Vaterländisches Archiv
für das Herzogthum Lauenburg

Zweiter Band.
Ratzeburg. Verlag der Buchhandlung von H. Linsen. 1860.
 


V.

Das Landzollwesen im Herzogthume Lauenburg.

Vom Stadtsecr. Adv. Laage.
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Vorwort.

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In Beziehung auf das Herzogthum Lauenburg stellt sich als eine der wichtigsten Fragen unbestreitbar die Beseitigung des Landzolles dar. Indem nun der Verfasser den Versuch gemacht hat, einen Abriß des Lauenburgischen Landzollwesens zu liefern und darin die Unhaltbarkeit desselben darzuthun, wird es ihm zur besonderen Genugthuung gereichen, hierdurch, wenn auch nur entfernt, zur demnächstigen Beseitigung dieses mittelalterlichen Instituts, welches sich längst überlebt hat, beigetragen zu haben.

Lauenburg im Februar 1859.

Laage.

 

§ l.

Ursprung und Wesen der Landzölle. - Arten derselben. -
Ratzeburger Wasserzoll. - Ratzeburger und Glüsinger Marktzoll. -
Principlosigkeit der Landzölle.


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Was zunächst den Ursprung der im Herzogthum Lauenburg zur Zeit noch vorkommenden Landzölle anlangt, so sind selbige theils durch kaiserliche Verleihungen und Regalienbriefe, theils durch landesherrliche Vereinbarungen mit den Unterthanen und Nachbarstaaten entstanden, woraus sich denn auch zugleich die Verschiedenartigkeit dieser Zölle erklärt.

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Sodann besteht das Wesen der Landzölle darin, daß sie hie und da im Lande, wo eine vortheilhafte Ortsbelegenheit sich darbietet, erhoben werden, und daß sie von allen den Zoll passirenden Waaren und Gütern, ohne Rücksicht auf deren Bestimmung und ob sie bereits verzollt worden sind oder nicht, zu erlegen sind, so daß es von dem zufälligen Umstande, ob und wie viele Zollstellen ein zollpflichtiger Transport passirt, abhängt, ob und event. wie oft der Zoll davon erlegt wird. Aus diesem Grunde sind die Landzölle denn auch nicht als Aus- und Einfuhrzölle aufzufassen, welches sich übrigens auch schon daraus ergiebt, daß sie nur theilweis an der Grenze liegen und daß ihr Ertrag ein nur geringfügiger ist. Eben so wenig können sie als Wegegeld angesehen werden, da stellenweis Zoll- und Wegegeld erhoben und gesetzlich zwischen beiden unterschieden wird. Die Landzölle sind vielmehr als landesherrliche Geleitsgelder, die nach dem Wegfalle der Geleite in eine Zollabgabe übergegangen sind, aufzufassen, woraus sich denn die vorher erwähnten Eigenthümlichkeiten derselben erklären.

Der Gattung nach zerfallen sie in Haupt- und Neben- oder Wehrzölle, welche letztere im Widerspruch mit ihrer ursprünglichen Bestimmung, das Umfahren des Hauptzolles zu verhindern, im Laufe der Zeit durch Privatveranstaltung des Hauptzollamts mit höherer Genehmigung eine vollständige Hebung erhalten haben, die regelmäßig nur insofern beschränkt ist, als beim Hauptzoll berichtigte Waaren beim Wehrzoll frei passiren und als bei letzterem der Zoll nach der für den ersteren geltenden Zollrolle erhoben wird.

In die Classe der Landzölle gehört seinem Ursprunge und seiner Tendenz nach auch der sogenannte Wasserzoll, der zu Ratzeburg mit 4
von jedem Faden Holz, welcher daselbst nach Lübeck verschifft wird, von dem ersten Beamten des Amts Ratzeburg gegen eine Gebühr von 1 1/3 % und unter Aufsicht

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des Brückengeldeinnehmers observanzmäßig erhoben wird und der jährlich eirea 80 L.-M. einträgt.

Dagegen gehört der jährlich circa 12 L.-M. eintragende Ratzeburger Marktzoll, welcher nach einer Rolle vom 22. Juli 1811 von allen vom Markte abziehenden fremden Marktleuten erhoben und seit dem 1. Mai 1844 für landesherrliche Rechnung administrirt wird, nicht in die Kategorie der Landzölle, sondern ist vielmehr, wie der Glüsinger Marktzoll, als ein Repressalienzoll anzusehen.

