Vaterländisches Archiv
für das Herzogthum Lauenburg

Zweiter Band.
Ratzeburg. Verlag der Buchhandlung von H. Linsen. 1860.
 


III.


Unterthänige Beantwortung
der von Königl. Kammer in dem Schreiben an die hiesige
Königl. Regierung vom 7. Martii 1777 vorgelegten
Frage, die Beschaffenheit der Bauer-Güter im Amte
Ratzeburg betreffend.*)
 

I. Ad I.
Die Qualität der Höfe, insonderheit, ob sie Meyer-Güter sind oder nicht?
Das bestätigt das Rescriptum vom
28. Juni/8. Juli 1718.

a) DER COLONUS hat vor sich und die Nachkommen an der Stelle den SUPERFICIELLEN
Nieß Brauch.
 

Benennung Meyer, allhier Hufener
b) Im Lauenburgischen ist der Name Meyer, Halb Meyer etc. unbekannt. Hufen, dreiviertel, halbe, einviertel Hufe, Groß-Käthner, Klein-Käthner, Brinksitzer; zu letzteren gehören die Neuen Anbauer.
 
Das sogenannte Meyer-Recht beruhet im Lauenburgischen auf das Herkommen. c) Man hat im Lauenburgischen kein geschriebenes Meyer-Recht, sondern man richtet sich nach dem Herkommen.
 
Aehnlichkeit obigen Herkommens mit dem
Lüneburgischen
Meyer-Rechte.
d) Jedoch kommt die qualitaet der Hufen etc. mit dem, was der wolseel. Herr vice Cantzler Strube in Commentatione de jure Villicorum von den Meyern, besonders
 

_______________

Ueber die bäuerlichen Verhältnisse im Amt Steinhorst cf. Bd. 1 S. 13.

1860/3 - 48


1860/3 - 49

  im Lüneburgischen, angeführt hat, ziemlich überein.
 
  e) Es ist gänzlich unbekannt, wie viel an Acker und Wiesen zu einer Hufe zu rechnen sei.
 
Die Hufen sind sehr ungleich an Parcelen und Praestandis. f) Die Hufen sind überaus auch in einem selbigen Dorfe ungleich, wie z. E.:

Im Dorfe Gr. Berkentin hat der Bauervogt 185 Scheffel 38 R. Acker, 23 Scheffel 36 R. Wiesen,

CHRISTOPH Vick 171 Scheffel 54 R. Acker, 22 Scheffel 41 R. Wiesen,

HANS HINR. CLASEN 107 Scheffel 38 R. Acker, 18 Scheffel 58 R. Wiesen, und geben dennoch fast nicht unterschiedene
Praestanda, mit gleicher Natural-Dienstleistung.
 
Gerechtsame des
Guts-Herrn.
f) Nach denen bekannten Ausschreiben von 1718 et 1727 wird der Gutsherr ABSOLUTER OHNSTREITIGER EIGENTHÜMER der seinen Gutsleuten eingeräumten Höfe und der dabei sich findenden Stücke und Pertinentien genannt.
 
Der Hufner hat kein Erbenzins-Recht. g) Solchem nach kann man den Hufenern kein Erbenzins-Recht beilegen.
Damit wird dargethan sein, was supra ad a. von der Qualität der Bauer-

1860/3 - 49


1860/3 - 50

  Güter besonders im Amte Ratzeburg, nach unserm geringen Davorhalten, angeführet. worden.
 

II.

Ad II.

Was zum allodio einer Hufe etc. gehöre? Zu des Coloni allodio wird im hiesigen Amte gerechnet,
a) dessen Vieh und Fahrniß,
b) Acker-Geräthe,
c) Geil und Gahre im Lande,
d) bestellte Ansaat und
e) Bestellungs-Kosten,
Des Guts-Herrn Antheil an den Gebäuden. f) wir rechnen auch Zweidrittel des Werths der taxirenden Gebäude dahin und halten davor, daß dem Guts-Herrn der dritte Theil des Werths der Gebäude billig zu gute zu rechnen sei.
Begründung dessen. Dieser giebt bei Errichtung der Gebäude, auch wohl Reparationen, das Holz meistens gegen Forstzins, auch wohl forstzinsfrei her und schenkt das Tannen-Holz dazu, ganz oder zum Theil; dann wird dem Bauen annoch mit Remissionen geholfen (nicht aus Schuldigkeit, sondern in Betracht der bisher schlechten Beschaffenheit der Gehöfte, damit diese nicht wüste werden). Wie könnte man also, wenn der Colonus der Stelle entsetzt wird, den ganzen Werth der Gebäude zu dessen allodio rechnen? Hat der Colonus sowol

