Vaterländisches Archiv
für das Herzogthum Lauenburg

Erster Band.
Ratzeburg. Verlag der Buchhandlung von H. Linsen. 1857
 


 

II.

Sind die nicht zur Jagd berechtigte Grundbesitzer des Herzogthumes Lauenburg
nicht wenigstens berechtigt, von dem Jagdherrn zu fordern,
daß er die, durch das Wild verursachte Schäden vollständig erstatte?
und zwar ohne Beschränkungen; oder ihrerseits als Pflicht zu erfüllende Bedingungen?
beantwortet nach den vorhandenen particularrechtlichen Vorschriften und gemeinrechtlichen Grundsätzen.

Von Dr. jur. VON DUWE, weiland zu Ratzeburg.

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§ 1. Durch Bekanntmachung der Königl. Regierung des Herzogthums Lauenburg vom 11. August 1851, ward den Bewohnern dieses Landes eröffnet:

"Se. Majestät der König haben am 3. August 1851 Allerhöchst zu resolviren geruhet, daß, in Folge des Wegfalles des unterm 14. Mai 1849 publicirten Grund-Gesetzes, die in Ausführung desselben unterm 18. October 1849 erlassene Verordnung über das Jagd-Recht und dessen Ausübung, ebenfalls außer Kraft gesetzt werde und demnach, unter Vorbehalt eines zu erlassenden Gesetzes über die Ablösbarkeit des Jagd-Rechtes, so wie über den Ersatz von Wildschäden, und mit Ausnahme der Jagd-Dienste, so wie der Jagd- und Wildfuhren, (welche, so weit solche nicht durch Contracte ausdrücklich übernommen wären, bis weiter nicht gefordert werden

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sollten), hinsichtlich des JAGD-RECHTES der, vor Erlassung der Verordnung vom 18. October 1849 im Herzogthum bestandene Rechtszustand wiederum hergestellet werde."

Dies in Aussicht gestellte Gesetz ist bis auf diesen Augenblick nicht erschienen; auch verlautete bis jetzt nicht einmal darüber etwas, daß es den Lauenburgischen Landständen im Entwurfe, zur verfassungsmäßigen Berathung, vorgelegt sei, und möglicher Weise kann noch GERAUME Zeit verfließen, ehe jenes Gesetz INS LEBEN TRITT. Dagegen haben, sowohl die Königl. Regierung, als das Königl. Ministerium für die Herzogthümer Holstein und Lauenburg, in Bezug auf VERGÜTUNG der Wildschäden, welche verschiedene Grundbesitzer aus SECHS Dorfschaften des Amtes Schwarzenbeck, WÄHREND DER JAHRE 1851/2 und 1853 erlitten hatten und unter Leitung des Königlichen Forst-Amtes Schwarzenbeck, durch VIER BEEIDIGTE, AUF EINE, VON KÖNIGLICHER REGIERUNG ABGEFASZTE INSTRUCTION VERWIESENE Taxatoren, überhaupt zu 2,255 5 9 Landes-Münze abgeschätzt waren, im Administrativ-Wege die, bei jenen Wildschäden Betheiligte, auf ihr Gesuch wegen Entschädigung, IN JEDER HINSICHT ABSCHLÄGLICH beschieden, während nicht allein dasjenige, was die, im Archiv der Königlichen Regierung vorhandene, sogenannte Graf VON KIELMANSEGGESCHE Verordnungssammlung, als unbedingt für die Betheiligte redende MATERIALIEN in bedeutender Menge enthielt und die, im 3ten Bande der v. BÜLOW und HAGEMANNschen „practischen Erörterungen", als Nro. VI. gelieferte Erörterung: "von der Verbindlichkeit des Jagdeigenthümers", den in seinem Jagdbezirke „durch das Wild veranlaßten Schaden zu ersetzen", so wie die „durch v. RAMDOHR's juristische Erfahrungen" Thl. II. S. 478 veröffentlichten Mittheilungen, von dem CELLEschen OBERAPPELATIONS-Gerichte (mithin von dem GERICHTE, welches

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bis zum 27. Juli 1816 auch für das Herzogthum Lauenburg das höchste Gericht war) mehrere abgegebene richterliche Entscheidungen darboten, wodurch nach gemeinrechtlichen Grundsätzen, die Ersatzpflicht der Jagdberechtigten ausgesprochen war, überdies aber auch durch die Spangenbergische Sammlung der Verordnungen und Ausschreiben, die in der, bis jetzt nicht durch Abdruck bekannt gewordenen Graf v. Kielmanseggeschen Sammlung 1) enthaltene particulare Rechtsquellen, (welche das Cellesche Oberappellations-Gericht nicht gekannt hatte), längst veröffentlicht waren! - Die Spangenbergische Verordnungs-Sammlung muß mühsam durchsucht werden, um die durch sie gelieferte Materialien zusammenzufinden, weil das Register beim Artikel „Wildschäden", gerade diejenige Verfügungen, welche den LANDESHERRLICHEN Willen und dessen Versprechungen beurkunden, oder durch ihn veranlaßt wurden, nicht angiebt und diese Verfügungen zerstreuet an anderen Stellen des Registers in einer Art anführt, welche nicht vermuthen läßt, daß selbige hinsichtlich der Wildschäden und deren Vergütung Materialien enthalten. Die v. Bülow und Hagemannschen „practischen Erörterungen", so wie v. Ramdohr's juristische Erfahrungen, stellen die Entschädigungspflicht des Jagdberechtigten nur als eine bedingte dar, obgleich dieser Bedingung selbst nach gemeinrechtlichen Grundsätzen, wohl sehr erhebliche Zweifel entgegenstehen mögten und selbige (wenigstens bei den landesherrlichen Domanialjagden,) offenbar als wegfällig erscheinen muß. Dasjenige, was die vorhandenen juristischen Werke über Jagdwesen nach gemeinrechtlichen Grundsätzen darbieten, muß man aus ihnen zusammensuchen, um

1) Vgl. hinsichtlich ihrer und der späteren von Bruhn-Neergardschen Sammlung: das „Staatsbürgerliche Magazin" von Falk, Bd. IX. Heft 2. S. 277 f


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sich eine VOLLSTÄNDIGE Uebersicht des zur Begründung der Entschädigungs-Ansprüche bereits Ausgeführten zu verschaffen; denn keineswegs findet man solches bei den einzelnen Schriftstellern VOLLSTÄNDIG. Alle diese Umstände mit einander vereinigt, scheint deshalb eine Zusammenstellung der, zur Beantwortung der vorliegenden Fragen vorhandenen zerstreueten Materialien, eine Arbeit von practischem Nutzen und sehr wünschenswerth zu sein. So weit selbige möglich gewesen ist, hat der Verfasser des vorliegenden Aufsatzes selbige deshalb versucht, jedoch auch noch eigne Bemerkungen damit verknüpft.

§ 2. Schon der König und Churfürst Georg II. war darauf bedacht, die Wildschäden, wodurch der Ackerbau aus das Empfindlichste beeinträchtigt ward, in seinen deutschen Staaten aufhören zu lassen. Auf seinen Befehl mußte z. B. etwa im Jahre 1739, in der Wildbahn am Deister (im Calenbergischen) und den angränzenden Vorhölzern, dergestalt aufgeräumt werden, daß sein Cammer-Collegium in Hannover besorgte, das Wild wegwerfen zu müssen, und deshalb den Aemtern rescribirte: „sie mögten die Unterthanen zu bewegen suchen, etwas davon für „ein Billiges käuflich anzunehmen". 2) Sein Regierungsnachfolger, der König Georg III. bewies aber noch mehr, wie sorgfältig er landesväterlich dahin strebe, daß das Wildprett von den Kornfeldern der Unterthanen ABGEHALTEN und dessen VERMEHRUNG ZUM NACHTHEILE DES ACKERBAUES, gänzlich verhindert werde, denn

A. sein d. d. St. James den 17. Juli 1764 an den Oberforst- und Jägermeister Grafen von der Schulenburg gerichtetes Schreiben, welches v. Lenthe's Archiv für Geschichte und Verfassung des Fürstenth. Lüneburg (Celle 1854)

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2) Vgl. "Annalen der leidenden Menschheit" Heft II. (Altona) 1796. S. 9.


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Bd. I. Heft 1. S. 29, nach der, der Lüneburgischen Landschaft durch Minister-Rescript vom 26. Juli 1764 zur Nachricht mitgeteilten Abschrift gemeinkundig, machte, lautet:

Ihr wisset, was maaßen Unsers in Gott ruhenden Herrn Groß-Vatern, Königs Georg II. Majestät ehehin die Verordnung an Euch ergehen lassen haben, das, denen Unterthanen an ihren Feldfrüchten schädliche und überflüssige Wild von einer Zeit zur andern fällen, und wegschießen zu lassen, von Seiten Unserer heimgelassenen Regierung auch bei mehrmaligen Gelegenheiten auf die vollständige Erfüllung solcher Verordnung bei Euch gedrungen worden. Als indeß Unsere getreue Lüneburgische Landschaft bei Uns angezeiget, daß durch die Häufigkeit des Wildes immerhin viel Schaden verursachet werde und dannenhero gebeten hat, daß Wir dagegen Verfügung zu thun geruhen mögten; so haben Wir Euch hiemit nicht ohnbezeugt lassen wollen, was maaßen Unsere gnädigste Willens-Meinung sei, daß vorbesagte Verordnung noch jetzt, und beständig, erfüllet, und das überflüssige Wild, an Orten, wo es an Feld- und Garten-Früchten schaden thut, gefället, und dergestalt, daß die Unterthanen über Wildschaden sich zu beklagen, keine erhebliche Ursachen haben mögen vermindert werden solle, und Wir Uns zu Euch in Gnaden vergeben, daß Ihr hierauf achten und es bewerkstelligen lassen werdet. Wir etc.

B. Durch ein „allgemeines Ausschreiben d. d. Hannover den 4. April 1766 (abgedruckt in Spangenberg's Samml. etc. Thl. II. S. 141 f.) mußte 2 Jahre später sein Kammer-Collegium, den „sämmtlichen Aemtern seiner deutschen Länder" eröffnen:

„Wir lassen Euch hiedurch unverhalten sein, was maaßen es Allerhöchst Sr. Königl. Majestät, Unserm allergnädigsten Herrn, in gnädigsten Betracht und Landesväterlicher Erwägung der schon seit langen Jahren, nach sorgfältig wieder-

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holten Untersuchungen, ernstlich und angelegentlich vorgesetzten und behandelten Absicht, die, durch übermäßigen Wildstand, sowohl von schwarz- als rothem Wildprett und fast durchgehends, in den Provinzen Sr. Königl. Majestät teutschen Landen davon geschlossenen Gehäge,

a. den Unterthanen in ihren Feldfluren und übrigen Besitzungen auf mancherlei Art zugefügte Schäden und Bedrängnisse;

b. den herrschaftlichen Domanial-Gründen und Pachtungen selbst, verursachte Abgänge und Veränderungen; insonderheit aber

c. die dadurch den herrschaftlichen Landesforsten mit gänzlicher Vereitelung der auf deren so höchst nöthigen, für die Nachkommenschaft äußerst angelegenen Anbau, durch Zuschläge, Besaam- und Pflanzungen, alljährlich verwendeten ansehnlichen Kosten, erwachsenden, höchst beträchtlichen Verlust und Nachtheil

so viel als möglich zu vermindern und nicht allein Allerhöchstdero getreuesten Unterthanen, die schon seit so langen Zeiten erseufzte Erleichterung angedeihen zu lassen, sondern auch den, unter jenen Bedruck, ohne erwünschten Fortgang liegenden Forsthaushalt und so höchst nöthigen Anbau der Landes-Gehölzungen, zu einer endlich zuversichtlichen Beförderung zu bringen; nach den darüber von Zeit zu Zeit, sowohl vom Königl. Ministerio, als Königl. Kammer, erstatteten unterthänigsten Berichten, allergnädigst gefällig gewesen, Inhalts Allerhöchsten Rescripts vom 11. v. M. auf eine ernstlich bestimmte und unbeschränkte Art zu verordnen und festzustellen:

daß, zu Erreichung jener so dringend angelegten Absicht, außer einem bestimmten und gnädigst genehmigten Jagd-Gehäge in dem Bezirke des Fürstenthums Calenberg, die in den übrigen Provinzen Dero Teutschen Landen bis daher gehegte Jagd-Stände zur Verpachtung, als dem sichersten Mittel zur Erreichung jener Absicht, gebracht werden sollen.

Gleich, wie Uns nun, bei diesen eingelangten Befehlen und

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nachdrücklich empfohlenen Vorschriften Allerhöchst Ihrer Königl. Majestät, nichts anders, als die pflichtschuldige Befolgung derselben übrig bleibt, So haben Wir es nöthig erachtet, um diese so wichtige Angelegenheit baldmöglichst zur würklichen Ausführung und Berichtigung vorzubereiten, darüber Euren pflichtmäßigen Bericht und Gutachten hiedurch zu erfordern:

I. was für Jagd-Districte in dem Euch anvertrauetem Amte vorhanden, in welchen die obbemeldete Jagd-Verpachtung, sowohl des hohen, als kleinen Wildpretts, nach dem abgezweckten Nutzen, entweder im Ganzen, oder theilweise, zu erhalten stehe?

II. Nach genugsam angelegter Ausforsch- und Erkundigung Uns zur Anzeige zu bringen, was für zuverlässige und anständige Pächter, daferne Ihr selbst dazu keine Neigung haben solltet, sich angeben mögten, sothane Jagd-Pachtung gegen ein billig- und verhältnißmäßiges locarium auf eine Zeit von 3 Jahren zu übernehmen? Zugleich auch

III. nach pflichtmäßiger Erwägung dabei anzuführen: ob auch bei solcher vorhabenden Jagd-Verpachtung, Umstände eintreten, oder besorglich sein mögten, die den Landesherrlichen Jagd-Gerechtsamen in ein- oder anderer Aussicht zur nachtheiligen Folge gereichen könnten? Wobei

IV. zu Eurer Direction und Nachricht unverhalten bleibt, daß, obwohl die Königlichen Befehle dahin gerichtet sind, daß sowohl das so schädliche schwarze Wildprett, wann und wo es zu Schaden betroffen wird, als auch die in den Feldfluren streifenden starken Hirsche, ohne Unterschied der Zeit, auf jedesmalige Anzeige der Schaden Leidenden, gefället werden sollen, dennoch

V. die zu behandelnde Jagd-Pächtungen nur allein auf die den Unterthanen zu verschaffende Unschädlichkeit und Gesicherung ihrer Ländereien und Culturen. wie nicht weniger der herrschaftlichen Domanial-Gründe, beschränkt bleiben. Ihr werdet Euch

VI. angelegen sein lassen, mit denen etwa sich ergebenden

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Pächtern eine solche Behandlung anzulegen, wodurch das herrschaftliche Interesse eine, dem Verhalte der Sache gemäße Förderung erreiche. Und damit

VII. in solchem Betreff zu Eurer Benachrichtigung und Achtung, daß, was die dem Jagd-Departement von dessen bisheriger Verwaltung hergebrachtermaßen zukommenden emolumenta und Nutzungen betrifft, Königl. Churfürstl. Kammer darüber, nach zugelegter Communication, gehörigen Orts weiter reguliren werde. Endlich

VIII. werdet Ihr von selbst bei dieser Uns angelegenen Sache bedacht sein, was Ihr zur pflichtmäßigen Beförderung der Königl. Befehle und des Bestens des Euch anvertraueten Amtes, etwa anzugeben vermöget, in dem, baldmöglich und dafern es immer möglich, binnen den nächsten 14 Tagen, darüber anhero erwartenden Berichte, Uns zum An- und Vortrage zu bringen.

