Das Stift Marienwold bei Möllen verdankt seinen
Ursprung räthselhaften Offenbarungen einer Schwärmerin, welche sich
berufen hielt, reformatorisch auf die römisch-katholische Kirche
einzuwirken, und welche auf eben dem Concil in den päbstlichen
Himmel erhoben ward, wo man den verständigen Huß seiner
reformatorischen Bestrebungen halber allen Teufeln übergab. Um
dieselbe Zeit aber ist auch das KLOSTER MARIENWOLD (silva Mariae)
gestiftet, zu dem sich Nonnen und Mönche in nicht unbedeutender
Anzahl vereinigten, und ungeachtet des Gelübdes der strengsten
Armuth so viele Güter, Dienste und Hebungen erwarben, daß sie den
Neid der Fürsten erregten. - Zwei Jahrhunderte später finden wir auf
einem Hofe der Stadt Lübeck eine alte, todkranke Schaffnerin nebst
einer geringen Zahl ärmlicher, greiser Frauen; die prächtigen
Stiftsgebäude sind vom Boden vertilgt; die Güter eine Beute
sächsischer Herren geworden; die Renten unbezahlt geblieben; der
Convent ist tief verschuldet und in einen langwierigen schikanösen
Proceß verwickelt; kaum ist Hoffnung
____________________
*) Mit Genehmigung des Herrn Verfassers dem Programm des Lübecker
Catharineums (Ostern 1848) entnommen.
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da, eine neue Aufseherin zu finden; die Vorsteher
selbst schildern den ganzen Zustand als höchst traurig. Solches ist
die Vorgeschichte des jetzigen Lübecker BRIGITTENHOFES.
BIRGITTE - oder, wie das Volk sie nannte: Brigida, Brigitta -
Tochter des schwedischen Landrichters BIRGER PEHRSON zu Finsta, und
aus demselben Geschlecht, das sich später Brahe nannte, ward um
1302
geboren, und starb am 23. Juli 1373 zu Rom. Schon ihr Vater führte
ein streng aszetisches Leben, und ihre Mutter war Visionärin;
Birgitte aber und ihr Gatte, der Landrichter zu Nerike, ULF
GUDMUNDSSON, übertrafen beide an schwärmerischer Erregung und
kirchlicher Frömmigkeit: schon bei ihren Lebzeiten ward sie als
Heilige verehrt; auch ist sie selbst (1391, noch feierlicher aber
1415) und ihre jüngste Tochter Katharina von der Kirche kanonisirt:
König MAGNUS ERICHSSON schenkte ihr 1348 einen Hof zu VADSTENA in
Ostgothland, den sie zu einem Kloster einrichtete, in welchem sie
besondere Mittheilungen und Vorschriften des Erlösers zur
Verbesserung der Kirche verwirklichen wollte. Diese Offenbarungen
(revelationes S. Brigittae) sind von ihrem Beichtvater und ständigen
Begleiter MATTHIAS in 7 Büchern zusammengestellt; dazu kam auf
Betrieb des Erzbischofs ALFONS VON GUYENNE ein achtes, das
auszugsweise die Ermahnungen an die Fürsten enthält, und endlich
lieferte einige Zeit nach der Seherin Tode PRIOR PETER VON ALVASTRA noch ein neuntes: die
revelationes extravagantes. Auf dringende
Empfehlung nordischer Fürsten und Bischöfe erkannten die Päpste, ob
sie gleich selbst hart darin angegriffen waren, die ganze Sammlung
als göttlich an, und die Kirchenversammlungen zu Konstanz und zu
Basel, jene trotz einer scharfen Kritik Gerson's, diese nach einer
panegyristischen Prüfung des berüchtigten Torquemada, bestätigten
solches auf's feierlichste. Ihr erster Abdruck geschah zu Rom 1488
in 4.; eine authentische Ausgabe besorgten die Brüder
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von Vadstena in Lübeck 1491-92, zu
16 Exemplaren
auf Pergament und 800 auf Papier, durch Bartholomäus Gothan (1492,
fol.); eine erbauliche niederdeutsche Bearbeitung - die von BRUNS
(Beiträge zur krit. Bearbeitung alter Handschriften, Drucke und
Urkunden S. 197-208) beschrieben ist - gab der räthselhafte Drucker
in Lübeck 1496 in 4. heraus. Auch Gebete schrieb die Heilige, welche
- wahrscheinlich das einzige schwedische Buch - sogar ins Arabische
übersetzt sind.
Der ORDEN DER HEIL. BIRGITTE ist schon bei ihren Lebzeiten von Papst
Urban V. 1370 bestätigt, und wahrscheinlich ist ihm auch zugleich
die Regel des heil. Augustin vorgeschrieben, die jedoch Peter von
Alvastra erweitert hat. Daher heißt er auch BIRGITTENORDEN
NACH DER REGEL DES HEIL. AUGUSTINUS. Die Stifterin selbst aber nannte ihn
ORDEN DES ERLÖSERS (S. Salvatoris), und widmete ihn der heil.
Jungfrau; daher der Name: SCHWESTERN und BRÜDER DER HEIL. JUNGFRAU
UND BIRGITTEN, AUGUSTINERORDENS, GENANNT DES ERLÖSERS. Die Regel,
welche sie ihm gab, wollte sie durch besondere Offenbarung von
Christus selbst empfangen haben. Aufrichtige Demuth, reine
Keuschheit, und freiwillige Armuth forderte sie vor allem. Jeder
Convent sollte höchstens 60 Schwestern zählen, welche in einem
abgeschlossenen Gebäude wohnten und in der Kirche das obere Chor
einnahmen; von ihnen völlig getrennt hielten sich 13 Priester, nach
der Zahl der Apostel, den Paulus eingerechnet, 4 Diakonen, nach der
Zahl der 4 Kirchenlehrer Ambrosius, Augustinus, Gregorius und
Hieronymus, und 8 Laienbrüder. So glich das Ganze dem Chor der
13
Apostel und 72 Jünger des Herrn. Den Nonnen stand eine Aebtissin,
den Mönchen ein Generalbeichtiger vor. Die Regel des Erlösers
bedurfte jedoch und erhielt die Bestätigung der Päpste Urban
VI.
(1379) und Martin V. Die von Urban
V. gegebenen Satzungen
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dagegen wurden auf dem Generalkapitel zu Eichstedt
1487 entschieden verworfen.
Hauptzweck des Ordens war Wiederherstellung der alten ächten
Klosterzucht, da der Heiligen die zu ihrer Zeit geübte dermaßen
entartet schien, daß sie in ihrem Eifer die schmählichsten Vorwürfe
aussprach. Die gottesdienstlichen Uebungen nun blieben mit geringen
Ausnahmen die gewöhnlichen; ihre Vervielfältigung brachte keinen
Gewinn; Zerstreuung, Leichtfertigkeit, ja Lachen während derselben
mußten auch hier abgestellt werden. Bei der Vesper erbaten beide
Chöre sich wechselweise von einander Vergebung. An einem offenen
Grabe ward täglich das de profundis nebst einer Collecte angestimmt;
auch stand eine mit etwas Erde beworfene Bahre so, daß sie beim
Eingange in die Kirche von allen gesehen werden konnte. In den
Nonnenconvent durfte kein Mann, selbst kein Priester, eingehn; sogar
weltlichen Frauen war der Eintritt untersagt; ebensowenig war den
Schwestern gestattet, die Klostermauern zu verlassen. Verwandte und
Freunde traten an das Fenstergitter; denjenigen aber, welche dieses
nicht öffneten, ward höherer Lohn im Himmel verheißen; auch war
dergleichen Zwiesprache nur an Sonn- und hohen Festtagen von der
None bis zur Vesper gegönnt. Tiefes Schweigen mußte von der
Abendmahlzeit ab bis nach der Morgenmesse beobachtet werden; dann
ward nur das Nothwendigste besprochen; ein freieres Gespräch hatte
zwischen der Danksagung nach Tische und der Vesper, auch zwischen
Tischgebet und Mahl statt. Fastenspeisen gab es von Advent bis
Weihnacht, vom Freitag vor Fastnacht bis Ostern; Fische und
Milchspeisen vom Freitag nach Himmelfahrt bis Pfingsten, von
Kreuzerhöhung bis Michaelis, von Allerheiligen bis Advent; an den
Heiligen-Abenden der Marien- und Apostelfeste, auch vor Johannis,
Michaelis, Allerheiligen, Charfreitag und Frohnleichnam ward nur
Wasser und Brot gereicht. Sonst kam viermal die Woche Mittags
Fleisch;
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Freitags Fastenspeise, Mittwochs und Sonnabends
waren Fische und Milchspeise gestattet. Was man bedurfte, wurde von
der Aebtissin erbeten; übrigens sollte Niemand eines Hellers Werth
besitzen, Gold und Silber nicht einmal berühren, als beim Einweben,
und auch da nur nach besonderer Vergünstigung. Wer einen Besitz
verhehlte, ward strenge bestraft. Gab sich die Schuldige nicht
selbst in dem an jedem Donnerstage gehaltenen Kapitel, wo
Vergebungen verhandelt wurden, an: so saß sie am Boden und bekam
Wasser und Brot, durfte auch die Kirche nicht betreten, sondern
mußte sich den daraus Zurückkehrenden flehend zu Füßen werfen, bis
die Aebtissin sie nach der Freitags-Vesper aufhob, in die Kirche
führte und unter brünstigem Gebet vor dem Altar absolvirte. Selbst
die ohne Eingeständniß von Besitz Gestorbenen wurden nur nach
feierlicher Absolution bestattet. - Die Kleidung der Schwestern war
höchst einfach. Jede besaß zwei Hemden aus weißem halb flächsenen
halb wollenen Zeuge (burellum-Dirdendei), einen Rock, eine Kutte,
einen Mantel von demselben Stoff in Grau; das letztere
Kleidungsstück durfte keine Falten haben, und nur mit einem
hölzernen Knopf am Hals befestigt, im Winter jedoch mit Lamm- oder
Schaffell gefüttert sein. Ein weißleinenes Vortuch bedeckte Stirn,
Wangen und Brust, darüber hing bis auf die Schultern ein
schwarzleinener Weihel herab, und über ihm lag auf dem Haupte die
sogenannte Krone: weißleinene Streifen in Form eines Ringes mit zwei
kreuzweis darüber stehende Spangen, in den Winkeln mit fünf Stücken
rothen Tuchs, wie mit Blutstropfen, besteckt. Dazu kamen Strümpfe,
und im Sommer Schuhe, im Winter gefütterte, bis zum Knie reichende
Stiefeln. Endlich bezeichnete ein Ring an der Rechten das Verlöbniß
mit dem Erlöser. Das Lager war von Stroh mit Burell gedeckt, und
hatte nur unter dem Haupte Kissen und Pfühl. - Außer der Zeit des
Gottesdienstes und der geistlichen Uebungen durften die Schwestern
mit
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Verlaub der Aebtissin arbeiten. Die Aufnahme,
welche nicht vor dem 18. Lebensjahre, auf wiederholtes inständiges
Ansuchen, und nach zurückgelegter Probezeit, durch den Bischof
geschah, war sehr feierlich und ergreifend.
Die Priester und Brüder trugen, außer zwei Unterkleidern von weißem,
einen Rock von grauem Burell, eine dergleichen Kutte mit Kapuze, und
einen Mantel, der allenfalls gefüttert sein durfte. Die 13 Priester
hatten als Abzeichen links ein rothes, in der Mitte mit weißer
Hostie belegtes Kreuz; die 4 Diakonen einen weißen Kreis mit
4 ins
Kreuz gestellten Flämmchen (- die Abbildung bei HELYOT, 4, 38.
bezieht sich wahrscheinlich auf spätere Zeiten; für die frühere ist
wohl die von Ghotan, Bl. ddij Rückseite, gegebene genauer -); die
Laienbrüder schmückte ein weißes, mit fünf Blutstropfen besetztes
Kreuz. Ring, Weihel und Krone hatten sie nicht; wohl aber die
Tonsur, wie in anderen Klöstern. Vor dem 25. Jahre ward kein Bruder
angenommen; nachher war ihm nur der Weg in die Kirche gestattet.
Priester und Diakonen durften sich nur mit Gottesdienst, Gebet und
Studium beschäftigen, mußten aber alle Sonntage das Evangelium in
der Landessprache erklären, an allen hohen Festen predigen, jeden
Sonnabend und zu allen Festzeiten Communion halten, und täglich zur
Beichte sitzen. Fasten waren auch ihnen vorgeschrieben. Die
Schwestern durften sie nur bei der Communion sehen, und in deren
Haus nur mit dem Krankensakrament kommen, oder wenn Gestorbene zu
bestatten waren. Sonst verkehrten beide Theile durch einen in der
Scheidewand angebrachten Radschieber, durch den jedoch, nach der
Aeußerung eines Stralsunder Chronisten, allenfalls ein Mensch
durchgebracht werden konnte. Wenigstens dreimal im Jahre mußten die
Brüder dem Generalbeichtiger ihr Gewissen entlasten.
Die Aebtissin war das Haupt des ganzen Convents; ohne ihren Willen
oder Rath durfte nichts, was die Geschäfte und 1857/15
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die Güter des Stifts betraf, vorgenommen werden;
sie wählte auch aus den 13 Priestern den Generalbeichtiger. Dieser
hatte volle Macht zu lösen und zu binden, zu bessern und zu
verbessern, und alle Brüder waren ihm dergestalt untergeben, daß sie
ohne sein Geheiß auch nicht das Geringste vornehmen durften. Doch
beschränkte ihn in den gemeinen Klostersachen das Urtheil der
Brüder, der Vortheil des Ordens und der Rath der Aebtissin. Die
Beichtiger der Schwestern wählte er allein.
Der Bischof, in dessen Diözese das Kloster lag, war des ganzen
Convents Vater und Visitator und Richter. Er wachte über genaue
Befolgung der Regel, konsekrirte die Eintretenden, war beiräthig bei
der Wahl der Aebtissin, setzte den Generalbeichtiger ein und
bekleidete ihn mit der nöthigen Macht. - Der Landesfürst war
natürlicher Schutzherr des Klosters. - Dem Papste endlich waren
beide verantwortlich, und ohne seine besondere Einwilligung durfte
überhaupt kein Convent begründet werden. - Was in der Regel des
Erlösers nicht vorgesehen war, als: die Buße für Vergehungen, das
Begängniß der Gestorbenen, die Art der Visitation von Seiten des
Bischofs, und die Fälle, in welchen derselbe das Kloster heimsuchen
mußte, sollte aus den Regeln des h. Bernhard oder Benedict
herübergenommen werden; - wahrscheinlich waren die der
augustinischen angehängten Zusätze des Priors Peter von Alvastra der
Art.
Jedes Stift hatte eine Kirche, ein Kloster für die Schwestern und
eine Curie für die Brüder. Die Stiftspersonen wurden erst dann
feierlich eingeführt, wenn alles fertig war; es durften ihrer jedoch
nicht weniger sein, als der Gottesdienst nöthig machte. In der
Kirche waren 13 Altäre mit Zubehör; das Geräth derselben durfte von
edlem Metall sein. Bücher zum Lernen und Studiren, wie zur Liturgie,
waren gestattet. Die Eintretenden brachten so viel mit, als
durchschnittlich für sie zum Unterhalt auf ein Jahr ausreichte;
sonst lag der Aebtissin die Bestimmung
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über Geld, Kleider, Gebäude und Nahrung ob.
Hatten alle ihren Bedarf, so sollte ein Uebriges den Armen zufallen;
solche Spendungen fanden jährlich am Feste Aller-Seelen statt,
Pracht ward als schwere Sünde betrachtet. Gaben, deren das Stift
nicht höchstnothwendig bedurfte, mußten den Armen oder nothleidenden
Kirchen überwiesen werden.
Alle diese Einrichtungen aber waren keinesweges ausreichend; nicht
allein die Visitatoren hatten genug zu reformiren, auch die
Beschlüsse der Generalkapitel waren harter Weisungen voll. Schon
1422 befahl der Papst die schärfere und völlige Trennung der Brüder
von den Schwestern. Im Kloster Marienwold machte ein schwerer,
mehrere Jahre dauernder Zwist, dessen Einzelheiten uns nicht
erhalten sind, 1426 die Abhaltung eines General-Ordenskapitels
nothwendig; aber die Beschlüsse desselben gaben nur neuen
Uneinigkeiten und Spannungen Raum. 1428 gebot der Papst abermals die
strengste Sonderung beider Convente; allein König und Königin von
Schweden, wo das Hauptkloster lag, interzedirten für den Orden.