1860/3 - 50


1860/3 - 51

  das Eichen- und Büchen-Holz zu dem zu errichtenden Gebäude aus eigenen Mitteln angeschafft, auch wegen des Bauens keine Remission erhalten, so ist es ein anders und gehört denn der ganze Werth der Gebäude zum allodio. Es kommt auf die Frage nur alsdann an, wenn der Colonus von der Stelle entsetzt wird und sie so schlecht, daß niemand vor das zum allodio rechnende Erb-Recht etwas geben will.
Beweis pro affirmativo. g) Hingegen wie ad I. sub a. angeführt, hat der Colonus vor sich und seine Nachkommen ein ERB-RECHT an dem Gehöfte.
 
Ob das Erbrecht des Coloni zum allodio zu rechnen? Die jura sind keiner aestimation unterworfen, also rechnen wir ganz ohnverschreiblich das ERB-RECHT ZU DES BAUERN allodio. Wir führen es solchergestalt aus, oder vermeinen den letzteren Satz zu erweisen:
Gesetzt es kommt mit einer Bauer-Hufe in Ansehen des allodium, wie von lit. a bis f vermeldet wird, herausgebracht zu ... 400
Einschränkung. Es findet sich aber ein ANNEHMLICHER Hauswirth, der statt der 400 die 600 und wenn auch mehr des mehrgedachten Erb-Rechts halber baar zu bezahlen sich erbietet. Mag solches den Creditoribus oder

1860/3 - 51


1860/3 - 52

  dem Cridario nicht gegönnt werden? Es versteht sich, daß der Käufer das Gehöfte, nach seiner Eigenschaft, als ein Bauer-Gut übernimmt.
Und solchem nach verlieret der Guts-Herr bei der Veränderung nicht. Desselben Consens ist jedennoch erforderlich wegen der Frage, ob der Käufer vor einen tüchtigen Wirth, der das Vermögen hat den Hof im besten Aufnahme zu bringen, zu halten sei.
Nach No. I. a. ist der Colonus superficieller Usufructuarius; also hat er kein Recht an Torfstich, wenn er ihm nicht aus bewegenden Ursachen zugestanden wird, kein Recht an denen im Acker liegenden Steinen, kein Recht zum Kalk-Graben und zum Lehm weiter nicht als zu Unterhaltung der Gebäude.
   
Es ist ein anders, wenn dergleichen aus Gutheit verstattet wird.

Der Colonus darf Speciem fundi nicht mutiren sine domini Consensu, z. E. keine Koppeln machen. Das ist natürlich, weil es der generalen Verkoppelung, interim der Gemeinde schadet.
 

III.

Ad III.

Was die Gewohnheiten und Observanz in Ansehung der Erbfolge in den Höfen, als andere das Meier-Recht betreffende puncten nach sich bringe? a) von der Erbfolge.
Der älteste Sohn, wenn keine Söhne vorhanden, die älteste Tochter, und wenn überall keine Kinder da

1860/3 - 52


1860/3 - 53




Abfindung der Geschwister.
S. I. lit. g.
sind, einer der nächsten Anverwandten, darunter, wenn sie gleich nahe verwandt, hat Keines vor den andern einen Vorzug, sondern der Guts-Herr hat die Wahl. Der zum Wirth Bestimmte findet seine Geschwister, nach den Umständen des Gehöftes, mit gewöhnlicher Aussteuer und von dem Amte arbitrirendem Gelde ab.

NICHT nach dem Werth des allodii, DENN DABEI KÖNNTEN DIE HUFEN NICHT BESTEHEN. Wolerwogen daß dem Besitzer alle herrschaftl. praestanda und sonstige onera obliegen, daß ihn alle Unglücksfälle treffen, daß er die Alten, bei ihrem Unvermögen verpflegen, auch der gebrechlichen Geschwister sich annehmen muß.
Wie es mit dem sonstigen Nachlaß der Eltern gehalten wird? Die zurückbleibende Kleidung und baare Verlassenschaft der Verstorbenen wird unter den Kindern, oder sonstigen Erben, besonders vertheilt, wovon der Wirth seinen Antheil sowol als die Geschwister erhält, die Söhne nehmen des Vaters und die Töchter der Mutter Kleidungsstücke zu sich.
Erbfolge der Eheleute . Die nachbleibende Wittwe, wenn sie ihr Eingebrachtes zurücklässet, oder wenn die Ehestiftung sie nicht mehr favorisirt, bekommt, nach gemeinen Rechten, Kindes Theil von

1860/3 - 53


1860/3 - 54

  der baaren Verlassenschaft, und wenn keine Kinder da sind, tertiam.