Da nun, abgesehen von einigen die Höhe der Zollsätze so wie die Art der Erhebung betreffenden Verfügungen, der eigentliche Charakter des Landzolls bis auf die neueste Zeit herab sich unverändert erhalten hat, so ergiebt sich aus dem Vorstehenden ohne Weiteres, daß selbiger weder eine handelspolitische noch sonst eine rationelle Tendenz hat.


§ 2.

Vorkommende Exemtionen und deren Wirkungen.

Der Mangel einer derartigen Tendenz wird dadurch noch fühlbarer, daß in dem Lauenburgischen Landzollwesen eine große Anzahl von Exemtionen vorkommt, welche allein schon einen hinreichenden Grund für die gänzliche Beseitigung desselben abgeben.

Zunächst steht nämlich den fremden Gesandten nach dem Kammerausschreiben vom 18. Februar 1778 eine beschränkte Zollfreiheit zu.

Was sodann die Geistlichen anlangt, so kommt factisch wohl allen Geistlichen die Zollfreiheit in einem größeren oder geringeren Umfange zu, wenngleich die desfalls bestehenden Verfügungen darüber Zweifel zulassen, in wie weit ihnen rechtlich die Zollfreiheit zusteht. Während nämlich nach einer Bemerkung im Geldregister des Amtes Lauenburg den Geistlichen


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nur in Ansehung der auf dem Pfarrlande geerndteten und zum Verkauf versandten Früchte die Zollfreiheit zugestanden wird, sind die inländischen Prediger und übrigen Kirchenbedienten nach der älteren Wentorfer Zollrolle vom 22. Juli 1785 der Ritterschaft hinsichtlich der Zollfreiheit gleichgestellt, welches jedoch nicht allgemein gelten kann, da nach einem Regierungsrescript vom 27. Juli 1769 die Geistlichen nicht zu denjenigen Personen zu rechnen sind, welchen allgemein Zollfreiheit beigelegt ist.

Auf ähnliche Weise verhält es sich mit den landesherrlichen Beamten, welche sich factisch im Genusse der Zollfreiheit befinden, obwohl ihnen das Kammerausschreiben vom 8. Juni 1770 selbige nur gegen Vorzeigung eines Freipasses einräumt.

Ferner sind nach dem Art. 19 des Landesrecesses vom 15. September 1702, welcher durch das Patent vom 19. October 1719 und die Declarationen vom 29. Januar 1737 und vom 17. December 1743 näher bestimmt ist, die mit Land Angesessenen von Adel und Freien nebst deren Pächtern rücksichtlich der zu ihrer eigenen Nothdurft eingekauften Gegenstände, sowie beim Verkauf der auf ihren Gütern gebauten und auferzogenen nicht sofort tradirten Producte zollfrei.

Dazu kommt nun endlich noch, daß hinsichtlich ganzer Districte Zollexemtionen vorkommen.

So genießen namentlich die Einwohner der Stadt Lauenburg nach den Resolutionen vom 31. März 1620 und vom 2. Mai 1656, welche 1753 bestätigt sind, hinsichtlich des zum eignen Gebrauch Eingeführten bei der Landzollstelle zur Palmschleuse die Zollfreiheit, und stand ihnen vormals in Beziehung auf die nunmehr eingezogene Landzollstelle zu Lauenburg dieselbe Begünstigung zu.

Ferner sind die Untergehörigen des Amts Ratzeburg nebst den Einwohnern von Mölln bei den Landzollstellen des ge-

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nannten Amts in Betreff der für ihre Haushaltungen eingekauften Gegenstände nach dem Cammerausschreiben vom 29. April 1789, welches unterm 17. December 1842 anerkannt ist, zollfrei.

Sodann genießen bei dem Büchener Landzoll die Untergehörigen der Aemter Schwarzenbeck und Lauenburg in Ansehung des Korns, welches sie zur Saat oder zur eignen Consumtion einführen, observanzmäßig die Zollfreiheit.

