Auf der vortrefflichen, von dem K. Generalstabe
entworfenen Karte des Herzogthums Lauenburg finden sich einige
unrichtige Bezeichnungen der Grenzen, welche namentlich in zwei
Fällen, in denen die Landesgrenze zum Nachtheile des Herzogthums
nicht richtig bezeichnet ist, öffentlich besprochen zu werden
verdienen, indem diese, unter Autorität jener Königlichen Behörde
bearbeitete und herausgegebene Karte gewissermaaßen als eine
öffentliche Urkunde angesehen werden kann, und in streitigen Fällen
sogar als ein Beweisdocument gegen die hiesige Landeshoheit an den
fraglichen Stellen angesehen und benutzt werden könnte. 1)
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1) Eine derartige Benutzung der Karte ist allerdings schon
vorgekommen. - Der Rögeliner (Dechower) See ist auf der Karte als
ganz zum Fürstenthum Ratzeburg gehörig bezeichnet, von Alters her
aber ist ein Theil des Seees, so weit von der Dechower Seite "ein
Reiter auf einem weißen Rosse" in denselben hinein
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1. Wenn man auf der Karte die alte via regia auf
der jetzigen Möllen-Lübecker Chausseelinie von Fredeburg bis Einhaus
verfolgt, so wird man finden, daß von dem Giesenstorffer Redderwege
an, die Bezeichnung der Landesgrenze von der westlichen auf die
östliche Seite dieser Wegelinie überspringt, und auf dieser Seite
fortläuft, so weit die Chaussee die Feldmarken der Lübischen Dörfer
Giesenstorff und Harmstorff berührt; daß diese Chaussee also auf
eine Strecke von 4 bis 500 Ruthen als unter Lübischer Landeshoheit
stehend, bezeichnet ist.
Dieselbe Wegestrecke ist schon auf der von H. G. und L. Behrens im
Jahre 1827 herausgegebenen Karte des Gebietes der freien Stadt
Lübeck IN DERSELBEN WEISE ALS ZU LÜBECK GEHÖRIG bezeichnet, und es
ist wahrscheinlich, daß die Generalstabsofficiere diese, übrigens
sehr gute Behrenssche Karte bei ihren Arbeiten benutzt haben, und
durch dieselbe, vielleicht auch durch Angaben der Giesenstorffer
Bauern, welche diese Wegestrecke früher als Gänseweide benutzt haben
sollen, zu der irrthümlichen Bezeichnung veranlaßt worden sind. Von
der Stadt Lübeck scheint, wenigstens jetzt, kein Anspruch auf die
Landeshoheit, die derselben im Wesentlichen auch nur die
Unterhaltungslast zuziehen würde, gemacht zu werden; die neuern, wie
ich meine im Anfange des Jahres 1851 aufgestellten, mit dem Lübschen
Wappen bezeichneten Grenzpfähle stehen wenigstens sämmtlich auf der
westlichen Seite der Chaussee, hart an den Wällen der Giesenstorffer
und Harmstorffer Koppeln, womit von Lübischer Seite die Chaussee
offenbar ausdrücklich als Lauenburgisch anerkannt ist.
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reiten kann, als Sächsisch in Anspruch genommen, und soll dieses
auch früher von den Mecklenburgischen Behörden anerkannt sein. Bei
den neuerdings über die Abwässerung des Rögeliner Seees und des
Kuhlrader Moores Statt gehabten Verhandlungen, haben aber die
Mecklenb. Behörden die Grenz-Bezeichnung der Generalstabscharte
gegen die diesseitigen Ansprüche angeführt und hervorgehoben.