Wobei noch schließlich zu Eurer Benachrichtigung und Direction der Pacht-Behandlung dienet, daß denen sich angebenden Jagd-Pächtern überall keine andere Jagd-Dienste und Fuhren, als die, welche zu Wegfahrung des geschossenen Wildes hergebracht sind, überlassen werden. Wir verbleiben etc."

C. Am 16. September 1766 erfolgte hierauf ein zweites Kammer-Ausschreiben an sämmtliche Aemter, welches vollständig in

Chr. Gottl. Riccius zuverlässigem Entwurfe von der in Teutschland üblichen Jagd-Gerechtigkeit (2te Auflage. Frankfurt a. M. 1772. in 8.) S. 367 f.

abgedruckt ist und in der

Graf von Kielmanseggeschen Sammlung etc. als Nr. 138 der Sect. 8 des Cap. Vll, so wie in der von Bruhn-Neergardschen Sammlung Cap. VIll. Sect. 1. Unterabth. 4. als Nr. 1

enthalten ist, während

Spangenberg a. a. O. S. 162, 163

es nur theilweise bekannt machte. Selbiges lautete wörtlich:

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"Es sind nunmehr diejenigen Anordnungen, welche auf wiederholt eingelangte allerhöchste Befehle Sr. Königl. Majestät, Unsers allergnädigsten Herrn, wegen des zu vermindernden, hin und wieder angehäuften Standes von rothem und schwarzem Wildprett, zur Erleichterung und Befreiung Deroselben getreuen Unterthanen, vor dem, bis dahin in mancherlei Betracht erlittenen Schaden und Nachtheil verfügt worden, 3) insoweit zur schlüssigen Berichtigung gediehen, daß eines Theils durch die, in den, außer den vorbehaltenen Gehägen belegenen übrigen Districten und Aemtern verordnete öffentliche Jagd-Verpachtung, andern Theils aber, die in jenen, nach nachdrücklichen Befehlen Allerhöchstgedachter Sr. Königl. Majestät, fortzusetzenden verhältnißmäßigen Beschießungen des, zu Schaden gehenden Wildpretts, die zuverlässig gesicherte Vermuthung gefaßt werden kann:

daß den, seit so langen Jahren überhaupt zugedrungenen Klagen und Beschwerden der in den, dem übermäßigen Wildstande besonders ausgesetzten Gegenden eingesessenen Unterthanen, Beruhigung und Abhelf beschaffet sein werde.

Gleich wie demnach derjenige Nachtheil, Schaden und Kosten-Aufwand, welcher bis daher von einem solchen überhäuften Wildstande, theils durch Verwüstung ihrer Felder und Culturen, theils durch aufgewendetes Wildhüter-Lohn, auch verrichtete Jagddienste und sonst in mancherlei Betracht erlittene Belästigungen, die Unterthanen gedrückt, wahrscheinlicher Weise größtentheils und was Letztere betrifft wenigstens so lange die Jagdverpachtung fortdauert, hinweg fallen. So werdet Ihr nicht allein Gelegenheit haben:
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3) Wie diese Anordnungen hinsichtlich der Jagden im Lauenburgischen, besonders im Amte Schwarzenbeck lauteten, über diese Frage werden und müssen die betreffenden Registraturen der einzelnen Aemter, oder oberen Forst-und Jagdbedienten nähere Auskunft ertheilen können.


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den Euch anvertraueten Unterthanen solche dadurch ihnen angediehene Königl. Gnade und landesväterliche Wohlthat überzeuglich und daß künftighin jene Kosten und Ausgaben gänzlich WEGFALLEN, BEKANNT MACHEN,

sondern auch es dahin Euch zur Richtschnur und Beachtung dienen lassen:
 
daß die, aus dem übermäßigen Wildstande zeithero in den bei Königl. Kammer eingelangten Remissions-Vorschlägen enthaltenen Beweg-Ursachen und Gründe, für das Künftige, bei jenen Verfüg- und Anordnungen, worauf Ihr selbst ein genaues pflichtmäßiges Augenmerk zu richten haben werdet, hoffentlich gänzlich aufhören, unter solchem Antrage keine weiteren Erlassungen bei Uns eingebracht werden.

Wenn auch 4) übrigens, wie die Lage und Absichten jener allerhöchsten Ortes genehmigten Anordnungen von selbst mit sich führt, in Ansehung der herrschaftlichen Domanial-Pachtungen und übrigen Pertinenzien und ins Besondere der Forsten und Waldungen, denselben dadurch zu ihrer Vertheidig- und befördernden Verbesserung ein gar beträchtlicher Vortheil zunächst, daß wegen der hinwegfallenden, hin und wieder sehr weit hineingegangenen Kosten zu Verricht- und Unterhaltung der Gezäune, Befriedigungen und anderer Anlagen, um die mit großem Kostenaufwande von Jahren zu Jahren angelegten und fortgesetzten Zuschläge, Besaam- und Pflanzungen, wider den Alles vernichtenden Anfall des rothen und schwarzen Wildpretts zu schützen; so zweifeln Wir nicht, Ihr werdet von selbst darauf überlegsam pflichtmäßigen Bedacht nehmen, daß von allen den, bei dieser neuen Einrichtung eintretenden veränderten Umständen, ein solcher, dem herrschaftlichen Interesse genau angemessener Gebrauch gemacht werden möge, wodurch auch von dieser Seite, durch Ersparung der vorhin, ohne Nutzen und zum Theil mit Belästigung der herrschaftlichen Unterthanen, vorhin verwendeten Kosten, die DIENSTPFLICHTIGE Absicht erhalten werden möge."
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4) Im Spangenbergischen Abdrucke des Ausschreibens ist Alles, was von hier an bis zum Schlusse geäußert wird, weggelassen.

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D. Durch das, in Spangenberg's Samml. a. a. O. S. 147 abgedruckte Kammerausschreiben vom 22. April 1767, wurden die landesväterlichen Absichten des Königs Georg III. noch mehr beurkundet, denn selbiges eröffnete sämmtlichen Beamten der damaligen deutschen Länder jenes Königs wörtlich:

"Es haben Allerhöchst Se. Königl. Majestät, Unser Allergnädigster Herr, Inhalts eines, unter dem 24. Februar d. J. Uns zugekommenen Allergnädigsten Rescripti, mittelst Bezeugung, wie sehr die genaue Befolgung der wegen Verminderung des überflüssigen Wildes, auf Allerhöchstderoselben Befehle ergangenen Verordnungen, Ihrer Achtsamkeit anliege, gnädigst zu befehlen geruhet; durch ein gemeines Ausschreiben an alle Aemter, darüber Bericht zu fordern:

Wie beregte Verordnungen jeden Ortes zur Wirklichkeit gebracht worden? und,

ob die Wegschießung des Wildes nicht nur in den verpachteten Districten, sondern auch in denen davon noch ausgenommen und zu Gehäge gelassen sind, hinlänglich geschehe?

gestalten Höchstdieselben denn auch zugleich aller gnädigst aufgegeben und befohlen:

an denen Orten, wo darunter einige Beschwerde von den Unterthanen vorhanden, solche durch sofort anzuordnende Besichtigung untersuchen lassen, und, da es billig, daß denen Unterthanen der sich wirklich befundene Schaden ersetzt werde, deshalb das Nöthige verfügt und die Wegschießung des Wildes sofort unmittelbar bewerkstelligt werden solle.

Gleich wie Wir nun solchem zu unterthänigster Folge, obige Allerhöchste Königl. Befehle hiedurch bekannt zu machen ohnermangeln sollen; also werdet Ihr Eures Ortes, auch, nach Anleitung und Vorschrift des unter dem 16. September des
vorigen Jahres ergangenen Ausschreibens mit äußerster Sorgfalt und Fleiß darauf achten, daß denselben in vorkommenden Fällen auf das Genaueste nachgelebet und ein Genügen geleistet werde."


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E. Daß diesen landesherrlichen, auf das Deutlichste und Bestimmteste ausgesprochenen Befehlen, (welche doch wohl dem Oberjägermeister und selbigem untergeordneten Forst- und Jagdbeamten, in so weit sie bei der Ausführung mit thätig sein mußten, zur Befolgung bekannt gemacht sein werden), schon im Jahre 1771 nicht mehr gehorsamet war, diese Tatsache erhellet aus dem, im Jahre 1771 an den damaligen Oberjägermeister Grafen von Oeynhausen erlassenen Rescripte, welches die Oberappellations-Gerichts-Räthe von Bülow und Hagemann in ihren pract. Erört. Bd. III. (Aufl. 2) S. 37. Anm. b, nach dem Abdrucke im Journale von und für Deutschland. Jahrg. II. (von 1785) St. 3. S. 218 f., mittheilten, 5) denn es lautete dies Rescript:

"Dem Herrn Ober-Forst- und Jägermeister ist erinnerlich, was wegen der häufigen Wildbeschwerden im Amte N. N. und wegen deren Abhelfung, Wir demselben unter verschiedenen Malen abzulassen Wir Uns gemüssiget gesehen. Da nun diese Abhülfe bislang nicht erfolgt ist, vielmehr der Ort N., durch 4 Anlagen dargethan hat, daß sie dieses Jahr, bloß in den Wicken- und Gerstenfeldern, durch das Wild einen Schaden von 219 Rthlr. erlitten, und dann Ihre Königl. Majestät durchaus wollen, daß das Wild bis zur Unschädlichkeit weggeschossen werden soll, auch zu dem Ende, bei der resolvirten Verpachtung eines Theiles der Wildbahn festgesetzt haben:

daß, wenn in den reservirten Theilen zum Ge-
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5) Offenbar unbekannt mit den Kammerausschreiben vom 4. April und 16. Sept. 1766, 22. April 1767, denn sonst würden sie sich in Bezug auf die Wildschäden-Ersatzpflicht nicht so geäußert haben, als geschehen ist. Auffallen muß hiebei die Unbekanntschaft mit dem Rescripte vom 16. September 1766, da sie selbiges durch das in der Erörterung in Bezug genommene Buch von Riccius hätten kennen lernen können! Vielleicht benutzten sie jedoch nur die erste Ausgabe, worin es freilich nicht abgedruckt sein konnte weil selbige lange vor dem Rescripte erschien!



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häge, dennoch durch das Wild Schaden geschehe solcher vergütet werden sollte,
so können Wir nicht anders, als jenen Antrag nochmals dahin zu wiederholen:
daß der Herr Ober-Forst- und Jägermeister die Wegschießung bis zur Unschädlichkeit, fordersamst verfügen und Uns, daß dieses geschehen und befolgt sei, berichten solle, auch durch Angebung des quanti, welches erlegt worden und daß selbiges dem jetzigen Wildstande in diesem Districte sich gemäß befinde, des fordersamsten glaublich documentiren möge.

Widrigen Falls Wir Uns gemüssigt sehen werden, bei Ihrer Königl. Majestät darauf allerunterthänigst anzutragen:

daß die Vergütung des dadurch entstehenden Schadens, der Jägerei, wenn sie daran Schuld ist, ex propriis auferlegt werde.
maaßen der Wildstand nicht in den Feldern und Gärten, sondern bloß in den Gehölzen geduldet werden soll."

F. Um fortdauernd alle Jahre zu erfahren, wie die vorstehend erwähnten Königl. Befehle und die zu deren Vollziehung erlassenen Kammer-Ausschreiben gehandhabt würden, erließ die Königl. Kammer ferner am 2. April 1772 ein, der

Graf von Kielmanseggeschen Sammlung Cap. VII, Sect. 8 als Nr. 141 und der von Bruhn-Neergardschen Samml. Cap. VIII, Sect. 1, Unterabth. 4 als Nr. 2 einverleibtes, durch

Spangenberg's Sammlung a. a. O. S. 401 als Nr. 904

mittelst Abdrucks öffentlich bekannt gewordenes Ausschreiben an sämmtliche Aemter, und zwar abermals auf Veranlassung Königl. Befehle. Dies Ausschreiben eröffnete den Beamten:

Es haben Se. Königl. Majestät und Churfürstl. Durchlaucht, Unser allergnädigster Herr, wegen der über Wildschäden von einigen Gegenden, wo zumal die Jagden nicht verpachtet sind, noch zu Zeiten eingegangenen Klagen, anbei auch in Rücksicht

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auf das Verhältniß, worin die Wildbahnen mit dem Forstbetriebe und dessen Verbesserung stehen, jüngsthin Allerhöchst zu verordnen geruhet:

daß bei denen in jedem Amte alljährlich abgehalten werdenden Holzschreibtagen

1. die Revier-Forstbediente getreulich und nach bestem Wissen die Zahl des Wildstandes in ihren Revieren so genau wie sie können, ad protocollum jährlich anzuzeigen haben;

2. die in dem abgewichenen Jahre, entweder allhier, oder beim Amte vorgekommenen, die Unterthanen, oder herrschaftlichen Domainen und Forsten angehenden Klagen über Wildschäden erwogen, und deren Grund oder Ungrund zuverlässig beurtheilt, auch nach Befinden geschätzt, mithin

3. darnach gutachtlich beurtheilt und vorgeschlagen werden solle, wie viel Stück Wild in dem nächstkommenden Jahre, eines Theiles zu Abhelfung solcher Klagen und andern Theiles zu haushälterischer Nutzung der Wildbahn zu schießen sei?

4. ad protocollum angegeben werden solle, wie viel Stück im abgewichenen Jahre, nach den, unter Communication mit dem Ober-Forst- und Jägermeister genehmigten vorigjährigen Vorschlägen geschossen werden?