1429
hatte ein auch nicht zu allgemeiner Zufriedenheit führendes
Generalkapitel in Vadstena statt, dem auch Brüder aus Marienwold
beiwohnten; der Abschied desselben wurde sogar im dortigen Convent
nur einmal gelesen, und kam nicht weiter zum Vorschein. - Ein gutes
Zeugniß gab der Lübeckische Rath 1435 dem Kloster Marienwold.
Schwestern und Brüder, sagt er, wohnten weit genug von einander und
wären nach des Ordens löblicher Weise abgeschlossen; Tag und Nacht
seien sie in aller geistlichen Demuth und Eifrigkeit mit innigem
Beten, Singen, Lesen und andern guten Werken zu Ehren Gottes und
seiner werthen Mutter thätig; führten und erwiesen sich göttlich,
ehrlich und löblich, also daß ein jeder Christenmensch deß in Gott
billig froh sein möge. Wer ihnen, der Wahrheit zuwider,
Unziemlichkeit, Unglimpf und Unordnung nachrede, thue in der That
Unrecht. Er selbst habe nie anders von ihnen gehört
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oder erfahren, denn daß sie strenge des Ordens
Regel hielten, und würde es als Verbitter und Beschirmer auch nicht
anders dulden, sondern treulich auf Strafe dringen. - Dennoch hatte
der ganze Orden einen besonders harten Stand auf dem Concil zu
Basel, trotz aller Verschreiben, sogar des Königs und der nordischen
Bischöfe (1434). Endlich trat man von Vadstena aus direct mit Rom in
Verbindung; die ersten Gesandten aber wurden bei Wilsnack so völlig
ausgeplündert (1444), daß ihnen nicht einmal die Schriften und
Bücher des Ordens blieben; jedoch erlangte einer derselben, der in
Marienwold Schutz gefunden, durch die angestrengten Bemühungen des
Lübeckischen Rathes fast alles wieder. Spätere Werbungen scheinen
besseren Erfolg gehabt zu haben. 1455 verlangten viele Klöster
dringend die Abhaltung eines Generalkapitels zu Vadstena; weil aber
die dortigen Verhältnisse nicht günstig waren, versammelte man sich
1456 zu Marienwold: Die vorhandenen Nachrichten aber lassen auch
diesmal auf Unruhen und Zank schließen. Endlich scheint es auf der
Generalversammlung zu Gnadenberg im Bisthum Eichstedt zu dauernden
Bestimmungen gekommen zu sein (1487). Von Marienwold (silva Mariae
TAFENBURGENSIS dioeces. hat Nettelbla, Nachr. von einigen Klöstern
der h. Birgitte S. 164; offenbar ein Lesefehler für RAZENBURGENSIS)
war Arnold Berchtoldi dahin gesandt. Die wichtigsten Beschlüsse
waren folgende: Die Regel des Erlösers und die des heil. Augustin
mit den Zusätzen des Priors Peter von Alvastra, so weit sie jener
nicht widersprechen, sind des Ordens Norm; die Constitutionen Urbans
V. dagegen, so wie alle andern Statuten, Constitutionen, Indulte und
Privilegien, die der päpstliche Stuhl bestätigt, die aber zu
Vadstena vordem schon abgeschafft sind, sind ungültig und nichtig.
Die Berufung auf die Dekretalen oder andere geistliche Rechte, so
wie die Appellationen von der Entscheidung nach der Regel hören auf.
Kapitularische General-
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versammlungen sollen nur mit Bewilligung der
Convente zu Vadstena, Marienbo, Marienkron, Gnadenberg, Gnadenthal
und Marienforst veranstaltet werden. Bei Visitationen darf der
Bischof nur mit zwei Geistlichen kommen. In Gebräuchen und äußerer
Haltung hat man sich dem Kloster Vadstena zu konformiren. Weltliche
Gewalt bei Vergehungen von Klosterleuten in Anspruch zu nehmen, ist
strenge verboten. Ohne gewisse und ausreichende Einkünfte darf
fernerhin kein Kloster gestiftet werden; auch muß das neue Stift,
bevor die Conventualen es beziehen, fertig und vollendet sein; doch
genügt die Zahl von 20 Schwestern und 12 Brüdern, von denen
2
Laienbrüder sind. Zur Stiftung ist die Einwilligung des Papstes und
der Convente zu Gnadenberg bei Nürnberg, zu Marienforst bei Cölln,
zu Marienkron bei Stralsund erforderlich; auch wählt der ganze
Convent, von dem die Begründung ausgeht, die dazu tauglichen
Personen. Die Gebäude sollen fest, gesichert, mit den gehörigen
Mauern und Clausuren versehen sein; die Brüder dürfen keine
Speisekammern, Keller, Straflöcher u. dgl., nicht einmal besondere
Zellen haben. Das Halten von Raben, Kaninchen, Hunden, Vögeln, was
zu Leichtfertigkeiten Anlaß geben kann; desgleichen der Gebrauch
musikalischer Instrumente, als Clavicordien, Zithern, Flöten,
Lauten, wie auch Tanz und Schmauserei, besonders bei Einführungen,
sind untersagt. Fremde, ob geistlichen oder weltlichen Standes,
namentlich aber Kinder, müssen dem Kloster fern bleiben, und die
Sprachgitter sollen doppelt und so eng sein, daß man kaum zwei
Finger durchbringen kann. Im Kloster selbst darf die strengste
Scheidung von Brüdern und Schwestern auf keine Weise und bei der
schwersten Ahndung gehoben werden; selbst die Kleidungsstücke der
Brüder sind nur nach Anordnung der Aebtissin zu waschen. Geheimnisse
des Klosters, wie alles, dessen Bekantwerdung zum Nachtheil
gereichen könnte, zu offenbaren, wird bei Strafe des Gefängnisses
und der Infamie unter-
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sagt. Die Brüder dürfen das Kloster nur verlassen,
um eine neue Stiftung zu begründen, um ein Scandalum oder übles
Gerücht in Betreff ihres Convents zu tilgen, um Ketzer zu bekämpfen,
oder sonst in hochnöthigen Fällen. Jewelche Gabe wird an die
Aebtissin abgeliefert; dieser allein gebührt die Austheilung auch
des Geringsten, z, B. des Papiers, Laienbrüder außerhalb des
Klosters sind nur 4 zuzulassen, doch tragen sie das rothe Kreuz;
Laienschwestern mit Kreuz und Scapulier werden nicht angenommen;
auch Brüder anderer Orden, namentlich Bettelmönche, werden um des
lieben Friedens willen fern gehalten. Die Zahl der Küchenmädchen ist
4 (eine Erhöhung dieser Zahl, welche der Papst 1506 gestattete,
lehnte man in Vadstena ab); sie treten mit dem 18. Jahre ein und
werden sonst wie Schwestern gehalten, dürfen aber nicht überall
gegenwärtig sein. - Außer den gewöhnlichen Festzeiten und den
Marientagen sind die der h. Birgitte, nämlich ihre Translation am
28. Mai, ihr Todestag (dies natalis) am 23. Juli, und ihre
Canonisation am 7. October zu begehen, auch werden wöchentlich
einmal Horen und Messe in Bezug auf sie mit neun Lectionen
abgehalten; der heil. Anna ist jährlich ein besonderer Tag zu
widmen, aber auch alle Sonnabend zugleich mit der Maria zu gedenken.
Feierliche Processionen sind außer anderen besonders an den Tagen
Mariä-Heimsuchung, der Canonisation Birgittens, der Kirchweihe und
Petri-Kettenfeier zu veranstalten. - Als der Ratzeburgische Bischof
Johann Parkentin diese Beschlüsse bei der Visitation von Marienwold
am 13. Oct. 1488 zur Vollstreckung brachte, dankte der bisherige
Beichtiger ab; der neugewählte hatte 55 Stimmen.
Ungeachtet der erwähnten Gerüchte und Vorgänge bemühten sich doch so
Geistliche als Laien, nach den Begriffen damaliger Zeit, derjenigen
guten Werke theilhaft zu werden, denen der Orden und insbesondere
auch unser Kloster Marienwold gewidmet war. Man suchte diesen Zweck
einestheils durch Begabungen zu
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erreichen. Schon in dem ersten Stiftungsjahre,
1413, legirte der Lübeckische Bürger Cord Bloyebom
in sunte
Birgitten Kerken to Margenwold by Molne jährlich 8 Stübchen guten
rheinischen Weins zum Behuf der Messen. 1432, 18. Sept. überwiesen
Johann Brakel und Ehefrau für den Fall ihres Todes 10
jährlicher ewiger Rente; 1438 gab Herr Gerlach Kopperslegher
11
;
1444 der lüb. Domherr Joh. Weydeknepel 50
ewiger
Rente; 1451 Diedrich Kastorp 50
, Dutken van Boken
10
Bernd König zum Bau 4
der Rathmann Joh. Gerwer 10
zum
Bau und 10
zur Vertheilung.
1477, 11. Mai vermachte Hans
Swenghel 100
zum Gebäude. - Anderntheils stiftete man
Vikarien und Seelmessen. Dahin gehört die schon 1413 geschehene
Verlegung zweier von Zule'schen Vikarien nach Marienwold, damit der
armen szele Gottschalkes van Tzule, syner olderen, syner kyndere
vnde aller syner leffhouede szele al der guden werke de an dem
vorbenomeden Kloster schen delaftich werden, vorbath getrostet vnde
geroweth werden an deme ewigen ryke. Auch der Schutzbrief Herzogs
Erichs V. von Sachsen vom 28. Mai 1416 ward gegeben
vmme
vorweruynghe wyllen vnses eghen heyles vnde selicheyt vnde to troste
vnde to hoge aller cristenen selen vnde besunderghen der selen
seliger dechtnisse des jrluchtighen vorsten heren Erykes ychteswanne
vnses leuen vaders, vor Soffygen vnser moder, heren Johanneses vnses
broders vnde vor Elizabet vnser vrouwen vnde alle vnser vorolderen
vnde Eruen. Einer von ihm gestifteten Kapelle erwähnt der schon
genannte Domherr Joh. Weydeknepel, und weist ihr in seinem
Testamente 300
an.
1455 gaben für den Fall ihres Absterbens
Bürgermeister Hermann Stoppesak zu Gadebusch, und Mette, seine
Ehefrau, vmme de leve gades to erer beyder selen salicheit 20
ewiger Rente, wofür sich der Convent verpflichtete, sie nebst ihren
Freunden und Verwandten zweimal
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jährlich mit Vigilien und Seelmessen zu begehen,
und dabei den Schwestern 2 Tonnen Gadebuscher Bier, den Brüdern
eine, und jeglichem Mitgliede einen Wecken zu reichen. 1456,
10. Mai
schenkte Herzog Bernhard II. von Sachsen das Moor zwischen Salem und
Darchow, damit der Convent Seiner fürstlichen Eltern, Seiner selbst
und Seiner Nachkommen zweimal des Jahrs mit Vigilien und Seelmessen
gedenke. 1462, 26. Febr. setzte Johann Gerwer zu Hamburg jährliche
13
zu Weizenwecken aus, wofür er sich zwei Messen bedang;
1466, 13. Juni Hermann Uenkare ebendaselbst
2
ewiger Rente
für eine ewige Memorie. 1469, 7. Juli verpflichtete sich der Convent
gegen Zuweisung von 7 1/2
ewiger Rente zum beständigen
Begängniß der Conventualin zu St. Johannis in Lübeck, Taleke von
Verden, und deren Eltern. 1477, 11. Mai übernahm man gegen Empfang
von 100
Vigilien und Seelmessen für Hans Sokelandt und seine
beiden Hausfrauen und Kinder; am Tage derselben empfingen etliche
Brüder und Schwestern ein Maß Rheinweins und lasen dafür noch ein
miserere deus und ein de profundis. Hans Swenghel zahlte für eine
ewige Memorie 50
. Am
13. Aug. verehrten Lutke Hauedanck,
Bürgermeister zu Mölln, und seine Ehefrau Metke 1
8
jährlicher Rente zu Darreichung von 4 Lämmern und Weizenbrot am Tage
des heil. Leichnams; auch vereinbarten sie sich mit dem Convent
wegen Leibrenten, wofür nach ihrem Tode an eben jenem Feste eine
Tonne Bier geschafft werden sollte, alles gegen Gedächtniß an dem
suffreia feste (suffragia). Zu Vergebung ihrer Sünden zedirte die
Beguine Sophie Johannßen ihr elterliches Erbtheil in Dalberg und
Driberg im Schwerinischen am 5. Jan. 1503. Hans Ottermann, Bürger zu
Hamburg, gab am 17. April 1506 dem Kloster
600
, wovon
400 als
Brautschatz für seine als Conventualin eingekleidete Tochter; auch
sollte dreimal im Jahre seiner und seiner Familie gedacht werden.
Noch am 11. Mai
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1544 setzte der Ratzeburgische Vikar Caspar
Kemmerich zum Behuf seines ständigen Gedächtnisses 10
ewiger
Rente für Talglichte aus.
Noch größere Hoffnung auf des Klosters Wohlthaten glaubten
diejenigen zu haben, welche mit demselben in Brüderschaft traten.
Der Vikar Bartold Dusow zu Mölln erhielt am 23. Aug.
1464 die
Versicherung, daß er zusammt seiner Mutter brüderliche Theilnahme an
allen geistlichen Gütern, nämlich den Messen, Horen, Gebeten,
Lectionen, heiligen Betrachtungen oder Beschauungen, Fasten,
Vigilien, Bußübungen, Predigten und übrigen frommen und guten
Werken, welche die unaussprechliche Güte des Erlösers im Kloster M.
geschehen lassen würde, erlangt habe, und daß nach ihrem Ableben
beide gleich andern Freunden und Wohlthätern begangen werden
sollten. Ein gedruckter Pergamentbrief von 1504, wodurch Bertold
Kerckring und seine Ehefrau gleiche Zusicherung empfingen, läßt
vermuthen, daß solche Gewährung häufig vorgekommen sei.
Andere schätzten sich glücklich, auf dem geheiligten Boden des
Klosters eine Zeitlang leben zu dürfen. So verkaufte laut einer
nicht datirten Urkunde des 15. Jahrh. der Convent für
100
ein beim
Kirchhofe im Westen belegenes Häuschen an Heinrich Greverade zur
Benutzung für sich und seinen Bruder Adolf, auch Gotthard
Wiggerinck, Hermann Plönnies und Hinrich Custede - alles höchst
angesehene Lübeckische Herren, - und verpflichtete sich, gegen
Zuweisung von einem Drömt Roggen und 6 Schill. Lüb. ihnen dorthin
Holz, Brot und Dünnbier zu liefern, so viel nöthig; nach Absterben
der fünf Personen aber fiel die Wohnung wieder dem Kloster erb- und
eigenthümlich zu. - Manche erkannten es auch als Gnade, wenn ihre
Gebeine in dem Bezirk des Klosters Ruhe fanden: so ließ sich der
ehemalige Lübeckische Bischof Thomas Grote 1501 zu Marienwold
bestatten.
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Den höchsten Werth aber mußte ein Convent darauf
legen, wenn ihm an anderen Orten eine Ansiedelung seines Ordens
gestattet wurde. Solches erlangten die Conventualen von Mariendal
bei Reval in unsern Gegenden unter bedeutenden Opfern; dem von ihnen
gestifteten Convent zu Marienwold aber räumte schon 1421 die Stadt
Stralsund ihren Kirchhof zu St. Marien-Magdalenen sammt der darauf
belegenen Kapelle ein, um ein neues Kloster Birgittenordens dort zu
errichten. Interessant sind dabei die Bedingungen, weil sie
wahrscheinlich ähnlicherweise bei dem Lübeckischen Stifte zur
Anwendung gekommen sind. Der Lübecker Rath sollte bestimmte
Procuratoren, Coadjutoren und Provisoren aus seiner Mitte, oder aus
der Bürgerschaft bestellen, welche die Sorge für den Bau, den
Lebensunterhalt und die Feuerung übernähmen; dagegen verpflichtete
sich der Convent, keine Personen eintreten zu lassen, als daran
Bürgermeister, Rath und Provisoren Gefällen hätten, und keine Güter,
Besitzungen, Ackerhöfe zu erwerben, noch ihre Baulichkeiten zu
erweitern und zu vermehren, ohne Gutheißen und Bewilligung von
Bürgermeister und Rath. Nachdem die Stiftung des Klosters Marienkron
wirklich erfolgt war, wurde die Vereinbarung 1424 erneuert und
bestätigt. Doch scheint das Hauptverdienst in dieser Angelegenheit
dem thätigen Convent von Mariendal zu gebühren. Gerade in dem
letztgenannten Jahre nämlich brach ein Streit zwischen den Conventen
von Marienwold und Marienkron aus, wahrscheinlich wegen des
Abhängigkeitsverhältnisses. Der Generalbeichtiger von Vadstena
deputirte zur Schlichtung desselben den Prior von Mariendal, und
erwähnt als einer allgemein bekannten Thatsache, daß beide Oerter
und Klöster von dorther ihren Ursprung genommen hätten. Auch treten
in den beiden ersteren Urkunden von Seiten Marienwolds nur eine
Vice-Aebtissin oder Mutter, und ein Vice-Generalbeichtiger oder
Vater auf; wahr-
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1857/15 - 356
scheinlich also hatte der Mutterconvent noch die Oberleitung in
Händen behalten.