Als Folge von diesen Exemtionen ergiebt sich namentlich, daß die Einnahme aus den Landzöllen von einer geringen Anzahl und zwar vorzugsweise von den Handel und Gewerbe treibenden Einwohnern sowie von den kleineren Grundbesitzern des Herzogthums aufgebracht wird und daß mithin letztere davon unverhältnißmäßig hart betroffen werden. - So muß z. B., was namentlich die Landwirthschaft anlangt, der kleinere Landbesitzer seine Producte bei der Ausfuhr verzollen, während die größeren Grundbesitzer zollfrei sind; ferner müssen, was den Handel anbetrifft, die Kaufleute für die von ihnen eingeführten Artikel Zoll erlegen, während die übrigen Einwohner stellenweis für ihren eigenen Bedarf frei sind, in Folge dessen denn den Kaufleuten bei der Nähe Hamburgs und Lübecks der Absatz äußerst erschwert wird.

§ 3.

Art der Erhebung der Landzölle. - Verpachtung und
Administration derselben. - Wirkungen beider.

Was die Art der Erhebung der Lauenburgischen Landzölle anlangt, so sind selbige entweder verpachtet, oder sie werden administrirt, und zwar wird im letztern Falle bei der Mehrzahl der Neben- oder Wehrzölle die Hebung durch ungebildete und des Schreibens kaum kundige Personen gegen eine geringe Vergütung besorgt.

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In Betreff der verpachteten Zölle treten die mit der Verpachtung von Staatsgefällen im Allgemeinen verknüpften Nachtheile besonders stark hervor, und ist in dieser Beziehung namentlich hervorzuheben, daß der Ertrag hier regelmäßig ein geringerer ist, als bei der Administration durch den Staat; daß bei der Einforderung nicht die schonenden und humanen Rücksichten einzutreten pflegen, welche von angestellten Einnehmern genommen werden, und daß die Pächter bei Erhebung des Zolles oftmals willkürlich und ordnungswidrig verfahren. Wenngleich den neueren Pachtcontracten vielfach, die Verhinderung von Mißbräuchen bezweckende, Clauseln hinzugefügt worden sind, so haben sich die genannten Uebelstände doch keineswegs vollständig beseitigen lassen. In Betreff der administrirten Zölle haben sich in den Fällen, wo für die Hebung ihrer Unbedeutendheit wegen besondere Leute nicht haben angestellt werden können und selbige daher von ungebildeten Personen als Nebengeschäft mit versehen werden muß, ebenfalls mehrfach Uebelstände ergeben, wozu namentlich zu zählen ist, daß die Zollerheber oftmals durch ihr Hauptgeschäft in Anspruch genommen werden und in diesem Falle durch ihre Frauen und Kinder die Hebung besorgen lassen, so daß in Folge dessen für die Personen, welche den Zoll zu erlegen haben, vielfach ein ungehöriger Aufenthalt und sonstige Weiterungen herbeigeführt werden.

§ 4.

Zur Zeit noch vorkommende Haupt- und Neben- oder Wehrzölle.

An administrirten und verpachteten Landzöllen nebst den dazu gehörigen Nebenzöllen kommen im Herzogthum Lauenburg zur Zeit noch folgende vor:

1)   zu Mölln, welcher für 7 % der Hebung administrirt wird. - Zugleich ist daselbst eine Transitzollhebung.

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    Nebenzölle sind:
    a)   zu Hahnenburg, zugleich Transitzollamt,
    b)   zu Donnerschleuse,
    c)   zu Hornebeck,
    d)   zu Fredeburg.
2)   zu Schmielau, welcher für 10 % der Hebung administrirt wird.
Nebenzoll:
Donnerschleuse.
3)   zu Kehrwieder, welcher verpachtet ist.
4)   zu Salem, der verpachtet ist.
Nebenzölle sind:
    a)   zu Mustin,
    b)   zu Söhren.
5)   zu Fredeburg, wird administrirt für 10 % der Hebung.
Wehrzoll:
Donnerschleuse.
6)   zu Büchen, wird administrirt; zugleich Transitzollamt.
7)   zur Palmschleuse, wird administrirt; zugleich Transitzollamt.
8)   zu Tesperhude, welcher verpachtet ist.
Nebenzölle sind:
    a)   zu Geesthacht,
    b)   zu Besenhorst,
    c)   zu Borghorst in Vierlanden.
9)   zu Wentorf, administrirt; zugleich Transitzollamt.
Nebenzölle sind:
    a)   zu Rothenhaus,
    b)   zu Aumühlen,
    c)   zu Friedrichsruhe,
    d)   zu Schwarzenbeck.
10)   zu Grande, ist verpachtet.


