bei guter fetter Düngung (besonders von Schafmist)
außerordentlich fruchtbar.
Die in den Wechselmischungen darin verschieden-gliedrig gebildeten
Bodenarten finden auf unsern Geländen ihre Hauptvertretung in den
schwereren Aeckern der früher bezeichneten beiden östlichen
Geschiebethon-Districte, im Norden und Süden unserer
Wasserscheide-Landrücken.
b) KALKBODEN.
Ein Gemenge vorzugsweise von Kalkerden mit Sand- und
Thoneinschüssen u.s.w. Derselbe zieht viel Wasser an, ohne dadurch
plastisch zu werden, trocknet leicht wieder ein und wird dann
staubartig; er ist heller als der vorige, gewöhnlich hellgrau oder
gelblich. Bei gehöriger Mischung oder bei Zusätzen von Sand und
Thon- und Sandmergel ist derselbe unter andern vorzüglich geeignet
zum Kleebau. Unsere Fluren haben keine eigentliche Kalkbodenäcker
von nennenswerthem Umfange aufzuweisen.
c) LEHMBODEN giebt als Dammerde gemischt das beste Ackerland. Ein
sandiger eisenschüssiger Thon, gewöhnlich kalkhaltig, bildet die
Grundmasse; derselbe zieht Wasser an, wird mehr oder minder
plastisch und hält die Feuchtigkeit lange; er bröckelt und zerfällt,
aber berstet nicht und erscheint in heller oder dunkelgelber,
gelbbrauner und graubrauner Färbung.
Diese Dammerde bildet mit den beiden folgenden Bodenclassen den
Haupt-Ackergrund des Landes, ihre Mengungen sind überall vertreten,
wo die kalk- und thonreichen Geschiebesande mit ihren Einlagen,
Lehmen und Mergeln das Hauptmaterial zu der Bodenmischung geliefert
haben. Ihre Ausdehnung, besonders auf den Flächengebieten der Kies-
und Korallensande und dann der schon weniger günstigen oberen
Diluvial- und Alluvial-Mischsande, umfaßt mehr als die Hälfte des
ganzen Lauenburgischen Boden-Areals.
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d) MERGELBODEN. Kalk, Thon und Sand als Hauptfactoren sind in
verschiedenen Verhältnissen in der Dammerde gemengt. Derselbe nimmt
Wasser begierig auf; beim Austrocknen wird er rissig; trägt
vorzugsweise graue und graugelbe Färbungen; ist für die Vegetation
sehr günstig.
e) SANDBODEN ist in dem verschiedenartigsten Mischgehalt am Meisten
variabel. Je leichter, sandreicher derselbe ist, desto weniger hält
er Wasser an, trocknet daher leicht aus; er ist an sich warm, aber
nur fruchtbar, wenn er feucht erhalten werden kann. Kräftige
Mergelungen und Düngungen vermögen ihn den vorigen Classen in der
Fruchttreibung an die Seite zu setzen.
Mit den Flug- und Dünensanden und den wirklichen, nicht den nach
einer Heidevegetation geschätzten Heidesanden ist es ein Anderes, -
diese mögen sich häufig erst mit einer dem Pflanzenwuchs günstigeren
Bodendecke überziehn, wenn Menschenhände Fuß für Fuß ihre
Dammerdebereitung übernehmen.
f) HUMUSBODEN (Dammerde im engeren Sinne) ist dunkelgrau,
schwärzlich oder bräunlich, zieht Wasser stark an und wird dadurch
schlammig oder schwammig; er hält die Feuchtigkeit lange, zieht sich
beim Austrocknen zusammen und wird dann staubartig. Die Güte dieser
Mischerde hängt meistens von der Menge der humosen, auflöslichen
Substanzen ab, die bei gutem Mengverhältniß etwa 2 1/4 Prozent betragen.
Unsere besseren Gärten-, Wiesen- und Waldgründe zeigen in den
Hauptstoffen des Humusbodens eine Zusammensetzung von mehr als der
Hälfte an Kieselerde, etwa 10 Prozent an Thon, einzelne
Prozenttheile an Kalk, Eisenoxyd und alkalisch-erdigen Salzen, mit
dem dann
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die mehr oder minder gelös'ten organischen Stoffe gemischt sind. *)
Die Werthbedeutung der Bodenarten stellt sich natürlich bei einer
chemischen Analyse sehr verschieden, und wenn man bedenkt, daß z. B.
schon ein paar tausendstel Prozent kohlensaurer Kalk für einen
Cubikfuß Ackerboden bei einer Mergelung die nachhaltigsten Erfolge
auf den Pflanzenwuchs hervorrufen, so wird man zugestehn müssen, daß
die Erfahrung da stets der beste Lehrmeister bleiben wird, wo die
Agriculturchemie nicht mit vollständiger Gründlichkeit die fehlenden
Hülfsmittel
____________________
*) Professor FORCHHAMMER stellt die Zusammensetzung einer von PAYEN analysirten Normal-Erde des
Tschernoi Zem oder der schwarzen Erde
aus Rußland auf. Diese Erde wird nie gedüngt, ruht selten und dann
nur während eines oder zweier Jahre; sie ist demnach sehr fruchtbar.