Und wie sothane allerhöchste Entschließung den Ober-Forst- und Jägermeister zu dem Ende bereits bekannt gemacht worden, um den Forstbedienten dem gemäße Aufgabe zu thun, so werden solche Befehle hiemittelst nebst der Anweisung eröffnet: deren Befolgung bei den jährlichen Holzschreibtags-Protocollen und Berichten zur Anzeige zu bringen. Wie übrigens aber auch in Ansehung der verpachteten Jagd-Reviere auf der andern Seite darauf zu sehen ist, daß die Jagd-Pächter die gepachteten Jagden ordnungsmäßig gebrauchen und dieselben nicht ruiniren, so ist auch darauf zu achten und sind die hierüber etwa vorkommenden Beschwerden gleichfalls anzuzeigen, und darauf zu verfügen: daß mit dem Wilde, welches keinesweges angehäuft werden soll, dennoch aber auch nicht zur Ungebühr umgegangen

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werde und die herrschaftlichen jährlichen Einkünfte davon nicht deteriorirt werden."

G. "Damit durch die herbstlichen Holzschreibtage, nicht bloß stets eine desto vollständigere Nachricht von den Jagden und ihrer Benutzung im Zusammenhange des Ganzen erhalten werde, sondern auch zugleich vermittelst derselben alles dasjenige desto zuverlässiger vor Augen komme, was etwa in Ansehung der Wildbahn von Zeit zu Zeit zu verfügen und desfalls mit dem Ober-Forst- und Jägermeister zu überlegen, erforderlich sein mögte," verfügte das Königl. Kammer-Collegium in Hannover am 29. October 1774 dasjenige allgemeine Ausschreiben an sämmtliche Aemter, welches Spangenberg's Samml. a. a. O. S. 545 als Nr. 1051 zur allgemeinen Kenntniß brachte, und in der

Graf von Kielmanseggeschen Sammlung als Nr. 149 des Cap. VII, Sect. 8 und in der von Bruhn-Neergardschen Sammlung Cap. VIII, Sect. 1, Unterabth. 4 als Nr. 3 vorhanden ist. Da selbiges nur Förmlichkeiten betrifft, scheint es für den Zweck der vorliegenden Abhandlung einer Mittheilung des Inhaltes selbst nicht zu bedürfen.

H. Auch das, "an sämmtliche Aemter im Lande" gerichtete Kammer-Ausschreiben vom 30. December 1776 (in der

Graf v. Kielmanseggeschen Samml. Cap. VII, Sect. 8 als Nr. 156 und in der v. Bruhn-Neergardschen Samml. Cap. VIII, Sect. 1, Unterabth. 5 als Nr. 2
abgedruckt, aber in Spangenberg's Sammlung a. a, O. S. 624 als Nr. 1202)

sprach sich auf das Deutlichste hinsichtlich der Verminderung des Wildstandes zur möglichsten Sicherung des Ackerbaues aus, denn es benachrichtigte die Beamten:

"es werde der Ober-Jägermeister v. Oldershausen - die generelle Ordre stellen:

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daß durch die, von den Forstbedienten zu besorgende Beschießung der Jagden, eine, dem Zustande der Wildbahn verhältliche Geldrevenue fortwährend verschafft, mithin der Wildstand in steten Schranken einer völligen Ohnschädlichkeit erhalten werde."

I. Abgesehen von dem unten, litt. K zu erwähnenden Kammer-Ausschreiben vom 30. October 1802, wird man in der Spangenbergischen, bis zum Jahre 1811 sich erstreckenden Sammlung der Verordnungen und Ausschreiben, auch nicht irgend eine landesherrliche, oder bloße Kammer-Verfügung finden, welche sich auf Wildschäden und deren Vergütung beziehe, oder sich auch nur beiläufig darüber äußerte, um die vorstehend erwähnten landesherrlichen Befehle und ernstlich gemeinte Erleichterung der Unterthanen, als verändert, oder wohl gar als gänzlich aufgehoben erscheinen zu lassen. Die speciell für das Herzogthum Lauenburg verfertigte Graf v. Kielmanseggesche Sammlung, (fortgesetzt bis zum Jahre 1792), so wie die, bis zur Mitte des Jahres 1826 sich erstreckende, während mehrer Jahre mit der sorgfältigsten Mühe, nach Maaßgabe der Regierungs- und Amts-Registraturen verfertigte von Bruhn-Neergardsche Sammlung, bieten dergleichen Verfügungen eben so wenig dar; man darf also wohl es als eine zweifelsfreie Thatsache ansehen, daß solche Verfügungen nicht vorhanden sind; auch würde bestimmt in den unten zu erwähnenden Processen wegen Wildschäden-Ersatzes, welche in den achtziger und neunziger Jahren wider die landesherrliche Kammer geführt werden mußten, das Kammer-Collegium solche landesherrliche Vorschriften zu Einreden benutzt haben, und v. Bülow und Hagemann, oder v. Ramdohr, indem sie die erfolgten Erkenntnisse mittheilten, und sich über die Entscheidungsgründe äußerten, auch der als Einreden zu berücksichtigen gewesenen landesherrlichen Verfügungen, und weshalb sie nicht hätten berücksichtigt werden können, erwäh-

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nen. Auch die Aufsätze in Bezug auf die "Wildbeschädigungen im Churbraunschweig-Lüneburgischen," welche das "Journal von und für Deutschland" Jahrg. 1785. Stck. 3. S. 318 f.; Jahrg. 1786. Stck. 8. S. 159 f.; Jahrg. 1787. Stck. 1. S. 17 f. und Jahrg. 1790. Stck. 4. S. 273 f. und St. 6. S. 453 f. lieferte, schweigen in dieser Hinsicht. Dagegen ist es völlig gewiß, daß landesherrlicher Seits in den achtziger Jahren sogar ein ALLGEMEINES LANDES-GESETZ, behuf Abhülfe aller Wildschäden und Ersatzpflicht der Jagdberechtigten zum Schutze des Ackerbaues, aus landesväterlicher Gesinnung hatte ins Leben gerufen werden sollen, jedoch damals vereitelt ward. Die deshalb bei den Calenbergischen Landständen stattgehabten Verhandlungen veranlaßten manche Besprechungen, theils in Journalen, theils durch besondere Druckschriften, von denen v. OMPTEDA's "neue vaterländische Litteratur" (Hannover 1810) S. 510 und 511 folgende aufzählt:

a. Materialien zu einem allgemeinen Normal-Gesetze wegen Erstattung des Wildschadens, "im Göttingenschen historischen Magazine" von Meiners und Spittler. Bd. IV. Stck. 2. S. 269 f. und v. Moser's Forst-Archiv. Bd. V. S. 258 f.
(wogegen gerichtet waren):

b. Beiträge zu den Materialien eines Normal-Gesetzes wegen Erstattung des Wildprettschadens im Hannöverschen. 1788. 8. und 1790 (womit das Journal von und für Deutschland. Jahrg. 1789. Heft 5. S. 409 f. zu vergleichen sein soll.)

c. Bemerkungen über die Beiträge zu den Materialien eines Normal-Gesetzes u.s.w. im Journale von und für Deutschland. Jahrg. 1790. Heft 2. S. 170 f.

d. Gegenbemerkungen zu den Bemerkungen über die Beiträge zu den Materialien u.s.w. im Journale von und für Deutschland. Jahrg. 1791. Heft 4. S. 273 f. und

e. Noch etwas von Wildschäden, Rittern und Deputirten im Hannoverschen; im Journale von und für Deutschland. Jahrg. 1791. Heft 1. S. 5 und 6.

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Zufolge Pfeiffer's "pract. Ausführungen aus allen Theilen der Rechtswissenschaft." Bd. III. S. 97 enthält jedoch auch

f. v. Moser's Forst-Archiv. Bd. VII Nr. 1.

Nachrichten über die Verhandlungen auf dem Calenbergischen Landtage im Jahre 1788 hinsichtlich des Entwurfes des Wildschaden-Gesetzes, und es bemerkt Pfeiffer, mit Bezugnahme auf S. 6,22 und 49 jenes Archivs: es wäre bei diesen Verhandlungen als Erfahrungs-Grundsatz angenommen:

"daß das Wild nicht eher die Felder und Gärten besuche, als bis es an hinlänglicher Nahrung in den Wäldern fehle, welches insonderheit bei einer Uebervölkerung desselben der Fall sei, die jedoch vermieden werde, wenn z. B. auf einer Quadratmeile nicht mehr als 10 bis 12 Säue und 20 bis 25 Stück Rothwild sich fänden." 6)

Ob überdies die in Runde's Grundsätzen des gemeinen deutschen Privat-Rechts (6te Ausgabe) § 160 Anm. a angeführten:
"Zufällige Gedanken über den Begriff von Jagd-Regal, wohleingerichteter Wildfuhr und Wildschaden. Franks, und Leipzig. 1794. 4.
sich auf jenen Gesetzentwurf und die Landtagsverhandlungen deshalb beziehen, vermag ich nicht anzugeben, weil mir selbige nicht zu Gebote stehen. Damals, als jenes allgemeine Landes-Gesetz bei den Calenbergischen Landständen einen Gegenstand der Berathungen bildete, wird selbiges ohne Zweifel auch bei der lauenburgischen Ritter- und Landschaft zur Erörterung gelangt sein; was bei ihr vorfiel ist jedoch unter dem Schleier der völligen Dunkelheit verhüllt geblieben.

K. Hatte das Kammer-Collegium zu Hannover in den oben, unter B, C, D, E, F. und G
mitgeteilten Verfügungen, von landesherrlichen Befehlen und ernstlich gemeinten Absichten

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6) S. 101, Anm. i. verweiset Pfeiffer hinsichtlich des Maaßstabes für den Normalwildstand auf Hartig's Forst- und Jagd-Staats-Rechts § 243 und Meyer's Forst-Directions-Lehre § 84.


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geredet, welche das Collegium pflichtschuldigst zur Ausführung bringen müsse und in Gemäßheit deren jene Verfügungen erlassen wurden, so scheint es, daß schon im Jahre 1779 und nachher, im Collegio selbst, dasjenige vergessen war, was jene Verfügungen enthielten; denn sonst mögte es wohl unerklärbar bleiben, wie die landesherrliche Kammer es zu den Processen wegen Wildschäden-Vergütung, habe kommen lassen mögen, deren v. Bülow, Hagemann und v. Ramdohr erwähnen; es würden solche Zustände sich durch Schuld der Forst- und Jagdbediente, oder sonstigen, die Domanial-Jagden ausübenden Personen, nicht wieder haben einschleichen können, als der Fall war, und es würden die Mitglieder des Kammer-Collegii, welche das allgemeine Ausschreiben vom 30. October 1802 beschlossen, sich selbst haben sagen müssen, daß dessen Inhalt nicht mit den früheren landesherrlichen Befehlen und ernstlich gemeinten landesväterlichen Absichten zur völligen möglichsten Erleichterung der Unterthanen, in Uebereinstimmung stehe, vielmehr im hohen Grade damit contrastire! Was diese Zustände betrifft, so gaben selbige zu manchen öffentlichen Besprechungen und Mittheilungen in Zeitschriften Anlaß, z. B. namentlich:

a. zu den Aufsätzen "über die Wildbeschädigungen im Churbraunschweigischen" im Journale von und für Deutschland. Jahrg. 1785. Heft 3. S. 218 f.; Jahrg. 1786. Heft 8. S. 159 f.; Jahrg. 1787. Heft 1. S. 17 f.; Jahrg. 1790. Heft 4. S. 273f. und Heft 6. S. 453;

b. in v. Moser's Forst-Archiv. Bd. IV. S. 3-108 und

c. in den „Annalen der leidenden Menschheit“ Heft II. Nr. I. S. 1-16; Heft III. Nr. II. S. 183-213; so wie Heft l. Nr.X. S. 124 und Heft II. Nr. IX. S. 183 f.

hinsichtlich der Processe aber wurden folgende Vorfälle durch Druckschriften bekannt.

1. Der erste dieser Processe betraf die durch mehrfache Um-

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stände merkwürdig gewordenen Wildschäden-Ansprüche des Gutsbesitzers und früheren Ober-Amtmanns Wedemeier zu Eldagsen im Calenbergischen, veranlaßt durch die, etwa vom Jahre 1779 an erlittenen Wildschäden, deren Ersatz ihm die landesherrliche Kammer verweigert hatte. Zufolge v. Ompteda's vaterl. Litteratur S. 510, (wo zugleich auf die "Annalen der leidenden Menschheit" verwiesen wird), ist die "im Jahre 1786 (?) eingereichte Klage" als "merkwürdiger Rechtsstreit über Wildschäden, mit darin ergangenem Urthe[i]l" in dem vorstehend erwähnten v. MOSERschen "Forst-Archive" a. a. O. abgedruckt. In v. BÜLOW's und HAGEMANN's pract. Erört. Thl. 3. Erört. Nr. VI. S. 41. Anm. f. (der 2ten Aufl.) wird zur Bestärkung des, in der Erörterung Ausgeführten, wörtlich geäußert:

"Nach ähnlichen Grundsätzen erkannte das K. O.-A.-Gericht am 8. April 1787 7) in Sachen des Amtmanns Wedemeier zu Eldagsen wider Königl. Kammer, Letztere mußte einen Wildschaden von 105 Thaler erstatten und es ward dabei nicht so sehr auf den Beweis eines übermäßigen Wildstandes (indem dieser nur aus einem rotulo notariali bestand und die Zeugen aus den Mitteln des Beschädigten genommen waren), als auf die Beträchtlichkeit des durch die Taxation erwiesenen Schadens, der als Wirkung von der Ursache zeugte, Rücksicht genommen."

Verschieden von diesem Processe scheint der Fall zu sein, dessen v. Ramdohr a. a. O. S. 478-480, ohne Angabe des Datums des Erkenntnisses, erwähnet, denn in diesem Falle wird nicht die Königl. Kammer, sondern das "Forstamt", als Gegner des, als Appellant bezeichneten, Amtmanns Wedemeier genannt, auch
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7) Das datum 1787 ist offenbar ein Druck- oder Schreibfehler, denn der 8. April 1787 fiel laut Steinbach's chronol. Hand-Kalender (Jena 1813) Register Nr. III auf einen Sonntag; es wird 1786 erfolgt sein (an einem Sonnabend) und in der Wedemeierschen Eingabe vom 28. Sept. 1792 wird es dann auch vom 8. April 1786 datirt.

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redet das Erkenntniß von "übermäßiger" Hegung des Wildes, wodurch die Schadens-Ersatzpflicht begründet werde. Der Artikel bei v. Ramdohr lautet nämlich wörtlich:

"Das Recht in Jagdsachen zu erkennen, kann den Justizhöfen nicht bezweifelt werden. 8) Die landesherrlichen Bedienten sind im Hannoverschen L. T. A. de 639 § 2, auch in Jagdsachen der Cognitioni judicicariae unterworfen.