Wenn der Sohn an Jahren zum Hauswirthe sich noch nicht schicket; so wird mit zuziehenden Vormündern überlegt, ob das Gehöfte bis zur Volljährigkeit jenes hin zu halten stehe, ohne einen Interims-Wirth zu setzen.
 
Von Interims-Wirthen. Im Fall des zu bestellenden Interims-Wirths wird diesem der Hof zum inventario überliefert, bis auf gewisse Jahre, daß der Sohn das 25-30. oder noch mehrere Iahre erreicht hat, wozu die Vormünder zum Amts-Consens die Einwilligung geben.
 
Deren Obliegenheit. Der Interims-Wirth muß das Inventarium in eben so gutem oder verbessertem Stande abliefern, vor die Verbesserung bekommt er den Altentheil; liefert er das Inventarium schlechter ab, als er es erhalten, so muß er den minderen Werth baar vergüten, oder es wird ihm am Altentheil gekürzt.

Der Interims-Wirth bekommt baar zurück, was er an Schulden, so nach dem Inventario auf dem Gehöfte gehaftet, bezahlt hat. Es wäre denn ein anderes ausgemacht, WIE ES ZUM ÖFFTEREN GESCHIEHET, daß z. E. der Interims-Wirth von 400

1860/3 - 54


1860/3 - 55

  Altentheil. Schulden etwa 100, oder mehr bezahlen solle, die ihm nicht vergütet werden.
 
Zusammenzurufende Creditores zum Vergleich. Es ist angerathen und geschiehet zum öfteren, besonders bei einzusetzenden Interims-Wirthen, daß man die Creditores zusammen fordert und einen Vergleich stiftet, mit Rücksicht auf die Vorzüglichkeit, als Gesindelohn, confirmirte, oder sonst privilegirte Schulden, daß sie gegen baare Bezahlung an ihren Forderungen herunter lassen.
 
A. I. lit. g. Wollen sie das nicht, so müssen sie sich terminliche Bezahlungen gefallen lassen. DENN DER GUTS-HERR IST IM LAUENB. ABSOLUTER EIGENTHÜMER SEINER GUTS-HERRL.-GEHÖFTE; warum haben Creditores sich auf fremde Güter eingelassen? Was eben angeführt, ist zu verstehen, wenn die Gehöfte von so geringer Beschaffenheit oder so schlecht cultivirt und instruirt sind, daß man ohne verliehene Remissions-Jahre keinen Wirth dazu bekommen kann; sonst läßt man es quoad Allodium zum Concurs kommen und verkauft es meistbietend.
Altentheil. Der Interims-Wirth hat den stipulirten Altentheil nach verliehenen Regierungs-Jahren, und der Altvater sowohl als dessen Frau müssen

1860/3 - 55


1860/3 - 56

  dem jungen Wirth mit leichter Arbeit, guter Aufsicht im Hause, und nach Vermögen, zu Hülfe kommen. Von dem geringen Altentheil können sie nicht leben, also müssen sie durch ihrer Hände Arbeit sich mit ernähren.
 
Interims-Wirth muß den eigentlichen Erben der Stelle Lohn geben, oder er dienet auswärtig. Der Interims-Wirth behält den eigentlich künftigen Hauswirth bei der Stelle, und giebt ihm Knechts- oder Jungens-Lohn. Wenn diesem solches nicht anstehet, so vermiethet er sich bei einem Fremden, und verdient also etwas bis zum 25., etwa 32. Jahr, um nicht mit leerer Hand den Hausstand anzufangen, und behörige Kunde seiner künftigen Regierung zu erlangen. Gewöhnlich ist es, daß, wenn der Altentheils-Mann beweibt ist nach seinem Absterben der halbe Altentheil an die Stelle zurück fällt; es wäre denn, daß ein anderes, nemlich daß der volle Altentheil bleiben solle, bis die Kinder zum h. Abendmahl gewesen, oder aus sonst bewegenden Ursachen vom Amte ausgemacht. Der Interims-Wirth bekommt nach der Regel den Altentheilsbelang frei aus- und eingestellet; es verstehet sich, daß er dabei hilft.