II.
Die ersten Anfänge des Klosters Marienwold sind,
so viel ich weiß, nirgends genau dargelegt; aus urkundlichen
Nachweisungen und Notizen aber ergiebt sich darüber Folgendes.
Ums Jahr 1412 - später schwerlich - kamen einige Brüder des
Birgittenklosters Mariendal unweit Reval nach Lübeck, um hier einen
neuen Convent zu stiften. Ihr Plan fand bei dem damaligen
revolutionären Regiment, welches sich der Stadt bemächtigt hatte,
geringe Unterstützung; doch in der nahen Aussicht auf besseren
Erfolg wandten sie sich ins Lauenburgischc und erwarben einen Platz
im Dorfe Bälau (thor Belowe), Kirchspiels Breitenfelde,
westsüdwestlich von Mölln, damals ein Eigenthum Ludolfs Schack.
Wahrscheinlich wurde der Bau sogleich begonnen, denn schon im Juli
1413 gestattete die Familie von Zule dem Bischof Detlev von
Ratzeburg, zwei desolirte Vikarien an der Schloßkapelle zu Schönberg
und in der Kapelle zu Schretstaken, damit nicht die Seelen der
Stifter ewiger Vergessenheit preisgegeben würden, mit allen
Einkünften und Rechten nach dem KLOSTER MARIENWOLD zu übertragen.
Die darauf bezüglichen Urkunden sind vom 24. und
26. Juli, vom 16.
October 1413 und vom 25. Juli 1416. In einer Quitung vom
24. Juli
1413 erklärt der Bischof ausdrücklich, daß SCHWESTERN
UND BRÜDER des
Klosters Marienwold, außer 8
jährlicher Rente, die sie an
Herrn Luder wegen der Vikarie zu Schönberg zahlen wollen, an Ludeke
Schack den Aelteren seinetwegen 200
als Pfandgeld für
Borstorp, und 30
für neues Gebäude entrichtet. Auch der Rath
zu Lübeck quitirt den ersamen Convent des NEUEN KLOSTERS
MARIENWOLD am 27. Oct. 1413 wegen 500
aus Bälau und Breitenfelde.
Endlich sagt eine Note zu Anfang
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des Hebungsbuches: thor below a. 1413 hebben vnsze brodere vnde
sustere van Reuele uth liefflant ersten de wonynge begrepen vnde
hebben dar gade gedenet XV. jare, beth dat hijr to petzke is eyn
closter in mer bequemicheit gade to denende gebouwet, vnde
hefft altydt beyde thor below vnde hijr to petzeke de namen
Marienwold.
Noch in demselben Jahre 1413 begannen die Unterhandlungen wegen des
Ankaufs von Bälau und (halb) Breitenfelde. Bürgermeister und Rath zu
Lübeck empfingen, wie eben angeführt, vom Kloster 400
Kapital
und 100
versessener Rente aus Gütern in beiden Dörfern,
welche sel. Volrad Schack an Reimer von Calven verpfändet, und
dieser den Quitanten überlassen hatte. Einen Tag später - am
28.
Oct. 1413 - ist die Einwilligungsurkunde datirt, in welcher Ludeke
Schack erklärt, daß er, in Gegenwart seiner gnädigen Herren von
Sachsen, der ehrlichen Samenung des KLOSTERS MARIENWOLD das Gut zu
Bälau und Breitenfelde mit allem Zubehör und Recht, wie sein sel.
Vater es erblich hinterlassen, zu ewigem Erbkauf abtrete. Ganz genau
ist dies freilich nicht. Denn der Verkaufsbrief von demselben Datum
erwähnt nur Herrn BORCHARD SANDEL, EINEN MITBRUDER DES KLOSTERS
MARIENDAL, als Käufer, und besagt, daß der Kauf zum Behuf
DIESES Stifts geschehe; auch Herzog Erich V. von Sachsen bekundet an eben
dem Tage dasselbe, fügt jedoch hinzu, daß er gebeten sei, die Güter
an HERRN BORCHARD SANDEL VON WEGEN DER BRÜDER UND SCHWESTERN IN
MARIENDAL zu übertragen; was er auch zugesteht. Erst nach Ludeke
Schack's Tode willigte dessen Bruder Marquard am 11. Nov.
1420 vor
den Herzögen Erich und Bernhard von Sachsen in die Verlassung von
Bälau und halb Breitenfelde AN DAS KLOSTER MARIENWOLD, FÜR
WELCHES DER KAUF VON HERRN BORCHARD SANDEL IN VOLLMACHT DES KLOSTERS
MARIENDAL GESCHEHEN SEI.
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Würde Herr Borchard Sandel hier nicht ausdrücklich
als MITBRUDER des Mariendaler Convents bezeichnet, so könnte man der
Vermuthung Raum geben, daß er einer der drei im Jahre 1418 zu
Vadstena für jenen Convent zu Priestern Geweihten sei. Es ist im
Diar. Vadsten. bei diesem Jahre von einem Borcardus die Rede, der
nach seiner Weihe und AUFNAHME ZUM BRUDER ins Kloster Marienwold
abging. Aber beide Convente standen längere Zeit in genauerer
Verbindung. Verbot doch Bischof Detlev von Ratzeburg am 23. Juli
1416 den Schwestern von Marienwold nachdrücklich und bei Strafe des
Bannes, einige aus ihrer Mitte nach Mariendal überzuschicken.
Wahrscheinlich waren Unzuträglichkeiten das Motiv zu solcher
Uebersiedelung; wenigstens vertröstet der Bischof auf heilsamere und
völlige Besprechung; in anderen Ordenssachen aber wären wohl Brüder
abgefertigt.
Uebrigens muß, wie aus dem Schutzbriefe des Papstes Julius
II. vom
22. März 1508 hervorgeht, Papst Martin
V. das Kloster,
wahrscheinlich bei der von ihm eingeholten Bestätigung, in seine
Obhut genommen haben. Auch Bischof Detlev von Ratzeburg gab am
13.
Juli 1414 einen Willebrief, worin er bezeugt, daß er zu Ehren des
allmächtigen Gottes und dessen allerseligster Gebärerin, der
Jungfrau Maria, und der heil. Birgitte, auch auf inständiges und
demüthiges Ansuchen des Klosters Mariendal, ein neues Stift
Birgittenordens in seiner Diözese zu errichten gestattet habe und
abermals gestatte, dem er den Namen Marienwold beilege. Freiwillig
und nach Besprechung und reifer Ueberlegung lasse er Schwestern und
Brüder mit den Freiheiten, Exemtionen und Privilegien ihres Ordens
zu, und gewähre ihnen die Vollendung und Bewahrung des Klosters, um
Gott gemeinschaftlich darin zu dienen, nehme sie auch sammt ihren
Gütern zu Gnaden, Gunst, Förderung und Verbittung auf. - Der
Ordensvorschrift in Betreff des LANDESHERRLICHEN SCHUTZES
1857/15 - 358
1857/15 - 359
konnte dagegen, wie es scheint, nicht genügt
werden. Doch nahm bei seinem Aufenthalte zu Kostnitz Kaiser
Sigismund am 27. März 1415 die sächsischen Birgittenklöster und
namentlich Marienwold in seine und des Reiches Obhut, und übertrug,
was, nach einer Aeußerung der Lübecker in dem oberwähnten Zeugnisse
von 1435, durch den Pabst bestätigt sein muß, eben dort am
15. Febr. 1418 die Handhabung derselben an die STADT
LÜBECK. Dieses
Conservatorium bekräftigten und verstärkten Friedrich IV. zu
Regensburg am 24. Juni 1471, Ferdinand
I. am 21. Juli 1559, und
Maximilian II. am 16. August 1570. - Ob die Herzöge von Sachsen
dagegen nichts versucht haben? Schwerlich ist die Begabung mit der
Schutzurkunde vom 28. Mai 1416 anders zu erklären, denn als Versuch,
den Patronat zu erlangen. In dieser nämlich gönnt und erlaubt Herzog
Erich V. die Erbauung eines Klosters zu Pezke als IN SEINEM LAND UND
GEBIET, und begnadigt die Conventualen mit folgenden Freiheiten:
1)
nimmt er sie und all ihr Gut in seine besondere Obhut und
Beschirmung, wie nur seiner eignen Mannschaft Güter, verheißt auch
Vertretung in Bezug auf auswärts liegende Besitzungen nach allem
Vermögen; 2) sollen und mögen sie all ihr Gut, das sie in Sachsen
bereits haben oder noch bekommen, ruhig besitzen und friedsam
gebrauchen nach Inhalt der Briefe, die sie darüber haben;
3) sollen
und wollen weder er noch seine Nachkommen das Stift oder deren Gut
in irgend welcher Weise beschatzen, oder irgend womit beschweren,
noch solches gestatten, sondern demselben treulich beiständig sein,
und helfen, daß es nicht Unrecht leide, 4) auch keine geistlichen
oder weltlichen Personen ins Kloster bitten oder bitten lassen, es
sei denn nach Ausweis der Regel; 5) verzichtet und entsagt er allem
Recht, Lehn, Lehnrecht oder Lehnwar, die er oder seine Vorfahren
bisher im Gute Pezke gehabt haben, oder gehabt haben möchten,
SO DASZ ES DER CONVENTUALEN FREIES GUT SEI UND BLEIBE ZU EWIGEN ZEI-
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TEN; DESGLEICHEN IHR ANDERES GUT, DAS SIE SCHON
BESITZEN ODER NOCH ERLANGEN WERDEN. - Wenn sich nun aller dieser
Gnade ungeachtet die Conventualen in den Schutz der Lübecker
begaben, so geschah dies gewiß aus dem Grunde, weil jene ihnen nicht
zuverlässig erschien, oder weil sie in einer Weise ausgesprochen
war, die nicht genügte. Doch davon nachher bei der Verlegung des
Klosters.
Noch erhellt aus der Vollmacht, welche der Generalbeichtiger Ulf zu
Vadstena an den Bruder Gerlach vom Kloster Mariendal gab (22. Oct.
1424), daß auch diesen beiden Conventen, dem letzteren als
Begründer, dem ersteren als dem Mutterstift, eine gewisse Sorge um
Marienwold zustand. Bruder Ulf bezieht sich freilich nur auf Zwiste
und Uneinigkeiten, die zum Nachtheil der Personen und des Orts, zum
Verderben der Seele und zum Anstoß sehr Vieler gereichten; aber er
legt sich zugleich eine gewisse Gerichtsbarkeit, die ihm nach
gemeinem Recht und den Ordensverhältnissen, so wie besonderem
Privilegium zustehe, auch das Amt eines Generalvisitators bei.
Jedenfalls aber konnte solche Berechtigung nur innere
Angelegenheiten betreffen, und eine Vertretung und Verbittung nach
außen scheint daraus nicht hergeleitet werden zu können; höchstens
mag sie in Bezug auf bischöfliche Verordnungen angenommen werden,
woraus sich denn auch wohl erklären ließe, daß das oben erwähnte
Verbot des Bischofs Detlev von 1416 (bei BENZEL,
Diar. Vadsten. p.
199.) sich in Schweden erhalten hat.
Wirksamer aber war jedenfalls die Thätigkeit des Mariendaler
Convents für seine neue Stiftung. Die Ansiedelung zu Bälau scheint
nämlich schon in den ersten Jahren als unzureichend erkannt zu sein;
die Mariendaler nahmen also ernstlich darauf Bedacht, den
Uebelständen abzuhelfen, und mochten keine bessere Auskunft als die
Verpflanzung des ganzen Convents finden. Nur sie können es gewesen
sein - wenn gleich die Urkunde nur
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1857/15 - 361
im allgemeinen der Schwestern und Brüder des
Birgittenklosters erwähnt - welche am 30. Nov.
1414 den Ankauf des
Gutes und Dorfes Pezke mit Otto von Krummesse abschlossen; denn
Herzog Erich V. von Sachsen sagt in seinem Schutzbriefe vom 28. Mai
1416 ausdrücklich, daß er den otmodighen vnde jnnigen susteren vnde
broderen des closters to mariendale jn liflande by reuel vergönne,
Petzkenbeke (Pezke) mit seiner und anderer biederen Leute Hülfe zu
bebauen, und ein vollkommen beschlossenes Kloster, nach der Regel
des Erlösers, Marienwold genannt, dort zu begründen. Dennoch
handelte der Convent zu Bälau auch selbstständig; noch in demselben
Jahre (am 9. Oct.) bescheinigt der Herzog, daß er mit dem Kloster
Marienwold um eine Zahlung von 600
Lehnwar übereingekommen
sei. Wahrscheinlich aber bedurfte Marienwold der mütterlichen
Vertretung bald nicht mehr, wenn auch dieselbe aus bereits
angeführten Gründen noch im J. 1421, bei Gelegenheit der Stiftung
von Marienkron, statt gehabt hat. Die Verlegung selbst ging
freilich, wie aus der oben angezogenen Notiz erhellt, erst 1428 vor
sich, und zwar am 4. Sonntage nach Ostern. Bischof Detlev von
Ratzeburg führte sie aus, krönte und beschloß 1438 am
24. Aug. 38
Schwestern und kleidete den Tag darauf 19 Brüder ein. Den Kirchhof
und die Kirche sammt den vorzüglichsten Altären konsekrirte Bischof
Johann Preen am Achtetage nach Marien-Heimsuchung 1458, damals ein
Sonntag. Doch feierte man im Kloster das Fest der Dedication nicht,
weil die möllnische Kirchweihe auf denselben Tag fiel.
Den eigentlichen Grund der Verlegung des Klosters erfahren wir
nicht; doch hebt der Lübeckische Rath in seinem mehrerwähnten
Gezeugniß vom 23. April 1435 hervor, daß unser Stift
BINNEN SEINER LANDWERE unfern seines Weichbildes Mölln liege. Nun war seit
1359
die Stadt Mölln zusammt der Vogtei in scheinbar ständigem Besitz der
Lübecker; Bälau lag außerhalb dieser Pfand-
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schaft, und war herzoglich; jedenfalls also der
Schutz und die Verbittung dort schwieriger zu handhaben, als in
Lübeckischer Were. Der Lübecker Rath demnach, dessen Ehrenhaftigkeit
und Ansehn dem Kloster bewährt erschien, mag, zumal da er mit den
sächsischen Herren ohnehin oft genug in Streit verwickelt ward, eine
einfachere Gestaltung der Dinge gewünscht und befördert haben.
Außerdem war auch die Lage des Stifts auf freier Höhe, hart an einem
See, in Wasserverbindung mit der Steknitz, der Stadt Mölln und ihren
Behörden näher, zu Pezke unstreitig vortheilhafter.
Aber lag denn Marienwold wirklich BINNEN DER LÜBISCHEN LANDWERE? Am
24. Aug. 1350 urkunden die Herzöge von Sachsen über einen Vertrag
mit den Städten Lübeck und Mölln, demzufolge ein Graben, Landwere
genannt, vom Ratzeburger See ab in das Moor Teghelbroke, und von da
in den Möllner See durch ihre und der Lübecker Arbeit und Kosten
hergestellt war, der zum Schutz gegen räuberische Einfälle dienen
sollte, aber in keinerlei Streitigkeiten oder Kriegsläuften zerstört
oder ausgefüllt werden durfte. Zur Unterhaltung wie zur Bewachung
verpflichteten sich die Lübecker für den von ihnen hergestellten
Theil, nämlich vom Ratzeburger See ab bis zum Tegelbrok, von dort
die Herzöge bis an die Möllnische Feldmark, und von hier ab die
Möllner. Innerhalb dieser sogenannten Landwere, die einen Lübischen
Wachtposten zu Fredeborg hatte, lag nun Pezke allerdings; doch ist
dies keinesweges so zu verstehen, als ob es deswegen den Lübeckern
gehört hätte; es lagen vielmehr auch lauenburgische Güter darin. So
mochte der Herzog Recht haben, wenn er in seinem Schutzbriefe von
1416 Pezke als in vnsem lande gebede to Sassen beleghen bezeichnet;
aber er entsagte damals zugleich allem Recht, Lehn, Lehnrecht und
Lehnwar, die er oder seine Vorgänger in dem Orte gehabt hätten oder
haben möchten, SO DASZ ES DES KLO-
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STERS FREIES GUT SEI UND BLEIBE ZU EWIGEN ZEITEN.