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    Nebenzölle sind:
    a)   zu Mölln,
    b)   zu Schönberg,
    c)   zu Koberg,
    d)   zu Köthel,
    e)   zu Hamfelde.

Außerdem existirt zu Ratzeburg angeführtermaaßen auch noch ein Wasserzoll, der von jedem Faden Holz, welcher von da nach Lübeck verschifft wird, mit 4 erhoben und gegen 1 1/3 % der Hebung administrirt wird.

§ 5.

Bruttoertrag der Landzölle. - Administrationskosten. -
Zurück zu erstattende resp. zu kürzende Landzölle. - Nettoertrag.

Den Betrag des Landzolles anlangend, so hat sowohl bei den verpachteten als auch bei den administrirten Landzöllen in den dem Jahre 1852 unmittelbar vorhergehenden 10 Jahren die Brutto-Einnahme, in runder Summe angegeben, sich jährlich durchschnittlich auf 9,647 Thlr. L.-M. belaufen, wozu noch der Ertrag des sogenannten Wasserzolls in Ratzeburg, der sich jährlich auf ca. 80 Thlr. L.-M. beläuft, hinzukommt, so daß die jährliche Totaleinnahme 9,727 Thlr. L.-M. betragen hat.

Wenn nun auch in den auf das Jahr 1852 folgenden Jahren der Brutto-Ertrag des Land- und Marktzolles ein etwas geringerer geworden ist, so hat sich derselbe doch ungefähr auf der angegebenen Höhe erhalten und beläuft sich für das Finanzjahr 1857/58 die Brutto-Einnahme:
 

aus den administrirten Zöllen ca. auf 8,840 Thlr.
aus den verpachteten Zöllen ca. auf  

Transp.

8,840 Thlr.

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Transp.

8,840 Thlr.
zu Tesperhude ca. auf  . 400 Thlr.
zu Grande ca. auf  80 Thlr.
zu Kehrwieder ca. auf  10 Thlr.
zu Salem ca. auf  80 Thlr.
mithin zusammen auf die Summe von 9,410 Thlr.


Von dieser Summe sind zunächst die Administrationskosten abzuziehen.

Selbige treffen indeß die verpachteten Zölle nicht und sind daher auch nicht mit auf diese zu repartiren. - Auf die administrirten Landzölle sind die Administrationskosten nur dann zu repartiren, wenn selbige nicht zugleich mit einer Transitzollhebung verbunden, oder wenn im Fall einer solchen Verbindung gewisse Procente der Zollhebung stipulirt sind. - Sind im letzteren Fall derartige Procente nicht stipulirt, so lassen sich die Administrationskosten für die Landzollhebung nicht getrennt in Anschlag bringen, da sie jene gemeinschaftlich mit der Transitzollhebung treffen und letztere überdies nach Aufhebung der Landzollhebung bestehen bleibt.

Die Administrationskosten für diejenigen Landzölle, welche entweder nicht mit einer Transitzollhebung verbunden sind, oder welche im Falle einer derartigen Verbindung gegen gewisse Procente erhoben werden, sowie für den s. g. Wasserzoll zu Ratzeburg betragen nun jährlich circa 417 Thlr. L.-M., die sich nachstehendermaßen vertheilen:

für den Landzoll zu Mölln 7 % der Hebung 80 Thlr. L.-M.
für den Nebenzoll zu Donnerschleuse 7 Thlr. L.-M.
für den Nebenzoll zu Hornebeck 3 Thlr. L.-M.
für den Nebenzoll zu Coberg 14 Thlr. L.-M.
für den Landzoll zu Schmielau 10 % der Hebung 33 Thlr. L.-M.

Transp.

137 Thlr. L.-M.

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Transp.