Der Interims-Wirth nimmt die ihm vermachten Kühe von der Stelle.

1860/3 - 56


1860/3 - 57

  Wenn er verstirbt, so verbleiben sie bei der Stelle, es wäre denn, daß bei der Ablieferung ihm keine Inventarien-Verbesserung nach seiner Ehestiftung obgelegen; solchenfalls gehöret die Altentheils-Kuh, wenn mehr, als das Inventarium vermag, abgeliefert worden, seinen Erben.
Von nachbleibendem Korn und Fourage. Dem Altentheils- Mann und dessen Erben gehören die eingescheuerten Kornfrüchte, nicht aber der Mist, das Stroh und Heu, so nach dessen Absterben übrig ist, welches zur Stelle zu lassen.

Wegen des Interims-Wirths und demnächstigen Altentheils kommt es sehr und, zum Vergnügen der Interessenten, auf die Verabredungen an, worunter Beamte Vorsichtigkeit zu verwenden haben.
 
Von Ehestiftungen. Ein angehender sich verheirathender Wirth wird allenfalls bei Strafe angehalten, eine Ehestiftung zu errichten, zu Vermeidung beschwerlicher Processe. Eheleute auch vom Bauer-Stande erben einander weiter nicht, als was die gemeinen Rechte mitbringen. Diese Ehestiftungen enthalten, ob das von der Braut oder dem einheirathenden Bräutigam Eingebrachte auf den Todes-Fall der Stelle verbleiben, oder davon- und

1860/3 - 57


1860/3 - 58

  wie viel den Erben des zuerst Verstorbenen herausgegeben werden solle.
Bedeutung der Clausul längst Leib längst Gut. Die gewöhnliche Expression ist "längst Leib längst Gut;" das bedeutet, wenn nicht besonders vermeldet wird,
 
  1) Daß das Eingebrachte dem Gehöfte verbleibe.
2) Daß der Ueberlebende auf das Gehöfte wieder heirathen dürfe.
3) Es verstehet sich, wenn Kinder vorhanden, daß, wie schon oben gesagt, gewisse Regierungs-Jahre bestimmt werden.
4) Schließt diese Clausul längst Leib längst Gut sogar der Eltern Pflichttheil aus, wolerwogen daß die Ehestiftungen untadelhaft errichtet worden; solchemnach werden die Eltern, welchen kein Pflicht-Theil verbleibt, zugezogen, und consentiren; warum wollten sie auf solche Weise dem Pflichttheil nicht entsagen können, um somehr, da der Altentheil ihnen zu verabreichen ist.
5) Nicht confirmirte Ehestiftungen, und so ist es auch mit nicht förmlich errichteten Testamenten, haben keinen Effect. Nach bekannter Verordnung.
  Der Colonus ist befugt, sein Gehöfte quoad Allodium Consensu

1860/3 - 58


1860/3 - 59

  domini zu verkaufen. Es verstehet sich, wenn eine Ehestiftung errichtet, daß die Frau im Beistand Curatores damit zufrieden.
Das kann auch solchergestalt geschehen, wenn Kinder vorhanden, und die Umstände es anrathen.
 
Gutsherrlicher Consens kann auch expost erfolgen. Der Consens kann auch expost erfolgen, allermaaßen die Nullität lediglich zum faveur des Gutsherm eintritt.

Ehestiftungen können wegen der Clausul längst Leib längst Gut denen in der Ehe erzeugenden Kindern das Erb-Recht oder die Nachfolge im Gehöfte nicht benehmen, sondern in diesem Fall bedeutet solche nur, daß der Wittwe der Altentheil zu bestimmen, daß sie auf das Gehöfte wieder heirathen dürfe und die Bestellung eines Interims-Wirths verlangen könne. Nach der Regel wird nicht verstattet, daß der InterimsWirth, wenn er während der Regierungs-Jahre sich anderweit verehelicht, der sodann etwa nachbleibenden Wittwe einen Altentheil verschreibe. Jedoch rathen die Umstände, z. B. wenn noch keine Kinder von voriger Ehe vorhanden, wenn die zweite Frau etwa ein Ansehnliches
 

1860/3 - 59


1860/3 - 60

  in das Gehöfte bringet, welches sie andergestalt zurücknehmen müßte, verschiedentlich ein anderes an.
 