Hat der Besitzer von Ländereien, die in einem herrschaftlichen Gehäge liegen ein Recht zu verlangen:

1. daß überhaupt kein Wildgehäge gehalten werden solle, wenn er gestehen muß, daß es über 50 Jahre darin gewesen? -

2. Hat er ein Recht, auf Ersetzung eines jeden durch das Wild an seinen Früchten angerichteten Schadens? -
Die erste Frage ward darum von dem Appellanten bejahet, weil in dem Hannoverschen L. T. A. versprochen sei: daß keine neue Wildbahnen zum Schaden der Leute eingerichtet werden sollten und die gegenwärtige damals noch nicht existirt habe. Allein man hielt dafür, daß die Präscription entgegenstehe und daß
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8) Diese Bemerkung muß wohl die Vermuthung veranlassen, daß in diesem Processe ein solches Recht verklagterseits geleugnet und behauptet war: Die Gerichte hätten sich in Wildschädensachen wobei die landesherrliche Kammer betheiligt wäre, nicht zu mischen, es hänge vielmehr lediglich von der Gnade der Kammer ab, ob und wie viel sie als Entschädigung nach ihrem Gutfinden bewilligen wolle. Wenn eine solche Incompetenz von Seiten des verklagten Forst-Amtes, (dessen Vernehmlassung verfassungsmäßig vor der Einreichung beim Gerichte, dem Kammer-Collegio, im Concepte zur Genehmigung vorzulegen war) wirklich vorgeschützt wäre, würde dieser Einwand auch demjenigen geradezu widersprochen haben, was die vom Könige selbst am 14./25. Sept. 1731 den Beamten ertheilte "General-Instruction, wie sie sich in den Amts-Proceß-Sachen zu verhalten" (bei Spangenberg a. a. O. Thl. IV. Abthl. 2. S. 427f. als Nr. 256), im § 6 vorgeschrieben hatte, denn ausdrücklich werden dort Jagd-Sachen als zur Competenz der Justiz-Collegien gehörend bezeichnet!

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diese dem Gesetze nicht zuwider liefe, da nur die schädlichen Wildbahnen anzulegen verwehret, der Begriff des Unschädlichen aber zu relativ sei, um anzunehmen, daß die gegenwärtige Wildbahn dem Gesetze zuwider sei.

In Ansehung der zweiten Frage, nahm man an: DASS DAS WILD IM GEHÄGE IN DOMINIO DES JAGDHERRN SEI. (Hildebrand de conservatione ferarum novicarum § 8). Allein er besitze es wie ein wildes, nicht wie ein zahmes Vieh und brauche es nicht hüten zu lassen. Daraus fließe, daß er nicht jeden, von dem Wilde, seinen natürlichen Trieben nach, veranlaßten Feldschaden zu ersetzen brauche. Dem laeso komme so wenig die actio de pastu, noch quadrupedaria zu. Jene supponire ein zahmes Thier, diese ein damnum datum ab animale, contra naturam sui generis. Nur allein die actio legis aquiliae utilis stehe dem laeso zu. Dazu werde ein damnum injuria datum, oder wenigstens eine culpa concurrens erfordert. Diese falle aber weg, so lange bei Hegung des Wildes die gehörigen Schranken beobachtet wären (L. 5. § 2. ff. ad Leg. aquiliam. Lauterbach Coll. theor. lib. XLI tit. I. § 19.) Der Hannoversche L. T. A. verordne zwar: daß den Unterthanen kein Schaden durch Wildbahnen zugefügt werden solle; damit aber sei nur eine ordentliche Benutzung der Jagd versprochen, denn das Schlagen des Wildes sei nur zu rechter Zeit versprochen und den Unterthanen nur erlaubt, das Wild mit Bescheidenheit abzuschrecken. Nur derjenige Schaden sei zu ersetzen, der aus einer übermäßigen Hegung des Wildes, mithin aus Vorsatz oder aus Nachlässigkeit der Jagd-Bedienten entstanden sei. Wenn der Schaden groß sei, so erhelle die ungebührliche Schonung schon ohne weiteren Beweis von selbst. Daraus folge dann auch die Verbindlichkeit zur Schadens-Ersetzung; doch sei darunter das Wildhüterlohn - insofern es angewandt worden um Hüter zur gewöhnlichen Hütung zu dingen - nicht mit begriffen, da die Unterthanen in unsern Landen dazu verbunden wären, nach dem Hannov. Landtags-Abschiede und nach der Zehntordnung. Hätten aber wegen einer ungewöhnlichen Menge Wildes, außerordentliche Hüter gehalten werden müssen, so sei das Lohn zu ersetzen."

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Diese principia sind in folgender Urtheilsformel, in c. Wedemeier ctr. Forstamt, adoptirt, verbis:

"Wenn gleich nicht jedweder geringer Wildschaden vom Jagdherrn vergütet werden muß, nachdermalen jedoch bereits aus dem im Juli 1779 coram commissione aufgenommenen taxato, der damals, lediglich in des Appellanten Winterfelde sich gefundenen ansehnlichen Wildschäden imgleichen aus den Zeugen-Aussagen und anderen Umständen sattsam erhellt, daß dem Appellanten durch übermäßige Hegung des herrschaftlichen Wildes ein so beträchtlicher Schaden an seinen Feld- und Wiesenfrüchten verursacht worden, daß Unsere Rentekammer sich dessen Ersetzung nicht entlegen mag u. s. w."

Die beiden Landtags-Abschiede und die Zehnt-Ordnung, welche das Cellesche Ober-Appellations-Gericht, laut der Mittheilungen durch v, Bülow, Hagemann und v. Ramdohr, mit als Entscheidungsquelle berücksichtigt, konnten übrigens nur für das Fürstenthum Calenberg als Rechtsvorschriften angesehen werden, auf welches sie sich einzig und allein beziehen. Der Art. 7 des Gandersheimischen Landtags-Abschiedes vom 10. October 1601 lautet:

"Weil der gnädigste Landesfürst auf unterthänigstes Erinnern vernehmen lassen:

daß Sr. Fürstl. Gnaden Ihre Wildbahnen also anstellen wollen, daß sich die Landstände und armen Unterthanen mit Fug nicht zu beschweren.

als hat allgemeine Landschaft solches zu unterthänigen Dank angenommen."

Der Art. 7 des Hannoverschen Landtags-Abschiedes vom 3. April 1639 sagt:

"Desgleichen thut sich der gn. Fürst nochmals gnädigst anerbieten:
daß Sr. Fürstl. Gn. es mit den Wildbahnen also anordnen und halten wollen, daß daher den Unterthanen kein Schaden geschehen möge, und daß zu solchem Ende Sr. Fürstl. Gn. das Wildprett zu rechter Zeit schlahen, auch

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den Unterthanen das Schrecken und Abjagen mit guter Bescheidenheit VERSTATTEN und sonsten zu der Leute Schaden keine neue Wildbahnen anrichten wollen.

Die Calenbergische Zehnt-Ordnung vom 1. Juli 1709 bestimmt aber nur (im Art. 24):

"Als auch an einigen Orten, woselbst zu Bewahrung der Früchte vor dem Wilde, des Nachts Wildwächter gehalten werden müssen, (also nicht allenthalben im Lande) denselben eine gewisse Anzahl Früchte, bevor der Zehnten daraus gezogen, pflegt gegeben zu werden, so würde zwar am Besten sein, daß denselben vor ihre Mühe ein Gewisses an Gelde, DAZU DER ZEHNTHERR CONCURRIREN müßte, gegeben würde, dieweil man aber an unterschieden Orten keine Wächter vor Geld bekommen kann, so kann ihnen auch ferner eine gewisse Anzahl Frucht gegeben werden, jedoch muß, zu Verhütung des Unterschleifes, solches mit Zuziehung und Bewilligung des Zehntherrn mit ihnen verglichen werden." -

Das, durch v. BÜLOW und HAGEMANN angeführte O.A.G. Erkenntniß vom 8. April 1787 (oder richtiger 1786) war am 28. September 1792 noch unvollstreckt geblieben! - Die Wildschäden hatten nicht bloß fortgedauert, sondern sie waren im vergrößerten Maaße vorgefallen! - Um diesem Uebelstande in jeder Hinsicht ein Ende zu machen, wendete der Ober-Amtmann Wedemeier sich also zu wiederholten Malen an die, "zur Regierung der hannoverschen Lande verordnete geheime Räthe" (= das Königl. Ministerium) und seine, durch die "Annalen der leidenden Menschheit" Hft. II. S. 1 f. veröffentlichte Beschwerde vom 18. April 1792 äußerte:

"Ew. etc. haben auf meine wiederholten Beschwerden, wegen der fortdauernden Wildschäden, vom 15. August 1791 und unterm 2. September s. J. die Versicherung zu ertheilen geruhet: es sei das Nöthige an die Behörde erlassen. Diese und auf anderer Leute Klagen ergangenen Verfügungen überzeugen mich zwar (so wie ich auch immer davon überzeugt gewesen bin), daß Ew. etc, an solchem Verderben keinen Gefallen hegen, aber zugleich auch

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davon, daß noch jetzt, so wie vorhin, die Subalternen der Jägerei, dem Befehle der Königl. Regierung keinen Gehorsam leisten, vielmehr ist es unleugbar, daß diese mit Zurückscheuchung des Wildes im Hallerbruche von den hiesigen Feldmarken, seit vorigen Herbst noch viel nachlässiger gewesen sind, als sie es in den letzten Jahren des Oberjägermeisters v. Oldershausen waren, indem im letztverwichenen Winter das Wild, allein durch Vertreten der Roggen- und Weizen-Saat, in den Winterfeldern beträchtlichen Schaden in den hiesigen Feldfluren angerichtet hat, wie denn mir selbst dadurch an mehr als funfzig Morgen, mehr als die Hälfte eines ganzjährigen Ertrages, nach dem aestimato verschiedener Achtsleute, an Schaden zugefügt ist. Um sich nur einigermaaßen eine Vorstellung des Zustandes dieser Gegend zu machen, will ich nur anführen, daß man vor ein paar Tagen allhier über 50 Stück Wild gezählt hat. Der Ruin eines einzelnen Mannes scheint nun freilich in dem Lande nicht mehr in Betracht zu kommen, welches sich der Gegenwart des Landesherrn nicht mehr erfreut, wo das höchste, mit schweren Kosten, mit Schweiß und Blut des Landes unterhaltene Gericht verschlossen ist, und gegen dasselbe nur noch allein der Recurs an die Reichs-Gerichte Statt zu finden scheint, und wo die Unterthanen einer sonst wohlwollenden und Gerechtigkeit liebenden Regierung allen Gehorsam versagen etc."

Er schloß seine Eingabe mit der Bemerkung:

"Ich suche dermalen nichts für mich, sondern habe alleinige Rücksicht auf des Königs und Landes Wohl, seiner Einwohner Erhaltung und Ew. etc. Ruhe und Zufriedenheit, welches alles nur durch eine werkthätige (leider schon bei einem ganzen zur Insurection reif gewordenen Volke erloschen) Gerechtigkeit zu erhalten steht. Daher Hochdieselben gegenwärtige Vorstellung nur von dieser Seite zu beherzigen und ihr keinen vorübergehenden, sondern in der Maaße fortdauernden Blick zu schenken geruhen wollen: wie die Jägerei zu erhaltender und allenfalls documentirenden Befolgung Hochdero gerechten und weisen Befehle, künftig besser, wie bisher, angehalten werden möge."

Dieser Vorstellung folgte am 28. Sept. 1792 eine Eingabe,

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welche gleichfalls in den "Annalen der leidenden Menschheit" Hft. II. S. 5 bis 16 vollständig abgedruckt ist. Selbige sagte in der Einleitung:

"Ew. etc. haben auf meine anderweitige Vorstellung und geschehene Anzeige von den fortdauernden Drangsalen, welche man mit dem Wilde treibt und den daraus für das Land entstehenden unausbleiblichen Folgen, mir unterm 3. Juli d. J. zu bezeugen geruhet:

1. daß man daher die Veranlassung genommen habe an das "Königl. Jagd-Departement das Behufige zu erlassen; 9)

2. daß jene Vorstellung an mehreren Orten mit Ausdrücken und Wendungen angefüllt sei, die das Mißfallen des Königl. Ministerii natürlich erregen müssen;

3. daß ich die von mir geschehene höchst befremdliche Aeußerung: als ob das höchste Gericht des Landes verschlossen sei, meine Verantwortung binnen 4 Wochen zur weiteren Verfügung einzubringen."

Abgesehen von demjenigen, was sodann in Bezug auf die unter 1 und 2 erwähnten Puncte geantwortet ward, hob der Ober-Amtmann WEDEMEIER zu seiner Rechtfertigung hervor:

"daß auch des wiederholten Befehles ohngeachtet, die Verwüstung des Korns bis auf den letzten Augenblick, da noch wegen der regnigten Witterung eine Garbe länger als sonst im Felde sein müssen, fortgedauert habe, indem auch die Säue keinem Hunde mehr hätten weichen wollen, sondern wenn die Wildwächter ihnen hätten zu Hülfe kommen wollen, jene verfassen und auf diese zugegangen und selbige zu weichen genöthigt; die Hirsche aber zuletzt noch selbst das Korn in den Stiegen aufgefressen und zernichtet hätten. Bloß um besorglicher Verantwortung willen und um sich nicht für einen Calumnianten zu halten, füge er eine der solchergestalt noch zuletzt in den Stiegen vernichteten Hafer-Garben bei, worüber er einige etwa zu vereidende Ackerleute der dortigen Bürgerschaft dreist erkennen lassen könne:
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9) Es ist unbekannt geblieben, worin dies bestand und ob, die in ihrer Pflichterfüllung nachlässig befundenen Jagdbediente bestraft, auch zum Schadens-Ersatze aus eignen Mitteln angehalten wurden. -

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ob man mit solcher Waare Pferde ernähren könne und ob sie auch nur noch das dafür bezahlte Mähe- und Bindelohn Werth sei?"

In der durch Nr. 3 geforderten weiteren Verantwortung ward neben andern Entschuldigungs-Gründen erklärt, daß die befremdlich befundene Aeußerung sich auf das Unterlassen der verfassungsmäßig alle zehn Jahre statthaben sollenden Visitationen des Ober-Appellations-Gerichtes beziehe,

"wobei ein jeder der Mitbürger insgemein seine gravamina und Syndicats-Klagen vorbringen dürfe. Diese Bedingung gehöre also allerdings zu einer conditio sine qua non, unter welcher das Land die Unterhaltung dieses Gerichts übernommen habe, und da nicht nur die Reichen, sondern auch der geringste Tagelöhner durch den Licent u.s.w. zu dieser Erhaltung beitrage, so hätten auch nicht nur die Landstände in corpore, noch ein einzelner Landstand allein, sondern jeder Mitbürger insgemein ein Recht, auf diese Visitationen zu bestehen."