137 Thlr. L.-M.
für den Landzoll zu Fredeburg 10 % der Hebung 30 Thlr. L.-M.
für den Landzoll zu Grande 5 Thlr. L.-M.
für die Wentorfer Nebenzölle  
a) zu Rothenhaus 84 Thlr. L.-M.
b) zu Aumühlen 12 Thlr. L.-M.
c) zu Friedrichsruhe 48 Thlr. L.-M.
d) zu Schwarzenbeck 100 Thlr. L.-M.
für den s. g. Wasserzoll zu Ratzeburg 1 1/3 % der jährlich ca. 80 Thlr. L.-M. betragenden Hebung,
macht in runder Summe
1 Thlr. L.-M.
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  417 Thlr. L.-M.
Außer den Administrationskosten ist noch der im Jahre 1857/58 für transitzollfreie Durchfuhrgegenstände beim Eingange erhobene und beim Ausgange zurückerstattete Landzoll mit circa 530 Thlr. L.-M.
sowie der für transitzollpflichtige Durchfuhrwaaren beim Eingange bezahlte und bei dem Ausgange im Transitzoll wieder gekürzte Landzoll mit circa 110 Thlr. L.-M.
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in Anschlag zu bringen, so daß nach Abzug dieser drei Summen zum Betrage von 1,057 Thlr. L.-M.
von dem Brutto-Ertrage von 9,410 Thlr. L.-M.
der Netto-Ertrag im Finanzjahr 1857/58 sich auf 8,353 Thlr. L.-M.
belaufen hat.  

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§ 6.

Nachtheiliger Einfluß der Verfügungen vom 26. Januar 1847
und vom 27. August 1851, sowie des Vertrags vom 14. März 1857

a)
auf den Ertrag der Landzölle,
b) auf den inländischen Verkehr.

Hierbei dürfte jedoch nicht außer Acht zu lassen sein, daß der Ertrag des Landzolles, nachdem derselbe bereits seit dem Jahre 1847 namentlich in Folge der Verfügungen resp. vom 26. Jan. 1847 und vom 27. Aug. 1851, mittelst welcher zuerst die auf der Berlin-Hamburger und sodann die auf der Lübeck-Büchener Eisenbahn durch das Herzogthum Lauenburg zu befördernden transitzollfreien Waaren von der Erlegung des Landzolles befreit worden sind, in beständiger Abnahme begriffen gewesen ist, zweifelsohne auch noch fernerhin, zumal in Folge des Vertrags vom 14. März 1857, eine Abnahme erleiden wird. Uebrigens haben die genannten Jahre nicht allein auf den Ertrag des Landzolles, sondern vorzugsweise auch auf den inländischen Verkehr einen höchst nachtheiligen Einfluß ausgeübt. - Während nämlich das Lauenburgische Landzollwesen, als eine reine Finanzmaßregel, früher nicht darauf berechnet war, den Handel und die Industrie im Inlande zu heben und daher die Inländer vor den Ausländern nicht bevorzugte, hat sich dies Verhältniß seit Eröffnung der Berlin-Hamburger Eisenbahn wesentlich verändert, indem von dem damaligen Generalzollkammer- und Commerz-Collegium auf Grundlage des Art. 21 des Vertrags vom 8. November 1841 unterm 26. Januar 1847 verfügt wurde, daß von den auf der genannten Eisenbahn durch das Herzogthum Lauenburg zu befördernden transitzollfreien Waaren der Landzoll nicht erhoben werden solle. - Schon durch diese Maaßregel, welche

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vorzugsweise den inländischen Productenhandel und den Verkehr einzelner Handelsplätze sehr hart betroffen und namentlich zur Folge gehabt hat, daß ein großer Theil der bisher durch inländische Kaufleute vermittelten Kornlieferungen nunmehr schon in Mecklenburg der Eisenbahn zugeht, sind die Inländer schlechter gestellt als die Ausländer und ist eine Concurrenz der ersteren mit den letzteren sehr erschwert worden. - Nachdem hierauf in Veranlassung einer von Seiten Lübecks vor Eröffnung der Lübeck-Büchener Eisenbahn erhobenen desfälligen Beschwerde von dem Ministerium für Holstein und Lauenburg, auf Grundlage des Art. 7 des unterm 23. Juni 1847 über die Lübeck-Büchener Eisenbahn mit Lübeck geschlossenen Vertrags, unterm 27. August 1851 die Befreiung der auf der Lübeck-Büchener Eisenbahn durch das Herzogthum Lauenburg zu befördernden transitzollfreien Waaren von Erlegung des Landzolles verfügt und hierdurch der fraglichen Eisenbahn für den directen Verkehr von und nach Lübeck dieselbe Begünstigung eingeräumt worden ist, welche der Berlin-Hamburger Eisenbahn bereits im Jahre 1847 für den Mecklenburgischen Verkehr zugestanden worden war, sind die genannten Nachtheile in einem um so höhern Grade eingetreten, als die Lübeck-Büchener Eisenbahn in Verbindung mit der Lauenburg-Büchener Zweigbahn alle Lauenburgischen Handelsplätze in größter Nähe berührt. - Da nämlich den gedachten Verfügungen zufolge die Befreiung der durch Lauenburg passirenden transitzollfreien Waaren vom Landzoll auf die directe Durchfuhr auf der Eisenbahn beschränkt ist und da von den Kaufleuten in Mölln und Lauenburg die fraglichen, namentlich in Korn und Holz bestehenden, hauptsächlich von Lübeck und Mecklenburg bezogenen Gegenstände entweder nicht direct oder nicht auf der Eisenbahn durchgeführt werden, mithin für selbige der Landzoll resp. der Stecknitzzoll, wozu im ersten Fall