Ob die Seitenlinie durch die Clausul längst Leib längst Gut von der Nachfolge im Gehöfte ausgeschlossen werde? Die Clausul längst Leib längst Gut, schließt, wie gesagt, die Kinder von der Nachfolge im Gehöfte nicht aus, wohl aber die Seitenlinien, wenn z. E. der Hof von Aelter- oder Großvater herkommt. Es hat das etwa vermeinende Näher Recht im Herkommen keinen Grund, allenfalls müßte es erwiesen werden. Dem tritt hinzu, daß die Seiten-Linie ohndem von der Stelle abgefunden ist, wiewohl sie succedirt, wenn keine Ehestiftung vorhanden.
 
Egalisirung der Hufen. Der Gutsherr ist absoluter Eigenthümer der seinen Colonis eingethanen Hufen und Katen,

ist also die Frage, worauf es vornehmlich bei der Allerhöchst beliebten Verkoppelung gar sehr ankommt, und ohne welche Gleichmachung deren Nutzen fast wegfällt. Der Guts-Herr müsse an derer Gestalt von seiner Forst soviel hergeben, daß die minder bonitirten den größesten gleich würden, welches mehrstens nicht thunlich, auch dem Guts-Herrn, da er sich aus der Commu-

1860/3 - 60


1860/3 - 61

  nion zu setzen, mit Abgebung eines Weichholz- und Weide-Aequivalent sonder Zweifel befugt ist, nicht mag zugemuthet werden.
Da, wie schon erwähnt, notorisch kein Hufen-Maaß vorhanden, kann der Guts-Herr, vielmehr der Landes-Herr, verlangen, daß seine Unterthanen, deren Land und Sand, wie es der Bauer sehr expressiv nennt, ihm gehört, und die billig auf gleiche Landesväterliche Art von Ihm zu behandeln sind, an Acker und Wiesen, so wie an Praestandis sich egalisiren lasse?
Es scheinet, nach öfters Angeführtem, da der Gutsherr absoluter Eigenthümer der seinen Gutsleuten eingethanen Gehöfte ist, die Bejahung augenfällig zu sein.
Indessen erscheint der Zweifel:
Nach dem Königl. Rescripte d. 1718 heißt es wörtlich also:
"Anlangend obangeführten zweiten Punct, wegen der Gutsleute, so gleiche praestanda zu entrichten haben, Gleichmachung in ihren Guts-Pertinenzien; so halten wir dafür, daß wenn etwan nur eine geringe Ungleichheit, als etwan von zwei oder drei Himten Einsaat sich findet, man deswegen keine Ver-

1860/3 - 61


1860/3 - 62

  änderung zu machen, sondern jeden Hof in seiner jetzigen Consistenz und utilibus und oneribus zu lassen habe.
  Wenn aber eine merkliche Ungleichheit sich hervorthun und zu erweisen sein sollte, daß der in denen praestandis seinem Nachbar gleich jetze stehende geringere Hof vormals wüste gewesen und daher die praesumtion für den geringeren Hof militirte, daß ihm währender solcher Verwüstung von seiner Länderei, durch seinen Nachbaren, mit welchem er gleiche onera behalten, etwas abgezweckt worden, so kann und muß dem Guts-Herrn nicht verwehrt werden, dahin zu sehen, daß beide wegen der praestandorum in gleichem Anschlage stehende Höfe auch in die Gleichheit an Zubehörungen und utilibus, woraus sie injuria temporum gefallen, gesetzt werden mögen."
Obig erforderter Beweis ist sehr schwer und meistens unmöglich, wenn man die Krieges-Zeiten seit 1618, worauf es in Ansehen wüst gewordener Höfe ankommt, rechnen will.
Es ist auch sehr weislich verordnet, daß es auf einen geringen Unterschied nicht ankommen solle.

1860/3 - 62


1860/3 - 63

  Im Lauenburgischen nämlich ist die verschiedene Qualität des Landes in einer selbigen Feldmark, ja gar auf einem selbigen Acker-Stücke sehr möglich. Es ist damit nicht so beschaffen, als im Calembergischen. Dann kommt es auch auf die entfernte oder nähere Belegenheit des Ackerstückes an. Letzterer kann die Nützung doppelt und vierfach vergüten.
 
Mit der Egalisirung bei Verkoppelungen hat es eine andere Bewandtniß, als die Allerhöchsten Rescripte d. a. 1718 et 1727 reden. Also ist jetzt die Rede nicht davon, wie die obige Verordnung, bevor man an Aufhebung der Gemeinheiten oder an Verdoppelungen gedacht hat, in vielen Rücksichten Anwendung gefunden hat. Sondern man hat ja wohl die jetzt wahr seiende wohlthätige Absicht in Erwägung zu ziehen.
 