Ueberdies vertrug er sich am 9. Oct. d. J. mit demselben wegen der
Lehnwar derjenigen Güter, die es in seinen Landen besitze, um
600
lüb. Pfenn. Aber auffallend ist es doch, daß der Landesherr
bei dem Verkauf von Petzke, wie es ja sonst der Fall war, nichts zu
rathen und zu reden hat; nur eine einzige Rente von 15
stand
den Herzögen, wie Erich V. selbst sagt, von alters her, zu, und
diese löste das Kloster 1422 (20. Jan.) mit
150
Kapital ab.
Von einer Bestätigung des Verkaufs durch ihn, oder einer Verlassung
vor ihm ist nirgends die Rede; das Kloster aber würde Urkunden der
Art mit allem Eifer nachgesucht und mit aller Eifersucht gehütet
haben. Es scheint vielmehr, als wolle der Herzog mit seiner
Schutzurkunde, so liberal sie aussieht, Rechte in Anspruch nehmen,
die ihm eigentlich nicht mehr zustanden. Vielleicht trägt Folgendes
zur Aufklärung dieses Verhältnisses bei. In dem bischöflichen
Zehntenregister (1229-35) gehört Pezke zur Parochie Mölln, und da
bei ihm keine Abgabe genannt wird, mag es eine Art städtischen
Vorwerks gewesen sein. 1347 aber war es in der Hand derer von
Krummesse: ob in Folge eines Tausches gegen anderweitige Begabungen
der Herzöge, oder eines freien Verkaufs von Seiten der Möllner, läßt
sich nicht nachweisen. Aber das kommt in Betracht, daß die Stadt
Mölln später mancherlei Gränzirrung mit dem Kloster hatte, was in
Bezug auf ein herzogliches Lehn, dessen Enden sehr genau zugemessen
wurden, nicht gut denkbar ist. Bekannt ist namentlich die Urkunde
vom 26. April 1502, wo sich das Kloster und seine vier Vorsteher mit
den Möllnern deshalb vertrugen. Die Differenz (vnwille, tvyst. vnde
mishegelicheyde) betraf die Feldscheiden und Feldmarken, den
Knakenteich, die Heil-Geistwisch an der Steknitz und einige Hölzung
nebst dem Gränzrain. Der Lübeckische Rath schlichtete durch seine
Verordneten, den Bürgermeister Joh. Herze und die Rath-
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mannen Hinrich Kastorp und Hermann Meyer, den
Streit dahin: die Scheide beginnt bei der Landwere von Fredeborg,
geht in den Pezker Bach und mit ihm in den großen und kleinen
Knakenteich, und aus diesem in die Steknitz. Was diesseits derselben
liegt, soll dem Kloster ohne allen Widerspruch gehören; was jenseit,
der Stadt Mölln. Der letzteren werden auch die genannten beiden
Teiche sammt Ein- und Ausfluß, nebst Mühlen und Zubehör, Recht und
Gerechtigkeit an Hals und Hand, nichts ausgenommen, zugesprochen;
sie darf sogar die Dämme erhöhen, nur den großen Teich nicht höher
stauen, als bisher gewöhnlich. Die Weide oder Wisch unterhalb des
Knakenteichs, zwischen dem Damme des größeren und der Schleuse an
der Steknitz sollen von nächsten Pfingsten ab beide Theile vier
Jahre lang für ihr Vieh, Schweine und Ziegen ausgenommen, benutzen;
können sie sich dann, oder auch eher, wegen solcher Gemeinschaft
vertragen, so mag dies geschehn; wo nicht, so steht die rechtliche
Entscheidung bei der Stadt Lübeck, und dabei soll es ohne alle
Weiterung sein Bewenden haben. Bis dahin dürfen auch die mit dem
Gränzrain gesetzten Bäume vom Kloster nicht angegriffen werden.
Endlich ist die Competenz des Fahrrechts bestimmt. Alles dies
geschah ohne Mitwirkung oder Einspruch der herzoglichen Behörden.
Die Verhandlung ward eben so, wie aus einer Notiz erhellt, 1508
wieder aufgenommen, und ist wahrscheinlich durch einen Rechtsspruch
beendigt; wenigstens ward damals dem Kloster zur Einlieferung seiner
Beweise ein Termin gesetzt, vppe dat eyn ersam Radt mach rechte
erkennen vnde eyne sentencie affseggen. Neue Zwistigkeiten im Jahre
1522 wegen Abhauung des Holzes an der Landwere, Teichstauung,
Fischerei und Wiese an der Steknitz, legten die Möllner auf Zuspruch
des Lübeckischen Raths alsbald bei (Klageschrift der Conventualen v.
23. Jan. und Vergleichsbescheinigung der Möllner v.
22. Febr.).
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Ferner dürfen wir in Betracht ziehen, daß Pezke, welches früher zur
Parochie Mölln gehörte, später bei Schmilau eingepfarrt ist. Laut
einem Notariatsinstrument vom 20. März 1436 erschienen an diesem
Tage auf dem Kirchhofe des letztgenannten Dorfes die Brüder Marquard
Cremun und Nicolaus Scherer aus dem Kloster Marienwold, und
erklärten vor den Kirchspielsgeschworenen Hermann Möller,
Eggert Westfal und Ludekin Zagher, die sich zusammt 7 Bauern
eingefunden hatten, daß sie mit dem Pfarrherrn Helmold Adenstede
folgenden Contract gemacht, den wir seines mehrfachen Interesses
halber ganz mitteilen: In nomine domini amen. Dit is de
endracht vnde de beleuynge, de dar schen is tusschen den ghestliken
personen des Closters Marienwold vnde deme kerkheren to Smylowe, de
nu ist, vor zik vnde vor al syne nauolgere ewichliken, in der
ieghenwardicheit des gantzen kerspeles uppe deme kerkhoue darsulues.
Nach deme dat dorp petzke, dar nu Marienwold is, in deme kerspele to
Smylowe beleghen was, vnde heft verteyn huuen, vnde van den verteyn
huuen buweden souen de bur de dar woneden vnde gheuen deme kerkheren
eyn islek van der huuen des jares eynen schepel ghersten, men de
gudeman (Edelmann) de var wonede uppe deme houe, de gaff zo nicht.
vppe dat de kerkhere de nu is vnde tokomende wert des Closters nynen
schaden edder broksam lyde, so willen vnde scholen desuluen
vorbenomeden ghestliken personen des Closters Marienwold, de nu
edder tokomende synt, van eyner isliker huuen de nyn bur buwet eynen
schepel ghersten gheuen alle jar, vnde we by deme Closter wonet vnde
syne eghen koste heft, de schal deme kerkheren kerklike plicht
gheuen. ok van den huuen de nu bur buwen edder an tokomen tyden bur
edder andere lude buwende worden, schal dat Closter nicht gheuen.
Hir bouen schal de kerk-
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1857/15 - 366
here to Smylow, de nu is edder tokomende wert, de personen des
Closters vnde eren denst, de in erem brode is, nicht
hogher besuaren. - Die höheren Behörden hatten, wie es
scheint, in dieser Angelegenheit keine Stimme.
Es müssen also jedenfalls in den Verhältnissen Pezke's Veränderungen
statt gefunden haben, die es möglichst frei
von den früheren Obrigkeiten stellten, und so ließe der Ausdruck,
den Otto von Krummesse in der Verkaufsurkunde von 1414 gebraucht:
alse ick dat vorscreuen gudt ALLTER VRIGEST beseten
hebbe, allerdings die Wahrscheinlichkeit zu, daß,
ungeachtet gleich darauf der Verkäufer den Herzog seinen gnädigen
Herrn nennt, und trotz der Zumuthungen dieses
Fürsten, der Rath der Stadt Lübeck seinen Antheil an der Landwere
erweitern durfte. Zu der möllnischen Pfandschaft
von 1359 gehörte übrigens Pezke nicht. Aber gegen den Brief der
Lübecker von 1435, der in den späteren Proceßacten
wieder vorkommt, ist herzoglicher Seits auch nichts erinnert.
Dennoch mußte das Kloster mit den Herzögen von Sachsen schon deshalb
in gutem Vernehmen bleiben, weil diese ihm
anderweitig Schaden thun oder Zwist anrichten konnten; ja es gab
Zeiten, da es unter ihrem Schutze sicherer war, als
unter dem der Stadt Lübeck. In solchen Fällen mochte es denn auch
sich ihnen zuwenden. So während der Fehde von 1505
bis 1507, wo die Herren von Mecklenburg, Braunschweig und
Brandenburg gegen Lübeck und demnach auch gegen Mölln zu
Felde lagen. Im August 1506 ward Fredeborg in Brand
gesteckt, und zu Michaelis nahmen die Herren ihr Lager im Kloster.
Herzog Magnus I. von Lauenburg, ein im ganzen friedliebender Herr,
nahm nicht allein keinen Theil am Kriege, sondern wirkte sogar zur
Aussöhnung, die am 15. Juli
1507
auch in Marienwold zu Stande kam. Daß er aber zu
jener Zeit, vielleicht auf Ersuchen Lübecks, den Patronat des
Convents übernommen, ersehen
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wir aus einem Schreiben des Bischofs von Lübeck an
ihn vom 1. April 1506, welches eine an die Conventualen zu
leistende, übrigens unbedeutende, Prästation betrifft, um welche
sich der Herzog kräftigst verwendet haben muß.
Und doch gereichte dieser Schutz dem Kloster zum Verderben. Ob die
Stadt Lübeck damals ihre sonst gewöhnliche
Vorsicht nicht geübt, oder ob der Herzog die Umstände für sich zu
benutzen schon jetzt für gut erachtet hat: genug,
als der möllnische Vogt seine Functionen in Bezug auf das Kloster
wieder übernehmen wollte, gerieth er mit den
herzoglichen Beamten in Streit. Dieser ward zwar wieder beigelegt,
wie aus einem Schreiben der Conventualen an den
Rath vom 1. Juli 1508 erhellt; aber zugleich ließ der Herzog
anfragen, ob er sie noch weiter beschützen und
beschirmen solle, oder ob der Rath dies wieder übernehme. Nicht
minder erhellt aus späteren Zeugenaussagen, daß der
Herzog damals den sogenannten Hufenschatz zur Fräuleinsteuer, d. h.
zum Behuf der Ausstattung der fürstlichen
Töchter, eingeführt; daß er seitdem, wenn es ihm noth that, Holz aus
den klösterlichen Forsten holen, auch wohl
durch seine Diener Rauchhühner annehmen ließ. Dazu kam das Ablager
bei der Jagd, welches wahrscheinlich anfangs
gütlich und nur einmal des Jahrs mit 20 Pferden gestattet war,
hernach immer stärker, ja für 100 Pferde verlangt
ward. Aus solcher Zeit stammt die Bemerkung im Hebungsbuch, die man
allerdings nöthig erachten mochte: des klosters
lantgueth is van deme adele quyth vnde frye gekofft myt bewillinge
des forsten to Saxen, vnde den forsten is
affgekofft de leenware, de se in densuluen guderen hedden, vor
600
lub., vor sick, erhe eruen vnde
nakamelingen. Dyt is wol vorwareth myt guden szegelen vnde breuen.
HIR ENBAUEN YS INGERUMETH VNDE TOGELATEN VMME VORBYDDINGE,
BESCHUTTES VNDE BESCHERMYNGE WILLEN VNSER VNDE VNSER GUDERE DAT
AFLEGER IN
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VNSEN DORPPEREN des iares einmaell myt 20 perden
vnde ock nicht mer, vnde den HOUESCATH, want szo kumpt. Auerst de
anderen, de ock lantguett vnde dorpere hebben in deme lanth to
Saxen, dar hebben de forsten nichtes inne, nen
afleger, nene lanthbede, nen houescat, alsze alle maen wol weth. Wen
auerst de forsten dat lanthgueth, [dat] dat
Closter heft, vmme gades willen van eren egenen guderen mildichliken
gegheuen hedden, alse andere heren vnde forsten
in eren landen den Clostern gegheuen hebben, szo were yd ein ander;
auerst de forsten to Saxen hebben nichtes an
[dat] Closter gegheuen; dat is altomael van dem adele gekofft vnde
betaleth. - Auch wurde der Klostervogt zu den
fürstlichen Landtagen beschieden, was die Lübecker späterhin für
eine Neuerung erklärten, wiewohl es wegen
derjenigen Güter geschehen sein kann, welche nicht des Stiftes
volles Eigenthum waren, wie aus späteren Darlegungen
erhellen wird.
Weiterhin steigerten sich die Forderungen. De Domina schal - heißt
es zufolge derartiger Aufzeichnung im Hebungsbuch
– by eneme ede auerslaen, wat vnde wo vele dat Closter ere Convente
von allen eren guderen, buren, houen vnde
gerechticheyden jarlikes in- vnde vpkumpft ere nuttinge heft, vnde
schal von sodanen jarliker vpkumpft den 10.
Pennynck geuen. Darenbauen schal van des Closters egenen huseren
bynnen vnde buten der stadt belegen von 100
wert 8
entrichtet werden, vnde van geistlichen lenen vpkumpft
den 10. penninck.
Gewaltthaten waren freilich hin und wieder schon früher versucht. In
den sechziger Jahren des 15. Jahrhunderts klagt
die Aebtissin Katharina dem Rathe zu Lübeck, daß des Herzogs Volk in
drei Dörfern den Bauern ihre Pferde genommen,
und sich verlauten lassen, die Männer sollten nachgeholt werden; -
sie erbot sich Vollmacht für den Möllnischen
Vogt, um die An-
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gelegenheit zu ordnen. Am 10. Juli
1464 klagt der
Convent, wie der Herzog von Sachsen verlange, das Kloster solle
sich ihm und seinen Erben verbriefen, daß es zu ewigen Zeiten keinen
anderen Herren wählen wolle, als ihn.
Dergleichen Eingriffe mögen sich öfter wiederholt haben, jedoch ohne
bedeutenden Erfolg.
Jetzt aber nahm die Gewaltthätigkeit den Schein der Berechtigung an.
Als am 1. Aug. 1512 zahlreiche Schaaren aus der
Umgegend, auch aus Lübeck und Hamburg, zum Empfang des Ablasses nach
Marienwold strömten, sandte der Herzog seinen
Vogt von Ratzeburg mit Bewaffneten dahin, angeblich, um Unruh und
Unheil zu verhindern und zu strafen. Aber gerade
dadurch kam es zu Unrechtfertigkeit und Thätlichkeit: die Wallfahrer
wurden jämmerlich geschlagen und verwundet,
Brüder und Schwestern so unziemlich, daß es nicht zu sagen war,
geschimpft; endlich griffen die Lübischen zur Wehr
und schlugen die ungeladenen Gäste mit derbem Spott und scharfen
Hieben hinaus. Darüber klagte der Herzog am 2. Aug.
gewaltig; aber auch die entrüsteten Conventualen begehrten
Genugthuung (5. Aug.). Als der Rath nun sich beschwerte,
und ihm noch andere Eingriffe vorhielt, erklärte der Fürst denselben
für falsch berichtet (10. Aug.). Die
Lüneburger, der Bischof von Ratzeburg und der Lübeckische Dompropst
brachten den Zwist zu gütlichem Ende.
Aber die Gewaltthaten wiederholten sich bald; der Rath sah sich
sogar genöthigt, zu großer Beschwer des Klosters,
Truppen dahin zu legen. Da versuchte man von fürstlicher Seite eine
andere Weise. Man ermunterte diejenigen
Adelichen, deren Vorväter den Conventualen Güter überlassen, zur
Wiederlöse, und bestrebte sich ihnen dabei
behülflich zu sein. Ueberall half dies freilich nicht, da viele
Besitzungen gar nicht wieder verlangt werden
konnten; aber es bemühte und beschwerte den Rath, und führte doch
mancherlei Verluste mit sich.