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noch die Umladungskosten kommen, erlegt werden muß, so haben die fraglichen Verfügungen zur Folge gehabt, daß den inländischen Kaufleuten jene Producte theurer zu stehen kommen als den Ausländern, jene also mit den letzteren nicht concurriren können. - So z. B. müssen die Kornhändler in Ratzeburg und Mölln, wenn sie Korn aus dem Mecklenburgischen kaufen und nach Hamburg wieder verkaufen, die ersteren einen dreimaligen Landzoll, die letzteren einen zweimaligen Landzoll oder den einfachen Landzoll sammt dem Stecknitzzoll erlegen, und verhält es sich ähnlich mit den Lauenburgern, die von Lübeck nordische Producte beziehen und nach dem Hannoverschen oder den übrigen oberhalb Lauenburg belegenen Elbuferstaaten verkaufen, während die Ausländer bei directer Durchfuhr dieser Artikel von jeder Zollabgabe befreit sind.

Außerdem hat sich als fernere Folge der Verfügungen vom 26. Januar 1847 und vom 27. August 1851 ergeben, daß der vorher durch Frachtfuhrwerk oder durch Stecknitzschiffe vermittelte Verkehr sich großentheils der Eisenbahn zugewandt hat und daß hierdurch eine nicht unerhebliche Anzahl von Personen wesentlich beeinträchtigt worden ist. - Hat hiernach nun die Befreiung der auf der Eisenbahn durch Lauenburg passirenden transitzollfreien Waaren von Erlegung des Landzolls - abgesehen von dem finanziellen Ausfall, der dadurch bereits entstanden ist und der sich für die Zukunft wahrscheinlich noch vergrößern wird - nicht nur den inländischen Kaufleuten, sondern auch manchen andern Personen, welche bisher durch Frachtfuhr oder durch den Wasserverkehr, durch Gastwirthschaft oder durch Ausübung einer Profession ihren Unterhalt gewonnen haben, auf das Empfindlichste geschadet, so daß hieraus schon ein Hauptmoment für die Beseitigung des Landzollwesens zu entnehmen sein dürfte, so kann seit dem Vertrage vom 14. März 1857, wonach bei directer Durchfuhr

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auf allen Transitrouten für transitzollfreie Güter kein Landzoll zu erheben ist, von einer Concurrenz der Inländer - welche in Gemäßheit dieses Vertrages einzig und allein noch den Landzoll zu erlegen haben - mit den Ausländern kaum mehr die Rede sein, und dies um so weniger, als dieser Vertrag sowohl wie namentlich auch schon die mehrgedachten Verfügungen vom 26. Jan. 1847 und vom 27. Aug. 1851 für die Inländer auch noch den indirecten Nachtheil herbeigeführt haben, daß sich im Auslande in unmittelbarer Nähe Lauenburgs rings herum, namentlich in Ziethen, Schönberg, Gadebusch, Wittenburg, Boitzenburg, Hagenow und Brahlsdorf Kornhändler etablirt haben, und daß mit dem Kornhandel auch der übrige Verkehr sich großentheils dahin gezogen hat.

§ 7.

Sonstige nachtheilige Wirkungen des Landzolls
auf den inländischen Verkehr.

Zu den vorstehenden aus dem Wesen des Landzolls und aus der Art der Erhebung desselben, sowie aus den vielfachen Exemtionen und namentlich aus der durch die Verfügungen vom 26. Januar 1847 und vom 27. August 1831, sowie durch den Vertrag vom 14. März 1857 herbeigeführten Bevorzugung der Ausländer vor den Inländern entnommenen Gründen, aus denen sich der Mangel nicht nur eines handelspolitischen, sondern jeder rationellen Tendenz überhaupt im Lauenburgischen Landzollwesen bereits zur Genüge ergeben dürfte, lassen sich noch folgende Momente hinzufügen.