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2. So weit die Stecknitz die
Mecklenburg-Strelitzischen zum Fürstenthum Ratzeburg gehörigen
Enclaven von Mannhagen, Panten und Hammer berührt, findet man aus
der Generalstabskarte gleichfalls, daß die Bezeichnung der
Landesgrenze von dem westlichen auf das östliche Ufer überspringt,
und den Lauf der Stecknitz selbst, auf eine Strecke von etwa 700
Ruthen, deutlich ALS UNTER MECKLENBURGISCHER LANDESHOHEIT STEHEND
bezeichnet. Woher dieser Irrthum rührt, ist dem Referenten nicht
bekannt, doch ist wohl als gewiß anzunehmen, daß von Seiten des
Fürstenthums Ratzeburg derartige Ansprüche niemals erhoben worden
sind.
3. Weniger wichtig, aber doch eben so auffallend ist eine
Unrichtigkeit der Grenzbezeichnung zwischen dem Amte Ratzeburg,
namentlich der Feldmark des Amtsdorfes Salem und der Feldmark der
Stadt Ratzeburg. Auf der Generalstabskarte sind nemlich diejenigen
Felder, welche in dem Winkel, zwischen dem, die Scheide bildenden,
früher Nöltingschen, jetzt dem Oeconomen C. Rusch gehörigen Teiche
und dem herrschaftlichen Forstorte Hundebusch belegen sind, und zwar
auf beiden Seiten des von Ratzeburg nach Salem führenden Fahrweges,
als zur Stadt Ratzeburger Feldmark gehörig bezeichnet, während
dieselben doch, wie allgemein bekannt, Salemmer Koppeln sind.
Die vorstehend aufgeführten Unrichtigkeiten sind bereits von dem
Ingenieur Wollheim, als dieser im Jahre 1851 nach der
Generalstabskarte seine Karte des Herzogthums Lauenburg bearbeitete,
2) auf Veranlassung des Referenten vermieden und die
Grenzbezeichnungen berichtigt worden, dieselben Fehler finden sich
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2) Karte vom Herzogthum Lauenburg. Nach der Generalstabskarte von
1844 entworfen, revidirt und vermehrt vom Ingenieur H. I. Wollheim.
Ratzeburg, 1852. Verlag der Buchhandlung von H. Linsen. Colorirte
Ausgabe 1 Rthlr. 16 ßl. Schwarze Ausgabe 36 ßl.
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1857/20_2 - 452
aber wieder unverändert auf der neuen Ausgabe der
Generalstabskarte.
Die schon in den Jahren 1838-1843 von Geerz bearbeitete Karte von
Holstein und Lauenburg, hat die Grenzbezeichnungen, welche oben
unter 1. und 2. aufgeführt sind, richtig, dagegen findet sich der
unter 3. bemerkte Fehler gleichfalls auf dieser Karte, und ist, der
Kleinheit des Maßstabes ungeachtet, deutlich zu erkennen. -
Dem Referenten ist nur ein sehr kleiner Theil des Landes aus eigener
Anschauung genau bekannt, darnach aber, daß derselbe in diesem
kleinen Theile schon diese drei nicht unwesentlichen und leicht in
die Augen springenden Unrichtigkeiten bemerkt hat, wird es
wahrscheinlich, daß sich manche andere ähnliche Fehler der Karte
nachweisen ließen. Z. B. hält der Referent es für möglich, daß bei
der Bezeichnung der Landesgrenze, dem Hannoverschen Dorfe Stove
gegenüber, auf dem, diesseits der Elbe belegenen, Stover Werder, den
Hannoverschen Ansprüchen zum Nachtheile des Landes zu viel
nachgegeben ist.
Der Referent mögte der Gegend kundige Männer, namentlich Forstmänner
auffordern, die ihnen speciell bekannten Gegenden mit deren
Verzeichnung auf der Generalstabskarte genau zu vergleichen, und
ihre Bemerkungen zu veröffentlichen.
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Druckfehler. (Sämtliche Druckfehler
wurden an Ort und Stelle berichtigt).
In dem Aufsatze
Nr. X S. 248. Z. v. o. lies "präparirt" statt präponiert.
Nr. X S. 253. Z. v. o. lies "indicirte" statt indirecte.
Nr. X S. 260. Z. v. o. lies "es erst" statt erst.
Nr. X S. 262. a. E. v. o. lies "extraneos" statt estraneos.
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