Eine dergleichen Visitation beantragend, indem er:

"einen zuverlässigen Extract aus den bei dem Ober-Appellations-Gerichte seit der Sentenz verhandelten Acten nebst Anl. A und B, welche einige Extracte älterer Actenstücke enthielten, beifügte"

äußerte der Ober-Amtmann Wedemeier: es werde das Königl. Ministerium hochgeneigt daraus ersehen:

"daß bei diesem Gerichte in dieser Sache die Proceß-Ordnung in termino executionis sententiae gänzlich bei Seite gelegt und ein ganz willkührliches Verfahren an dessen Stelle gesetzt wäre. - Das Gericht könne die Einsendung der Acten nicht verweigern, da die Nichtavocirung der Acten nur zu Gunsten der Parteien, die es mit dem Fisco zu thun hätten, nicht aber vice versa eingeführt wäre. Es wäre leicht zu ermessen, daß ohne eine solche Abforderung der Acten, um sich von der Richtigkeit des Extracts zu überzeugen und sodann das Gesetzmäßige ferner zu verfügen, bloße RESCRIPTA DE ADMINISTRANDA JUSTICIA, schwerlich zum Zwecke führen und nur Anlaß geben würden, die Sache unter mancherlei Vorwand noch länger aufzuhalten."

Für den Fall, daß es nöthig wäre, ward schließlich gebeten:

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"das ganze Verfahren des Gerichts seit dem desertorio vom 9. September 1786. Nr. Act. 105 10) (doch ausschließlich die Schadens-Liquidationen und darüber hinc inde ergangenes Verfahren) zu cassiren, die Urheber desselben in die Kosten des verzögerten Processes schuldig zu verurtheilen, sodann die ferneren Liquidationen neu hinzugekommener Schaden anzunehmen, überall den Rechten gemäß zu erkennen, nicht weniger über mehrere Bescheinigungen von den todtgeschossenen Wildwächter-Hunden und Erstattung des Werthes zu verfügen, und endlich das Urtheil vom 8. April 1786, mehrmals gebetenermaaßen zur Execution zu bringen." 11)

Unrichtig ist es, wenn v. Bülow und Hagemann a. a. O. Thl. II. S. 220 (der 2ten Ausgabe) erzählen, beide Vorstellungen wären unbeantwortet ad acta gelegt, denn ausdrücklich erwähnt ja die zweite Vorstellung des Inhaltes der auf die erste erfolgten Antwort; nur die zweite blieb ohne Antwort und zwar, laut v. Bülow's und Hagemann's Angabe, weil:

"die Regierung, welche, wo es thunlich wäre, gerne die Milde der Strenge vorziehe, die Aeußerungen der Schriften, welche das Oberappellations-Gericht betrafen, als Producte einer, durch vorübergehende Leidenschaften und verkehrte Einbildungen herbeigeführten unglücklichen Stunde betrachtete und man hoffte, sie auf diese Weise zur ewigen Vergessenheit zu bringen. Indessen hatte (Wedemeier 12) seine Handschrift mehreren
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10) Diese Acten-Nummer beweißt, wie bedeutend die Acten schon damals angeschwollen waren. Wie es sich mit dem erwähnten "desertorio" und dem "nachherigen Verfahren" verhalte, bin ich nicht im Stande anzugeben; vielleicht ertheilt v. Moser's Forst-Archiv a. a. O. darüber Auskunft.

11) Dies bezieht sich wohl nicht auf die Beitreibung der 105 Rthlr., sondern vielmehr auf dasjenige, was das Erkenntniß wegen Unschädlichmachens des Wildstandes verfügt hatte.

12) v. Bülow und Hagemann bezeichnen ihn zwar nur durch N. N., allein das von ihnen mitgetheilte Erkenntniß, verglichen mit dem Abdrucke in den Annalen der leidenden Menschheit Heft 3 (1797)

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Leuten mitgetheilt und dadurch geschah es wahrscheinlich, daß beide Vorstellungen einige Jahre darauf in einer Zeitschrift abgedruckt erschienen. Hiedurch kam die Existenz jener Vorstellungen zur Kenntniß des Oberappellations-Gerichts."

welches sodann die in v. BÜLOW's und HAGEMANN's pr. Erört. a. a. O. S. 220 f. erzählte Schritte that, und den Ober-Amtmann Wedemeier, wegen selbigem Schuld gegebenen Beleidigungen des Ober-Appellations-Gerichtes, in eine Geldstrafe von 500 Rthlr. verurtheilte, auch ihm die ordnungsmäßige Anstellung der Syndicats-Klage gegen das Ober-Appellations-Gericht mit Bestimmung einer Frist auflegte. Er zahlte die Strafe, erklärte jedoch:

"daß er so wenig Willens, als im Stande sei, die in der Ober-App.-Ger.-Ord. Thl. II. tit. 18. § 4 freigelassene Syndicats-Klage gegen das Oberapp.-Gericht anzustellen und zu begründen. Um allen Anschein eines Verfahrens in propria causa zu entfernen, benachrichtigte das Gericht die Königl. Landesregierung von dieser Erklärung, übersandte die Untersuchungs-Acten und stellte es dem Ermessen des gedachten hohen Collegii anheim, was zur Ueberzeugung des publici von der Ungerechtigkeit der wider das Oberappellations-Gericht vorgebrachten Anschuldigungen und zur
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S. 186-188 und die sodann folgenden Bemerkungen lassen es nicht bezweifeln, daß der N. N. der Oberamtmann Wedemeier war. Der Aufsatz, welcher diese Bemerkungen enthält ist vom 12. Juli 1796 datirt und S. 211 wird gesagt:

"III. die nicht abzuleugnenden Justiz-Mängel sind:
1. die noch fortdauernden Wildschäden, obgleich unterm 2. Sept. 1791 und 3. Juli 1792 von der Regierung deshalb das Nöthige an das Forst-Amt erlassen. -

Wenn mir recht berichtet ist, endigte der Proceß wegen der Wildschädenvergütung erst 1820 oder einem der folgenden Jahre vor 1824, durch ein Ober-Appellations-Gerichts-Erkenntniß, welches die landesherrliche Kammer zu Bezahlung von vielen Tausend Thalern schuldig erklärte. -

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Aufrechthaltung des dem Tribunale so nöthigen Ansehens und Vertrauens bei den Unterthanen, noch weiter zu verfügen sei.

Zufolge des 47sten Stückes S. 1057 der "Nationalzeitung der Deutschen" vom Jahre 1796 und der "Annalen der leidenden Menschheit" Hft. III. S. 199, 200, soll "der Ausgang sodann öffentlich durch das Hannoversche Intelligenzblatt bekannt gemacht" sein und damit war denn diese Incidentsache beendigt, in der Hauptsache jedoch die THATSACHE festgestellt:

daß einerseits die, Namens des Landesherrn REGIERENDE, allerhöchste Landesbehörde, in Uebereinstimmung mit der ernstlich geäußerten landesherrlichen Willensmeinung und Befehlen, welche das untergeordnete Kammer-Collegium in den oben erwähnten Erlassen den Aemtern und Jagdbedienten als pflichtmäßig zu befolgende Regel bezeichnet hatte, die Handlungsweise der Jagdbedienten mißbilligt und sich verpflichtet gehalten habe, durch (freilich nicht befolgte) Befehle das unverzügliche Unschädlichmachen des Wildes zu verfügen, während auf der andern Seite auch das höchste Landes-Gericht, unter den, bei v. BÜLOW, HAGEMANN und v. RAMDOHR angegebenen Bedingungen, schon nach allgemeinen Rechts-Grundsätzen, die Verpflichtung des zur Jagd berechtigten Landesherrn zum Ersatze der Wildschäden nach dem Taxate, ohne Rücksicht auf die Einwendungen der Kammerbehörde, durch förmliches Erkenntniß aussprach, hiebei aber einen zu 105 Rthl. taxirten Wildschaden als einen solchen ansah, welcher ersetzt werden MÜSSE, obgleich der durch Wildschäden gelitten habende Kläger ein Gutsbesitzer und wohlhabender Mann war, der einer Entschädigung als UNTERSTÜTZUNG nicht bedurfte.

2) v. RAMDOHR. a. O. S. 480, indem er ferner die Frage aufstellt:

"Ist dem Jagdherrn aufzugeben, daß er den Wildstand mindere? imgleichen, daß er die Salzlecken, Heuscheuren und Fütterungs-

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plätze wegnehme, durch welche das Wild in die Nähe der Felder angelockt wird?
und sodann äußert:

Struben leugnet es in den "rechtlichen Bedenken" Thl. 2 Nr. 57 (der älteren Ausgabe), bezeugt durch die sodann folgende Beantwortung:

"Hier (nämlich beim Celleschen Oberappellations-Gericht) fand man die erste Frage WENIGER ZWEIFELHAFT, als die letzte.
In dem Urtheile wurde gesagt:

die Minderung des Wildstandes und die Wegnahme der daselbst angelegten Salzlecken, Heuscheuren und Fütterungsplätze anlangend, so hat Unsere Rentekammer, DEN LANDESVERTRÄGEN ZUFOLGE, mit dem fordersamsten die WIRKSAMSTEN Verfügungen dahin zu treffen, daß wegen des dortigen Wildstandes keine weiteren Indemnisations-Beschwerden veranlaßt werden."

Dies Strubensche rechtliche Bedenken machte Spangenberg, in der von ihm veranstalteten Ausgabe, zum 201 ten Bedenken des ersten Theiles und bemerkte er dazu S. 313 Anm. *):

Gegen Struben's geäußerte Meinung: daß dem Jagdherrn das Recht zustehe in seiner Wildbahn Salzlecken anzulegen, ist in v. Bülow's und Hagemann's pract. Erört. Tbl. III. Erört. 6 § 8 ausgeführt; daß alles dasjenige, was das Wild heranlocke und dadurch übermäßig vermehre, von dem Jagdherrn nicht ins Werk gerichtet werden dürfe. Werde solchemnach von dem Jagdherrn in diesem Punkte gefehlt, und werde das Wild durch Salzlecken und dergleichen Künste vorsätzlich in die Vorhölzer, Feldbüsche und Felder gelockt, oder doch die nöthige Sorgfalt versäumt, um das Wild vom Feldgange abzuhalten und dasjenige, was dadurch nicht abzuschrecken sei, zu erlegen, so begründe dieses ohne Zweifel, ebensowohl eine Entschädigungsklage, als ein unverhältnißmäßiger Anwachs des Wildstandes."

Auch ist von dem Oberappellations-Gericht in c. Wedemeier ctr. Forstamt, dem Letzteren ausdrücklich aufgegeben, die von dem Letzteren in der Wildbahn angelegten Salzlecken, Heu-

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scheuren und Fütterungsplatze, wodurch das Wild aus die Felder des Ersteren gelockt worden, WEGZUSCHAFFEN. S. v. RAMDOHR Thl. II. S. 480.

Aus dieser Bezugnahme auf v. RAMDOHR erhellt mithin, daß das von diesem angeführte oberappellationsgerichtliche Erkenntniß dasselbe sei, woraus Spangenberg einen Theil des Inhalts anführt, welcher bei v. Ramdohr fehlt, und daß beide Schriftsteller einander wechselseitig ergänzen. Dieser Theil wird derjenige sein, worauf sich Wedemeier's oben erwähnte Beschwerden hinsichtlich der unterbliebenen Nichtvollstreckung des Erkenntnisses beziehen.

3) Selbst ein, nur zu 22 Rthl. Cassen-Münze abgeschätzter Wildschaden ward gerichtlich für geeignet gehalten, das Königl. Forst-Amt zu Celle zum Schadens-Ersatze schuldig zu erklären, denn v. Bülow und Hagemann a. a. O. Tbl. III. S. 32 äußern:

"Der Krüger Weusthof klagte im Jahre 1794 wider das Forstamt Celle auf eine Entschädigung, weil die wilden Schweine ihm einen Theil seiner Feldfrüchte verwüstet hätten. Die Cellesche Justiz-Kanzlei legte dem Kläger zuvörderst den Beweis auf: daß der zugefügte Schaden wirklich durch wilde Schweine geschehen und sich so hoch belaufe, als angegeben worden. Im Urtheile vom 30. December 1795 ward darauf erkannt:

Alldieweil Implorant dasjenige, so ihm rechtskräftig zu erweisen obgelegen und er sich angemaaßt, hinlänglich dargethan hat, daß daher Implorat nunmehr schuldig sei, den klagbar gemachten Schaden mit 22 Rthlr. Kassenmünze dem Imploranten zu erstatten. (Vgl. übrigens Münter von der Erfahrung in der ausübenden Rechtskunde. Thl. I. S. 131 f.)

4) Eine Zusammenstellung desjenigen, was v. Bülow und Hagemann a. a. O. Thl. III. S. 38 Anm. b. und S. 44, 45 § 11, so wie die "Annalen der leidenden Menschheit" Hft. II. S. 124 bis 149 und S. 183, 184 veröffentlichten, liefert in Bezug aus Wildschäden-Vergütung und die zur Abhülfe der Wild-

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schäden zu ergreifenden Maaßregeln gleichfalls in mehrfacher Hinsicht Materialien, welche Aufmerksamkeit verdienen und nachstehend eingeschaltet werden, weil wohl die Annalen der leidenden Menschheit wenigen Lesern vorliegender Erörterungen zu Gebote stehen werden. In der Nähe der Dorfschaft Eikeloh, Königl. Amtes Ahlden, befindet sich nämlich ein großer Bruch, in dessen einem Theile die Landesherrschaft zur Jagd berechtigt war, während die Jagd in dem andern Theile den Gutsbesitzern von Hodenberg auf Budemühlen zustand. Letztere sind auch, und zwar ausschließlich, Eigenthümer der hohen und niederen Jagd auf der Eikeloher Feldmark. Sowohl die mit der Domanial-Jagd im Bruche beauftragten Forst- und Jagdbediente, als die von Hodenberg, hatten den Wildstand der wilden Schweine im Bruche, durch dessen Schonung, sich nach und nach in einer, den Eikeloher Feldern äußerst nachtheiligen Art vermehren lassen, und die von Hodenberg nicht für das sofortige Niederschießen der die Feldmark verwüstenden Schweine gesorgt. Deshalb von Seiten der Eikeloher Eingesessenen bei dem, zur Landes-Regierung verordneten Geheim-Raths-Collegio geführte Beschwerden, über welche die berichtliche Erklärung der von Hodenberg gefordert war, beantworteten diese lediglich durch bloße Vorschläge, und in einer Anzeige vom 13. Mai 1793 erboten sie sich zu einem, mit der Domanialbehörde gemeinschaftlich zu veranstaltenden Treibjagen (im Bruche). Die Königl. Regierung war damit einverstanden, allein dies gemeinschaftliche Treibjagen ward "wegen zu erwartender Trockenheit der Bruche und aus anderen (nicht bekannt gewordenen) Gründen bis zum August-Monate AUFGESCHOBEN" (s. Annalen a. a. O. S. 125) und am 28. Juni 1793 rescribirte das Königl. Geheim-Raths-Collegium den Gutsbesitzern von Hodenberg (s. v. Bülow und Hagemann a. a. O. S. 38 Anm. b.):

"Wir zweifeln nicht, daß die abschriftlich hiebei erfolgende ABERMALIGE BESCHWERENDE ANZEIGE der Dorfschaft Eikeloh über

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erlittene Wildschäden, ein neuer Beweggrund für Euch sein wird, bei der, von Königl. Kammer einzurichtenden gemeinschaftlichen Saujagd im bevorstehenden Monat August, auch Eurerseits Alles anzuwenden, daß den gerechten Beschwerden obiger Dorfschaft, durch gänzliche Vertilgung der Sauen gründlich abgeholfen, auch bis dahin aller Wildschaden von den Eikeloher Feldern möglichst abgewendet werde und haben Euch in solcher Hinsicht jene Anzeige mittheilen wollen."