Zunächst darf auf die Unzuträglichkeit hingewiesen werden, daß mit Ausnahme der wägbaren Waaren, für welche seit der Verordnung vom 6. October 1840 eine gleichmäßige Tarifnorm von 1 1/2
vorm. Cour. pr. Sch festgesetzt worden ist, dieselbe Waare bei den verschiedenen Landzöllen nach verschie-

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denen Ansätzen berichtigt wird; sodann bringt die zerstreute und unregelmäßige Lage der Landzölle eine ungleichmäßige Besteuerung des zollpflichtigen Guts mit sich, indem im Innern des Landes mehr Zoll erlegt wird als im Grenzdistrict, und indem ferner die Inländer oft den mehrmaligen Landzoll bezahlen müssen, um ihr Fabricat nach einem bestimmten Ort zu versenden, während die Ausländer frei dahin gelangen können; endlich liegt eine Bevorzugung der Ausländer vor den Inländern auch noch darin, daß letztere für zu beziehende transitzollpflichtige Waaren zuerst den Landzoll und demnächst bei deren Wiederausfuhr den vollen Transitzoll erlegen müssen, während bei directer Durchfuhr solcher Waaren den Ausländern der erlegte Landzoll in dem Transitzoll gekürzt wird, eine Maaßregel, welche bei den Inländern übrigens schon mit Rücksicht auf die Sicherung der Zollkasse nicht anwendbar ist, indem sich meistens nicht ermitteln läßt, ob und event. wie viel Zoll bei dem Eingange erlegt worden ist.

§ 8.

Den nachtheiligen Wirkungen des Landzolls
kann nur durch dessen gänzliche Beseitigung abgeholfen werden,
und ist diese Maaßregel daher von den Ständen zu erwarten.

Wenn in der vorstehenden Darstellung durch den Nachweis der nachtheiligen Wirkungen, welche das Landzollwesen auf den inländischen Handel und Verkehr, auf die Gewerbe und die Production ausübt, dessen völlige Unhaltbarkeit dargethan ist, so läßt sich eine gründliche Beseitigung jener Nachtheile um so weniger beanstanden, als der Ertrag des Landzolls zu denselben in keinem Verhältniß steht, und wird vielmehr eine umfassende Abhülfe auf das Dringendste geboten, damit nicht das Inland auf die Dauer schlechter gestellt werde, als das Aus-

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land, und damit nicht alt hergebrachte Handelsverbindungen und Verkehrswege vielleicht unwiederbringlich verloren gehen. Da nun durch alle etwa anzuwendenden Ausgleichungsmittel eine genügende Abhülfe nicht zu Wege zu bringen ist, vielmehr die vorhandenen Uebelstände nur vergrößert werden würden, und da letzteren selbst durch eine Verlegung der Landzölle an die Grenze nicht abgeholfen werden kann, insofern nämlich in Folge einer derartigen Maaßregel nur der innere Verkehr etwas freier werden würde, während im Uebrigen die Benachtheiligungen der Inländer fortbestehen würden, so vermag hiergegen nur die gänzliche Beseitigung des Landzolles eine gründliche Abhülfe zu gewähren, und wird folgeweis diese Maaßregel zu effectuiren sein. - Letztere ist denn auch bereits wiederholt in Frage gekommen und namentlich in Veranlassung der vom Ministerium für die Herzogthümer Holstein und Lauenburg unterm 27. August 1851 verfügten Befreiung der auf der Lübeck-Büchener Eisenbahn durch das Herzogthum Lauenburg zu befördernden transitzollfreien Waaren von Erlegung des Landzolls abermals in Anrege gebracht.