So nahte die für Lübecks Ansehen und Macht so verhäng-
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nißvolle Zeit der Reformation und der
bürgerlichen Unruhen, während welcher der Erbprinz von Lauenburg,
der nachherige Herzog Franz I., ein gewaltthätiger und in Mitteln
und Wegen wenig schwieriger Fürst, heranreifte und des alternden
Vaters Habsucht schürte. Am 10. Dec. 1533
verlangte der Herzog vom
Kloster den ihm seitens der Landschaft jüngst bewilligten Drömt
Hafer per Hufe, und bedrohte es mit Schaden und Pfändung, wofern die
Leistung nicht zu Weihnacht nach Ratzeburg geschähe. Die
Conventualen baten um Verschonung mit solchen Ansprüchen,
beschwerten sich auch wegen des übermäßigen Ablagers; allein der
Herzog erklärte: ihm sei der Hafer nöthig, und die Ritterschaft habe
drein gewilligt; der klösterliche Vogt sei ja auch auf dem Landtage
gewesen: sie sollten sich ALS GETREUE UNTERTHANEN nicht weigern;
wegen des Ablagers werde er sich gegen sie und die Ihrigen
gebührlich zu halten wissen. Da nun einige Klosterbauern nichts
geben wollten, ließ der Herzog sie überfallen und gefänglich
wegführen. Die Lübecker schrieben ihm deshalb am 25. März
1534: es
müsse Ihm noch in gnädigem und frischem Gedächtniß sein, daß sie
schriftlich und mündlich gebeten, Er möge ihnen nachweisen, wie Er
zu der Berechtigung gekommen sei. Dieses sei bis jetzt nicht
geschehen, und so wunderten sie sich, wie Sein Vogt sich so
ungebürlicher Weise geschickt und vernehmen lassen; wünschten
deshalb sofortige und unentgeltliche Loslassung der Gefangenen, und
weiter unbemüht zu bleiben; sobald Er Seine Berechtigung durch
Briefe und glaubwürdige Siegel dargethan, wollten sie ihrer Gebür
sich wohl zu halten wissen. Den Ratzeburgischen Vogt Wessel Eggelßen
bedrohten sie zugleich (26. März): wenn er die Leute nicht loslasse,
seien sie veranlaßt zu thun was sie ungern thäten; - und dem
Möllnischen Vogt Jacob Krappe trugen sie auf, die Klosterleute mit
allem Nachdruck zu beschützen. Gleichzeitig hatte der fürstliche
Vogt die Klosterforsten heimgesucht, und antwortete, da man
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ihn zur Rede stellte, trotzig: nicht er, sondern des Klosters
Vorsteher hätten die Hölzungen verhauen und verwüstet;
sein Landesherr habe ihm vielmehr Schonung ernstlich befohlen;
hätten aber er oder der Fürst davon gebraucht, so sei
das anderweitig längst entgolten. Uebrigens erbiete er sich zu
Recht. - Die Lübecker sahen sich auch hier zu
schärferer Aufsicht und ernster Abwehr genöthigt.
Da trat die Holsteinische Fehde ein. Herzog Christian nahm am 18.
Aug. 1534 sein Hauptquartier zu Marienwold, und
belagerte Mölln. Die Conventualen waren aber schon bei seinem
Heranzuge nach Lübeck ausgewandert und hatten den
ihnen dort gehörigen Brigittenhof bezogen, weil sie sonst keine
bleibende und sichere Stätte besaßen; was beweglich
war, hatten die Möllner in Verwahrung gebracht, unter anderm, wie
Reimer Cock erzählt, 15 Wiegen, von denen er
9
selbst gesehen haben will: wor de kinder – sagt er-
hen (her?)
gekamen, mogen se weten. Ende des Monats verbrannte
und zerstörte die Soldateska MIT VORWISSEN DES HERZOGS VON
SACHSEN DIE KLOSTERGEBÄUDE. Aus den Ruinen brachten die
Möllner einen Stein in ihre Sakristei mit der alten Inschrift:
a.
1413 do wart dusse stede gekofft vnde begunt to
buwen, vnde is darna gewiget in deme 58. iare vnde is gebuwet van
deme erbaren rade vnde medeborgeren der stadt
lubeck vnde anderen steden darumme belegen. biddet got for se.
Als der Kriegstumult vorüber war, zogen die Klosterleute wieder zu;
Scheunen und andere nothwendige
Wirthschaftsgebäude wurden wieder aufgerichtet; ein Vogt, Matthias
Woltorp von Koberge, dahin gesetzt, und im Sommer
hielten sich fortan zwei Conventualen dort auf, welche die
ökonomischen Angelegenheiten des Klosters ordneten und
besorgten. Der Herzog aber, wegen seiner Gewaltthaten gegen das
Ratzeburgische Domstift seit 1532 in die Reichsacht
erklärt, war auch gegen das Kloster Marienwold
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so thätig gewesen, daß die Lübecker, als sie nur eben freie Hand
hatten, nach gütlichen, aber unbeantwortet
gebliebenen Zuschriften, mit aller Ernsthaftigkeit zufahren mußten.
Nun schrieb er (27. Nov. 1535): Ihres trotzigen
und geschwinden Anmuthens habe Er sich keinesweges versehen, da Er
sich vielmehr zu gütlicher Verhandlung erboten
(!). Es sei aber kund und offenbar, DASZ DIE GÜTER DES KLOSTERS IN
SEINEM FÜRSTENTHUM LÄGEN, und da sie ohne Seine
Veranlassung und Obrigkeit verwüstet und zerstört wären, müsse er
sich derselben annehmen. Nur Unwillen und Störung
guter Nachbarschaft sei Er nicht zu verursachen gemeint, wie es von
den Lübischen gedeutet; Er habe bloß zur
Verhandlung bringen wollen, wie die Güter gebessert werden könnten
(!). Pächte seien von Seinen Leuten noch nicht
aufgenommen, doch möchten einige Rauchhühner gebracht sein in Seiner
Abwesenheit. Er sei jedoch zum Frieden geneigt;
man möge nur einen Bevollmächtigten schicken, der das Empfangene
nach klaren Registern wieder annehme, UND WOLLE SOGAR HELFEN, DASZ
DAS RÜCKSTÄNDIGE EINGEHE (!) - Dennoch blieb es
bei guten Worten; die Lübecker aber sahen sich, da
die Unterhandlungen zu keinem Resultat führten, gedrungen, den Weg
Rechtens zu betreten, und suchten beim
Reichskammergericht um Pönalinhibition nach: wenn nicht den Herzog
Magnus, der bereits erklärter Aechter sei, möge
man doch seinen Sohn, Herzog Franz, anhalten, daß er bei hoher
Strafe alles, was fürstlicher Seits dem Kloster
entzogen sei, wiedererstatte und sich fernerhin aller Gewalt
entäußere (1539). Es erfolgte ein abschlägiges Dekret,
weil, wie des Raths Mandatar schrieb, nicht die Conventualen selbst
die Klage angebracht. Dazu aber waren diese,
voll Furcht und in Berücksichtigung der Umstände, nicht zu bewegen.
Nun starb Herzog Magnus 1543, und Franz I. begann, die
Mattherzigkeit oder Gleichgültigkeit der Lübecker während der
Nachwehen der Wullenweber'schen Unruhen benutzend, mit er-
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neuerter Kraft die alten Entwürfe auszuführen. Am 24. Jan.
1545
schrieb er dem Rath zu Lübeck: das Kloster habe über
Seine Eingriffe Klage geführt. Ihm aber wäre berichtet, daß Sein
sel. Vater und Seine Vorfahren zu häuslicher
Nothdurft aus den klösterlichen Forsten ohne rechtlichen Einspruch
Holz fällen und nehmen lassen; wenn nun Sein Vogt
zu Besserung der fürstlichen Behausung zu Ratzeburg dessen bedurft
und genommen, SO HÄTTE DER CONVENT NICHT BEI DEM RATHE KLAGEN,
SONDERN DES REICHES SATZUNG UND ORDNUNG ZU HÜLFE ZIEHEN SOLLEN; DAS
CONSERVATORIUM DER LÜBECKER KÖNNE IHN NICHT PRÄJUDICIREN, DA ER DES
KLOSTERS RECHTE OBRIGKEIT UND GRUNDHERRSCHAFT SEI; ER VERLANGE; DASZ
MAN IHN GEWÄHREN LASSE. Auf die Remonstration der Lübecker und die
Bedrohung, daß sie an den Kaiser schreiben würden,
erwiederte er (18. Febr.): das sei Ihm nicht entgegen: ER
VERLANGE ABER; DASZ SIE IHN MIT SEINEM KLOSTER GEWÄHREN LIESZEN; DAS
CONSERVATORIUM SEI HINTER SEINEM RÜCKEN ABSICHTLICH AUSGEBRACHT; ER
ACHTE ES BEI SICH FÜR NICHTIG UND UNRECHTMÄSZIG, und wolle Sich bei Seinem Kloster schon zu verhalten
wissen, wie er es verantworten könne.
Die Kriegsunruhen der nächsten Jahre vereitelten wahrscheinlich ein
entschiedeneres Auftreten Lübecks. Auf Anstiften
des Herzogs fiel Graf Mansfeld mit einem Heerhaufen in die
lauenburgischen Stiftsgüter, und brandschatzte selbst die
Städte Lübeck, Hamburg und Lüneburg; ein Gleiches geschah bald
nachher von dem Herzoge von Braunschweig, der dem
schmalkaldischen Bunde feind war; Räuberei machte überdies alle
Straßen unsicher. Der Rath aber hatte nach allen
Seiten hin über Maßen zu sorgen, und mußte den Klosterschutz
lediglich seinem Vogte zu Mölln überlassen; ohnehin
schwebte schon ein ihm nahe gehender Streit mit Lauenburg wegen des
Sachsenwaldes. Endlich kam
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es im Mai 1556 zu Verhandlungen, die fast zwei Monate anhielten;
averst - sagt Reimer Cock – wat den enen dach de forste belevede,
dat was des anderen dages nichtes; sin vele recesse beramet, averst
unversegelt gebleven.
Noch einmal versuchte man im Jan. 1558 zu Ratzeburg gütliche
Beredung, und die herzoglichen Räthe sagten den Vorstehern des
Klosters über Erwarten Abhülfe zu; wahrscheinlich aber nur, um desto
sicherer die Vollführung des längst gefaßten Entschlusses
anzubahnen. Da schickte der Herzog am 22. Aug. d. J. mit einem vom
23. Juli datirten Creditiv drei Gesandte, Rothmer Schincke, Jasper
Welle und M. Johann Schütze, an die Conventualen nach Lübeck und
ließ ihnen ankündigen: "nachdem sich dieser Zeit Kur- und andere
Fürsten der in ihren Landen belegenen geistlichen Güter annähmen und
das Kloster Marienwold in Seinem Lande gelegen, die Conventualen
aber ihre Residenz und Wohnung in die Stadt Lübeck verrückt hätten:
so wolle Er sich auch des Klosters und dessen Güter annehmen, den
Personen auf Lebenszeit nothdürftigen Unterhalt reichen, mit dem
Begehr, daß sie sich daran genügen ließen, und die angebotene Gnade
nicht ausschlügen. Im Fall sie sich aber weigerten, würde Er sie
nicht länger fragen, sondern die Sache weiter zu treiben veranlaßt
sein. Er gebe ihnen 8 bis 12 Tage Bedenkzeit, daß sie sich mit ihren
Herren und Freunden deshalb berathen möchten."
Dieser Berath fand ohne Zögerung statt. Nach reiflicher Erwägung der
Umstände beschloß der Convent, sich dem Lübischen Rathe ganz
anzuvertrauen, übertrug, verließ und zedirte ihm als kaiserlich
bestelltem Conservator am 24. Aug. das Kloster mit allen seinen
Gütern, Unterthanen, Dörfern, Freiheiten und Gerechtigkeiten, ohne
alle Ausnahme, ersuchte ihn, die Leute in Eid und Regiment zu
nehmen, und sie vollkommlich zu regieren, zu vertheidigen, zu
verbitten und zu vertreten. Der Rath reversirte
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sich dagegen, und am 25. d. M. ließen Priörin und Schaffnerin, in
Vollmacht der Aebtissin und des ganzen Convents, die Bauermeister
und Bauern der drei Dörfer Bergrade, Bälau und halb Breitenfelde an
M. Hermann Boytin, als des Lübischen Raths Gevollmächtigten, den Eid
des Gehorsams, der Treue und aller Pflicht zu Marienwold schwören.
Außer Boytin waren Lübischer Seits, wie gerichtlich festgestellt
ist, ein Notarius, zwei Bürger als Zeugen, und vier bis fünf Diener
und Jungen, die jedoch ihre Pferde und was sie zur Wehr tragen
mochten im Kruge zurückgelassen hatten, gegenwärtig: Gewalt oder
Ueberredung ward in keiner Weise angewandt. Am 26. meldete der
Convent dem Herzoge, daß er sich an diejenigen gewandt, deren
Vorfahren das Kloster begabt und ausgestattet, und die ihm von
Seiten des Kaisers als Vertreter zugewiesen seien. Auch der Rath
setzte so Herzog als Kaiser von dem Geschehenen in Kenntniß.
Der Fürst antwortete aus Pötrau am 5. Sept.:
"Aus dem
eingeschlossenen Bedenken Seiner Räthe hätten sie zu vernehmen,
welchergestalt Ihm gerathen, sich Seines Klosters Marienwold,
vermöge der Rechte und des heil. Reichs Ordnung, zu halten, und Er
wolle ihnen demnach aus guter zuversichtiger Nachbarschaft
gnädiglich angesonnen haben, sie möchten Ihn in der Possession der
Seinen fürstlichen Regalien und Jurisdiction angehörigen
Gerechtigkeiten nicht verunruhigen, sondern Ihn bei dem Bedenken
Seiner Räthe unverhindert bleiben lassen."
Dieses, von Lauenburg 3. Sept. datirte Actenstück aber besagt:
"Kanzler und Hofräthe ersähen aus dem Schreiben der vermeinten
Aebtissin und Conventualen zu Marienwold und E. Erb. Raths zu
Lübeck, daß der fürstl. Gesandschaft Gewerbe wohl nicht recht
verstanden sei. Se. F. Gn. hätten den Räthen befohlen, den
Conventualen anzuzeigen: daß Sein Kloster unmittelbar im Fürstenthum
Sachsen gelegen, auch zu der des Fürsten freier kaiserlicher
Lehnschaft und Jurisdiction gehörig und mit
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verliehen sei. Nun habe zwar sel. Herzog Magnus, als der Convent das
Kloster verlassen, wie Ihm von Gottes und kaiserlicher Belehnung
wegen gebürt, es der dort herrschenden Unordnung halber zerstören
und in einen andern Stand bringen lassen: doch hätten Se. F. Gn. aus
fürstlichem christlichen Mitleiden, wiewohl Er aus bewegenden
Ursachen, das zu thun nicht schuldig gewesen, ihm die Güter zeither
noch gestattet, und sich zufolge Seiner Erklärung jetzt geneigt
bewiesen, die Conventualen fernerhin zu versorgen, auch wegen der
Resolution einige Tage Bedenkzeit gegeben. Da hätten dieselben sich
nicht nur geweigert, sondern auch an den Rath zu Lübeck gewandt und
diesem all das Ihre übergeben und verlassen. Allein die
Conservation, die zu Kaiser Friedrichs (!) Zeiten an die Lübecker
ausgebracht sein solle, sei gegenwärtig ganz veraltet, rechtswidrig,
und erstrecke sich auch nicht auf Verwaltung der Güter. Da sich die
Conventualen nun so undankbar und untreu erwiesen, würden Se. F. Gn.
veranlaßt, das Kloster sammt dessen Gütern etc. in Administration zu
nehmen und gebürlich sequestriren zu lassen. Die Räthe erböten sich
demnach unterthänig, so viel aus Grund Rechtens und des heil. Reichs
Ordnungen und Abschieden mit Hülfe des Allmächtigen darzuthun, daß
Se. F. Gn. als Landesherr und oberster Patron durch die vorhabende
Administration der christlichen zu Recht verordneten Billigkeit
gemäß handle."