Wenige Tage vor Beschließung dieses Rescriptes hatten inzwischen die schwer durch die wilden Schweine nach wie vor bedrängten Eikeloher den Herrn von Hodenberg am 22. und 23. Juni Anlaß gegeben, wider sie mit einer Beschwerde auftreten zu können, sich selbst aber als im hohen Grade in ihren Rechten gekränkt und auf die Ausrottung des schädlichen Schwarzwildes eifrigst bedacht zu schildern.

Aus v. BÜLOW's und HAGEMANN's pract. Erört. a. a. O. S. 44, 45 erhellt, daß, nach weitläuftigem Verlauf der Sache, am 21. December 1799 vom Celleschen Ober-Appellations-Gerichte entschieden ward:

"Wenn gleich aus der wirklich bewiesenen Existenz eines beträchtlichen und zu wiederholten Malen verursachten Wildschadens, auf eine dem Jagdherrn des Districtes zur Last fallende übermäßige Hegung des Wildes praesumtive wohl zu schließen, demselben auch dagegen die Einrede: daß das schädliche Wildprett nicht in seinem, sondern in einem benachbarten Jagdbezirke seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe, nur dann zu Statten kommen kann, wenn er neben dem Beweise dieses Vorgebens auch insbesondere darzuthun vermag: daß er es an der nöthigen Sorgfalt, den Beschädigungen solchen Streifwildpretts vorzubeugen, nicht ermangeln lassen; nachdem jedoch im gegenwärtigen Falle, nach allen bei der Sache eintretenden Umständen, der zu Begründung einer solchen Präsumtion gegen die Appellaten, erforderliche Beweis in rechts-

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gebührender Maaße, noch zur Zeit nicht beigebracht ist; überdem aber den Appellanten entgegensteht, daß sie bei dem Erbieten der Appellaten, ihre Brüche, zur Verhütung eines Wildschadens abzujagen, die verlangte Hülfe vermittelst Durchtreibung der Brüche zu leisten, sich geweigert haben, zumal die Appellanten nicht verbunden gewesen sind, wegen dieser bloß zu der Appellanten eigenem Besten erforderten Dienstleistung, denselben den deshalb verlangten Revers auszustellen; mithin die Appellanten mit der erhobenen Entschädigungsklage,

falls sie nicht annoch besser als bisher zu erweisen vermögen: daß der im Jahre 1793 geschehene Wildschaden in einer Verschuldung der Appellanten seinen Grund habe,

billig abzuweisen sind; so ist das von Unserm Hofgerichte hieselbst am 14. März 1795 eröffnete Urthel, wiewohl mit Vergleichung der Kosten dieser Instanz, lediglich zu bestätigen."

Ueber den ferneren Verlauf dieses Processes bis zu dessen Beendigung ist meines Wissens nichts veröffentlicht worden, und es muß deshalb hier die Frage unbeantwortet bleiben: ob und wie der den Eikelohern nachgelassene Beweis geführt ward.

L. Das oben litt. I. erwähnte "allgemeine Kammerausschreiben an sämmtliche Aemter" vom 30. October 1802, zuerst öffentlich bekannt geworden im Jahre 1821, durch Spangenberg's Sammlung der Verordnungen Thl. IV. Abthl. 1 S. 365, 366 und in der von Bruhn-Neergardschen Sammlung im Archive der Königl. Regierung, als Nr. 4 des Cap. VIII. Sect. 1, Unterabth. 4 vorhanden, lautete:

"Es ist zwar Unsere Absicht, daß den Unterthanen, welchen durch das in den herrschaftlichen Wildbahnen gehegte Wild an ihren Feldfrüchten erweislich Schaden zugefügt wird, alsdann der Verlust nach einer billigen Schätzung vergütet werde, wenn sie durch gehörige Vorsicht und Anstellung von Wildwächtern, den Schaden nicht haben verhüten können; Wir finden jedoch nöthig, den Beamten lediglich zur Direction, und ohne daß gegenwärtiges Ausschreiben

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weiter als den Oberförstern und reitenden Förstern bekannt zu machen ist, nachfolgende allgemeine Vorschriften. wenn über Wildschaden Beschwerde geführt wird, zu ertheilen damit nicht, wie solches verschiedentlich der Fall gewesen, der vom Viehe geschehene Schaden, als Wildschaden vergütet werde:

1. Wenn eine dergleichen Klage bei dem Amte angebracht wird, dann ist von dem jedesmaligen Oberförster, oder, wenn ein solcher nicht im Amte wohnhaft ist, von dem Revierforstbedienten zu verlangen, den Schaden im Beisein des sich beschwerenden Unterthanen zu besichtigen und zu untersuchen:

ob selbiger durch das Wild, oder vom Viehe veranlaßt worden? - wenn aber

2. der Schaden wirklich vom Wilde geschehen, dann ist selbiger durch zwei beeidigte Achtsmänner zu schätzen und

3. zu untersuchen: ob die Unterthanen es auch nicht an gehöriger Aufsicht und Anstellung von Wildwächtern haben fehlen lassen, diese aber ihre Schuldigkeit gethan?

Wenn auf diese Weise der Wildschaden klar gemacht sein wird, dann ist anhero zu weiterer Verfügung zu berichten, und wird die Vergütung den Beamten, oder Forstbedienten zur Last fallen, wenn in Ansehung obiger Vorschriften von denselben etwas verabsäumt werden sollte."

Durch keinen Buchstaben ward jedoch in diesem Kammerausschreiben auf eine landesherrlicher Seits stattgehabte Aenderung der, laut Ausschreibens vom 16. September 1766, den Unterthanen als eine landesväterliche Wohlthat "eindringlich zu machenden" Anordnung Bezug genommen: "daß die Unterthanen in Zukunft nicht mehr nöthig haben sollten, Wildwächter zu halten oder sich sonstige Kosten, behufs Abwehr des Wildes, zu verursachen," und überhaupt scheint es ja, zufolge der oben erwähnten Calenbergischen Zehnt-Ordnung vom 1. Juli 1709, Art. 24, daß vor dem Ausschreiben vom 16. September 1766, die Pflicht zum Halten von

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Wildhütern keineswegs allgemein gewesen war, sondern nur in einigen Gegenden des Calenbergischen bestanden hatte, so daß man geneigt sein muß, die Bestimmung des Kammer-Ausschreibens vom 30. October 1802 nur auf diese Gegenden zu beziehen. Das Ausschreiben vom 30. October 1802 nimmt ferner überall nicht einmal auf eine, bereits den Unterthanen bekannt gemachte frühere bloße KAMMER-Verfügung Bezug, welche selbigen, als Bedingung der aus der Domanialcasse zuzubilligenden Wildschäden-Vergütung, die Anstellung von Wildhütern auf eigne Kosten und andere Vorkehrungen gegen Wildschäden zur Pflicht gemacht, und überdies bedingt hätte, daß auch die angestellten Wildwächter ihre Schuldigkeit gethan, jedoch den Schaden nicht hätten abwenden können; ja es spricht das erwähnte Kammer-Ausschreiben vom 30. October 1802 sogar ausdrücklich aus, daß sein Inhalt (mithin die Bedingungen, welche nunmehr erst den Aemtern zu ihrer Instruction bekannt gemacht wurden) nur zur Wissenschaft der Aemter, Oberförster und reitenden Förster kommen sollte, nicht aber auch der Unterthanen, damit sie erführen, was die landesherrliche Kammer von ihnen beobachtet verlange, um ihren Gesuchen wegen Wildschäden-Ersatz aus der Domanialcasse zu willfahren, statt erst durch richterliches Erkenntniß dazu gezwungen werden zu müssen! - Durch keinen Buchstaben giebt das Ausschreiben der landesherrlichen Kammer das Zeugniß, daß sie, die in dem Ausschreiben vom 4. April 1766 selbst erklärt hatte, wie ihr nichts Anderes übrig bleibe, als die, zur Abwendung der Wildschäden und Erleichterung und Beruhigung der Unterthanen, erfolgten ernstlichen Königl. Befehle zu befolgen und in Ausführung zu bringen, und daß sie, die im Jahre 1771 sich in dem oben erwähnten Rescripte an den Oberforst- und Jägermeister Grafen von Oeynhausen auf gleiche Art ausgesprochen hatte, durch später erfolgte Königliche Resolutionen befugt geworden sei, nach eigenem Gutfinden Anordnungen zu machen,

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wodurch die Unterthanen nicht bloß wieder in eine bedrückende Lage geriethen, sondern sogar Gefahr liefen, mit ihren Gesuchen wegen Ersatzes der erlittenen Wildschäden stets abschläglich beschieden zu werden, und einen solchen Ersatz also entbehren zu müssen, wenn sie nicht gerichtliche Hülfe durch eine angestellte Klage anriefen! Daß das landesherrliche Kammer-Collegium, ohne eine solche Autorisation, auf eine zu Recht bestehende Weise den Unterthanen die, selbigen durch den Landesherrn selbst anerkannten und für die Zukunft zugestandenen Rechte nicht eigenmächtig schmälern, oder wohl gar gänzlich entziehen konnte (wenn sie selbiges wirklich beabsichtigte, was doch schwerlich glaublich ist); daß überdies auf jeden Fall die Landes-Gerichte das Kammer-Ausschreiben vom 30. October 1802, welches ihnen durch den Landesherrn oder dessen ihn vertretendes Geheim-Raths-Collegium, ad mandatum speciale, überall nicht als Rechtsvorschrift mitgetheilt war, vielmehr, wie ja das Ausschreiben selbst ausspricht, ein nur den Beamten, Oberförstern und reitenden Forstbeamten bekanntes Geheimniß bleiben sollte, in den wider die landesherrliche Kammer anhängig gemacht werdenden Processen wegen Wildschäden, bei den zu fällenden Erkenntnissen nicht als rechtliche Entscheidungsquelle zum Grunde legen dürfen, insofern der Inhalt dem vorhandenen Rechte widerspricht; diese zweifelsfreie Thatsache mögte wohl schwerlich noch einer Ausführung bedürfen, eben so wenig als die Thatsache, daß die, durch das Wildprett an ihren Feldfrüchten beschädigten, Unterthanen, in den Fällen, wo die Beamten oder Forstbedienten die pünctliche Befolgung des Ausschreibens vom 30. October 1802 unterlassen hatten, sich nicht mit ihren Entschädigungs-Ansprüchen an die Beamten oder Forstbedienten verweisen zu lassen brauchen, sondern befugt sind, diesen Ansprüchen gegen die landesherrliche Kammer selbst Geltung zu verschaffen, und es ihr zu überlassen, den Regreß gegen die Beamten oder Forstbedienten zu nehmen. Auf der andern

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Seite erhellt dagegen aus dem mehrerwähnten Kammer-Ausschreiben, als nicht wegzuleugnende Thatsache:

a. daß die Entschädigung nicht etwa auch davon abhängen solle, ob der durch das Wild Schaden gelitten habende Unterthan zu den kleineren oder größeren Grundbesitzern gehöre und den Ersatz als Unterstützung bedürfe; vielmehr wird ja ganz allgemein, und zwar ohne zwischen beträchtlichen oder geringeren Wildschäden einen Unterschied zu machen, vom Ersatze geredet, welcher aus der Domanialcasse erfolgen solle, wenn dasjenige geschehen wäre, was das Ausschreiben zur Bedingung mache;

es erhellt daraus ferner,

b. daß die landesherrliche Kammer es als genügenden Beweis eines durch Wildprett und nicht durch zahmes Vieh verursachten Feldschadens anerkennen wollte, wenn ihr Forstbeamte, nach angestellter Besichtigung, durch sein Gutachten das Vorhandensein eines Wildschadens bezeugt haben werde, und

c. daß den von Amtswegen (ohne daß den Beschädigten die dadurch entstehenden Kosten angesonnen wurden) sodann mit der Abschätzung zu beauftragenden beiden Taxatoren keine Regeln vorgeschrieben wurden, wie sie bei der Abschätzung zu verfahren hätten; eben so wenig wie den Beamten Instruction ertheilt ward, wie ihrerseits die Abschätzung zu leiten, woraus doch wohl von selbst folgen mögte, daß es lediglich dem Ermessen der Taxatoren überlassen bleiben solle, wie sie glaubten, ihrem geleisteten Eide gemäß, die Schätzungs-Summe des Schadens begründen zu können.