  Bei den Verkoppelungen soll sie die sehr zuträgliche privative Nutzung des Eigenthums beschaffen. Die Parcelen sollen mit Zutritt der Theilnehmenden, so viel menschliche Einsicht in Haushalts - Geschäften vermag, ratione situs et qualitatis bonitirt werden. Sie erhalten ein bedürfendes Aequivalent wegen des Weichholzes und Weidegangs.
Da von dem Allergnädigsten Könige durch die Gemeinheitsaufhebung

1860/3 - 63


1860/3 - 64

  vor alle und jede Einwohner Landesväterlich gesorgt wird, - (wiewohl es gleich als alle Veränderungen zu Anfangs oder in der ersten Stellungs-Zeit, bevor die Koppeln fertig sind und zum abzielenden Nutzen gedeihen, Beschwerlichkeit und Kosten mitführet), sollte er denn anders als in gleicher Maaße vor gesammte Landeskinder gnädigst zur Egalisirung besorgt sein.
 
Käthner müssen ein Aequivalent haben, in Ansehen des bei vorhandener Gemeinheit haltendes Viehes. Die Käthner oder sogenannte Kleinen sind bisher befugt, ihr haltendes Vieh auf die Gemeinheit zu treiben. Wenn der Höfener zum Herren-Dienst ziehet, so verzehrt das von den Kleinen haltende Vieh während der Abwesenheit der Gespannen die Grasung vorzüglich mehr als das Vieh der Höfener.
  Daraus folgt, wenn der Höfener seine Koppeln privative hinkünftig nützet, so muß er, oder vielmehr gesamte Höfener den Kleinen von ihren hiebevorigen Besitzen so viel abgeben, daß sie vor ihr Vieh Weide haben. Um so weniger können sie sich der Egalisirung entlegen, da solchergestalt den Kleinen Ziel und Maaße im Viehhalten gesetzt wird, daß sie die Anzahl nicht überschreiten, welches bei der Gemeinheit von

1860/3 - 64


1860/3 - 65

  den Kleinen, so etwan bemittelt, zum Nachtheil der Hufen geschiehet - oder geschehen kann.
Von Erbenzins-Güter. Es giebt auch im Amte Erbenzins-Güter, z. B. die Graupenmühle zu Farchau und zu Ancker, die Papiermühle, des ROHRDANTZ in dem Ratzeburger See ausgedämmter Platz zum Lagerhause, die Erbenzins-Mühle zu Hornbeck, welches wir nur incidenter anführen, da sie zu den Bauer-Gehöften nicht zu rechnen sind, und in Ansehen deren tritt die Verfügung des gemeinen Rechts ein.
  Sollten etwan hier übergangene bisher unbedenkliche Fälle eintreten, so werden sie nach der Billigkeit und analogia juris vom Amte arbitriret, und vorbehältlich königlicher Kammer Genehmigung entschieden.
Wir schließen diesen Bericht mit dem Hinzufügen, daß, besage eines in der Amts-Registratur sich findenden Ausschreibens hiebevoriger Landesherrschaft, ni fallor d. a. 1655, schon die Frage gewesen, was es vor eine Eigenschaft mit den Bauers-Gütern habe?
Schade, daß sich der Bericht darauf nicht findet.

Ratzeburg d. 4. Juni 1777.
(Sign.) W. Kaufmann, (Sign.) G. L. Kirchhoff.

1860/3 - 65


1860/3 - 66

  AN KÖNIGL. REGIERUNG,
d. 18. Juni 1777.

Nach dem verehrlichen Ausschreiben vom 13. v. M. überreichen wir im Anschluß den erforderten Bericht
von der Qualität der Bauer-Höfe, von der Erbfolge, und dem Allodio, besonders im Amte Ratzeburg.

Bemerken dabei, daß sich, was die eigentlichen Bauer-Gehöfte betrifft, kein Unterschied, außer was die Bauer-Häuser anlanget, ob nämlich -
die Allergnädigste Herrschaft das Bau-Holz dazu ohnentgeldlich hergegeben habe oder nicht,
finde.

Wir verstellen es zu hoher Beurtheilung und etc.

(Sign.) W. KAUFMANN.

 



____________________


 


 

 

 

 



*