Die übrigen Behauptungen lassen sich aus der geschichtlichen
Darstellung, bei welcher auch die späteren Prozeßacten treulich
benutzt sind, hinreichend würdigen; es war indessen bisher dem Rathe
nicht in den Sinn gekommen, die Güter dem Herzogthum Niedersachsen
oder des Fürsten Oberhoheit zu entziehen; er wollte nur die
Verunrechteten schützen, wie es ihm oblag. Was aber die
Reichsordnungen betrifft, so könnte hier Tit. XV. des Landfriedens
von 1548 gemeint sein, welcher denjenigen bedroht, der
"sein - Haab
oder Güter, gefährlicher Meynung, ihme
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zum Vortheil verkauft, veräußert, verändert oder
iemands in Schirms- oder anderer Weiß zugestellt und eingegeben, in
was Schein oder Gestalt das beschehen wäre, und den Landfrieden
darauf überfahren und gebrochen hätt" -;
allein weder das Eine noch das Andere war von den wehrlosen
Conventualen geschehen; im Augsburger Religionsfrieden v. 1555 aber
war §. 16. ausdrücklich gesagt:
"Dargegen sollen die Stände, so der augspurgischen Confeßion
verwandt, die Röm. Kaiserliche Majestät, und Churfürsten, Fürsten
und andere des Heil. Reichs Stände, der alten Religion anhängig,
Geistliche oder Weltliche, samt und mit ihren Capituln, UND ANDERE
GEISTLICHEN STANDS; AUCH UNGEACHTET OB UND WOHIN SIE IHRE RESIDENTZEN
VRRUCKT ODER GEWENDET HÄTTEN - - bey ihrer Religion, Glauben,
Kirchen-Gebräuchen, Ordnungen und Ceremonien, auch ihrer Haab,
Gütern, liegend und fahrend, Landen, Leuten, Herrschaften,
Obrigkeiten, Herrlichkeiten und Gerechtigkeiten, Renthen, Zinsen,
Zehenden, unbeschwehrt bleiben, und sich derselben friedlich und
geruhiglich gebrauchen, genießen, unweigerlich folgen lassen, und
getreulichen darzu verholffen seyn, auch mit der That, oder sonst in
Ungutem gegen denselbigen nichts fürnehmen, sondern in alle Wege
nach Laut und Ausweisung des H. Reichs Rechten, Ordnungen,
Abschieden, und aufgerichtetem Land-Frieden, jeder sich gegen den
andern an gebührenden ordentlichen Rechten begnügen lassen, alles
bey Fürstlichen Ehren, wahren Worten und Vermeidung der Pön, in dem
aufgerichtetem Land-Frieden begriffen;"
wie dies denn auch derselbe Kaiser, welcher diesen Religionsfrieden
aufgerichtet, in seinen Schreiben an den Herzog und an die Stadt
Lübeck bestätigt hat.
Man traf also Lübeckischer Seits keine weiteren Sicherheits-
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maßregeln, weil man nicht glauben mochte was
geschah, auch wohl um jeden Anschein, als wolle man den Frieden
stören, zu vermeiden. Der Herzog dagegen ließ am Sonntage den
18.
Sept., morgens früh, da man Gewalt und Gefahr nicht vermuthete,
seine Vögte mit einer Schaar wohlgewappneter Reiter in die
Klostergüter fallen, ein Inventarium aufnehmen, die Hofbauern zu
Marienwold zwingen, ihm den Schwur der Treue und Huldigung zu
leisten, und berief die übrigen Klosterleute zu sich nach
Breitenfelde, wo er sie in Eid und Pflicht nahm, und ihnen aufs
strengste verbot, an die Conventualen oder den Lübeckischen Rath
Pacht, Zins, Dienst oder dergleichen zu leisten, und aufs
bestimmteste befahl, ihm allein in allem zu gehorsamen.
Zugleich ließ er beim Reichskammergericht zu Speier klagen: "die
Lübecker hätten mit gewaltsamer Hand und landfriedensbrüchiger Weise
ihren Vogt, Befehlshaber und Diener in das Kloster Marienwold und
dessen Hof und Güter fallen lassen, es mit aller seiner Zubehör
vergewaltigt und eingenommen, Vogt und Unterthanen mit Gewalt
gezwungen und dahin genöthigt und gedrungen, daß sie geloben und
schwören müssen. Niemandem als dem Lübischen Rath zu gehorsamen,
sich aller anderen Obrigkeit zu entschlagen und in seinen Schutz und
Schirm zu ergeben, und hätten dies alles ohne des Herzogs als des
Ober- und Schutzherrn Willen mit Gewalt gethan. Nun aber liege das
Kloster sammt allen Gütern und Zubehör ohn alles Mittel in Se. F.
Gn. Land und Fürstenthum Sachsen, es seien auch der Mehrentheil und
die fürnehmsten Güter von Se. F. Gn. Voreltern und derselben
Unterthanen vom Adel mildiglich gegeben, ja das Kloster davon
gestiftet, erwachsen und erhalten und in den dermaligen Zustand
gediehen. Dieses alles hätten des Stifts Vorsteher, Vogt und
Unterthanen gehorsamst angenommen, und nähmen es noch an; der Herzog
sei auch je und allewege dessen in ruhiger Possession vel quasi
gewesen."
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Sonderbar; - derselbe kaiserliche Name, unter
welchem auf solche Klage die Stadt Lübeck von Speier aus am
19. Nov.
1558 mit der Acht bedroht und feierlichst zitirt ward, eröffnete
auch den Befehl, der von Prag aus am 18. Dec. d. J. an den Herzog
erging: er solle bei schwerer Strafe von seiner Gewaltthat abstehen,
das Kloster restituiren und bei Gebrauch und Besitz der Einkünfte
lassen; er eröffnete auch den zu Augsburg am 21. Juli
1559
erlassenen, in welchem der Kaiser seine Drohung wiederholte und das
den Lübeckern aufgetragene Conservatorium bestätigte.
Aber so war die Zeit: der Herzog blieb trotz aller kaiserlichen
Bedrohungen, und trotz dem daß Lübeck die Hülfe des Kreisobersten,
Herzog Adolf von Holstein, in Anspruch nahm (21. Sept.), im Besitz.
Den Conventualen ließ er am Donnerstage nach Ostern 1560 insinuiren:
"nachdem die Verwalter und Personen, so Marienwold inne gehabt, vom
Klosterleben abgestanden, das Kloster gar verlassen, sich gen Lübeck
in die Stadt begeben, daselbst einen unordentlichen Stand und Leben,
ihren Eiden und Ordensgelübden gar zuwider, gehalten, darüber das
Kloster eingefallen, in Unbau gekommen, und verwüstet worden; zudem
nun auch der Rath zu Lübeck sich des Klosters angemaßt; und endlich
das ohn alles Mittel in seinem Fürstenthume gelegene Stift vor
alters durch Seine Voreltern begründet und emporgekommen sei: habe
Er als der Landesfürst und oberste Patron des Klosters sich
verursacht gesehen, dasselbe mit Administratoren und Verwaltern zu
bestellen. Da nun indessen der Rath zu Lübeck stillschweigens und
unverwahrter Ehren sich unterstanden, mit Gewalt in Sein Fürstenthum
zu dringen, das Kloster gewaltiglich eingenommen, und dadurch der
Ordnung des Reichs und dem Landfrieden zuwider gehandelt, auch Er in
Erfahrung gebracht habe, daß die Domina, Priörin und etliche
Conventspersonen neulich in Gott verstorben, dadurch nun das Kloster
gar öde und
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wüst worden: so solle sich ja niemand
unterstehen, von des Klosters wegen ohne Seinen Befehl und Sein
Vorwissen wieder eine Priörin zu erwählen oder andere Verordnung
aufzurichten."
Solches ist die urkundliche Sachlage: das Urtheil ist danach leicht
gesprochen. Nicht so schnell war das Reichskammergericht damit
fertig; doch ward schon 1605 zum Urtheil submittirt, indessen war
dasselbe 1685 noch nicht ausgebracht. Die Gründe, weshalb der Rath,
wiewohl noch Kaiser Maximilian II. am 26. Aug.
1570 das
Conservatorium bestätigte, in der Weiterführung des Prozesses
nachließ, sind uns nicht bekannt.
Herzog Franz ließ demnächst die Gebäude zu Marienwold großentheils
niederbrechen und sich ein Wohnhaus dort errichten, welches laut
eines Inventars von 1571 wesentlich aus drei Gemächern und drei
Schlafkammern für das fürstliche Ehepaar und die Jungfern, einer
großen Hofstube und einer Altfrauenkammer bestand. Das Vorwerk
begriff, außer ähnlichen Gemächern, auch die Kammer für den Vogt,
den Schließer, den Hofmeister, Küche und Ställe. Außerdem werden ein
Brauhaus, eine Kohlkammer, eine Netzkammer (für das Fischereigeräth)
erwähnt. Ein Theil des Hofes kam an Vollrad Scharfenberg. Die Bauern
von halb Breitenfelde, Bälau und Borstorp mußten Hofdienste thun,
und alle Feldarbeit verrichten. Früher aber hatten sie alle Monat
nur einen Tag gefröhnt, auch einige Fuder Holz gefahren, und in der
Ernte drei Tage geholfen, wofür ihnen der Convent eine Tonne Bier
gegeben. Unter dem Herzoge, der ihnen versprochen, ihre Gerechtsame
zu bewahren, dienten sie allwöchentlich drei, ja fünf Tage. - Eine
schöne Schäferei, die über tausend Schafe zählte, hatte er sich
zugeeignet, desgleichen das vorräthige Korn und das einträgliche
Brauwerk. Die Forsten ließ er jämmerlich verhauen; die Borstorper
Hölzung ward fast ganz vernichtet; auf dem Foßberge ein ganzer Raum
bloßgelegt; das Material, um Spottpreise verkauft, brachte doch über
100,000
ein. Die
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Güter wurden ausgeboten. Bergrade ward mit dem
Anker Hof an Jochim von Plate, dann an Otto Blome, endlich an Jochim
Möller verpfändet, welchem es ohne Erstattung des Pfandschillings
vom Fürsten genommen ist. Goldenste kauften die Lützows.
Die wehrlosen Conventualen - ihre Waffen waren, wie eine
Vertheidigungsschrift sagt: ein bekümmertes Herz, große Traurigkeit,
Wehklagen, Weinen und ein armes Vaterunser - saßen, wenn auch
vorläufig in Sicherheit, doch mit Furcht und Hoffnung zu Lübeck auf
dem Hofe in der Wahmstraße, der ihnen schon seit langer Zeit
eigenthümlich gehörte. Zwei bürgerliche Vorsteher, die nach Berath
und Willen der Aebtissin besonders die Baulichkeiten besorgten, und
zwei vom Rathe deputirte Provisoren hatten von jeher ihren Beistand
gebildet. Die katholischen Mönche verloren sich aus der lutherischen
Stadt, oder starben aus; die letzte Aebtissin, Elisabeth Wegeners,
starb 1573; doch wurden auch ihre beiden Nachfolgerinnen mit solchem
Titel benannt, wenn gleich Elsabe Krause (1574-87) selbst den einer
Schaffnerin führte. Diejenigen von den Conventualen, welche dem
römischen Glauben treu blieben, wurden nicht darin gestört; so war
auch die Krause bis an ihr Ende katholisch. Seitdem traten
mehrentheils Wittwen in den Convent, zahlten ein Eintrittsgeld und
erhielten Wohnung und einen im ganzen genügenden Unterhalt.
1596 zählte derselbe 5 Jungfrauen,
12 Wittwen und 11 Dienstboten,
zusammen 28 Personen. Als aber zu Anfang 1614
die alte Schaffnerin
Anna Hennings verstarb, mußten Aenderungen getroffen werden. Die
damaligen Vorsteher stellten dem Rathe in einer Supplik vom 3. März
d. J. vor, daß sie nicht umhin könnten, den traurigen Zustand des
Hofes zu offenbaren. Derselbe habe 1700
Intraden und
100
, welche die Vorsteher zu St. Jürgen zeitweise zum Ochsenkauf
bewilligt, und seit 1603, durch Freundlichkeit des Raths, Eichenholz
zur Feuerung aus dem Amte Ritzerau. Die Schulden beliefen sich auf
1300
, die nach-
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ständigen Renten auf 7622
; im vergangenen
Jahre habe der Hof 2650
ausgeben müssen. Zweierlei erscheine
ihnen nothwendig: daß eine tüchtige und umgängliche Frauensperson
das Regiment wiederum führe, und daß, da bei der sel. Schaffnerin
langer Krankheit und endlichem Begräbniß die Baarschaft gänzlich
ausgegangen sei, der Rath etwa 1500
anleiheweise vorstrecke,
wodurch der Hof aus der schwersten Noth errettet, der Rath seine
Verpflichtung als Conservator und Defensor erfüllen, ein großer
Schimpf erspart, und dem Herzoge von Sachsen eine große Freude
entzogen würde. Wenn der Kammergerichtsprozeß in pt. alimentorum,
der unlängst zur Revision gebracht und wieder zum Urtheil gesetzt
sei, seine Endschaft erreiche, werde der Vorschuß überflüssig
zurückgegeben werden können. Die Stellung der Schaffnerin zu
bestimmen, müsse dem Rath überlassen bleiben; der sel. Bürgermeister
von Höveln aber sei schon der Meinung gewesen, daß man nach dem Tode
der damaligen manches ändern könne und dürfe. -
Im Jahre 1534 bestand der Convent aus folgenden Personen, deren
letzte 1587 verstarb:
BRÜDER:
Pater Heinr. Clunder † 1534.
Peter Lobeck † 1534.
Jochimus † 1535.
Nicolaus zu Borstorf † 1535.
Hans Korf † 1536.
Peter Heine † 1537.
Michael Tyle † 1541.
Pater Berend Boye † 1545.
Hinrich Klockau † 1544.
Nicolaus Bantow † 1546.
Arnold Noles † 1548.
Kaspar Kemerich † 1546.
Hans Basse † 1560.
Nicolaus Lhewerck † 1563.
SCHWESTERN:
Margrete Welandt † 1534.
Anneke von Minden † 1535.
Taleke Berchowers † 1540.
Barteke Mutius † 1541.
Elsabe Kemers † 1548.
Geseke Keller † 1542.
Sophie Johanssen † 1542.
Anneke Grabow † 1542.
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Kunneke Mutius † 1544.
Margrete Munges † 1548.
Katharine Alffers † 1550.
Margrete Garmelinck † 1550.
Birgitta Ronnegarve † 1556.
Gerdrut Rikemans † 1558.
Margrete Schloyers † 1559.
Anna Pekes, Aebtissin, † 1560.
Katharine Kerckrinck † 1562.
Elsabe Ronnegarves, Aebtissin, † 1562.
Margrete Lafferdes † 1562.
Margrete Zwangkringk † 1564.
Dorothea Kerckrinck † 1564.
Anna Ketelhake † 1565.
Cäcilie Bonnies † 1568.
Anna Reuters † 1568.
Magdalene Tegetmeyers † 1572.
Beke Beckers † 1573.
Elisabeth Wegeners, Aebtissin, † 1573.
Elsabe Krause, Aebtissin, † 1587 17. Febr. im
katholischen Glauben.
III.
Das Hebungsbuch des Klosters Marienwold ist im
Jahre 1464 angelegt. Wenn man dazu die noch erhaltenen Urkunden
nimmt, läßt sich der BESITZSTAND des Stiftes ziemlich genau
ermitteln. Er umfaßte
A. Landgüter.
1) BÄLAU (thor Belowe)
UND HALB BREITENFELDE. Der
herzoglich sächsische Vogt Heinrich zu Mölln verkaufte das Dorf
Bälau, welches er von Albert I. als Lehn empfangen hatte, um
1243
für 400
an das Kloster Reinfeld. Herzog Albert bestätigte
dies gegen den Empfang von 50
, bedang sich jedoch aus, daß
die Kolonen von 7 Hufen ihm zu Heerbann und Bede dienstbar blieben,
auch sein Vogt, neben dem des Klosters, Gericht an Hals und Hand
halte, das Endurtheil absage und zwei Drittheile der Bußen nehme
(1243). Den Abkauf dieser und aller Rechte und Vorbehalte
beurkundete derselbe Herzog am 4. April 1249. So empfing aus
besonderer Freundschaft Graf
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Heinrich II. von Holstein am 9. März
1376 auf
eines Mannes Lebzeit vom Kloster die Lehnwar des Dorfes, und verlieh
dasselbe am 16. d. M. an Gottschalk Reventlo auf Lebenszeit zu des
Klosters treuer Hand, verpflichtete denselben auch, es vor allem
Schaden und Nachtheil zu wahren. Später muß das Dorf an die Schacks
verkauft sein; denn am 28. Oct. 1413 überließ Ludeke Schack zu
Kehrsen, unter Einwilligung seiner Ehefrau und seines Bruders
Marquard, das Dorf Bälau sammt halb Breitenfelde zu einem ewigen
Erbkaufe an Herrn Borchard Sandel aus Mariendal, mit allem Recht und
Gericht, höchst und nieder, nichts ausgenommen, für 900
lüb.