Wie sehr nun auch die Dänische Regierung dazu geneigt sein möchte, zur Beseitigung des Landzolls die Hand zu bieten, so sind doch alle Schritte, die in dieser Richtung von einzelnen Bewohnern oder von der Regierung des Herzogthums bisher vorgenommen sind, aus dem Grunde ohne Erfolg geblieben, weil dem Dänischen Gouvernement durch die Ritter- und Landschaft des Herzogthums insofern die Hände gebunden sind, als die letztere bei der Ausschreibung einer, behufs Deckung des durch die Aufhebung des Landzolls entstehenden Ausfalls in der Staatskasse, erforderlich werdenden Ersatzsteuer concurrirt. Den Ständen des Herzogthums liegt also im wohlverstandenen Interesse des Landes die moralische Verpflichtung ob, dieses mittelalterliche Institut - welches, da die Zahlung von

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Geleitsgeldern an Reisige längst nicht mehr erforderlich ist, sich in dem Grade als ungerecht und widersinnig herausstellt, daß ein einziger inländischer Kornkaufmann notorisch mehr als den siebenten Theil der ganzen jährlichen Nettoeinnahme des Landzolls aufbringt, während nicht nur ein großer Theil der Inländer, namentlich die größeren Grundbesitzer, sondern sogar auch alle Ausländer, wenigstens bei directer Durchfuhr, gänzlich vom Landzoll befreit sind, - endlich einmal zu beseitigen, zumal da ihnen die dazu erforderlichen pecuniairen Mittel, auch wenn die Ausschreibung einer Ersatzsteuer nicht beliebt werden sollte, hinreichend zu Gebote stehen dürften, und da überdies nicht zu verkennen ist, daß im Fall der Aufhebung des Landzolls sogar die Privilegirten, und zwar selbst dann, wenn auch mit dieser Maaßregel gleichzeitig die Ausschreibung einer Ersatzsteuer verbunden werden sollte, den pecuniairen Verlust, welchen sie hierdurch auf directe Weise erleiden, durch die nach Beseitigung des Landzolls entstehende freiere Bewegung im Lande zweifelsohne auf indirecte Weise wieder einholen werden. Uebrigens würde eine etwa für nothwendig erachtete Ersatzsteuer für die Bewohner des Herzogthums um so weniger drückend werden, als die auf den Einzelnen fallende Quote mit Rücksicht darauf, daß der Nettoertrag des Landzolls nachgewiesenermaaßen sich jährlich nur auf 8000 Thlr. beläuft, an sich nur sehr geringfügig sein würde und als zur Zeit die gesammte directe und indirecte Besteurung des Herzogthums per Kopf jahrlich nur 1 Thlr. L.-M. beträgt. Außerdem verdient hierbei noch der Umstand Beachtung, daß die Inländer, nachdem seit dem Jahre 1840 dem Lande unter Zustimmung der Ritter- und Landschaft der Transitzoll auferlegt worden ist, außer dem Landzolle auch noch den Transitzoll - und zwar theilweis vom Proprehandel - zu bezahlen haben, dessen jährlicher Ertrag noch vor einigen Jahren sich auf 100,000 Thlr.

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belief, während er gegenwärtig noch 50,000 Thlr. übersteigt, und daß das Dänische Gouvernement bei Ablösung des Landzolles hierauf billige Rücksicht zu nehmen und nicht auf Einzahlung des vollen Betrages der jährlichen Einnahme aus dem Landzolle zu bestehen sich vielleicht veranlaßt finden möchte.

Die Hoffnung, daß diese so sehr zum Heile des Landes gereichende Maaßregel in Balde von dessen Ständen, denen dem Vorbemerkten zufolge zugleich die Ergreifung der Initiative in Betreff derselben obliegt, ausgehen werde, erscheint sonach um so mehr gerechtfertigt, als einerseits nicht anzunehmen steht, daß dem Herzogthume von seinen eignen Vertretern fernerhin diejenige Verkehrserleichterung vorenthalten werden sollte, welche demselben von der competenten Stelle gewiß schon längst geboten sein würde, wenn diese ohne Concurrenz der Stände zur Ausschreibung der behufs Deckung des entstehenden finanziellen Ausfalls erforderlich werdenden Ersatzsteuer im Stande wäre, und als andererseits eben so wenig anzunehmen ist, daß die Stände die Gelegenheit vorbeigehen lassen sollten, dem Lande aus freien Stücken baldigst die Befreiung vom Landzolle zu gewähren, da derselbe in sich unhaltbar und daher demnächst auf die eine oder die andere Weise doch wegfällig werden muß, welches letztere jedenfalls dann eintreten wird, wenn Mecklenburg sein Landzollwesen aufgiebt und sich dem deutschen Zollvereine anschließt, indem das von allen Seiten eingeengte Herzogthum Lauenburg hierdurch eine völlig isolirte und somit unhaltbare Stellung erhält.
 




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