Aber es erhellt auch daraus,

d. wie die landesherrliche Kammer es anerkannte, daß denn doch den durch das Wildprett an den Feldfrüchten, ja sogar nur angeblich, Schaden gelitten habenden Unterthanen, bis zum Ausschreiben vom 30. October 1802, der Ersatz aus der landesherrlichen Kammercasse geleistet worden sei, denn sonst

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hätte ja nicht geäußert werden können, es würde jenes Ausschreiben durch die Bemerkung veranlaßt, daß hin und wieder durch zahmes Vieh verursachte Feldbeschädigungen als Wildschäden behandelt und aus der Kammercasse ersetzt wären;

und endlich erhellt daraus,

e. daß den Beschädigten keineswegs überhaupt das Recht, Ersatz der Wildschäden fordern zu können, für den Fall bestritten ward, wenn sie keine Wildwächter angestellt, und diese ihre Pflicht nicht erfüllt, die Unterthanen auch sonst keine Vorkehrungen gegen Verhütung der Wildschäden getroffen hätten, sondern daß vielmehr im Gegentheile ihr unbedingtes Recht ausdrücklich anerkannt ward, indem am Schlusse des Ausschreibens geäußert wird:

"die Vergütung der Wildschäden solle den Beamten oder Forstbedienten zur Last fallen, wenn in Ansehung der Vorschriften des Ausschreibens von denselben Etwas verabsäumt werde. "

Das Ausschreiben sprach mithin in Bezug auf die Vergütung nur aus, daß die landesherrliche Kammer selbige nicht bewilligen wolle, wenn die Unterthanen dasjenige unterlassen hätten, was sie laut dieses Ausschreibens thun sollten, der Zustand, worin die Unterthanen durch das Ausschreiben der landesherrlichen Kammer gegenüber gebracht wurden, mußte sich dagegen von nun an so gestalten, daß sie eines Theils sehr abhängig von den Forst- und Jagdbedienten wurden, welche sie gegen Wildschäden möglichst hatten schützen sollen, jedoch nicht geschützt hatten, und andern Theils in Folge der, durch das Ausschreiben beliebten, ihnen unbekannt gelassenen und deshalb nicht erfüllten Vorbedingungen, die Wildschäden-Vergütung für eine, lediglich von der anzuflehenden Gnade des Kammer-Collegii abhängende, nach deren Gutfinden willkürlich abzumessende Zahlung halten mußten, deren Erlangen mit mancherlei Weiterungen verknüpft sei, während der-

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gleichen Forst- und Jagdbedienten Gelegenheit gegeben ward, durch die Behauptung, es habe die angestellte Besichtigung ergeben, daß der Schaden nicht durch Wildprett verursacht sei, von vorn herein die Bewilligung einer Entschädigung, wenn nicht völlig vereiteln, doch höchst schwierig und mit vielen Weiterungen verknüpft machen konnten, wenn gerade sie durch Nichtbefolgung der früheren, nicht aufgehobenen oder nicht veränderten Vorschriften hinsichtlich der Einschränkung des Wildstandes, durch übermäßige Hegung Anlaß zu den Wildschäden gegeben hatten. Räumten die betreffenden Forst- und Jagdbedienten, deren alleiniges Gutachten ja die Grundlage des weiteren Verfahrens bilden sollte, auch das Vorhandensein eines Wildschadens ein, und geschah sodann die Abschätzung auf Veranstaltung des Amtes; glaubte dieses sich das Zeugniß ertheilen zu können, daß es seinerseits, behufs möglichster Abwendung der Wildschäden, ebenfalls alle die Pflichten beobachtet habe, welche die früheren Kammer-Ausschreiben, kraft ernstlich gemeinter landesherrlicher Befehle, den Aemtern auferlegt hatten, so machte die dritte Bedingung des Ausschreibens vom 30. October 1802 doch Alles, was hinsichtlich des in Frage stehenden Wildschadens geschehen war, zu einem Verfahren, welches keine Bewilligung einer Entschädigung aus der landesherrlichen Domanialcasse sollte veranlassen können, und man darf sich wohl berechtigt halten, es als Gewißheit anzusehen, daß in den, nach dem 30. October 1802 vorgekommenen Fällen, in denen Wildschäden-Vergütung erbeten ist, nach wie vor von den Unterthanen weder Wildwächter angestellt, noch ihrerseits sonstige Vorkehrungen zur möglichen Abwendung von Wildschäden geschehen waren, denn was hätte sie dazu veranlassen sollen, sich die daraus entstehenden Kosten zu machen? Es werden ihnen doch wohl im Jahre 1766 durch die Beamten, wenn auch nur im Allgemeinen und mündlich, auch die Vorkehrungen bekannt gemacht sein, welche der Königl. Landesherr zur möglichsten Abwendung von Wildschäden befohlen

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habe, und es wird ihnen bei dieser Gelegenheit in Gemäßheit des Ausschreibens vom 16. September 1766

"solche Königl. Gnade und Landesväterliche Wohlthat überzeuglich, und daß deshalb künftighin die Kosten und Ausgaben, auch sonstige Belästigungen wegen Wildhüter-Lohnes u.s.w. wegfallen würden,"

ebenfalls bekannt gemacht sein! Freilich lebten im Jahre 1802 wohl nur noch äußerst wenige, denen diese Eröffnung gemacht war; allein seit 1766 bis zum Jahre 1802 wird die ihnen 1766 eindringlich gemachte Ueberzeugung gewiß nicht gestört sein; sie hatten deshalb keine Wildhüter angestellt und auch keine sonstige Vorkehrungen gegen Wildschäden, als Bedingung der Entschädigung, für nöthig halten müssen, vielmehr (was wenigstens die Eingesessenen im Amte Schwarzenbeck in Bezug auf die dortigen Wildschäden behaupten) in vorgekommenen Fällen stets die taxirte volle Entschädigungssumme bewilligt bekommen. Da ihnen aber die, im Ausschreiben vom 30. October 1802 neu aufgelegte Bedingung der, ohne Proceß ferner in Aussicht zu stellenden Entschädigung verheimlicht bleiben sollte, sie mithin fortwährend bei der früheren Ueberzeugung gelassen wurden, daß sie von der Anstellung von Wildwächtern und sonstigen Vorkehrungen gegen Wildschäden befreit sein sollten, so unterblieben selbstverständlich diese Maaßregeln. Auch nach dem 30. October 1802, ward aber in vielleicht vorgekommenen Fällen für angemessen gehalten, dieses Unterlassen zur Begründung einer abschläglichen Resolution zu benutzen. So konnte diese, wie noch jetzt bei Administrativ-Resolutionen ab und an geschieht, ohne Angabe von Gründen ganz kurz durch die Formel ertheilt werden: "nach eingegangenem Berichte des Forst-Amtes oder Amtes N. N. finde das Gesuch nicht statt," so daß die Betheiligten fortwährend in Unkunde darüber blieben, was sie hätten thun müssen, um ihre Bitte wegen Vergütung bewilligt zu sehen. Eine etwaige Klage, welche die landesherr-

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liche Kammer einem Erkenntnisse ausgesetzt hätte, daß sie Einwendens ungeachtet zur Entschädigung, den vorhandenen Rechts-Grundsätzen gemäß, verpflichtet sei, konnte das Collegium aber ruhig erwarten, weil es wohl vermuthen konnte, einzelne Betheiligte oder die Gesammtheit würden das gerichtliche Anhängigmachen eines förmlichen, ihnen einstweilige Kosten-Auslagen zuziehenden Processes scheuen, indem ihnen die für sie sprechenden Rechts-Gründe unbekannt wären. - Inzwischen sollen, laut der Behauptungen der Eingesessenen des Amtes Schwarzenbeck, welche in dem unten zu erwähnenden Falle, wegen Ersatz der während der Jahre 1851/2 und 1853 erlittenen Wildschäden, als Bittsteller auftraten, auch nach dem 30. October 1802 bis zur Einführung der französischen Verfassung, die taxirten vollen Ersatzsummen nach wie vor den, durch Wildschäden gelitten habenden Eingesessenen des Amtes Schwarzenbeck aus der Domanialcasse bewilligt und ausgezahlt sein, obgleich fortwährend keine Wildwächter angestellt, und auch keine sonstige Vorkehrungen, als zu erfüllende Bedingung einer zu bewilligenden Vergütung, getroffen waren.

M) Die, in dem oben erwähnten Eikeloher Rechtsfalle vorgekommene Frage: "ob es überhaupt, oder unter welchen Umständen es straflos fei, wenn nicht zur Jagd berechtigte Landleute ihre Feldfrüchte durch Tödtung des schadenden Wildes aus Nothwehr selbst zu schützen versuchten?" ward im Jahre 1809 durch die damalige dazu befugte höchste Landesbehörde bejahend entschieden. Als nämlich die Französischen Truppen die Hannoverschen Lande im Jahre 1806 aufs Neue besetzten, beauftragte das Königl. Staats-Ministerium am 30. October 1806, ebenso wie früher am 1. Juni 1803 geschehen war:

"so lange die Amtsthätigkeit des ganzen Königl. Staats-Ministerii suspendirt wäre, ALLE, zum Geschäftskreise des Justiz-Departements gehörenden Verfügungen, welche verfassungsmäßig sodann im Namen des Landesherrn vom ganzen Staats-Ministerium verkündigt waren, allein zu erlassen.

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Französischer Seits ließ man diese Einrichtung bis zur Einführung der westphälischen Verfassung fortbestehen. Aus der vom Könige Georg IV. d. d. Carlton House den 8. October 1824 unmittelbar erlassenen Verordnung in, der Gesetz-Sammlung für das Königreich Hannover Abth. I. Nr. 27 erhellt, daß "nach wiederhergestellter rechtmäßiger Regierung", das Königl. Staats-Ministerium, Namens des Landesherrn, das kraft oben erwähnter Vollmacht am 25. April 1809 aus dem Justiz-Departement "an die Justiz-Canzleien zu Hannover, Celle und Stade" (so wie an die Regierung in Ratzeburg) erlassene "Ausschreiben wegen gelinderer Bestrafung einiger Verbrechen" nicht allein als fortdauernde gesetzliche Rechtsquelle anerkannt hatte, sondern auch von den Justiz-Canzleien zu Göttingen und Hildesheim bei deren Straf-Urtheln zur Anwendung gebracht war. Spangenberg's Samml. u. s. w. Thl. IV. Abth. 1. S. 640-642 veröffentlichte dies Ausschreiben (im Jahre 1821) zuerst mit einem, an gleichem Tage an die Aemter erlassenen Ausschreiben, und zwar ersteres, als wenn es nur an die Justiz-Canzleien zu Hannover, Celle und Stade gerichtet gewesen wäre, allein, ein von der Regierung in Ratzeburg am 10. Juni 1809 an die Lauenburgischen Aemter, bei Zufertigung jenes zweiten, für sie bestimmten Ministerial-Ausschreibens gerichtetes (bis jetzt ungedrucktes) Regierungs-Ausschreiben, wodurch ihnen ein Theil des Inhaltes des zuerst gedachten Ministerial-Ausschreibens an die Justiz-Canzleien zur Nachachtung bekannt gemacht ward, bezeugt ausdrücklich, daß auch die Lauenburgische Regierung damals vom Justiz-Departement als zur Anwendung zu bringende Rechtsquelle erhalten hatte und sich zur Anwendung verpflichtet hielt. Die Verordnung des Königs Georgs IV. vom 8. October 1824 äußerte hinsichtlich des Justiz-Ministerial-Ausschreibens vom 25. April 1809

"Wir haben diese milderen Bestimmungen, als überhaupt Zweck-

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und Zeitgemäß zu genehmigen geruhet, und wollen, daß solche bis zur Verkündigung eines allgemeinen Strafgesetz-Buches, oder einer späteren gesetzlichen Abänderung auch hinfort wie bisher in denjenigen Provinzen und Landestheilen Unsers Königreichs zur Anwendung gelangen, wo sie gegenwärtig beobachtet werden. Da Wir jedoch vernommen, daß die von Uns nothwendig gefundene öffentliche Bekanntmachung jener gelinderen Straf-Normen, noch zur Zeit nicht erfolgt ist, so lassen Wir den wesentlichen Inhalt des bemeldeten Ausschreibens, wie Wir denselben vorerst ferner durch die Gerichte angewendet wissen wollen, mittelst Abdruckes am Schlusse dieser Verordnung zur allgemeinen Wissenschaft bringen."

Im Herzogthum Lauenburg ward jedoch der Inhalt des Ausschreibens bis auf die Gegenwart nicht officiell durch eine Bekanntmachung zur allgemeinen Wissenschaft gebracht. Der § 5 des Justiz-Ministerial-Ausschreibens vom 25. April 1809, wodurch in Bezug auf die Art der Bestrafung der Wilddiebereien und Contraventionen gegen die Wilddieberei-Verordnung Vorschriften ertheilt werden, knüpft nun an die Verfügung, daß dann, wenn der Thäter

"gefährliche Drohungen oder Handlungen äußere, oder seine That auch nur mit der Weigerung das Gewehr abzugeben verbinde, oder der Wilddieb sogar sein Gewehr anschlage, oder sich auf andere Art wirklich zur Wehre setzte, es bei der gewöhnlichen durch die Wilddieberei-Verordnung bestimmten Strafe verbleiben müsse, der Thäter möge sich der Wilddieberei zum ersten oder zweiten Male schuldig gemacht haben."

Die fernere Verfügung:

"Das Nämliche findet statt, sobald er schon einmal Wilddieberei halber bestraft ist, es wäre dann, daß er das Wild, es mag zur hohen oder niederen Jagd gehören, indem es seinem Korne oder seinen Früchten Schaden gethan, oder zu thun im Begriffe gewesen, erlegt habe. In diesem Falle wird er jedoch immer mit Gefängnißstrafe zu belegen sein, falls er das Wild nicht an den Jagdberechtigten abgeliefert haben sollte."

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Hieraus folgt mithin, daß ein schon einmal wegen Wilddieberei Bestrafter, welcher das seinem Korne oder seinen Früchten geschadet habende oder zu schaden im Begriff gewesene Wild tödtete, und sodann dem Jagdberechtigten ablieferte, wegen dieser aus Nothwehr begangenen Handlung völlig straflos bleiben, und nur die Unannehmlichkeiten der Untersuchung, wodurch seine Straflosigkeit auszumitteln war, zu erleiden haben sollte. -

N) Die letzte, zur rechtlichen Begründung der Entschädigungs-Ansprüche wegen Wildschäden-Vergütung, wesentlich wichtige particularrechtliche Vorschrift aus der Zeit bis zur Abtretung des Lauenburgischen an die Königl. Krone Dänemark, ist die ursprünglich nur für die Fürstenthümer Calenberg, Göttingen und Grubenhagen erlassene Verordnung des Königs Georgs III. d. d. Sct. James den 6. Mai 1803 (betreffend die Setz- und Hegezeit), welche durch eine, "ad mandatum speciale"
des Prinz-Regenten, vom Königl. Staats-Ministerio in Hannover, am 21. Januar 1814 verkündigte Verordnung (abgedr. in Richter's Samml. etc. für das Herzogthum Lauenburg von 1813 bis zum Schlusse des Jahres 1840 S. 52 f, als Nr. 110), "auf sämmtliche damalige Lande" des Königs Georgs III., also auch (wie notorisch ist) auf das Herzogthum Lauenburg, bis zu weiterer (bis jetzt im Lauenburgischen nicht erfolgten) Verfügung - ausgedehnt ward. Die, hinsichtlich der Wildschäden-Vergütung (zufolge der, am Schlusse der vorliegenden Erörterung zu liefernden Entwickelung) wichtigen Vorschriften jener Verordnung vom 6. Mai 1803 sind folgende :

(§ 6.) Während der (durch die §§ 2 bis 5 bestimmten) Setz-, Heck- und Brutzeiten soll alles Schießen, Stellen, Lappen, Kuhren, Hetzen und Jagen nach allerlei Wildprett, es sei Feder- oder anderes Wild, zu irgend einer Gattung gehörig, bei Strafe von 10 Rthlr. für ein Reh, fünf Thaler für einen Hasen, zwei Thaler für ein Birk-, Feld- oder Haselhuhn, gänzlich eingestellt sein und jedermänniglich sich dessen enthalten. Es bleibt jedoch

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hiervon ausgenommen und in den privativen Jagden zu schießen erlaubt:

a. das, was für Unsere Tafel und Hofstaat erforderlich ist; jedoch in der Maaße, daß dazu, ohne Unsers Ober-Jägermeisters specielle Anordnung und Verfügung, nichts geschossen oder gefangen werden darf, und

b. den Jagdberechtigten, in einzelnen Fällen und bloß zur eignen Nothdurft, auch nicht anders, als auf der Kuhr und beim Weidewerken, etwa ein Reh oder ein paar Hasen; wie wohl mit ausdrücklicher Ausschließung der mit Jagd berechtigten Städte, als welchen, wegen der darin befindlichen großen Anzahl von Jagd-Interessenten, alles Schießen oder Fangen, innerhalb der Setz- oder Brutzeit, gänzlich untersagt bleibt.