Dieselbe enthält:
| Kieselerde |
71,56 |
Prozent. |
| Eisenoxyd |
5,62 |
Prozent. |
| Thonerde |
11,40 |
Prozent. |
| Kalk |
0,82 |
Prozent. |
| Magnesia |
1,22 |
Prozent. |
| Alkalische Chloride |
1,21 |
Prozent. |
| Stickstoff |
0,29 |
Prozent. |
| Wasser |
3,99 |
Prozent. |
| Stickstofffreie
Kohlenwasser-stoffverbindungen |
2,67 |
Prozent. |
| |
98,78 |
Prozent. |
Bei der bekannten Annahme, daß ein Cubikfuß Erde ungefähr
100
wiegt, und daß die Wurzeln unserer Kornarten ihre Nahrungsstoffe in
Wechselwirkung unter einander, etwa ebenfalls aus einem Cubikfuß
Erde (unmittelbar durch ihre Wurzeln, mittelbar in der
Haarröhrenwirkung) empfangen, läßt sich eine Vergleichung aufstellen, in der jedes Pfund des Bodens einem Prozent desselben
entspricht, also in seiner Eigenschaft als pflanzennährende Substanz
darnach angesehn und in seiner Werthbehauptung berechnet werden
kann.
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nachweis't; auch selbst darnach wird man sich mit einigem Recht
häufig an vorhandene, billige und leicht zu erlangende
Aufhülfsstoffe halten, und auch ohne Nachtheil, so lange die
Erfahrung NICHT ALLEIN nach dem NÄCHSTEN, vielleicht besonders
günstigen Erfolge VORSICHTSLOS berechnet wird. Im andern Falle
freilich könnte eine Zeit eintreten, wo auch das Norddeutsche
Tiefland viel von seiner ursprünglichen natürlichen Fruchtbarkeit
eingebüßt hätte; dann würde die Wissenschaft nicht mehr nur so
nebenbei gehört werden, sondern sie würde als der einzige Retter in
der Noth in immer neueren, werthvolleren Fortschritten auch hier
ihre Aufgabe erfüllen, - auch in der Agricultur wird es der
Menschengeist sein, der über den Widerstand der Materie siegt.
Möge jener Mißstand durch kluge Vorsicht von unserm lieben
Vaterlande fern gehalten werden!
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INHALT.
| |
Seite |
| Allgemeine Eintheilung
|
218. |
Hydrographische und
orographische
Vorführung der Flurenlinien |
233. |
| |
A. Gewässer |
235. |
| |
B. Gelände |
253. |
| Geognostische
Untersuchung des Bodens |
269. |
| A. |
Secundäre Formationen. |
| |
I. Die sogenannte
Salzformation der Triasgruppe |
271. |
| |
II. Die Formation der
oberen Kreide |
278. |
| B. |
Tertiäre Formationen. |
| |
I. Die
Braunkohlenformation der
Nordwestdeutschen Becken |
285. |
| |
|
1) Braunkohlensande |
289. |
| |
|
2) Braunkohlenthone |
292. |
| |
|
3) Braunkohlen |
298. |
| |
II. Die nordische
Geschiebeformation (Diluvium) |
316. |
| |
|
1) Geschiebe. Findlinge (Irrblöcke,
Wanderblöcke),
Gerölle und Grus |
322. |
| |
|
2) Diluvial (Geschiebe)-
Sande |
337. |
| |
|
3) Diluvial (Geschiebe) -Thone,
-Lehme und -Mergel |
350. |
| C. |
Quartäre Gebilde
(Alluvium) |
359. |
| |
1) Alluvialsande und
Schuttlagen |
363. |
| |
2) Schlammerden |
364. |
| |
3) Moorerden und
Torflager |
365. |
| |
4) Kalktuffe
(Süßwasserkalke, Wiesenkalke),
Kieselguhr und Blaueisenerde
|
368. |
| |
5) Rasenerze (Limonite) |
372. |
| |
6) Dammerden (Ackerkrume,
Mutterboden) |
374. |
____________________
|