Pfenn. Nun hatte sel. Volrad Schack auf beide Güter 400
von
Reimer von Kalven zu Lübeck aufgenommen, und diese Pfandschaft war
an den Lübischen Rath übergegangen, der sich mit dem neuen Kloster
Marienwold am 27. Oct. d. J. über das Kapital und
100
versessener Rente vereinigte. Daß aber der Verkauf zum Besten dieses
Klosters geschehen sei, bescheinigten beide Schacks vor den Herzögen
von Sachsen an eben jenem Tage, und Herzog Erich V. bestätigte zu
derselben Zeit, mit Gutheißen seiner Brüder und Räthe, den Verkauf
ohne allen Vorbehalt. Am 11. Nov. 1420 nach dem Tode seines Bruders
willigte Marquard Schack noch besonders in den Verkauf und die
Verlassung an das Kloster Marienwold vor den Herzögen Erich und
Bernhard. Das Kloster Reinfeld aber entsagte allen seinen Rechten
auf Bälau am 6. Dec. 1422 und belehnte den Convent zu Marienwold
damit; auf daß jedoch diese Infeudation nicht in Vergessenheit
geriethe, behielt es sich 3
jährlich vor. Weil nun aber nach
der Regel des Birgittenordens alle Güter frei und ledig sein mußten,
gestattete es die anderweitige Anweisung dieses Lehngeldes, lieferte
zwar die Originalbriefe aus, behielt sich aber sein Recht vor. Auch
diesem entsagte es endlich, nachdem ihm für jene 3
anderweitig 60
zugewiesen waren, und verhieß, fortan nur das
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Andenken an die Thatsache zu bewahren (24. Febr.
1431). - Den
Zehnten von Bälau (und Pezke) erließ, mit Consens des Bischofs
Pardam, das Ratzeburger Kapitel gegen Empfang von 200
(10.
April 1434).- Nach einem Gezeugniß des Rathes zu Mölln endlich v.
7. Juli 1437 hatte Hinrich Möller zu Lütow vor dem Lübischen Rathe die
Mühle zu Breitenfelde an den Laienbruder Claus Wilde zu Marienwold,
zum Behuf des Klosters, überlassen.
Bälau hatte 14 Hufen Acker, wovon 3 zum Hofe gehörten. Jede gab
jährlich 2
Pacht und
1
Dienstgeld,
2 Scheffel Roggen
und 2 Scheffel Hafer für den Zehnten, und ein Rauchhuhn; für zwei
Hufen unbebautes Land gab Hans Duwe, der sie inhatte, 1464 die
vierte Garbe. 2 Käthner zahlten nur 8 Schilling,
1 Rauchhuhn, und
außerdem einige Hühner. - 1555 trug Bälau an Heuer und Nachheuer
41
12
, an Wiesengeld
10
14
, an Pachtkorn
22 Scheffel
Roggen und ebensoviel Hafer.
Der dem Kloster gehörige Theil von Breitenfelde hatte 17
Stellen,
welche 3-4
gaben; eine gab kein Geld, aber
6 Scheffel Korn,
weil der Mann ein Lübscher war. Außerdem fielen 46
Scheffel Roggen,
Rauchhühner, und Lämmer und Hühner für den Zehnten.
1555 war das
Einkommen: 24
12
Heuer,
46 Scheffel Roggen Kornpacht,
und 15
Wiesenheuer.
2) PEZKE (petzeke, peezke, peszekenbeke). In diesem Dorfe verkaufte
Johann von Krummesse am 25. März 1347 an die Kalandsbrüder zu Mölln
3
wiederlöslicher Rente für
30
; von dieser Rente gaben
Hermann Zytelmann und seine Erben 2
4
, den Rest das
Heilige-Geist-Haus in Mölln; verging das Erbe, so stand das ganze
Gut für die Zahlung. Eine Bestätigung von Seiten des Herzogs ist
nicht da; sie wird auch in der Urkunde nicht angedeutet. Am 30. Nov.
1414 überließ Otto von Krummesse mit Einwilligung seiner Frau und
seiner
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rechten Erben so wie seines Bruders Johann,
seinen Hof und das ganze Dorf Pezke zum Erbkaufe an Schwestern und
Brüder des Birgittenordens, mit aller Zubehör, nichts ausgenommen,
mit allem Recht, oberst, mittel und nieder, an Hals und Hand, quit
und frei, wie er es allerfreiest besessen, für 960
lüb.
Pfennige; dabei durften sie von seinem gnädigen Herrn von Sachsen
15
für
150
und von dem Kalande zu Mölln
3
für
13
(30?) auslösen. Sie mögen dort auch eine Stätte zum
Gottesdienst bebauen, wie sie wollen, und sollen bei ihm Vertretung
gegen alle Ansprache geistlicher und weltlicher Personen finden.
Ueber Herzog Erichs V. Schutzbrief s. oben Seite
359f. Am 20. Jan.
1422 quitirt derselbe Herzog über den Empfang von
150
lüb.
Kapitals, wofür er von Alters her aus dem Gute Pezke 15
gezogen, welche ihm Otto bei dem Verkaufe an das Kloster Marienwold
zur Lösung um die obige Summe vorbehalten habe. - Der Erlaß des
Zehnten zu Pezke ist schon unter Bälau erwähnt. - 1435,
4. Sept.
bezeugt der Möllnische Rath, daß Grete Wulvekens vor ihm ein Erbe,
das sie mit ihrem Manne, Godeke von Pezke, da wo die alte Kirche
lag, besessen, dem Kloster ganz und gar für ewige Zeiten zugeeignet,
und am 9. März 1438 erklärte Hermana Zytelmann vor Notar und Zeugen,
daß er und sein sel. Sohn an dem Erbe, das sie früher zu Pezke
besessen, durchaus kein Recht mehr hätten, da die eine Hälfte
desselben an Nicolaus Tode zu Mölln verkauft, von diesem aber an das
Kloster M. abgetreten, die andere Hälfte aber durch Verkauf an den
noch darauf wohnenden Bauer Wulveken übergegangen sei. - Die
Gränzscheiden von Pezke sind oben S. 364 ausführlich besprochen.
Interessant ist noch ein Meierschafts-Contract vom 2. März
1546,
welchen die damalige Aebtissin Anna Pekes mit Lorenz Busekist weges
des Pezker Hofes auf fünf Jahre abschloß. Der Acker war mit
3 Last
Roggen, wovon 7 Scheffel für Unkraut abgezogen wurden,
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mit 12 Drömt und 4 Scheffel Hafer, mit
7 Scheffel
Sommerroggen und 8 Scheffel Buchweizen besät; die Saat wurde von
dem Vogt zu Mölln, zwei Möllnischen Bürgern und
4 Hausleuten und
Erbgesessenen besichtigt. Dafür soll der Meier an die Aebtissin
jährlich 1 Last reinen Roggen, 3 Drömt Hafer,
1/2 Tonne Butter, und
von Ostern bis Michaelis alle 14 Tage 8
frische Butter und
1/2 Tonne Eier, aber ohne Kaff, zu Lübeck auf den Hof, ferner
5
Fuder Heu für die Schafe und 4 Schiff Holz an das Schiff liefern.
Jährlich hat er 12 Ackerpferde und 40
Haupt Vieh auszufüttern,
genießt aber von den Kälbern die halbe Zahl; dem Reitknecht reicht
er Hafer für sein Pferd, dem Knecht die Kost, dem Schäfer Konvent
und die tägliche Nahrung. Uebergeben sind ihm beim Inventar
6 Säue,
20 Gänse, 5 Enten, 4 Stiege Hühner, und er liefert davon jährlich
die Hälfte der Schweine, 5 fette Gänse,
10 Hühner; wenn das Obst
gedeiht, 8 Tonnen Aepfel, 3 Tonnen Nüsse, und Birnen. Um Hölzung und
Fischerei hat er sich nicht zu kümmern; auch darf er den Heisch- und
den Paulskamp bis zum Thore, da der Hopfenhof ist, nicht besäen,
sondern soll sie zum Behuf der Pferde und Kälber hegen. Zieht er ab,
so liefert er alles so wieder, als er es empfangen; hat er Lein
gesä't, die halbe Saat. Das Haus mit Zubehör und Stallung hat er
unter Dach zu halten, Zäune und Düngergrube so wie er sie gefunden.
Für Schaden haftet sein und seiner Kinder gewissestes Gut, beweglich
und unbeweglich.
Im Sommer 1847 ist, bei Gelegenheit eines Neubaues zu Marienwold,
ein Theil der alten Klostermauern bloßgelegt. Außer einem etwas
abwärts gefundenen goldenen Ringe, auf welchem die Passion
dargestellt ist, sind mehrere Steine mit Inschriften zu Tage
gekommen, auch hat man einige Körbe voll Gebeine und Schädel
gesammelt: an den letzteren befanden sich noch mit Nadeln befestigte
Ueberreste der Kronen.
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3) BORSTORP und FALKENHAGEN (borgstorpe,
borgerstorpe, borchsporte, Bustorp). Hof und Dorf gehörten vor
alters den Zulen und wurden, sammt der wüsten Dorfstätte
Falkenhagen, zwei Hufen zu Breitenfelde und einer Hufe zu
Schretstaken, von Gottschalk von Zule zu Unterhaltung zweier
Vikarien hergegeben, von welchen er die eine auf dem Schlosse zu
Schönberg, die andere im Dorfe Schretstaken gestiftet hatte. Um die
Zeit der Gründung von Marienwold lagen beide Stätten wüst, so daß
kein Vikar davon erhalten werden konnte; überdies hatte Bischof
Detlev von Ratzeburg sie am 1. Oct. 1406 für
150
lüb. Pfenn.
an Ludolf Schack verpfändet und ihm 15
jährlicher Rente
zugestanden; da er jedoch hoffte, daß der Pfandinhaber namentlich
Falkenhagen bebauen und bessern würde, hatte er sich die weiteren
Einkünfte vorbehalten und Ersatz der Verbesserung versprochen. Nun
bekümmerte es aber die Familie der Zulen sehr, das Seelenheil ihrer
Verwandten auf solche Weise vernachlässigt und vergessen zu sehen;
zugleich versprachen sie sich von dem Eifer der neuen Conventualen
das Beste: sie veranlaßten also den Bischof am 24. Juli
1413, die
beiden Vikarien mit den dazu gehörigen Gütern auf Marienwold zu
übertragen, nachdem das Kloster, außer 8
Rente,
200
als Pfandgeld für Borstorp und 30
für die Neubauten an Ludeke
Schack entrichtet hatte (24. Juli). Danach fand die wirkliche
Verlegung der Schönberger Vikarie am 26. Oct.
1413, die der
Schretstakener am 25. Juli 1416 statt. Die Güter wurden mit allem
Gericht, hoch und nieder, mit Rauchhuhn, Dienst, Pacht, Renten,
Beden, Eigenthum und Herrschaft übergeben; dem Fürsten stand keine
Bestätigung zu: eth is geistlick Dynck gewesen - sagt das
Hebungsbuch - dar vmme der fursten willebreue ys nicht van noden
gewesen alse donne der werelt stunt. Als der eine Vikar starb fand
das Kloster den andern mit Geld ab. - 1421 überließ Hinrich Kamp
sein väterliches Erbe an
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die Conventualen für 6
vor dem Breitenfelder Pfarrherrn und
drei Kirchspielsgeschworenen, für welche der Geistliche siegelte. -
Sehr interessant für die näheren Verhältnisse von Borstorp ist eine
Sühne mit Marquard und Jasper Moldenhauer wegen ihres Erbhofes vom
7. März 1456. Der Streit wurde, nachdem die Beklagten auf Ladung des
lüb. Landvogts (Marschalls) Claus Vinckenfenger nicht vor den Rath
gekommen waren, zu Mölln verhandelt, und betraf unbefugte Holz- und
Wiesennutzung. Die Moldenhauer hatten den Hof um "eine Summe
Pfennige" erstanden, doch gaben sie jährlich 7
lüb. Zins,
1
Dienstgeld,
1 Pfund Hafer, 1 Rauchhuhn, und dienten
8 Tage (4
zum Pflügen, 2 zum Düngen, 2 zum Mähen in der Ernte), waren
verpflichtet, jährlich 20 Stück Rindvieh auf der Weide frei zu
halten, und wenn der Herr Mast gab, hatte jeder Theil vier Schweine
frei. Die Feldmarken von Bälau, Borstorp und Falkenhagen insgesammt
dienten als Weide. Das auf dem Besitz wachsende Hartholz gehörte dem
Kloster, welches sich auch einige Wiesen vorbehalten hatte.
Alse dit guetk - sagt das Hebungsbuch - by dat closter quam, was dat
meiste parth vorwostet vnde war reusz (Rohr, Binse) vnde buesch. Des
closters vorwante personen hebbent gheleghet vnde verschonet, dat nu
vp beiden dorpsteden schone holt steith, beide hart vnde week. Dar
wonent nemant, sunder de vorsamelinge des closters hebben dar eyn
hus vnde quiek vnde eyne schune vnde folck de dat vorstath. -
1555
fielen an Wiesenheuer: 4
4
für eine Wiese, welche die
Schretstakener hatten, 8
14
für Wiesen von den Leuten
zu Kotel, 1
3
für Wiesen von denen zu Walksfelde.
4) BERGRADE (berckrade, dat berkrod). Am
20. April 1394 verkaufte
Otto von Ritzerau an den Lübischen Bürger Vromold Warendorp, dessen
Erben, Nachkommen und getreuen Inhaber
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des Kaufbriefes, für 600
guter lüb.
Pfennige das ganze Dorf Bergrade im Kirchspiel Nusse mit aller
Zubehör, auch Wasserstauung und dem Recht der Anlegung von Wind- und
Wassermühlen, mit allem Recht und Gericht, hoch und nieder und allen
dazwischen, nichts ausgenommen, auch mit der Freiheit, den Teich zu
stauen unter Gefahr für des Verkäufers Gut. Die Wiederlöse sollte
binnen 12 Jahren geschehen, nach deren Ablauf der Kauf ein
erblich-frei-eigner war; Verkäufer erlaubte dagegen auch die weitere
Verpfändung an geistliche und weltliche Personen. Dies bestätigte
Herzog Erich der Aeltere (III.) an eben dem Tage in seinem ganzen
Umfange. Am 23. Aug. d. J. aber entsagte schon der Verkäufer für
sich und seine Erben der Wiederlöse. Am 24. Juni
1404 verzichteten
des inzwischen verstorbenen Otto Vettern, Henneke und Volrad
Gebrüder Ritzerau, noch ausdrücklich auf alle Ansprache wegen der
Teichstauung zwischen ihrem Felde, dem Duvensee und der Bergrader
Mark, bestätigten übrigens den früheren Verkauf. Eine weitere
Stauung in der Manau verließen dieselben am 21. Oct.
1408 für 50
lüb., wie der Lübische Rath am
13. Jan. 1409 bezeugte. - Nun
trat Vromold für den Fall seines Todes, gegen Empfang von
400
lüb. Pfenn., den Marienwoldern das Gut ab (11. Nov.
1418) nahm aber
am 2. Nov. 1419 von den Vikarien zu St. Marien in Lübeck, mit
Wissen, Willen und unter Verpflichtung des Convents, 300
lüb.
Pfenn. als Pfandgeld auf, und verhieß dafür 24
jährlicher
ewiger Rente. Die Verlassung an das Kloster bestätigten übrigens die
Herzöge Erich V., Bernhard II. und Otto von Sachsen am
1. Mai 1424,
den Artikeln des Hauptbriefes gemäß; wahrscheinlich sind die
Vikariengelder damals abgelöst. - Ein ihm zugehöriges Erbe in
Bergrade verkaufte Hans Spore an das Kloster, wie die Gebrüder Hans
und Otto Ritzerau am 22. Nov. 1435 bezeugten. Der Hof zu Bergrade
ward um die vierte Garbe gebaut;
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die Leute sollten des Jahres 18
geben.