Ferner ist zu allen Zeiten zu schießen oder zu fangen verstattet: alle schädlichen Raubthiere und Raubvögel, imgleichen die Streich- und Zugvögel, als Schnepfen, wilde Enten, Krammetsvögel und dergleichen, mit Ausnahme jedoch der Wachteln, wegen welcher bereits oben § 5 das Nöthige verordnet worden.

(§ 7.) Da bisher durch das Herumlaufen und Revieren der Hunde in den Feldern und Jagddistricten während der Setz- und Hägezeit, und durch das ungebührliche Mitnehmen derselben von den Feldarbeitern in die Felder und Jagdbezirke, den Jagden ein merklicher Nachtheil zugefügt worden; so verordnen Wir solcherwegen hiemit ernstlich:

a. Wenn in den Jagddistricten jagende, revierende oder herumlaufende fremde Hunde betroffen werden, deren Eigenthümer dem Jagdberechtigten oder Jäger bekannt ist, so soll der Eigenthümer zum ersten Male gewarnt, zur Wroge gebracht, und mit 18 Mgr. Strafe belegt, beim zweiten Male aber der Hund sofort todtgeschossen werden. Ist der Eigenthümer jedoch dem Jagdberechtigten oder Jäger nicht bekannt, so mag er den Hund auch beim ersten Male gleich zur Stelle todt schießen. Hievon sind aber ausgenommen, kleine, der Jagd unschädliche Hunde, die von Reisenden und Fußgängern bei sich geführt werden.

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b. Alle Bauerhunde, so lange die Setzzeit dauert, sollen entweder angelegt, oder mit solchen Knüppeln oder Ketten versehen werden, daß sie dadurch außer Stand gesetzt werden, zu jagen. Im Contraventions-Falle soll der Eigenthümer des Hundes in eine Landgerichts-Strafe von 18 Mgr. genommen, auch der Hund, der während solcher Zeit ohne Knüppel oder Kette außerhalb des Dorfes in den Jagd-Districten betroffen wird, überdem todt geschossen werden.

c. Die Hirten, deren Hunde mit dem Anlegen der Knüppel und Ketten verschont bleiben, sollen ihren Hunden das Ablaufen von der Heerde, Revieren in den Feldern, Gehölzen, Büschen und Hecken und das Suchen nach Hasen oder sonstigem Wildprett, überall nicht gestatten, sondern sie stets bei der Heerde halten; unter der Verwarnung, daß diejenigen Hirten-Hunde, welche dennoch darauf betroffen werden, von dem Jäger sofort todt geschossen, und der Eigenthümer des Hundes außerdem mit einer Strafe von 18 Mgr. belegt werden soll.

d. Das, dem Vernehmen nach, insonderheit bei den Städten, zeither eingerissene, zum Ruin der Jagden gereichende Mitnehmen der Hunde in die Jagdbezirke bei Feldarbeitern soll fernerhin schlechterdings nicht gestattet, und der Contravenient jedes Mal in eine Strafe von 18 Mgr. genommen, auch überdem der Hund zur Stelle todt geschossen werden.

(§ 8.) In Ansehung der überjagenden Hunde aus einer Jagd in die andere, behält es bei dem, was darunter, nach Verschiedenheit der Jagddistricte und Landesgegenden zeither Observanz gewesen und wechselseitig beobachtet worden, ferner sein Verbleiben.

(§ 9.) In allen übrigen Punkten, die hier nicht besonders angeführt und abgeändert worden, verbleiben die älteren, der Jagd halber ergangenen Verordnungen sämmtlich in ihrer gesetzlichen Kraft, und werden selbige hierdurch von neuem eingeschärft.

Wir befehlen übrigens allen und jeden, insonderheit Unserm Ober-Jägermeister und sämmtlichen Jagd- und Forstbedienten in Unsern Fürstenthümern Calenberg, Göttingen und Grubenhagen, so wie auch allen Obrigkeiten in diesen Fürstenthümern hiemit

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in Gnaden ernstlich, ÜBER DIESE Unsere Verordnung in vorkommenden Fällen mit Nachdruck und aller Schärfe zu halten."

Es erfolgte jene, am 21. Januar 1814 auf alle damals Hannoversche Lande ausgedehnte, Königliche Verordnung vom 6. Mai 1803, wie sie ausdrücklich in der Einleitung äußert, "nach vorgängiger Communication mit den Calenberg-Grubenhagenschen Ständen", also den Ständen, deren Handlungsweise bei der oben erwähnten Berathung des, nicht zu Stunde gekommenen Gesetzes wegen der Wildschäden, im Jahre 1788 f. Gegenstand öffentlicher Besprechungen in Zeitschriften geworden war; und als Veranlassung und Zweck der Verordnung wird in der Einleitung angeführt:

"es wären in den Fürstenthümern Calenberg, Göttingen und Grubenhagen die Jagden, insonderheit aber die niedere Jagd, zeither in merklichen Verfall dadurch gerathen, daß theils die, zu deren Conservation von Zeit zu Zeit und insonderheit die unterm 17. October 1679 und 10. Junius 1777 ergangenen Verordnungen 13) nicht gehörig beobachtet worden, theils manche andere schädliche Mißbräuche dabei obgewaltet,"

hiedurch finde der König sich bewogen, "zur WIEDERAUFNAHME sothaner Jagden" das sodann Folgende landesherrlich zu verordnen. Wenn man diese landesherrlichen Aeußerungen berücksichtigt und dasjenige nicht unbeachtet läßt, was dessen Kammer-Collegium, in Gemäßheit ernstlich gemeinter Königl. Befehle, durch die oben erwähnten Verfügungen vom 4. April und 16. Sept. 1766, 22. April 1767, das Rescript vom Jahre 1771, so wie die ferneren Verfügungen vom 2. April 1772 , 29. October 1774 und 30. December 1776, in Bezug auf Verhütung von Wildschäden und zweckgemäßer Einschränkung des Wildstandes

13) Die Verordnung oder das Edict vom 17. October 1679, (abgedruckt im Corp. Const. Calenb. Cap. VI. Nr. 105 S. 303), betraf die Setz- und Hegezeit im Fürstenthume Calenberg, und die Verordnung vom 10. Junius 1777 (abgedruckt bei Spangenberg a. a. O. Thl. II. S. 643 f. als Nr. 1227) hatte die KOPPEL-Jagden im Fürstenthume Calenberg zum Gegenstande.

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des rothen und schwarzen Wildpretts der Domanial-Jagdbezirke hatte anordnen müssen; wenn man ferner nicht unbeachtet läßt, daß der § 6 der Verordnung das Schießen eines Hirsches oder wilden Schweines (welche im Calenbergischen Wildprett der hohen Jagd waren und sind) nicht mit einer Strafe bedroht, und überhaupt offenbar sich nur auf Ausübung der Jagd, behuf der Zwecke der Jagd, nicht aber auf das Fällen schädlichen Wildpretts zum Schutze der Feldfrüchte bezieht, der Schluß dieses § 6 aber die landesväterliche Absicht des Gesetzgebers, hinsichtlich der zu jeder Zeit zu bewerkstelligenden Vertilgung des schädlichen jagdbaren Wildes, nicht scheint verkennen lassen zu können, dann wird man wohl schwerlich es bestreiten mögen, daß der § 9 die förmlichste Bestätigung und neue Einschärfung desjenigen enthalte, was die erwähnten landesherrlichen Kammerverfügungen in Bezug auf die Domanialjagden hatten zum Schutze der Unterthanen gegen Wildschäden als Gesetz für die Beamten und Jagdbedienten anordnen müssen, so daß also die Verordnung wegen der Setz- und Hägezeit, nicht auf das zu jeder Zeit zu bewerkstelligende Unschädlichmachen der sich auf den Feldern der Unterthanen einstellenden, selbige verwüstenden Hirsche und wilden Schweine, durch sofortiges Niederschießen und Verringerung ihrer übermäßigen Menge in den Forsten, falls selbige überdies sofort nöthig wäre, bezieht. -

O. Die, der Königlichen Regierung ertheilte, bis jetzt nicht durch Abdruck bekannt gewordene Instruction d. d. St. James den 26. Januar/6. Februar 1731, 14) welche mindestens zur Zeit der Abtretung des Herzogthums Lauenburg an die Krone Dänemark noch fort-
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14) Wegen der hohen Wichtigkeit dieser Instruction werde ich selbige, gleich andern bis jetzt ungedruckten Verfügungen, durch das Vaterländische Archiv gemeinkundig machen, weil eine solche Kenntniß in vielen Fällen wohl von practischem Nutzen sein möchte.

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während als ein Theil der Verfassungs-Gesetzgebung in voller Kraft bestand, schrieb vor:

"§ 1. Hat Unser Regierungs-Collegium im Herzogthum Lauenburg, welches nebst Uns immediate von Unserm Geheimen Raths-Collegio zu Hannover dependirt, und unter keinem als solchem Collegio steht, die landesherrlichen jura und was davon abhängt in gedachtem Herzogthume Lauenburg, den dortigen Landes-Verordnungen und Verfassungen gemäß zu respectiren und Hand zu haben, und nichts zu thun und zu lassen, oder zu gestatten, dadurch selbige in einiger Weise und Wege geschmälert und gekränkt werden, sondern dahin zu sehen, daß desfalls Alles in seiner gebührenden Richtigkeit und consisto, Wesen und Schranken erhalten werden möge. -

§ 4. Was zu des Landes Kultur und Wohlstand zu practisiren, es gereiche zu Eines oder Andern Besten, (insonderheit der ganzen communen Ritter- und Landschaft zu Gute,) solches hat gedachte Unsere Regierung durch alle thunliche Mittel und billige Wege zu befördern, und dazu zu verhelfen.

§ 11. Auf die Conservation, Zupflanzung und Verbesserung der Hölzer im Lande wird Unsere Regierung ebenfalls sehen - -

§ 14. Wenn neue Verordnungen zu machen, oder alte zu renoviren, oder sonst Aenderungen vorzunehmen nöthig erachtet werden sollten, so geschieht solches nicht ohne Vorbewußt und Genehmigung Unsers Geheim-Raths-Collegii, und wird inmittelst Alles in statu quo gelassen, es wäre denn, daß periculum in mora wäre, welchen Falls es Unserer Regierung interimistisch zu verordnen frei bleibt.

Auf der andern Seite erklärte aber auch die Königliche Versicherungs-Acte vom 6. December 1815, welche nach der am 27. Juli 1816 zur Ausführung gebrachten Uebergabe des Herzogthums Lauenburg an die Krone Dänemark öffentlich durch Abdrücke bekannt gemacht ward:

"Wir geloben und versichern - mittelst dieses offenen Briefes, für Uns und Unsere Erben zum Dänischen Throne, daß Wir den sämmtlichen, nunmehr Unserer alleinigen Landeshoheit untergebenen, Ritterschaft, Landsassen und übrigen Eingesessenen des


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Herzogthums Lauenburg, sowohl als andere Communen und Unterthanen, wes Standes sie seien, in den Städten, Flecken und auf dem Lande in besagtem Herzogthume - landesväterliche Beschirmung und Fürsorge angedeihen lassen, sie insgesammt bei ihren wohlerworbenen und hergebrachten Rechten und Freiheiten lassen und Königlich schützen, - alle ihnen von der bisherigen Landesherrschaft ertheilten Privilegien, Exemtionen und Begnadigungen bestätigen, und ihre Wohlfahrt, Aufnehmen und Gedeihen auf alle Weise befördern und Uns zum Zweck setzen wollen."

Schwerlich wird es unter diesen Umständen auch nur mit einem Scheingrunde bestritten werden können: daß es zu den feierlichst bestätigten Rechten der Bewohner des platten Landes in den Domanial-Aemtern gehöre, zur Begründung von Entschädigungs-Ansprüchen wegen Wildschäden durch das Wildprett der Domanial-Jagden, Wildwächter angestellt, oder andere Einrichtungen zur möglichsten Abwendung von Wildschäden getroffen haben zu müssen; denn es hatte ihnen ja dieser glückliche Zustand sogar als eine ihnen für die Zukunft ertheilte landesväterliche "eindringlich" durch die Beamten bekannt gemacht werden sollen. Nicht wird es wohl möglich sein es weg zu demonstriren, daß überdies dasjenige zu ihren Rechten gehöre, was die oben litt. A, B, C, D, E, F und H angeführten landesherrlichen Befehle wegen unverzüglicher Vertilgung des außerhalb der Hölzungen sich zeigenden schädlichen Roth- und Schwarz-Wildpretts, und selbst das möglichste Unschädlichmachen dieses Wildpretts in den Hölzungen, durch Wegschießen bis zum Erreichen dieses Zweckes, und fortdauerndes Erhalten eines solchen verminderten Wildstandes ebenfalls einen Theil jener Rechte ausmache, so wie es ferner nicht wird geleugnet werden können, daß es landesherrlicher Seits als recht und billig anerkannt sei, die vollständige Entschädigung der Wildschäden in den Domanial-Jagdbezirken aus der Domanial-Casse zahlen zu lassen, woraus denn gleichfalls das einge-

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räumte Recht auf dergleichen Entschädigung als selbstverständlich folgt. Ueberdies wird aber auch nicht mit irgend einem Rechtsgrunde die Unwiderruflichkeit jener Zusicherungen und erklärten Absichten, so wie die bei den Landes-Gerichten zur Geltung zu bringende Klagbarkeit bestritten werden können.

 

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