1555 fielen an Heuer
22
3
,
24 Scheffel Hafer und 1 Zuchtschwein.
5) DARCHOW, NIENDORF und ECKHORST oder BUTZ (dargow, dargauwe,
gargauwe, nygendorpe; woste ekhorst). Sie gehörten den Zulen, von denen
Gottschalk am 22. April 1388 eine jährliche Rente von
6 1/2
lüb. Pfenn. für 90
aus Darchow an das Ratzeburger Kapitel
verkaufte. Das Erbe, worauf die Schuld contrahirt war, gab zu einer
Fehde zwischen den Gläubigern und dem Knappen Erdmann Schulte,
Burgmann zu Horneborg, Anlaß, welche durch den Lübischen Rathsherrn
Jakob Bramstede, und die Hamburger, Bürgermeister Hinrich Kotynck
und Rathsherr Detlev Bremer, dahin vertragen ward (22. Juni
1440),
daß die ersteren es in völligen Besitz nehmen durften. Da verkauften
die Gebrüder Wedege und Volrad Zule, Gottschalks Söhne, am
15. Jan.
1445 die drei Dörfer mit Hof und See und aller Zubehör, sammt
Dienst, Dienstgeld,
Bedepacht, Nutzung, Rauchhuhn, Recht und Gericht, hoch, mittel und
nieder, mit aller Freiheit und ganzem Eigenthum an den Convent zu
Marienwold für 2637
lüb. nebst
15 Drömt Roggen für die Saat.
Ganzer oder theilweiser Versatz und Verkauf ward gestattet, den
Herzögen von Sachsen dagegen der Wiederkauf, um die Kaufsumme unter
Verpflichtung zum Ersatz der erweislichen Melioration, vorbehalten,
für den Fall, daß die Familie Zulen gänzlich ausstürbe. Herzog
Bernhard II. bestätigte solche Verlassung, bedang sich jedoch das
höchste Recht, das Verbot Mühlen zu bauen und die Benutzung des
Schallsees, den Schmalzug ausgenommen, und von den Untersassen die
gemeine Landbede und was das gemeine Land thut, aus. Der Convent
ging diese Bedingungen ein 22. Jan. 1445. Dagegen gewährte ihm der
Herzog 10. Mai 1456 noch das Moor zwischen Salem und Darchow sammt
der Stauung, behielt sich aber das höchste Gericht vor und bedang
sich Vigilien und Seelmessen
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aus. - Zu Ostern 1457 verpachtete Paul Korne, Bruder zu Marienwold,
an Hans Köler zu Darchow, mit Consens seiner Oberen, eine Holzecke
in dem Eckhorster Felde auf 6 Jahre für 18
; fünf Jahre lang
sollte der Pächter hauen und im sechsten brennen und roden, jedoch
nur das Weichholz.
In Darchow waren 9 Stellen; die größte gab
7
, eine Käthnerin
20 Schill., 6 gaben 1
Dienstgeld und
1-3 Scheffel Hafer; alle
das Rauchhuhn und den Viehzehnten. Für Eckhorst, das sie sich
getheilt, zahlten sie 9
12
. - In Niendorf waren
7
Stellen, darunter 2 Katen; alle gaben das Rauchhuhn, eine noch
4
Hühner. Die höchste Heuer betrug 5
8
.
Um Fastnacht 1544 schrieb Gottschalk von Zulen an den Rath zu
Lübeck, daß er gewilligt sei, die drei Güter wieder zu lösen;
Beschwer vom Herzoge sei nicht zu fürchten, und er wolle für allen
Schaden einstehn. Daß dies auf Anstiften des Herzogs geschah, ist um
so glaublicher, da nur diesem, nicht der Familie die Wiederlöse
vorbehalten war. Als keine Antwort erfolgte, sagte Gottschalk am
22.
Aug. 1545 unter Autorität des Herzogs die Lösung an, und am
29. Jan.
1546 bevollmächtigten Bertold von Zule zu Malsow, als Vater, und
Johann und Jochim von Zule, als Brüder, den Gottschalk, die Güter
für sich und seine Nachkommen wieder zu erwerben. Doch entstand
Beschwerde, daß dieselben merklich deteriorirt seien; denn man
wollte das Lösungskapital kürzen. In den Verhandlungen, die zu
Lübeck geführt wurden, wies der Convent in Bezug auf die Hauptpunkte
seine Unschuld nach: ein Haus auf dem See hatte einer von Zulen
wegen eines Todschlages als Zufluchtsort gedient, und war von ihren
Verfolgern zweimal niedergebrannt; das Holz hatte der Fürst, ohne
daß der Convent es wehren können, verhauen, um sein zweimal
abgebranntes Ratzeburg, auch Lauenburg und andere Ortschaften wieder
aufzurichten; eine in Folge besonderen Vertrages angelegte Stauung
ward wieder zerstört; die
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15 Drömt Roggen, welche das Kloster forderte,
ließen sich aus dem Hauptbriefe erweisen. Doch begnügte sich der
Convent mit 2400
und hob noch die Pachtausstände bis zum
Schluß des Jahres (1546). Nach einer Notiz in den Acten ist die
Uebergabe darauf erfolgt.
6) GOLDENSEE. Es gehörte den Bülows, welche es am Pfingstabend
1429
erb- und eigenthümlich an den Lüb. Bürger Hans Gerwer verkauften.
Dieser verpfändete das Dorf den Vikarien zum Dom für
600
(19.
Nov. 1434), löste es jedoch demnächst wieder ein und verließ es
21.
Nov. 1440 an Bernd von Plessen zu einem ewigen Erbkaufe für
770
lüb. Nun hatte der Convent von Marienwold früherhin von der
Familie Plessen für 1500
die beiden Dörfer Warstorf und
Frimersdorf bei Wismar pfandweise angenommen; jetzt aber überließen
die Gebrüder Bernd, Wipert und Helmold von Plessen, gegen Anweisung
von 1400
in jenen beiden Ortschaften, den Conventualen Dorf
und Gut Goldensee sammt dem See und aller Zubehör, Waden- und
Schmaltaufischerei, Stauung, Dienst, Dienstgeld, Bedepacht,
Rauchhuhn, Recht und Gericht, hoch, mittel und nieder, erb- und
eigenthümlich, nichts ausgenommen; nur den Lützows zu Thurow ward
der denselben zukommende Antheil am Fischfang vorbehalten (13. Jan.
1456). Herzog Bernhard II. von Sachsen bekräftigte solchen Tausch
und Erbkauf, bedang sich aber das höchste Recht, Brückwerk und
Plankenwerk, und was das gemeine Land thut, aus (16. Jan.). Aber das
Kloster konnte sich mit den Lützows wegen des Fischfangs nicht
einigen, bis die Herzöge von Sachsen und von Meklenburg (7. Oct.
1462) den Streit dahin vertrugen, daß den letzteren die Hälfte des
Sees zugesprochen ward; beide Theile sollten zugleich und auf
gemeinschaftliche Kosten fischen und zwei Schmalnetze, die Lützows
aber durften außerdem noch eins und einen Kahn bei ihrem Hofe
halten. Aber auch dieser dem Kloster
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höchst nachtheilige Vertrag ward, wie aus einer
Verhandlung vom Jahre 1485 hervorgeht, nicht beobachtet. Später
behaupteten die Herzöge von Sachsen, daß sie die Fischerei auf dem
See mitbesäßen, und hinderten dieselbe beiden Theilen ganz, wie dies
1558 zur Klage kam.
Goldensee hatte 7 Stellen, welche 2-6
Pacht gaben, und einen
Käthner, der 2 1/2
Seeheuer, einen andern, der
2
zahlte. Außerdem fielen 6-24 Schill. Dienstgeld und
8 Rauchhühner;
einer gab auch jährlich 12 Schill. zur Ratzeburger Brücke.
1555
betrug die Heuer 40
12
.
B. HÄUSER.
1) DER JETZIGE BRIGITTENHOF IN DER
WAHMSTRASZE ZU LÜBECK. Lauenburgischer Seits ward behauptet, er sei von einem
Geistlichen zu St. Egidien geschenkt. Nach den Urkunden ist er für
800
lüb. von Heinrich Vledermann
8. März 1439 erkauft und auf
den Namen Hans' von Wickede und seiner Erben geschrieben. Dieser
mußte am 25. Jan. 1450 reversiren, daß der Hof dem Convent zu
Marienwold, und nicht ihm, gehöre. Der Hof umfaßte 9 Wohnungen,
welche vermiethet waren. 1480 baute der Lüb. Bürger Hans Berteldes
ein Haus nach der Straße als Obdach für die Conventualen, und
erlangte dafür und gegen eine jährliche Zahlung von 5
für
sich und seinen Sohn unter gewissen Bedingungen freie Wohnung auf
Lebenszeit.
2) EIN BRAUHAUS IM KRAMON ZU HAMBURG, 1479 erbaut. Das Kloster löste
80
ewiger Rente mit
1200
, die es von verschiedenen
Personen auf Leibgeding nahm, aus, und verbaute noch 600
darin. Am 9. Jan. 1537 ward es um 5500 Markstücke grob Geld, wovon
3000 im Hause als erstes Geld blieben, an Detlev Meyer verkauft.
C. BELEGTE KAPITALIEN.
Dieser Besitz wechselte natürlich; deshalb können
die Notizen
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auf Vollständigkeit keinen Anspruch machen. Nachweisen lassen sich
jedoch folgende Pöste:
a. im Meklenburgischen:
1) Die Einkünfte von 15 Erben zu WENDORF im Kirchspiel Mühleneixsen,
veranschlagt zu 86
14 1/2
, welche
Vycke Bassewitz
1455
mit Genehmigung des Herzogs verließ. Die Wiederlöse konnte
jährlich zu Martini mit 1548
geschehen. Außer Heuer gaben die
meisten Dienstgeld, Flachsgeld und Hühner, der Bauermeister auch
1
Rauchhuhn; alle aber 3 Schärfe Münzgeld. Der Convent nahm
19. April
1463 von dem Rathsherrn Hermann Hitfeld zu Lübeck
400
pfandweise auf und zahlte 24
dafür; doch ward die Schuld in
Folge testamentarischer Verfügung erlassen.
2) In BÖSSOW (borsouwe) verließ Vicke Bassewitz
1457 für 200
12
ew. R. und
1458 für 400
24
. Zwei Briefe des
Herzogs bestätigten die Verpfändung von 2 und
4 Erben.
Wegen einer dieser Pfandschaften entstanden Irrungen zwischen den
Bassewitzen und dem Kloster Marienwold, zu deren Beilegung Herzog
Albrecht von Meklenburg am 24. Aug. 1524 Henning Raben, Johann Krebs
und Achim Curdeshagen verordnete.
3) In ROGGENDORF und SALITZ (sadeweltze, sadewisch, saleuis)
verließen die Gebrüder Helmold und Hans von Lützow, unter
Einwilligung der Königin Agnes, Herzogin von Meklenburg, für
500
Kapital
38
14
Rente (1427). Gesetzt waren drei
Erben in R., 5 in kl. S. und 1
Dienstgeld. Dazu kamen später
noch 3
4
10
aus
2 Erben in Groß-S., wofür sich
Hermann Stoppesack und der Priester Johann Schumacher zu Gadebusch
Seelenmessen im Kloster erwarben.
4) In STRALENDORF (strallendorpe) nahmen Wedege und Volrad Zule
1438
gegen Verpfändung von 3 Erben 100

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1857/15 - 396
für 7
ewiger jährl. Rente auf. Von einem
Bauern heißt es: desse is deme hertegen ouergheuen, wente de bure
weren twyge vorpandet, de makede he vry. - 1454 nahmen Beke von
Oertzen und ihr Sohn Claus 400
für
22 1/2
R. in drei
Erben auf. Die Bauern bekamen vom Kloster 8 Schill. Dienstgeld, weil
sie dem Herzoge dienen mußten. - Uebrigens ward auch der Viehzehnte
entrichtet.
5) Aus DUTZOW und kl. THUROW hatte Helmold Lützow
22. Mai 1438 an M.
Gerd Grote 18
13
für
245
verkauft. Das
Pfandrecht lag auf 5 Hufen Landes und deren Erben.
1455 kam die
Pfandschaft an Marienwold, welches Mich. 1473 noch
100
hergab
und die Wiederlöse auf 350
festsetzte.
6) Aus METELN (to der metele) verkaufte
10. Nov. 1426 Eggert
Halverstad an Gese Schallen 18
für
200, was Herzogin
Katharine von Meklenburg bestätigte. Diese Pfandschaft kam an
Marienwold, welches in Folge Uebereinkommens mit Vicke Halverstad
1448 die Rente auf 14
herabsetzte, wovon
3
in SEEFELD angewiesen wurden.
7) Aus VICHELN (vychel) verkaufte Helmold von Plessen
15. Mai 1438
für 125
10
und für
113
auch
10
R.
1461 ward nach Uebereinkunft mit Bertold Berse und seiner Hausfrau die
Rente auf 16
herabgesetzt.
8) In BRODIN verließ Wedege von Zule 7
für
100
(1.
Jan. 1439); dazu kamen 1468 noch 3 1/2 für
50
.
9) In BESENDORF (wesendorppe) verließ
1439 Cord von Pentz zu Redefin
7
ew. R. für
100
. Die R. ward auf
6
erniedrigt
und später auf KARFT (kerwete) und PÜTTELKOW (potekowe) gelegt.
10) In gr. BRÜSEWITZ (groten brusevisse) verließ
1438 Claus von
Oertzen 7
ew. R. für
100
.
1857/15 - 396
1857/15 - 397
Kleinere Pfandschaften hatte das Kloster zu
RAMBEEL (to deme rambele), TESSIN, BLIESCHENDORF (blisekendorpe),
LÜBOW (lubouwe), TRIWALK (to deme triwalke), Gischow (gisschowe)
etc. desgleichen in WISMAR, SCHWERIN, WITTENBURG, GREVISMÜHLEN etc.
b. im Lauenburgischen.
1) In LANKAU hatte das Kloster in Folge des Weydeknepelschen Testam.
300
die mit
18
verzinst wurden. - Erb- und
eigenthümlich gehörte ihm dagegen eine Wiese auf dem Lankauer Felde,
(de rusch oder ruschwisch), die es
1434 für 21
gekauft hatte.
2) In MUSTIN wurden 1472 bei Luder Dargesen
15
zu
1
Rente belegt, 1479 nahm Otto von Ritzerau 500
und gab
30
R.
3) In DUVENSEE nahmen Hans und Otto Ritzerau 12. März
1442 von
Hinrich Constin, Bürger zu Lübeck, 500
auf und verpfändeten
dafür das halbe Dorf und den halben See. Die 30
Rente gingen
1452 an Marienwold über. Von diesem nahmen 1468-72 Adele Schack,
Adelheid Dargessen und Beke von Bokwold 300
auf halb Duvensee
auf. - Uebrigens muß der Convent schon in früherer Zeit den See
gehabt haben; er hatte auf denselben 100
von der Familie von
Alen aufgenommen, die er 13. Dec. 1423 ablöste.
Kleinere Pfandschaften lagen in KITTLITZ (kittelze), HOLLENBECK etc.
c) im HOLSTEINISCHEN stand der Hauptposten zu TRITTAU, wo Diederich
Blome seit 1475 nach und nach 1500
aufgenommen hatte, die er
mit 100
jährlich verrentete.
d) Besonders beträchtlich waren die Summen, welche das Kloster in
den größeren STÄDTEN DER NACHBARSCHAFT, theils in Privathäusern,
theils bei der Rathskämmerei belegt hatte. Eine Aufzählung ins
Einzelne freilich würde zu weit führen. Der
1857/15 - 397
1857/15 - 398
Rath zu LÜNEBURG hatte bis 1442 schon
7490
,
das Kloster St. Michaelis 600
empfangen; die Zinsen waren
anfänglich 7 Procent, auch mehr; seit der Mitte des
15. Jahrh. nur 5
Procent. Nicht geringer waren die in LÜBECK und HAMBURG belegten
Summen.
D.
Ansehnlich war ferner das LEIBGEDINGE, welches das
Kloster für seine Brüder und Schwestern empfing; andererseits gab es
auch Leibrenten, 1496 z. B. 410
durchschnittlich
7 Procent.
E.
Die Kirchengeräthe waren meist von Silber, hin und
wieder vergoldet. Erwähnt werden 23 Kelche;
4 Monstranzen, darunter
eine mit dem Backenzahn (Kuse) des heil. Johannes;
2 silberne
Crucifixe; ein silbernes Marienbild mit Korallenschnüren und
Gürteln, und einem prächtigen Mantel mit vielen Spangen;
17 Ringe
für die Finger der heil. Brigitte u. s. w. Das Werthvollste der Art
wurde nebst vielen kostbaren Gewändern zwischen 1570-80 im
Westfälischen verkauft.
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